Kreis der Entsorgungspflichtigen bei Abfallanlandung durch Hochwasser

Gericht

BVerwG


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

11. 12. 1997


Aktenzeichen

7 C 58/96


Leitsatz des Gerichts

Der Eigentümer (oder Besitzer) eines der Allgemeinheit nicht frei zugänglichen, gewässernahen Grundstücks wird überlassungspflichtiger Besitzer der Abfälle, die durch Hochwasser auf das Grundstück gelangen.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt

Der Kl., ein Landwirt, und die bekl. Stadt streiten darüber, wer von ihnen verpflichtet ist, die bei Hochwasser auf flußnahen Grundstücken angeschwemmten Abfälle zusammenzutragen und für die Entsorgung bereitzustellen. Der Kl. bewirtschaftet im Außenbereich der Bekl. an die Weser grenzende landwirtschaftliche Flächen, die teils in seinem Eigentum stehen, teils von ihm gepachtet sind. Auf diesen Grundstücken lagern sich bei Hochwasser angeschwemmte Stoffe (Fäkalien, heu- und strohartiges Geschwemmsel, Kleinholz, Plastikgegenstände, Glas und sonstiges Schwemmgut) ab, die einer ordnungsgemäßen landwirtschaftlichen Nutzung entgegenstehen und als Abfälle entsorgt werden müssen. Der Kl. steht auf dem Standpunkt, er sei mangels Abfallbesitzes nicht überlassungspflichtig. Nach einer Überschwemmung im Frühjahr 1992 forderte der Kl. die Bekl. erfolglos auf, das auf seinen Grundstücken zurückgebliebene Schwemmgut einzusammeln und für die entsorgungspflichtige Körperschaft bereitzustellen. Darauf erhob er Klage mit dem Antrag festzustellen, daß die Bekl. verpflichtet sei, die von der Weser bei Hochwasser auf seine Grundstücke angeschwemmten Abfallstoffe zusammenzutragen und für eine Entsorgung bereitzustellen.

Das VG wies die Klage mit der Begründung ab, der Kl. sei aufgrund seiner Sachherrschaft über die Grundstücke Abfallbesitzer i.S. des § 3 I AbfG geworden und habe deshalb die angeschwemmten Abfälle der Bekl. zur Entsorgung zu überlassen. Auf die Berufung des Kl. gab das OVG der Feststellungsklage statt (zu einem Parallelverfahren vgl. OVG Münster, UPR 1996, 274 = NuR 1996, 314) und führte zur Begründung aus: Die Bekl. sei nach §§ 1 II , 3 II 1 AbfG i.V. mit § 5 I , VI NWAbfG zum Zusammentragen der angeschwemmten Abfälle verpflichtet. Das Zusammentragen gehöre zwar grundsätzlich nicht zu dem den entsorgungspflichtigen Körperschaften obliegenden Einsammeln im Sinne der genannten Vorschriften. Fehle es an einem überlassungspflichtigen Abfallbesitzer, umfasse die Verpflichtung zum Einsammeln auch das Zusammentragen und Bereitstellen der Abfälle zur weiteren Entsorgung. Der Kl. sei kein Abfallbesitzer i.S. des § 3 I AbfG, weil er nicht das erforderliche Mindestmaß an tatsächlicher Sachherrschaft über die angeschwemmten Abfälle besitze. Zur Begründung der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision hat die Bekl. vorgetragen: Der Eigentümer, auf dessen Grundstück Schwemmgut abgelagert werde, sei kraft seiner tatsächlichen Sachherrschaft über das Grundstück überlassungspflichtiger Abfallbesitzer. Der Begriff des Abfallbesitzers diene wie der des Zustandsstörers dazu, unabhängig von einem Verursachungsbeitrag die Verantwortlichkeit für den entstandenen Abfall einzugrenzen. Eine solche Verantwortung setze die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit voraus, auf die Abfälle einzuwirken, nicht dagegen, deren Ablagerung zu verhindern. Dementsprechend bestehe eine Verpflichtung der Bekl. nur hinsichtlich fortgeworfener und verbotswidrig abgelagerter Abfälle auf Grundstücken, die der Allgemeinheit zugänglich seien, wenn Maßnahmen gegen den Verursacher nicht möglich oder vertretbar seien und kein anderer verpflichtet sei. Die Revision hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Der Antrag des Kl. betrifft sowohl die Überschwemmung im Jahre 1992 als auch künftige Überschwemmungsfälle. Maßgebende bundesrechtliche Grundlage ist damit zum einen das im Jahre 1992 geltende Abfallgesetz vom 27. 8. 1986 (BGBl I, 1410) und zum andern das nunmehr geltende Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/ AbfG) vom 27. 9. 1994 (BGBl I, 2705). Nach beiden Gesetzen war bzw. ist der Kl. als Abfallbesitzer verpflichtet, auf seine Kosten die auf seinen Grundstücken angeschwemmten Abfälle zusammenzutragen und der Bekl. zur Entsorgung zu überlassen.

