Sorgfaltspflichten des Heizungsmonteurs bei Mietshaussanierung

Gericht

OLG Zweibrücken


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

23. 03. 1999


Aktenzeichen

5 U 4/95


Leitsatz des Gerichts

Erkennt oder kann bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt der Werkunternehmer bei der Durchführung der Reparaturarbeit (hier: Kesselanlage/Ölfeuerung in einem Mietshaus) einen die Betriebssicherheit einer Anlage beeinträchtigenden Mangel erkennen, begründet dies dem Besteller gegenüber eine Mitteilungspflicht, damit dieser eine Entschließung über Maßnahmen zur Beseitigung des Mangels herbeiführen kann.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kl. ließ im August in einem Mietshaus die Kesselanlage und die Ölfeuerung der Heizung erneuern. Auftragnehmer war die S-GmbH, die den am 7. 3. 1997 verstorbenen E einsetzte. Mit der Behauptung, E habe bei der Verbindung der neuen mit der alten Rücklaufleitung zu dem außerhalb des Hauses in der Erde sitzenden Öltank das zwischen der Hauswand und dem Tank verbliebene Teilstück aus der Verbindung gezogen, so daß Öl in das Erdreich gelangen konnte, hat der Kl. die S-GmbH und E auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Er hat ferner behauptet, zumindest ergebe sich eine Haftung daraus, daß E die Rücklaufleitung nicht richtig überprüft habe, denn dann wäre ihm aufgefallen, daß dort noch eine nicht mehr zulässige Quetschverbindung aus Nylon eingebaut sei, auf deren Auswechslung er hätte dringen müssen. Für E führt inzwischen der Bekl. als dessen Nachlaßverwalter den Prozeß. Der Rechtsstreit gegen die S-GmbH ist ausgesetzt, da über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet wurde.

Das LG ist in seinem Urteil von einer Haftung der S-GmbH und des E zu 2/3 ausgegangen. Die Berufung des mittlerweile Bekl. abgelösten E führte zu einer Verminderung der Haftung auf 1/4.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Der Kl. hat gegen den Bekl. einen Anspruch gem. § 823 I BGB wegen einer schuldhaften Verletzung seines Eigentums. Aus Vertrag haftet er nicht. Der Erblasser hatte sich nicht persönlich vertraglich verpflichtet. Diese Verpflichtung zum Schadensersatz ist aber durch das Mitverschulden des Kl. gemindert.

1. Ein Anspruch besteht nicht aufgrund der Behauptung des Kl., der Erblasser hätte bei den Arbeiten im August 1990 bei der Bearbeitung der Vor- und Rücklaufleitung das Herausrutschen der Rücklaufleitung aus dem Tank verursacht. Der Kl. hat diese Behauptung nicht bewiesen. (Wird ausgeführt.)

2. Der Bekl. haftet, weil es der Erblasser pflichtwidrig unterlassen hat, den Kl. darauf hinzuweisen, daß die Rücklaufleitung entgegen den geltenden Vorschriften mit einer Nylon-Quetschverbindung an den Öltank angeschlossen war.

a) Daß dieser nicht mit unmittelbar an der Tankanlage vorzunehmenden Arbeiten betraut worden war, befreit ihn nicht von der Pflicht, Hinweise auf Unregelmäßigkeiten der Anlage zu geben, die er gelegentlich der von ihm vorgenommenen Arbeiten gesehen hatte oder hätte sehen müssen. Erkennt oder kann bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt der Werkunternehmer bei der Durchführung der Reparaturarbeit einen die Betriebssicherheit einer Anlage beeinträchtigenden Mangel erkennen, begründet dies dem Besteller gegenüber eine Mitteilungspflicht, damit dieser eine Entschließung über Maßnahmen zur Beseitigung des Mangels herbeiführen kann (vgl. BGH, LM § 242 (Cd) BGB Nr. 37; RGZ 127, 14 [17]; Hanau, in: Münch-Komm, § 242 Rdnr. 223). Daß der Mangel an der Tankanlage außerhalb des Tätigkeitsbereichs des Heizungsbauers lag, ändert nichts. An der Tankanlage war zu arbeiten. Wenigstens zu Kontrollzwecken war auch der Bereich, in dem der Mangel hier angesiedelt war, einzubeziehen.

