Streupflicht zum Eingang einer Gastwirtschaft

Gericht

OLG Köln


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

24. 02. 1986


Aktenzeichen

2 U 159/85


Leitsatz des Gerichts

Ein Gaststättenbetreiber muss nicht unentwegt mit abstumpfenden Mitteln gegen die Glatteisbildung auf dem Zuweg vorgehen, wenn die Glätte für die Gäste erkennbar oder voraussehbar ist.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl. begehrt vom Bekl. (Inhaber einer an X verpachteten Gaststätte) Schadensersatz wegen Verletzung der Streupflicht. Im Anschluß an einen abendlichen Gaststättenbesuch war die Kl. infolge Eisglätte zu Fall gekommen und hatte sich Verletzungen zugezogen.

Das LG hat die Schadensersatzklage abgewiesen. Der Antrag der Kl. auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe wurde vom OLG zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Der beabsichtigten Rechtsverfolgung fehlt die hinreichende Erfolgsaussicht. Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Kl. die von ihr geltend gemachten Ansprüche aus §§ 823 , 847 BGB zustehen. Die Voraussetzungen für eine Haftung des Bekl. werden sich nicht feststellen lassen. Er hat weder eine eigene Streupflicht noch eine Aufsichtspflicht über die Wahrung der Streupflicht eines Dritten verletzt.

Die übliche Endzeit für die Streupflicht wird regelmäßig mit 20.00 Uhr angesetzt (s. Wussow, UnfallhaftpflichtR, 13. Aufl. (1986), Rdnr. 286; BGH, NJW 1985, 270). Eine zeitlich weitergehende Streupflicht kann bestehen, wenn eine besondere Gefährdungslage gegeben ist, etwa bei Offenhalten eines dem allgemeinen Verkehr zugänglichen Gewerbebetriebes, insbesondere auch einer Gaststätte. Das bedeutet aber nicht, daß der Streupflichtige oder der Überwachungspflichtige ständig selbst oder durch eine Aufsichtsperson jede sich neu bildende Bodenglätte mit abstumpfenden Mittel zu bekämpfen hat. Vielmehr verlangt die Rechtsprechung (s. z. B. OLG Hamm, VersR 1984, 194) selbst bei extremer Glatteisbildung nur ein mehrfaches Streuen im Abstand von einigen Stunden. Dies ist deshalb gerechtfertigt, weil es nicht angeht, für die gefährlichen Folgen erkennbarer extremer Witterungsverhältnisse kurzerhand den Streupflichtigen uneingeschränkt haftbar zu machen. Vielmehr ist es in erster Linie Aufgabe desjenigen, der bei derartigen Witterungsverhältnissen die Straße benutzt, den erkennbaren Sturzgefahren durch besondere Vorsicht auszuweichen. Im Streitfall hatte nach den Zeugenaussagen die Eisglätte erst abends eingesetzt; tagsüber hatte Tauwetter geherrscht ... Nach den Aussagen dieser Zeugen war die Wetterlage bereits beim Betreten der Gaststätte erkennbar. Die Kl. hat sich auch nur zwei bis zweieinhalb Stunden in der Gaststätte aufgehalten. Nach Aussagen der Zeugen hat sie die Gaststätte gegen 21.30 Uhr und gegen 22.30 Uhr bis 23.00 Uhr verlassen. Daß der Eingang der Gaststätte ausreichend beleuchtet war, haben die Zeugen bestätigt. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Bekl. eine Streupflicht verletzt habe, erst recht keine Aufsichtspflicht über die Streupflicht eines anderen, des Gaststättenpächters. Wenn es überhaupt zu dem Unfall der Kl. durch Eisglätte gekommen ist, dann beruht dies auf der Unaufmerksamkeit der Kl. Da diese bereits beim Betreten der Gaststätte die Eisglätte erkannt hatte oder jedenfalls bei Beobachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, mußte sie sich darauf einrichten, daß dieser Zustand zwei oder zweieinhalb Stunden später noch vorhanden sei. Sie konnte sich keineswegs darauf verlassen, daß der Ausgang der Gaststätte in diesem Zeitraum mit abstumpfenden Mitteln bestreut worden sei. Im Gegenteil konnte sie beim Verlassen der Gaststätte erkennen, ob dies geschehen sei oder nicht.

Rechtsgebiete

Schnee und Glatteis

Normen

BGB § 823