1. Nach § 3 I AbfG hat der Besitzer Abfälle dem Entsorungspflichtigen zu überlassen. Entsorgungspflichtig für die in ihrem Gebiet angefallenen Abfälle sind die nach Landesrecht zuständigen Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 3 II 1 AbfG). „Angefallen“ sind u.a. solche Abfälle, die deren Besitzer in Erfüllung seiner Überlassungspflicht der entsorgungspflichtigen Körperschaft zur Verfügung gestellt hat. Der überlassungspflichtige Besitzer muß also die Abfälle zusammentragen und entsprechend den maßgebenden satzungsrechtlichen Bestimmungen so bereitstellen, daß die entsorgungspflichtige Körperschaft sie ohne weiteren Aufwand einsammeln kann (vgl. BVerwGE 67, 8 = NVwZ 1984, 40). Etwas anderes gilt nur für Abfälle, die die entsorgungspflichtige Körperschaft nach Maßgabe des § 3 III AbfG von der Entsorgung ausgeschlossen hat; in solchen Fällen ist der Abfallbesitzer selbst entsorgungspflichtig (§ 3 IV AbfG). Diese „Arbeitsteilung“ zwischen Abfallbesitzer und entsorgungspflichtiger Körperschaft ist Ausdruck der gesetzgeberischen Wertung und Entscheidung, daß der einzelne Bürger entsprechend dem allgemein im Umweltrecht verankerten Verursacherprinzip seinen Teil zur Lösung dieses bedeutsamen Umweltproblems beitragen soll und nicht alle dafür notwendigen Maßnahmen der Allgemeinheit überlassen darf (vgl. BVerwG, NJW 1989, 1295 = DVBl1989, 522; BVerwGE 99, 88 [92] = NVwZ 1996, 63 = NJW 1996, 1224 L).

Dabei knüpft das Gesetz für die Pflicht zur Überlassung an den Besitz an, weil allein der Besitzer kraft seiner Sachherrschaft rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, die Abfälle der öffentlichen Entsorgung zuzuführen; er kann jeden anderen, insbesondere auch die entsorgungspflichtige Körperschaft, von dem Zugriff auf die Abfälle ausschließen. Anders als im Zivilrecht setzt Abfallbesitz keinen Besitzbegründungswillen voraus: vielmehr genügt die - auf welche Weise auch immer erlangte - tatsächliche Gewalt über die Abfälle (BVerwGE 67, 8 [12] = NVwZ 1984, 40; BGH, NVwZ 1985, 447). Denn die Überlassungspflicht des Abfallbesitzers ist vor allem ordnungsrechtlicher Natur. Die noch nicht einer gemeinwohlverträglichen Entsorgung zugeführten Abfälle bilden einen potentiell abfallrechtswidrigen Zustand, den der Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft durch Überlassung der Abfälle an den Entsorgungspflichtigen auch dann zu beseitigen hat, wenn er ohne oder gegen seinen Willen Besitzer geworden ist. Diese Verantwortlichkeit für „aufgedrängten“ Abfall ist eine verfassungsgemäße Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums i.S. von Art. 14 I 2 GG (vgl. den auf die Verfassungsbeschwerde gegen das Urt. des Senats v. 19. 1. 1989 [NJW 1989, 1295] ergangenen Beschl. des BVerfG v. 17. 4. 1989 - 1 BvR 385/89 [unveröff.]).

