Fristlose Kündigung wegen Überschreitens der mietvertraglich bestimmten Belegungszahl

Gericht

LG Kempten


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

26. 07. 1995


Aktenzeichen

5 S 1276/95


Leitsatz des Gerichts

Wenn fünf Personen als Höchstbelegung in einer 78 qm großen Mietwohnung vereinbart sind, ist eine Aufnahme von sieben Personen keine Überbelegung, die eine Kündigung rechtfertigt.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der bekl. Mieter hatte bei Abschluß des Mietvertrags über eine 78 qm große Wohnung in einem Holzhaus älterer Bauart mit dem kl. Vermieter vereinbart, daß er die Wohnung mit seiner Frau und drei Kindern beziehe. In den Mietvertrag war aufgenommen worden, daß lediglich fünf Personen in der Wohnung wohnen dürften. In der Folgezeit nahm der Bekl. noch seine Mutter und seinen Schwiegersohn in die Wohnung auf.

Die auf Überbelegung gestützte Kündigungsklage hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Kammer folgt der Auffassung des Erstgerichts, daß ein Räumungsbegehren nicht durchdringen kann, weil die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nicht genügend nachgewiesen sind. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren ist davon auszugehen, daß erhebliche Umstände dafür sprechen, daß es sich bei der Überbelegungsklausel in dem Mietvertrag nicht um eine Regelung im Rahmen der AGB handelt, sondern um eine letztlich individuell ausgehandelte Klausel.

Eine fristlose Kündigung könnte der Kl. aus einem Verstoß gegen diese Klausel aber nur herleiten, wenn ihm damit nicht zuzumuten ist, an dem Vertrag festzuhalten. Nicht jeder Vertragsverstoß rechtfertigt eine fristlose Kündigung. Die Kammer mißt die Frage, ob ein Verstoß gegen die Überbelegungs klausel eine fristlose Kündigung rechtfertigt, an der Rechtsprechung zur Überbelegung. Nur dann, wenn eine Überbelegung im Sinne der Rechtsprechung vorliegt, kann der Fall vorliegen, daß eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist. Voraussetzung wäre dann allerdings immer noch eine entsprechende Abmahnung an ein hartnäckiges Festhalten des Mieters an seinem Standpunkt. Allerdings könnte in der früheren Kündigung wegen Überbelegung eine entsprechende Abmahnung gesehen werden. Der Kl. vermochte nicht den nötigen Nachweis zu führen, daß die Wohnung im Rechtssinne überbelegt ist. Immerhin mißt sie 78 qm. Selbst wenn sie mit sieben Personen, also den Eheleuten, vier Kindern, und der Mutter des Kl. bewohnt worden sein sollte, so läge eine Überbelegung im Rechtssinne nicht vor. Wohnraum ist im Rechtssinne dann nicht überbelegt, wenn die Grenzen, die an die Belegungsdichte von preisgebundenen Wohnraum gestellt werden, gewahrt sind (vgl.Sternel, MietR, 3. Aufl., II Rdnr. 256 unter Hinw. auf § 5 II WoBindG). In § 5 II WoBindG ist zwar eine bestimmte Quadratmeterzahl nicht festgelegt. Die Kammer ist jedoch mit der Rechtsprechung der Meinung, daß eine Überbelegung dann nicht vorliegt, wenn, von Ausnahmen abgesehen, je Person 10 qm Wohnfläche zur Verfügung stehen. Damit liegt eine Überbelegung nicht vor. Im übrigen wird auch hingewiesen auf Schmidt-Futterer/Blank,WohnraumschutzG, B Rdnr. 690.

Der Verstoß gegen die vertragliche Überbelegungsklausel - ihre Wirksamkeit sogar unterstellt - könnte also nur dann zu einer fristlosen Kündigung führen, wenn zusätzliche Umstände i.S. des § 553 BGB hinzukommen, wie o. ausgeführt. Dafür reicht der Vortrag des Kl. nicht aus. Insb. ist nicht bewiesen, daß dadurch der Mietgegenstand unverhältnismäßig und unzumutbar benutzt, abgenützt oder sonst beschädigt wird.

Rechtsgebiete

Mietrecht

Normen

BGB §§ 535, 553