b) Es kann dahinstehen, ob der Erblasser beim Schließen und Öffnen des Ventils der Vorlaufleitung ausreichende Sichtverhältnisse vorfand. Waren die Sichtverhältnisse ungenügend, so mußte der Erblasser dennoch die ordnungsgemäße Verbindung der Rücklaufleitung zum Tank überprüfen, weil er Arbeiten an der Rücklaufleitung, wenn auch im Heizraum und nicht direkt an der Tankanlage, vorgenommen hatte. Zur ordnungsgemäßen Erbringung seiner Leistung gehörte es, eine umfassende Kontrolle, nicht nur eine Druckprüfung der Vorlaufleitung vorzunehmen. Er mußte auch überprüfen, ob die Funktionsfähigkeit des Rücklaufs gewährleistet war. Das war aufgrund der Funktionsweise der Tankanlage nur der Fall, wenn sichergestellt war, daß das unverbrauchte Öl vollständig in den Tank zurücklaufen konnte. Deswegen mußte der sichere Anschluß der Rücklaufleitung überprüft werden. Das hat der Sachverständige Prof. Dr. W nochmals bestätigt, ungeachtet der vom Erblasser nicht gehandhabten Möglichkeit, die Leitungen ohne Schließen des Ventils zu montieren. Auch in diesem Fall hätte er überprüfen müssen, daß auch die geringe Kraftentfaltung keine Auswirkungen gezeitigt hatte. Wäre dies geschehen, hätte der Erblasser Hinweise dafür erhalten, daß der Anschluß möglicherweise nicht mit einer zulässigen Verbindung hergestellt worden war. Der Sachverständige hat dem Senat gezeigt, daß Schneidringverschraubungen und Quetschverbindungen typischerweise schon äußerlich an der bei letzterer fehlenden Überwurfmutter zu unterscheiden seien. Fehlt - wie hier - die Überwurfmutter, gebe das dem Fachmann Anlaß zur Überprüfung, ob eine Quetschverbindung eingebaut sei oder eine atypische Schneidringverschraubung. Mitunter fände auch eine Schneidringverschraubung ohne Überwurfmutter Verwendung. Auch wenn die Tankanlage nicht in den Tätigkeitsbereich des Heizungsbauer fällt, ist die hier in Frage stehende Kenntnis aufgrund der Nähe zu seinem Tätigkeitsbereich wenigstens in den wichtigsten Belangen von diesem zu erwarten. Es ist unstreitig, daß der Erblasser diese Fachkenntnis besaß. Genauso mußte er wissen, daß nach den geltenden technischen Anforderungen der Betrieb einer Rücklaufleitung nur noch unter bestimmten - hier fehlenden - Voraussetzungen gestattet war. Über diese Unregelmäßigkeiten mußte er den Kl. informieren. Dies war dem Erblasser nicht nachgelassen, weil der Kl. unter Hinweis auf die im Vorjahr durchgeführte Wartung der Firma nicht den Auftrag erteilt hatte, die Vor- und Rücklaufleitung vollständig zu erneuern. Er durfte sich nicht darauf verlassen, daß der Kl. nach dieser Wartung die entsprechenden Informationen erhalten hatte. Es entlastet den Bekl. auch nicht, daß der Kl. seinerseits schuldhaft (siehe dazu nachfolgend 5c, cc) sich nicht genügend darum gekümmert hatte, daß die Tankanlage den geltenden Bestimmungen entsprechend auf den einzuhaltenden Stand der Technik gebracht worden war. Es mußte damit gerechnet werden, daß der Kl. als Laie auf diesem Gebiet, wenn auch möglicherweise schuldhaft, über die eingetretenen Veränderungen der technischen Anforderungen an Tankanlagen nicht auf dem Laufenden war.

c) Die unterlassene Information des Kl. war kausal. Entgegen der von keinem der anderen hinzugezogenen Sachverständigen geteilten Auffassung des Dipl. Ing. F bietet eine Schneidringverschraubung bei ordnungsgemäßer Montage, von der auszugehen ist, die hinreichende Gewähr der Dichtigkeit. Es wird vermutet, daß sich der Kl. beratungsgerecht verhalten hätte, auch wenn er vorher die Erneuerung der gesamten Zuleitung abgelehnt hatte. Die Vermutung für „aufklärungsrichtiges„ Verhalten gilt für die Fälle, in denen es für den aufzuklärenden Partner vernünftigerweise nur eine Möglichkeit der Reaktion gibt, die vollständige und richtige Auskunft also keinen Entscheidungskonflikt ausgelöst hätte (vgl. BGH BGHR BGB vor § 1 Verschulden bei Vertragsschluß, Aufklärungspflicht 75). Der Aufwand für die Anbringung einer Schneidringverschraubung hätte einen geringen Aufwand verursacht und ungeachtet des Umstands, daß die bestehende Zwei-Rohr-Anlage nicht Stand der Technik war, mit einfachen Mitteln billig eine Lösung des Rücklaufrohrs aus der Verbindungsmuffe verhindert. Tatsachen, die auf ein gegenteiliges Verhalten des Kl. hinweisen könnten, hat der Bekl. nicht vorgetragen. Ist „aufklärungsrichtiges„ Verhalten zu vermuten, hat der Aufklärungspflichtige die Nichtursächlichkeit seiner Pflichtverletzung zu beweisen (BGHR, BGHR BGB vor § 1 Verschulden bei Vertragsschluß, Aufklärungspflicht 73). Der Bekl. behauptet nicht, daß der Kl. bei der Abgabe des Angebots in geeigneter Weise auf die nicht mehr dem Stand der Technik und der maßgeblichen Normen entsprechenden Zustand der Leitung hingewiesen worden sei oder dies Grund für den umfassenderen Reparaturvorschlag gewesen wäre.