Aus diesen Grundsätzen folgt, daß von einem die Überlassungspflicht auslösenden Abfallbesitz dann nicht mehr gesprochen werden kann, wenn die betreffende Person nicht einmal - wie es der erkennende Senat in seinem Urteil (BVerwG 67, 8 [12] = NVwZ 1984, 40) ausgedrückt hat - ein „Mindestmaß an tatsächlicher Sachherrschaft“ innehat. Das ist anzunehmen, wenn sich die tatsächliche Herrschaftsbeziehung dieser Person zu den Abfällen nicht von derjenigen beliebiger anderer Personen unterscheidet. Dementsprechend hat der erkennende Senat den Abfallbesitz eines Grundstückseigentümers (oder -besitzers) verneint, wenn die Abfälle auf einem Grundstück lagern, das der Allgemeinheit rechtlich und tatsächlich frei zugänglich ist, etwa aufgrund naturschutz- oder waldrechtlicher Betretungsrechte (vgl. BVerwGE 67, 8 = NVwZ 1984, 40; BVerwG, NJW 1989, 1295). In einem solchen Fall vermitteln das Eigentum oder der Besitz an dem Grundstück nach der Verkehrsauffassung keinen Herrschaftsbereich, der zugleich auch die tatsächliche Gewalt über die darauf befindlichen Gegenstände begründet. Derartige Abfälle ohne überlassungspflichtigen Besitzer hat die entsorgungspflichtige Körperschaft selbst auf dem Grundstück einzusammeln (§ 1 II AbfG).

Die dem Kl. gehörenden oder von ihm gepachteten landwirtschaftlich genutzten Grundstücke sind, wovon auch die Verfahrensbeteiligten ausgehen, nicht in diesem Sinne frei zugänglich; insbesondere bestehen keine Betretungsrechte für die Allgemeinheit. Das Eigentum oder der Besitz an den Grundstücken vermittelt also nach der Verkehrsauffassung gleichzeitig die tatsächliche Gewalt über die darauf befindlichen Gegenstände. Das betrifft auch die angeschwemmten Abfälle. Zu Unrecht hebt das OVG demgegenüber darauf ab, daß der Kl. das Anschwemmen der Abfälle nicht verhindern könne. Wie dargelegt, beruht die Pflichtenstellung des Abfallbesitzers auf seiner Herrschaftsbeziehung zu den Abfällen und nicht darauf, daß die Begründung der tatsächlichen Sachherrschaft seinem Willen entspricht. Da es auf diesen Willen nicht ankommt, ist auch nicht von Belang, ob der Pflichtige aus eigenen Kräften in der Lage ist, eine unerwünschte Besitzbegründung durch entsprechende Vorkehrungen zu verhindern.

Dementsprechend hat der erkennende Senat bisher schon die Begründung von Abfallbesitz durch das verbotswidrige Fortwerfen oder Ablagern von Abfällen durch Dritte auf nicht frei zugänglichen Grundstücken im Innenbereich (BVerwGE 67, 8 = NVwZ 1984, 40; BVerwG, NVwZ 1988, 1021) und im Außenbereich (NJW 1989, 1295) nicht davon abhängig gemacht, ob der Eigentümer des Grundstücks gegen derartiges Tun wirksame Abwehrmaßnahmen treffen kann oder nicht. Wenn das OVG auf diesen Umstand unter Rückgriff auf das Verursacherprinzip abstellt, knüpft es den Abfallbegriff an weitere Voraussetzungen, die über die Innehabung der tatsächlichen Sachherrschaft hinausgehen; das widerspricht der gesetzlichen Regelung.

Gelangen daher Abfälle durch Naturvorgänge (Sturm, Überschwemmung u.ä.) oder durch höhere Gewalt auf nicht frei zugängliche Grundstücke, ist es nicht Sache der Allgemeinheit, sondern des Eigentümers oder Besitzers, (potentiell) abfallrechtswidrige Zustände auf seinem Grundstück durch Überlassung der Abfälle an den Entsorgungspflichtigen zu beseitigen. Das Gesetz trägt damit dem Umstand Rechnung, daß dem Eigentümer oder Besitzer auch die Nutzungen des Grundstücks zustehen und daß er rechtlich allein umfassend in der Lage ist, auf seinem Grundstück „aufzuräumen“ (BVerfG, Beschl. v. 17. 4. 1989 - 1 BvR 385/89 [unveröff.]). Im Fall überschwemmungsgefährdeter Grundstücke kommt hinzu, daß sich der Grundstückseigentümer oder -besitzer die Nachteile zurechnen lassen muß, die sich aus der Lage seines Grundstücks an einem solchen Gewässer ergeben können. Das ist bei landwirtschaftlich genutzten Grundstücken im Außenbereich nicht anders als etwa bei bebauten Grundstücken im Innenbereich hochwasserbedrohter Gemeinden.

