Einvernehmliche Fortsetzung des fristlos gekündigten Mietvertrags (Schriftform)

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

24. 06. 1998


Aktenzeichen

XII ZR 195/96


Leitsatz des Gerichts

  1. Wird ein auf längere Zeit als ein Jahr geschlossener Mietvertrag über ein Grundstück vorzeitig fristlos gekündigt, einigen sich die Vertragspartner aber später auf eine Fortsetzung des Mietverhältnisses, dann liegt darin der Abschluß eines neuen Mietvertrags.

  2. Soll dieser für längere Zeit als ein Jahr gelten, unterliegt er dem Schriftformerfordernis des § 566 BGB (im Anschluß an BGH, NJW 1974, 1081 = LM § 566 BGB Nr. 22).

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kl. nimmt den Bekl. auf Räumung und Herausgabe gewerblich genutzter Räume in Anspruch. Durch schriftlichen Vertrag vom 1. 5. 1988 vermietete der Kl. dem Bekl. und dem - nach Abtrennung des Verfahrens anderweitig in Anspruch genommenen - S Räume in B. zum Betrieb eines Restaurants für die Dauer bis zum 1. 5. 1998 mit Verlängerungsklausel. Der Mietzins und die Nebenkosten waren spätestens am dritten Werktag eines Monats im voraus auf ein benanntes Konto des Vermieters zu zahlen. Dabei war vereinbart, daß es für die Rechtzeitigkeit der Zahlung nicht auf die Absendung, sondern auf die Ankunft des Geldes ankommen sollte (§ 5 II des Vertrags). Zur Kündigung des Mietverhältnisses sah der Vertrag vor, daß der Vermieter aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen könne, wenn der Mieter seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkomme, z. B. in Zahlungsrückstand gerate. Ein Zahlungsrückstand in diesem Sinn sollte vorliegen, wenn der Mieter mit mehr als einer Rate in Verzug kam (§ 2 Nr. 4 des Vertrags). Die Anwendung des § 568 BGB über die stillschweigende Verlängerung des Mietvertrags bei Ablauf der Mietzeit war vertraglich abbedungen (§ 2 Nr. 7 des Vertrags). Durch Einschreiben mit Rückschein vom 7. 2. 1990 an beide Mieter kündigte der Kl. das Mietverhältnis fristlos wegen Mietzahlungsrückstands. Das Schreiben ging dem Bekl. am 9. 2. und dem Mitmieter am 8. 2. 1990 zu. Zu diesem Zeitpunkt war weder der Mietzins für Dezember 1989 noch der für Februar 1990 bezahlt. Allerdings hatten die Mieter am 22. 1. 1990 ihrer Bank (Streithelferin des Kl.) den Auftrag erteilt, für die Dezembermiete 1989 eine Einzelüberweisung auszuführen; am 23. 1. 1990 hatten sie einen Dauerauftrag für die Mietzahlungen, erstmals zum 1. 2. 1990, gegeben. Aus im einzelnen zwischen dem Bekl. und der Streithelferin streitigen Gründen wurde die Dezembermiete erst am 9. 2. 1990 vom Konto des Bekl. abgebucht, die Februarmiete aufgrund des Dauerauftrags am 8. 2. 1990. Mit anwaltlichem Schreiben vom 12. 2. 1990 ließ der Bekl. dem Kl. mitteilen, die Verzögerung der Mietzahlung habe im Verantwortungsbereich der Bank gelegen. Der Kl. wies dies mit Schreiben vom 17. 2. 1990 als nicht ausreichende Entschuldigung zurück und erklärte, er halte an der ausgesprochenen Kündigung fest. Im Frühjahr 1990 einigten sich die Vertragsparteien mündlich dahin, daß die Gaststättenräume weiterhin mietweise an den Bekl. und S überlassen wurden. Mit einem an beide Mieter gerichteten Schreiben vom 21. 12. 1993 kündigte der Kl. den „mündlich nach BGB abgeschlossenen Nachfolgevertrag“ des von ihm „am 7. 2. 1990 rechtskräftig gekündigten Vertrags vom 1. 5. 1988 . . . fristgemäß zum 31. 3. 1994“. Das Kündigungsschreiben ging dem Bekl. am 22. 12. 1993 zu. Am selben Tag quittierte auch die Ehefrau des - seinerzeit ortsabwesenden - Mieters S den Empfang eines Briefs vom Kl. Der Kl. hat Klage auf Räumung und Herausgabe der Gaststätte sowie auf Zahlung rückständiger Mietzinsen und Nebenkosten erhoben. Er hat sich darauf berufen, den schriftlichen Gewerbemietvertrag vom 1. 5. 1988 mit dem Schreiben vom 7. 2. 1990 wirksam gekündigt zu haben. Nach dem Ausspruch jener Kündigung habe er später mit dem Bekl. und S „mündlich nach BGB“ einen „Nachfolgevertrag geschlossen“. Seine Kündigung vom 21. 12. 1993 sei daher ordnungsgemäß zum 31. 3. 1994 ausgesprochen worden. Der Bekl. hat demgegenüber die Ansicht vertreten, die Kündigung des Kl. vom 21. 12. 1993 habe das Mietverhältnis der Parteien nicht beendet. Dieses sei vielmehr nach wie vor fest bis zum 1. 5. 1998 geschlossen gewesen. Die im Frühjahr 1990 getroffenen Vereinbarungen seien entweder als stillschweigende Fortsetzung des auf bestimmte Zeit geschlossenen Mietvertrags vom 1. 5. 1988 oder als konkludenter Abschluß eines neuen befristeten Mietvertrags zu verstehen. Im übrigen hat der Bekl. die Kündigung des Kl. vom Dezember 1993 auch deshalb für unwirksam erklärt, weil sie dem Mitmieter S nicht persönlich zugegangen sei.