4. Dem Kl. ist nicht nur ein Vermögensschaden entstanden, der im Rahmen des § 823 I BGB nicht ersetzt werden kann. Die Verunreinigung des Erdreichs auf dem Grundstück durch das ausgeströmte Öl hat das Eigentum des Kl. verletzt. Als mittelbarer Schaden sind ihm Aufwendungen für die Beseitigung der Verschmutzung entstanden, die nach § 249 BGB zu erstatten sind (vgl. BGH, NJW 1995, 1150 = LM H. 5/1995 § 276 [Bb] BGB Nr. 13 = VersR 1995, 427; OLG Karlsruhe, VersR 1978, 47; s. auch BGH, NJW 1993, 2740 = LM H. 11/1993 § 22 WasserhaushaltsG Nr. 27 = VersR 1993, 1155).

5. Den Kl. trifft ein Mitverschulden. Daneben kann ein Schadensersatzanspruch gemindert werden durch die allein dem Risikobereich des Geschädigten angehörende (vgl. BGH, NJW 1993, 2740 = LM H. 11/1993 § 22 WasserhaushaltsG Nr. 27 = VersR 1993, 1155 = VersR 1993, 1155) erhöhte Betriebsgefahr. Dies vermindert den Anspruch des Kl. ebenfalls.

a) Ein fahrlässiges Handeln des Geschädigten hebt den Zurechnungszusammenhang für das Verhalten des Erblassers nicht auf. Es führt nur zur Mitverantwortung nach den Regeln des § 254 BGB, die allerdings ausnahmsweise die alleinige Schadenstragung durch den Geschädigten zur Folge haben können (vgl. Soergel/Mertens, BGB, Vorb. § 249 Rdnr. 142).

b) Die Prüfung eines Mitverschuldens muß nicht dem Betragsverfahren vorbehalten bleiben. Sofern feststeht, daß trotz Mitverschuldens bei der Schadensentstehung (§ 254 I BGB) noch ein Anspruch des Kl. übrigbleibt, kann das mitwirkende Verschulden ausnahmsweise unter bestimmten, hier fehlenden Voraussetzungen noch im Betragsverfahren geprüft werden, wenn dies im Grundurteil vorbehalten ist (vgl. BGHZ 76, 397 = NJW 1980, 1579 = LM § 546 ZPO Nr. 105a; BGHZ 110, 196 [202] = NJW 1990, 1106). Weder liegt ein solcher Ausnahmefall vor noch wäre dies ein Hindernis, schon im Verfahren über den Anspruchsgrund das mitwirkende Verschulden zu prüfen.

c) Der Senat kann Tatsachen feststellen, die ein Mitverschulden des Kl. begründen.

aa) Allerdings stellt es im Verhältnis zum Bekl. kein eigenes schuldhaftes Versäumnis des Kl. dar, wenn die Firma W-GmbH, die die Tankanlage gewartet hatte, vorschriftswidrig nicht für einen dem Stand der Technik entsprechenden Anschluß des Ölrücklaufs an den Tank gesorgt hatte. Die Firma W-GmbH war weder Verrichtungs- noch Erfüllungsgehilfin des Kl. Sie hatte selbständig aufgrund Werkvertrags mit dem Kl. gehandelt und war - gegenteilige Anhaltspunkte fehlen - von dessen Weisungen unabhängig. Für deren Verhalten haftet der Kl. nicht (vgl. BGH, VersR 1983, 394). Das wäre nur anders, wenn sich der Verletzte in dem zwischen ihm und dem Schädiger bestehenden Schuldverhältnis der Hilfsperson zur Interessenwahrnehmung bedient hätte (vgl. Grunsky, in: MünchKomm, § 254 Rdnr. 81). Doch ist deren Handeln gem. §§ 254 II 2, 278 BGB dem Geschädigten zuzurechnen, auch wenn die Hilfsperson ihrerseits selbständiger Werkunternehmer war. Die Firma W-GmbH war hier nicht für den Kl. im Rahmen des Werkvertrags mit der S-GmbH tätig.