Entgegen der Ansicht des OVG und des Kl. ist eine Zuweisung des Risikos an die Allgemeinheit nicht deshalb geboten, weil Gewässer wie die Weser faktisch und im Rahmen des Gemeingebrauchs auch rechtlich frei zugänglich sind und deshalb als „wilde Müllkippe“ mißbraucht werden. Diese Annahme bedarf bereits in tatsächlicher Hinsicht der Präzisierung. Der „Zivilisationsmüll“ stellt nämlich regelmäßig nur einen Teil der angeschwemmten Abfälle dar. Hinzu kommen das natürliche Schwemmgut (z.B. Pflanzen, Steine, Schlamm), das sich bereits im Fluß befand oder durch die Gewalt des Hochwassers von dem Flußbett oder den Ufern losgerissen wurde, sowie die Gegenstände, die das Hochwasser von anderen überschwemmten Grundstücken fortgetragen hat. Entscheidend ist aber der Gesichtspunkt, daß der Eigentümer oder Besitzer die lagebedingten Nachteile seines Grundstücks so zu tragen hat, wie sie sich aufgrund der jeweiligen Gegebenheiten tatsächlich darstellen. Dazu gehört auch der Umstand, daß durch rechtswidriges Verhalten einzelner Abfälle in das Gewässer gelangen.

2. Die dargelegten Grundsätze gelten unverändert auch für die Rechtslage nach dem KrW-/AbfG. Für die in § 13 I KrW-/AbfG genannten Abfälle ist - neben dem Erzeuger - der Besitzer von Abfällen zur Überlassung an den zuständigen öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger verpflichtet. Fehlt es an einem überlassungspflichtigen Erzeuger oder Besitzer, erstreckt sich - wie bisher schon - die Pflicht der öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger zum „Einsammeln“ (vgl. §§ 4 V , 10 II 1 KrW-/AbfG) auch darauf, die betreffenden Abfälle auf dem Grundstück selbst zusammenzutragen und der Entsorgung, also der Verwertung oder Beseitigung (§ 3 VII KrW-/AbfG), zuzuführen. Dem steht nicht entgegen, daß die öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger nach § 15 I 1 KrW-/AbfG die „in ihrem Gebiet angefallenen und überlassenen“ Abfälle zu verwerten oder zu beseitigen haben. Mit der - in der Vorläuferregelung des § 3 II 1 AbfG nicht enthaltenen - Formulierung „und überlassenen“ wird lediglich im Sinne des bisherigen Rechtszustands klargestellt, daß bei überlassungspflichtigen Abfällen die Entsorgungspflicht der öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger erst mit der Überlassung und nicht schon vorher einsetzt. Ist bei den von § 13 I KrW-/AbfG erfaßten Abfällen ausnahmsweise kein Überlassungspflichtiger vorhanden, kommt dem fraglichen Tatbestandsmerkmal naturgemäß keine Bedeutung zu.

Auch die Voraussetzungen für die Begründung von Abfallbesitz haben sich unter der Geltung des KrW-/AbfG nicht geändert. Im Unterschied zum AbfG enthält das KrW-/AbfG in § 3 VI eine gesetzliche Definition. Danach ist Besitzer von Abfällen jede natürliche oder juristische Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle hat. Mit dem Begriff „tatsächliche Sachherrschaft“ knüpft das Gesetz ersichtlich an den Besitzbegriff des AbfG an. Weder läßt sich der Entstehungsgeschichte der Vorschrift entnehmen, daß der Gesetzgeber andere als die bisher in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen aufstellen wollte, noch gäbe es für eine solche Annahme sachlich einleuchtende Gründe. Die zum Besitzbegriff des AbfG entwickelten Grundsätze sind also weiterhin maßgebend.

Für den hier zu entscheidenden Fall folgt daraus, daß der Kl. Besitzer der auf seinen Grundstücken angeschwemmten Abfälle ist, diese selbst zusammentragen und dem öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger überlassen muß. Soweit es sich bei dem Schwemmgut um Abfälle aus privaten Haushaltungen handelt, folgt dies aus § 13 I 1 KrW-/ AbfG. Sollten darunter auch verwertbare Abfälle sein, entfällt zwar die Pflicht zur Überlassung, sofern der Kl. die betreffenden Abfälle selbst (ordnungsgemäß und schadlos, vgl. § 5 III KrW-/AbfG) verwerten kann und möchte. In einem solchen Fall wird gleichfalls keine Pflicht des öffentlichrechtlichen Entsorgungsträgers zum Zusammentragen der Abfälle begründet; dies bleibt vielmehr die Aufgabe des von der Verwertungsoption in § 13 I 1 KrW-/AbfG Gebrauch machenden und dadurch selbst verwertungspflichtig werdenden Abfallbesitzers.