Das LG hat dem Räumungsbegehren in vollem Umfang und dem Zahlungsbegehren teilweise stattgegeben. Es hat die Kündigung des Kl. vom 21. 12. 1993 für wirksam erachtet, da das im Frühjahr 1990 vereinbarte Mietverhältnis mangels Einhaltung der Schriftform des § 566 S. 1 BGB auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden sei und deshalb mit gesetzlicher Frist habe gekündigt werden können. Die gegen den Räumungsausspruch gerichtete Berufung des Bekl. hatte keinen Erfolg. Die Revision hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Das Mietverhältnis über die Gaststättenräume ist durch die Kündigung des Kl. vom 21. 12. 1993 rechtswirksam zum 31. 3. 1994 beendet worden, § 565 I Nr. 3 BGB. Bei Ausspruch der Kündigung im Dezember 1993 bestand zwischen den Parteien ein unbefristeter Mietvertrag. Das zuvor im Mai 1988 begründete, bis Mai 1998 befristete Mietverhältnis war durch die fristlose Kündigung des Kl. vom 7. 2. 1990 beendet worden, ohne daß die Vereinbarungen der Bet. vom Frühjahr 1990 erneut zu einem befristeten Mietverhältnis für die Dauer bis Mai 1998 geführt hätten.

1. Wie im Berufungsurteil zutreffend dargelegt, bestand bei dem Ausspruch und dem Zugang der Kündigungsklärung des Kl. vom 7. 2. 1990 eine Kündigungslage i. S. von § 554 I 1 Nr. 2 BGB. Die Mieter waren sowohl mit dem Mietzins für Dezember 1989, als auch mit dem bis zum dritten Werktag des Monats, d. h. bis Montag, dem 5. 2. 1990, fälligen Mietzins für Februar 1990 und damit insgesamt in Höhe eines Betrags in Verzug, der den Mietzins für zwei Monate erreichte. Zwar wurden die Februarmiete am 8. 2. und die Dezembermiete am 9. 2. 1990 von dem Konto des Bekl. abgebucht. Bis zum Zugang der Kündigungserklärung am 9. 2. 1990 waren die entsprechenden Beträge jedoch, wie auch die Revision nicht in Frage stellt, nicht, jedenfalls nicht vollständig (vgl. Wolf-Eckert, Hdb. d. gewerblichen Miet-, Pacht- u. LeasingR, 7. Aufl., Rdnr. 976) auf dem Konto des Kl. gutgeschrieben. Dieser war also noch nicht wegen seiner Forderungen befriedigt, § 554 I 2 BGB. Daß hierfür entsprechend der im Mietvertrag vom 1. 5. 1988 unter § 5 II vereinbarten Rechtzeitigkeitsklausel der Eingang auf dem Konto des Kl. maßgeblich sein und nicht die Erteilung eines Überweisungsauftrags ausreichen sollte, hat das BerGer. unter den vorliegenden Umständen zutreffend als rechtsverbindlich angesehen (vgl. dazu Palandt-Heinrichs, BGB, 57. Aufl., § 270 Rdnr. 6; Keller, in: MünchKomm, 3. Aufl., § 270 Rdnr. 19; Soergel-Wolf, BGB, 12. Aufl., § 270 Rdnr. 20, beide letzteren unter Hinweis auf RGZ 78, 137 [140]).