bb) Es stellt auch kein Mitverschulden dar, daß der Kl. entgegen §§ 3 I, 17 II, 18 I Nr. 1, 23 Abs. I und III VAWS vom 15. 11. 1983 (GVBl 1983, 351) die Tankanlage nicht durch einen Sachverständigen überprüfen ließ. Deswegen ist die Behauptung des Kl. hier nicht erheblich, eine solche Prüfung hätte sich nicht auf die Verbindung der Rücklaufleitung erstreckt.

Mitverschulden bei der Entstehung des Schadens setzt nicht ein schuldhaftes, eine Haftung gegenüber einem Dritten begründendes Handeln voraus. Es genügt, wenn diejenige Aufmerksamkeit und Sorgfalt außer Acht gelassen wird, die jedem ordentlichen und verständigen Menschen obliegt, um sich vor Schaden zu bewahren (vgl. nur Palandt/Heinrichs, BGB, § 254 Rdnr. 12). Notwendig ist jedoch, daß die verletzte Obliegenheit bezweckt, Schäden wie den eingetretenen zu verhindern (vgl. Palandt/Heinrichs, § 254 Rdnr. 15). Für die Anforderungen an die Beschaffenheit von Behältern zur Lagerung wassergefährdender Stoffe trifft dies zwar insoweit zu, als sie im öffentlichen Interesse an der Reinhaltung des Grundwassers erlassen worden sind. Sie bezwecken aber keinen Individualschutz.

Die Anmelde- und Überprüfungspflicht verfolgt nur das Ziel, Gefahren vom öffentlichen Wasserhaushalt fernzuhalten, um im öffentlichen Interesse das lebenswichtige Allgemeingut Wasser zu schützen. Nicht bezweckt sie den Schutz Dritter. Die Vorschrift des § 18 VAWS ist daher auch genausowenig wie etwa § 29 StVZO Schutzgesetz i.S. von § 823 II BGB (vgl. zu § 22 WHG OLG Karlsruhe, VersR 1978, 47). Daher ist es auch nur ein „Rechtsreflex„, wenn im Zuge der Überprüfung der Anlage individuelle Rechtsgüter geschützt werden. Das ergibt sich schon daraus, daß trotz eines Verstoßes gegen die Überprüfungspflicht die Anlage weiterbetrieben werden darf und Ansprüche Dritter etwa nach §§ 906 , 1004 BGB eine konkrete Beeinträchtigung oder wie § 823 BGB, § 22 WHG und § 2 HaftpflichtG einen Schaden voraussetzen. Soll die verletzte Vorschrift aber Individualgüter nicht schützen, stellt es keinen Unterschied dar, ob es sich um ein Individualgut eines Dritten oder desjenigen handelt, der in eigener Angelegenheit durch die Befolgung der Norm „reflexartig„ seine Rechtsgüter hätte schützen können.

cc) Das gilt nicht, soweit der Kl. eine Anlage betrieben hat, die nicht mindestens den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprochen hat. Mit dem Betrieb dieser Anlage hat er gegen die besonderen Sorgfaltspflichten verstoßen, die beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen einzuhalten sind.

(1) Der Kl. kann nicht damit gehört werden, ein Verschulden entfalle, weil er nicht gewußt habe, daß er die Anlage von einem Sachverständigen überprüfen lassen müsse. Der Kl. hat seinerseits die sich in einem mangelhaften Zustand befindliche Tankanlage betrieben und aufgrund ihm vorwerfbarer Pflichtverletzung nicht für einen den veränderten technischen und gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Zustand gesorgt. Der Kl. war in erster Linie selbst dafür verantwortlich, daß die Betriebssicherheit der Tankanlage gewährleistet war. Dieser Verantwortlichkeit wird genügt, wenn die Vorschriften, die Sorgfaltsmaßstäbe aufstellen, eingehalten werden (vgl. Soergel/Wolf, BGB, § 276 Rdnrn. 83f.). Im vorliegenden Falle mußte der Kl. die auch für bestehende Anlagen geltende, aufgrund § 20 V LWG ergangene Landesverordnung über Anlagen zum Lagern, Abfüllen und Umschlagen wassergefährdender Stoffe (Anlagenverordnung - VAWS) vom 15. 11. 1983 beachten. Die VAWS ist öffentlich bekannt gemacht. Grundsätzlich wird von jedem die Kenntnis der für seinen Tätigkeitsbereich geltenden Rechtsvorschriften verlangt (vgl. Soergel/Wolf, § 276 Rdnr. 83). Dazu gehört es, sich rechtzeitig mit Rechtsänderungen vertraut zu machen und ihnen ohne besonderen Hinweis nachzukommen (vgl. BGH, VersR 1957, 244). Gründe, diese Anforderungen beim Kl. nicht oder in minderem Umfang anzuwenden, sind nicht ersichtlich. Daß ihn die mit der Wartung der Tankanlage beauftragte Fachfirma nicht von der veränderten, ihn gleichwohl (§ 23 I und III VAWS) verpflichtenden Rechtslage informiert hat, entlastet ihn nicht.