Handelt es sich demgegenüber bei dem Schwemmgut um Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen, ergibt sich die Überlassungspflicht aus § 13 I 2 KrW-/AbfG. Sofern der Besitzer diese Abfälle unter Fortfall der Überlassungspflicht in eigenen Anlagen beseitigt - was beim Kl. offenkundig von vornherein nicht in Betracht kommt -, würde dies gleichfalls nichts an der Pflicht ändern, die betreffenden Abfälle selbst auf dem Grundstück zusammenzutragen und anschließend gemeinwohlverträglich (§ 10 IV KrW-/AbfG) zu beseitigen. Dasselbe gilt für angeschwemmte Abfälle zur Verwertung aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen. Diese muß der Abfallbesitzer selbst verwerten (und damit zuvor zusammentragen), allerdings nur, wenn die Voraussetzungen der §§ 4 ff. KrW-/ AbfG erfüllt sind. Ist dies nicht der Fall, etwa weil eine Verwertung für den Abfallbesitzer technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist (§ 5 IV KrW-/AbfG), hat der Besitzer auch diese Abfälle dem öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger zum Zwecke der Beseitigung oder - im Fall des § 15 I 2 KrW-/ AbfG - zur Verwertung zu überlassen.

3. Der hier zu entscheidende Fall gibt keine Veranlassung, näher auf die Frage einzugehen, unter welchen Voraussetzungen die Verpflichtung des Abfallbesitzers zum Zusammentragen und Bereitstellen angeschwemmter Abfälle ausnahmsweise entfallen könnte. Der Senat hat bereits entschieden, daß es in Fällen, in denen der Verursacher einer illegalen Abfallablagerung greifbar ist, geboten sein kann, vorrangig diesen durch ordnungsrechtliche Verfügung zur Wiederaufnahme des unerlaubt aufgegebenen Abfallbesitzes zu verpflichten; der Verursacher wird dann als (erneuter) Abfallbesitzer seinerseits überlassungspflichtig (vgl. BVerwG, NJW 1989, 1295; vgl. auch NVwZ 1988, 1126 = DVBl 1988, 150). Ein solches Vorgehen kommt auch für angeschwemmte Abfälle in Frage, die zuvor verbotswidrig in das Gewässer verbracht worden waren, wenn die dafür verantwortliche Person bekannt ist oder ermittelt werden kann. Dasselbe gilt für angeschwemmte Abfälle, deren Erzeuger festgestellt werden kann. Sofern aus Gründen der Praktikabilität eine derartige Trennung nach bestimmten Abfallkategorien schwer durchführbar ist, mag bei Vorhandensein entsprechender landesrechtlicher Rechtsgrundlagen eine Heranziehung des Verursachers oder Erzeugers jedenfalls zu den anteiligen Kosten des Zusammentragens und Bereitstellens in Betracht kommen. Lassen sich dagegen - was der Regelfall sein wird - etwaige Verursacher oder Erzeuger nicht feststellen, kommt eine Eingrenzung der Verantwortlichkeit eines Besitzers von aufgedrängten Abfällen nur aus verfassungsrechtlichen Gründen in Betracht, nämlich dann, wenn die Überlassung der Abfälle - im Fall des § 15 III KrW-/AbfG die vom Abfallbesitzer vorzunehmende Verwertung oder Beseitigung - mit einem solchen Kostenaufwand verbunden wäre, daß dadurch die vom Art. 14 I GG garantierte Möglichkeit der privatnützigen Verwendung des Grundstücks entfiele (vgl. dazu auch BVerwG, NVwZ 1991, 475; ferner BVerwG, NVwZ 1997, 577). Daß der Kl. bislang schon einmal durch ein bestimmtes Hochwasserereignis in eine solche „Opferposition“ geraten wäre, hat er selbst nicht geltend gemacht.

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht

Normen

GG Art. 14 I; AbfG §§ 1 II, 3 I, II; KrW-/AbfG §§ 3 VI, 13 I, 15 I