Die hier formularmäßig vereinbarte Rechtzeitigkeitsklausel unterliegt keinen durchgreifenden Bedenken, wenn sie sich, wie im gegebenen Fall, auf die Zahlung der laufenden Mietzinsen bezieht und die Parteien zudem Kaufleute sind (vgl. Bub, in: Bub-Treier, Hdb. d. Geschäfts- u. Wohnraummiete, 2. Aufl., II Rdnr. 425; Drettmann, in: F. Graf v. Westphalen, VertragsR u. AGB-Klauselwerke, Geschäftsraummiete Rdnr. 123; Fritz, GewerberaummietR, 2. Aufl., Rdnr. 199). Unter solchen Umständen ist die Klausel, gemessen an den Bedürfnissen des modernen Zahlungsverkehrs, weder als ungewöhnlich und damit überraschend (§ 3 AGBG) zu beurteilen, noch bedeutet sie eine unangemessene Benachteiligung des Mieters i. S. von § 9 I AGBG.

2. Mit dem Zugang der auf den Zahlungsverzug gestützten fristlosen Kündigung bei den Mietern wurde das Mietverhältnis beendet (Grapentin, in: Bub-Treier, IV Rdnr. 2; Wolf-Eckert, Rdnr. 965; Emmerich-Sonnenschein, Miete, 6. Aufl., § 564 Rdnr. 30; Roquette, Das Mietrecht d. BGB, 1966, § 564 Rdnr. 21; Esser-Schmidt, SchuldR AT, 8. Aufl., § 20 III [S. 324]), und zwar trat die Beendigung des Dauerschuldverhältnisses mit sofortiger Wirkung ein, wenn auch als Folge der Beendigung des Mietverhältnisses noch Abwicklungspflichten zu erfüllen waren (vgl. Larenz, Lehrb. d. SchuldR AT, 14. Aufl., § 9 II [S. 374]). In diesem Punkt unterscheidet sich die außerordentliche fristlose Kündigung (vgl. hierzu Emmerich-Sonnenschein, § 564 Rdnrn. 28, 29; Roquette § 564 Rdnrn. 21, 22) sowohl von der außerordentlichen befristeten (vgl. dazu Emmerich-Sonnenschein, § 564 Rdnrn. 25, 27; Roquette, Rdnrn. 23, 24), als auch von der ordentlichen (befristeten) Kündigung, die zwar - beide - ebenfalls mit ihrem Zugang bei dem anderen Vertragsteil wirksam werden, das Mietverhältnis jedoch erst zum Zeitpunkt der vertraglich oder gesetzlich bestimmten Frist beenden (Grapentin, in: Bub-Treier, IV Rdnr. 2; Esser-Schmidt, S. 324; Roquette, § 564 Rdnr. 21; Staudinger-Sonnenschein, BGB, 13. Bearb. [1997], § 564 Rdnrn. 89 ff., 98).

In den Fällen der befristeten Kündigungen besteht das Mietverhältnis danach, anders als im Fall fristloser Kündigung, trotz Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unverändert weiter mit der Folge, daß es - wiederum im Gegensatz zu dem Fall fristloser Kündigung - während dieses Zeitraums noch dem Einfluß vertraglicher Vereinbarungen der Parteien über seinen Inhalt und gegebenenfalls auch seine (weitere) Fortdauer unterworfen ist.