(2) Der Betrieb der Anlage war in mehrfacher Hinsicht sorgfaltswidrig. Der für die Überprüfung der Anlage zuständige TÜV fordert seit 1985, daß ein Zweirohrsystem mit Vor- und Rücklaufleitung nicht mehr betrieben werden darf, wenn nicht spezielle, hier fehlende, Sicherheitsvorkehrungen getroffen sind. Zum anderen waren Nylon-Quetschverbindungen auch an Altanlagen nicht mehr zulässig. Die allgemein anerkannten Regeln der Technik müssen auch beim Betrieb alter, d.h. vor Inkrafttreten der VAWS bereits eingebauter oder aufgestellter (bestehender) Anlagen beachtet werden (§ 23 I VAWS).

Die §§ 3, 23 I VAWS bezwecken, Schäden wie den hier eingetretenen zu verhindern. Als dem Wasserrecht angehörende Normen dienen sie zwar ebenfalls nur dem öffentlichen Interesse und gestatten nicht die Herleitung einer Ersatzpflicht zum Schutze der Individualrechtsgüter Dritter (vgl. OLG Karlsruhe, VersR 1978, 47). Dieses Verständnis hindert aber nicht, bei den Sorgfaltspflichten, die beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen in eigenen Angelegenheiten, im Rahmen des Schutzbereichs des § 823 BGB, eines Vertrags oder der Gefährdungshaftung Dritten gegenüber bestehen, einen Maßstab anzunehmen, der sich an den wasserrechtlichen Normen orientiert. Da der Schaden an Individualrechtsgütern in diesem Bereich typischerweise darin besteht, daß aufgrund wasserrechtlicher Verpflichtung Aufwendungen zum Schutze gegen eine Gewässerverunreinigung zu treffen sind, kann sich der in eigenen Angelegenheiten und gegenüber Dritten anzulegende Sorgfaltsmaßstab mit demjenigen decken, der zur Wahrung der öffentlichen Belange einzuhalten ist.

dd) Der Haftungsanteil des Kl. kann schließlich nur unter Einbeziehung der durch die vorschriftswidrig betriebene und objektiv mangelhafte Tankanlage wesentlich erhöhte Anlagen und Betriebsgefahr umfassend bemessen werden (vgl. BGH, NJW 1995, 1150 = LM H. 5/1955 § 276 [bb] BGB Nr. 13 = VersR 1995, 428; BGHR WHG § 22 II Inhaber 2 = VersR 1993, 1155; OLG Düsseldorf, VersR 1992, 1478; OLG Bremen, VersR 1979, 450). Die aus § 22 WHG begründete Gefährdungshaftung ist drittschützend. Sie ist zwar auf die echten Gewässerschäden beschränkt. Für die Rettungskosten hat der Inhaber der Tankanlage nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag einzustehen. Da dies sich im Ergebnis aus der Gefährdungshaftung des § 22 WHG ergibt, ist auch diese weitergehende Haftbarkeit bei der Abwägung gem. § 254 BGB zu berücksichtigen (vgl. Appel/Schlarmann, VersR 1973, 993 [996]; a.A. OLG Bremen, VersR 1979, 450).

6. Das Maß dieses Mitverschuldens ist von der Zivilkammer zu gering bewertet. Die Haftungsverteilung ist zugunsten des Bekl. zu ändern. Der Schaden ist vom Kl. und vom Bekl. - gegebenenfalls in gesamtschuldnerischer Haftung mit der in Konkurs befindlichen S-GmbH - im Verhältnis eins zu drei zu Lasten des Kl. zu tragen.

Rechtsgebiete

Werkvertragsrecht

Normen

BGB §§ 31, 271, 823; positive Vertragsverletzung