Verkehrssicherungspflicht, Abstellen von Gegenständen im Hausflur

Gericht

OLG Hamm


Art der Entscheidung

Beschluss über weitere Beschwerde


Datum

20. 04. 1988


Aktenzeichen

15 W 168 und 169/88


Leitsatz des Gerichts

Die Verkehrssicherungspflicht der Eigentümer gebietet es nicht, dass eine weit verbreitete und nachvollziehbare Verhaltensweise, wie es das Abstellen von Schuhen im Flur ist, unterbunden werden muss, damit mögliche, entfernte Gefahren abgewendet würden.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

In der Versammlung vom 14. 3. 1985 haben die Eigentümer einer Wohnungseigentumsanlage folgenden Beschluss gefasst: „Es wird beschlossen, keine Gegenstände, außer Kinderwagen, mehr in den Treppenhäusern abzustellen, die evtl. die Sicherheit gefährden, wie z. B. Blumenkübel. Bereits aufgestellte Dinge dieser Art sollten baldmöglichst entfernt werden." Zur Behebung von Meinungsverschiedenheiten über die Tragweite dieses Beschlusses haben sie sodann in Abwesenheit der Bet. zu 1 in der Versammlung vom 20. 1. 1987 folgendes beschlossen: „Zum Schutze der Verwaltung wird ergänzend zum Versammlungsbeschluss vom 14. 3. 1985 einstimmig beschlossen, dass Schuhe witterungsbedingt im Flur auf der Fußmatte zeitweilig abgestellt werden dürfen." Die Bet. zu 1 haben beantragt, den Beschluss für ungültig zu erklären. Sie haben weiterhin in einem zunächst gesondert geführten Verfahren beantragt, die Verwalter der Anlage als Gesamtschuldner zu verpflichten, den ursprünglichen Beschluss durchzuführen und durch geeignete Maßnahmen auf die Bewohner einzuwirken, damit in Zukunft keine Schuhe mehr vor den Wohnungen abgestellt würden.

Das AG hat die Anträge zurückgewiesen. Auf die Erstbeschwerde der Bet. zu 1 hat das LG die beiden Verfahren verbunden und die Rechtsmittel zurückgewiesen. Dagegen wenden sich die Bet. zu 1 mit der sofortigen weiteren Beschwerde. Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Zu Recht hat das mit zulässigen Erstbeschwerden befasste LG, das mit den Beteiligten mündlich verhandelt hat und dessen Verfahren auch sonst keinen Bedenken begegnet, in Übereinstimmung mit dem AG den angefochtenen Beschluss für gültig erachtet. Weder verstößt der Beschluss gegen gesetzliche Bestimmungen - Rechtsnormen, die das Abstellen von Schuhen in Treppenhäusern verbieten, gibt es nicht -, noch ist er mit den bei der Beschlussfassung zu beachtenden Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung (§ 21 III WEG) unvereinbar. Allerdings gebieten es die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung bei einer Regelung der Hausordnung die Verkehrssicherungspflicht der Eigentümer für das Gebäude zu beachten. Diese Verpflichtung gebietet es auch, die zur Verhütung von Unfällen im Treppenhaus etwa erforderlichen Vorkehrungen zu treffen. Daraus folgt aber nicht, dass übliche und nachvollziehbare Verhaltensweisen von Hausbewohnern unterbunden werden müssten, um denkbar entfernte Gefahren von Treppenhausbenutzern abzuwenden, denen diese Treppenhausbenutzer bei der verkehrsüblichen und zumutbaren eigenen Sorgfalt ohne weiteres entgehen können.

Das zeitweilige Abstellen von Schuhen im Flur auf der Fußmatte bei schlechter Witterung ist weit verbreitet und als üblich anzusehen. Es hat seinen einleuchtenden Grund in dem Bestreben, Verschmutzungen der Wohnung zu vermeiden. Wer eine Wohnung betreten will, wird Schuhe, die in dieser Weise abgestellt sind, regelmäßig bemerken, weil er seinen Blick auf den Eingangsbereich richtet. Wer eine Wohnung nicht betreten will, wird sich der Fußmatte in aller Regel nicht nähern und durch die darauf abgestellten Schuhe somit auch nicht gefährdet werden. Bei einem - von den Bet. zu 1 angesprochenen - Erlöschen der Treppenhausbeleuchtung in der Dunkelheit mag das anders sein; indessen kann und muss von demjenigen, der in der Dunkelheit ein unbeleuchtetes Treppenhaus begeht und sich einem Wohnungseingang nähert, ohnehin erhöhte Aufmerksamkeit erwartet werden, die ihn auch in diesem Falle davor bewahren wird, über abgestellte Schuhe zu Fall zu kommen. Zwar wird sich nicht mit letzter Sicherheit ausschließen lassen, dass ein unaufmerksamer Treppenhausbenutzer über abgestellte Schuhe zu Fall kommt und Verletzungen erleiden kann. Indessen gebietet es die Verkehrssicherungspflicht nicht, einen gewissen Zustand völliger Gefahrenfreiheit zu schaffen. Vielmehr genügen Vorkehrungen gegen Gefahren, die nach Lage der Dinge nicht völlig fern liegen und gegen die sich der Verkehrsteilnehmer nicht durch die von jedermann zu erwartende Sorgfalt schützen kann. Diesen Anforderungen werden die Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft zur Hausordnung im Treppenhaus einschließlich des angefochtenen Beschlusses gerecht. Bereits aus diesem Grunde haben die Vorinstanzen auch dem Begehren der Bet. zu 1, die Verwalter zum Einschreiten gegen das Abstellen von Schuhen zu veranlassen, zu Recht den Erfolg versagt.

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht; Mietrecht

Normen

WEG § 21