3. Im vorliegenden Fall hat der Kl. einige Zeit nach der fristlosen Kündigung von Anfang Februar 1990 im Frühjahr 1990 mit dem Bekl. und S vereinbart, diesen die Gaststättenräume, die die Mieter bisher noch nicht zurückgegeben hatten, erneut bzw. weiter mietweise zu überlassen.

a) Hierzu hat das BerGer. ausgeführt: Entgegen der Auffassung des Bekl. hätten die Vertragsparteien nach dem Ausspruch der Kündigung des Kl. vom 7. 2. 1990, die den Mietvertrag vom 1. 5. 1988 beendet habe, keine auf den 1. 5. 1998 befristete neue mietvertragliche Beziehung begründet und auch nicht den alten befristeten Mietvertrag mit diesem Inhalt fortgesetzt. Eine stillschweigende Fortsetzung des früheren Vertrags zu den alten Bedingungen sei schon deshalb nicht in Betracht gekommen, weil die Vorschrift des § 568 BGB vertraglich wirksam abbedungen gewesen sei und der Kl. zudem mit seinem Schreiben vom 17. 2. 1990 ausdrücklich einer weiteren Nutzung der Mieträume widersprochen habe.

Soweit der Bekl. behaupte, der Kl. habe sich in der Zeit zwischen Februar und Ende April 1990 als Ergebnis weiterer Verhandlungen mit einer Fortsetzung des Mietverhältnisses einverstanden erklärt, und er habe dabei u. a. geäußert, die Kündigung von Februar 1990 zurückzunehmen bzw. als erledigt anzusehen, sei dies unerheblich. Auch wenn eine entsprechende Erklärung des Kl. unterstellt werde, habe diese nicht zur Begründung mietvertraglicher Beziehungen der Parteien wiederum mit einer festen Laufzeit bis zum 1. 5. 1998 führen können. Nach dem Wirksamwerden der fristlosen Kündigung vom 7. 2. 1990 sei schon begrifflich weder ein Widerruf der Kündigung noch deren Zurücknahme möglich gewesen. Wenn sich die Vertragsparteien in einem solchen Fall - auch bei der von dem Bekl. behaupteten Wortwahl - auf eine Fortsetzung des Mietvertrags einigten, sei eine solche Vereinbarung nicht mehr gegen den (bereits erfolgten) Eintritt der Kündigungswirkungen gerichtet. Vielmehr komme ein neuer Vertrag zustande, und zwar, falls keine besonderen inhaltlichen Vereinbarungen getroffen würden, in der Regel zu den Bedingungen des früheren gekündigten Vertragsverhältnisses. Hierbei sei umstritten, ob auch für den Fall des Neuabschlusses eines Vertrags mit gegenüber der vorhandenen Vertragsurkunde unverändertem Inhalt das Schriftformerfordernis des § 566 BGB gewahrt werden müsse, wenn der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr gelten solle. Da ein beendetes Mietverhältnis nur durch Neuabschluß wiederhergestellt werden könne und der Gesetzgeber dafür in § 566 BGB zu erfüllende gesetzliche Voraussetzungen aufgestellt habe, fordere der Zweck des Gesetzes, insbesondere der Schutz eines etwaigen Grundstückserwerbers, auch für diesen Fall die Wahrung der Schriftform. Das gelte vor allem im Hinblick darauf, daß - wie es nach dem Vorbringen des Bekl. hier möglicherweise der Fall gewesen sei - zwischen der Beendigung des alten und dem Abschluß des neuen Mietvertrags ein längerer Zeitraum abgelaufen oder auch das Mietverhältnis zwischenzeitlich ganz oder teilweise abgewickelt worden sein könne. Da die Parteien und S bei dem Neuabschluß des Mietvertrags im Frühjahr 1990 die Schriftform des § 566 BGB nicht eingehalten hätten, sei der Vertrag mithin gem. § 566 S. 2 BGB auf unbestimmte Zeit geschlossen worden und demgemäß im Dezember 1993 ordentlich zum Ende des ersten Quartals im Jahre 1994 kündbar gewesen.

b) Diesen Ausführungen hält die Revision entgegen: Die Kündigung beseitige nicht das Vertragsverhältnis, sondern nur die Leistungspflichten für die Zukunft. Damit unterscheide sie sich von der Anfechtung, die das ganze Rechtsgeschäft rückwirkend vernichte. Nur für das nichtige Rechtsgeschäft gelte aber die Regel, daß seine Bestätigung als erneute Vornahme zu beurteilen sei, die auch der vorgeschriebenen Form bedürfe. Die Vertragspartner hätten also die Kündigungswirkungen aufheben können.

Andererseits hätten sie auch die Möglichkeit gehabt, ein neues Schuldverhältnis zu begründen. Welche Gestaltungsform gewählt worden sei, müsse durch Auslegung ermittelt werden. Nachdem das BerGer. diese Auslegung nicht vorgenommen habe, müsse im Revisionsverfahren entsprechend dem aufgezeigten Vortrag angenommen werden, daß die Vertragspartner die Kündigungswirkungen beseitigt hätten, um das alte, schriftlich niedergelegte Vertragsverhältnis fortzusetzen. Der Form des § 566 BGB habe es dabei nicht bedurft. Nachdem der Inhalt des Mietvertrags bereits schriftlich vorgelegen habe, wäre es unnötiger, von § 566 BGB nicht geforderter Formalismus, die Errichtung einer neuen Vertragsurkunde zu verlangen.

c) Dem ist nicht zu folgen. Die Ausführungen der Revision vermögen das von dem OLG gewonnene Ergebnis nicht in Frage zu stellen. Wie das OLG zutreffend dargelegt hat - und auch die Revision insoweit nicht anzweifelt - können die Rechtsfolgen einer Kündigung nach dem Zeitpunkt ihres Zugangs weder einseitig widerrufen noch zurückgenommen werden (§ 130 I 2 BGB). Allerdings haben die Parteien nach allgemeiner Meinung im Rahmen der Vertragsfreiheit (§ 305 BGB) die Möglichkeit, den Eintritt der Rechtsfolgen einer bereits wirksam gewordenen Kündigung durch - einverständliche Vereinbarung aufzuheben bzw. zu beseitigen (vgl. nur - ausführlich - Roquette, § 564 Rdnr. 29). Eine entsprechende Vereinbarung führt indessen nicht ohne weiteres und unterschiedslos zur Fortsetzung des gekündigten Mietvertrags.

Bei der Beurteilung der Wirkungen, die einer Vereinbarung über die Aufhebung der Kündigungsfolgen zukommt, ist vielmehr danach zu unterscheiden, ob die Vereinbarung vor Ablauf der Kündigungsfrist, also vor der Beendigung des Mietverhältnisses getroffen wird, oder erst danach (vgl. BGH, NJW 1974, 1081 = LM § 566 BGB Nr. 22; LM § 90 a HGB Nr. 7 = WM 1983, 1416 [1418 unter I 2 c aa]; Grapentin, in: Bub-Treier, IV Rdnrn. 34 ff.; Wolf-Eckert, Rdnrn. 908, 909; Emmerich-Sonnenschein, § 564 Rdnr. 37; Staudinger-Sonnenschein, § 564 Rdnrn. 103 ff.; Gernhuber, Hdb. d. SchuldR, Das Schuldverhältnis, 1989, § 27 [S. 620]; Schmidt-Futterer-Blank, WohnraumschutzG, 6. Aufl., B Rdnrn. 48, 48 a [S. 80, 81]; Soergel-Wolf, § 305 Rdnr. 40; Soergel-Heintzmann, § 566 Rdnr. 18; Sternel, MietR, 3. Aufl., IV Rdnr. 80; ohne Differenzierung: Gelhaar, in: RGRK 12. Aufl., § 566 Rdnr. 7 a. E., anders jedoch Ballhaus, in: RGRK, § 305 Rdnr. 5 a. E.; aus dem älteren Schrifttum vgl. Oertmann, BGB, 5. Aufl., § 554 Anm. 1 e; Dernburg, Schuldverhältnisse, 4. Aufl., § 220 Anm. IV 1; ohne Differenzierung: Planck, BGB, 4. Aufl., § 554 Anm. 2 g; Mittelstein, Die Miete, 3. Aufl., § 75 [S. 461]).

Einigen sich die Parteien während des noch bestehenden Mietverhältnisses, also im Falle außerordentlicher befristeter oder ordentlicher Kündigung vor Ablauf der Kündigungsfrist darauf, die Wirkungen der Kündigung aufzuheben, so schließen sie damit einen Vertrag des Inhalts, daß sie sich gegenseitig so behandeln wollen, wie wenn die Kündigung nicht erfolgt wäre (vgl. Planck, § 554 Anm. 2 g). Der gekündigte Vertrag bleibt damit, wenn und soweit keine Veränderungen vereinbart wurden, zu den bisherigen Bedingungen unverändert in Kraft. Der Abfassung einer erneuten Urkunde unter Wahrung des Formzwangs nach § 566 i. V. mit § 126 BGB bedarf es auch bei längerer Laufzeit des Vertrags nicht (vgl. Grapentin, in: Bub-Treier, IV Rdnr. 35 m. Nachw.; Roquette, § 564 Rdnr. 29; Voelskow, in: MünchKomm, § 564 Rdnr. 22; Soergel-Heintzmann, § 566 Rdnr. 18). Kommt die Einigung über eine „Rücknahme“ der Kündigungswirkungen hingegen erst nach Beendigung des Mietverhältnisses, im Falle einer außerordentlichen fristlosen Kündigung - wie hier - also nach deren Zugang zustande, dann scheidet eine Fortsetzung des früheren Vertragsverhältnisses aus, da ein solches nicht mehr besteht. Der aufgelöste Vertrag kann nicht mehr aufleben (Wolf-Eckert, Rdnr. 909). Die getroffene Vereinbarung kann daher in diesem Fall nicht dahin verstanden werden, daß sich die Parteien behandeln lassen wollten, als sei die Kündigung nicht erfolgt, da diese bereits ihre Gestaltungswirkung entfaltet und das Mietverhältnis beendet hat. Die Einigung der Parteien führt unter solchen Umständen vielmehr zur Begründung eines neuen Mietverhältnisses, wenn auch in der Regel mit dem Inhalt des früheren (vgl. Grapentin, in: Bub-Treier, IV Rdnr. 36; Ballhaus, in: RGRK, § 305 Rdnr. 5; Emmerich-Sonnenschein, § 564 Rdnr. 37; Soergel-Heintzmann, § 566 Rdnr. 18 a. E.; Soergel-Wolf, § 305 Rdnr. 40; Schmidt-Futterer-Blank, B Rdnr. 48 [S. 81]; Staudinger-Sonnenschein, § 564 Rdnr. 105; Sternel, IV Rdnr. 80; Gernhuber, § 27 [unter 3 c S. 620]; aus dem älteren Schrifttum: Oertmann, § 554 Anm. 1 e; Dernburg, § 200 IV 1 [S. 215, 216]; a. A. Mittelstein, § 75 [unter 8 S. 461]).

Für den Abschluß des neuen Mietvertrags wird im Anschluß an ein Urteil des KG (HRR 1934 Nr. 1014) - wie auch von der Revision - die Auffassung vertreten, er bedürfe auch bei Begründung eines Vertragsverhältnisses für längere Zeit als ein Jahr nicht der Schriftform des § 566 BGB, wenn der gekündigte Mietvertrag der Schriftform entsprochen habe; es wäre unnötiger Formalismus, die Errichtung einer neuen Urkunde zu fordern, wenn bereits eine inhaltsgleiche Urkunde bestehe (vgl. Gelhaar, in: RGRK, § 566 Rdnr. 7; Wolf-Eckert, Rdnr. 909; wohl auch Mittelstein, S. 461 OLG Hamm, ZMR 1979, 249 [250]).

Diese Ansicht ist - mit der inzwischen wohl h. M. - aus Rechtsgründen abzulehnen. Das BGB sieht für längerfristige Mietverträge in § 566 BGB ausnahmslos das Schriftformerfordernis vor (vgl. BGHZ 81, 46 ff. = NJW 1981, 2246 = LM § 549 BGB Nr. 6 [für Untermietverträge]). Die Vorschrift ist der Disposition der Parteien entzogen. Sie kann nicht etwa mit der Begründung außer acht gelassen werden, der Schutz eines Grundstückserwerbers, der anhand der Urkunde in die Lage versetzt werden solle, sich über den Umfang und den Inhalt auf ihn übergehender mietvertraglicher Verpflichtungen zuverlässig zu unterrichten (§ 571 BGB), gebiete die Einhaltung der Schriftform nicht, wenn bereits ein inhaltsgleicher schriftlicher Vertrag vorliege. Denn abgesehen davon, daß es sich nicht mehr um dasselbe, zwischenzeitlich beendete Mietverhältnis handelt, erschöpft sich der Zweck des § 566 BGB nicht in seiner Bedeutung im Hinblick auf einen späteren Grundstückserwerber. Durch die Schriftform soll auch für die Vertragsparteien selbst die Beweisbarkeit langfristiger Abreden sichergestellt werden. Dieser Zweck erfordert die Einhaltung der Schriftform selbständig für jedes längerfristig abgeschlossene Mietverhältnis. Schließlich kommt der Schriftform eine gewisse Warnfunktion zu (vgl. Wolf-Eckert, Rdnr. 96; Emmerich-Sonnenschein, § 566 Rdnr. 1), die ihre Bedeutung speziell bei der Neubegründung eines zuvor bereits beendeten Mietverhältnisses entfalten kann (vgl. zum Schutzzweck des § 566 BGB allgemein Senat, BGHZ 136, 357 = NJW 1998, 58 = NZM 1998, 25 = LM H. 3-1998 § 566 BGB Nr. 32).

Für die Notwendigkeit, auch bei Neuabschluß eines längerfristigen Mietvertrags nach vorheriger fristloser Kündigung eines inhaltsgleichen Mietverhältnisses die Schriftform zu wahren, spricht in gewisser Weise auch die in § 568 BGB enthaltene gesetzliche Wertung. Denn nach dieser Vorschrift, die auch für den Fall der Vertragsbeendigung durch fristlose Kündigung gilt (vgl. BGH, NJW 1980, 1577 [1578] = LM § 305 BGB Nr. 22 [unter 4 c]; Staudinger-Emmerich, § 568 Rdnr. 6), lebt bei stillschweigender Fortsetzung des Mietgebrauchs nicht etwa der frühere befristete Vertrag wieder auf, sondern der fortgesetzte Gebrauch der Mietsache durch den Mieter führt (mangels entgegenstehender Vereinbarung) zur Begründung eines Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit. Es spricht nichts dafür, daß im Fall (nicht stillschweigender, sondern) einverständlich vereinbarter „Fortsetzung“ des Mietgebrauchs eine andere Regelung gelten sollte.

Ein für längere Zeit als ein Jahr geschlossener Mietvertrag setzt demgemäß auch unter diesem Gesichtspunkt die Einhaltung der Schriftform voraus. Bei der Handhabung des Formzwangs kann allerdings dem Umstand Rechnung getragen werden, daß bereits eine schriftliche Vertragsurkunde existiert, die den Inhalt auch des neu begründeten Mietverhältnisses zutreffend wiedergibt. So könnte es gegebenenfalls ausreichen, wenn die Vertragspartner den früheren Mietvertrag unter neuem Datum erneut mit ihrer Unterschrift versehen. Auf diese oder ähnliche Weise ließe sich, je nach den Umständen des Falls, bei der gebotenen Einhaltung der Schriftform gleichwohl ein überflüssiger Formalismus vermeiden. Unter den hier gegebenen Voraussetzungen bedarf diese Frage allerdings keiner abschließenden Entscheidung.

Da die Parteien im vorliegenden Fall ihre im Frühjahr 1990 getroffenen Vereinbarungen in keiner Weise schriftlich festgelegt haben, ist der neue Mietvertrag, wie das OLG zutreffend entschieden hat, mangels Wahrung der Schriftform auf unbestimmte Zeit zustande gekommen, § 566 BGB.

4. Der Vertrag hat infolge der ordentlichen Kündigung des Kl. vom 21. 12. 1993 zum 31. 3. 1994 sein Ende gefunden. Gegen die Wirksamkeit dieser Kündigung bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Das OLG hat den Bekl. zu Recht als empfangsberechtigten Mitgesellschafter einer GbR für S angesehen (vgl. dazu BGH, NJW 1997, 3437 = LM H. 4-1998 § 9 [Bb] AGBG Nr. 43, z. Veröff. in BGHZ 136, 314 vorgesehen, sowie Senat, Beschl. v. 26. 11. 1997 - XII ZR 106-96). Im übrigen ist es - jedenfalls - rechtlich zutreffend davon ausgegangen, daß die Ehefrau des S, die das Kündigungsschreiben vom 21. 12. 1993 für ihren Ehemann entgegengenommen hat, als dessen Empfangsbotin zu gelten hat (vgl. Förschler, in: MünchKomm, § 130 Rdnr. 16; Palandt-Heinrichs, § 130 Rdnr. 9). Damit ist die Kündigung beiden Mietern ordnungsgemäß und fristgerecht am 22. 12. 1993 zugegangen mit der Folge, daß die Mieter nach Ablauf des 31. 3. 1994 gem. § 556 BGB zur Räumung und Herausgabe des Mietobjekts verpflichtet waren.

Rechtsgebiete

Mietrecht

Normen

BGB §§ 564, 566; AGBG §§ 3, 9