Erfolgsunabhängige Maklerprovision versteckt als Aufwendungsersatz

Gericht

LG Gießen


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

17. 05. 1995


Aktenzeichen

1 S 46/95


Leitsatz des Gerichts

Allgemeine Geschäftsbedingungen eines Immobilienmaklers sind unwirksam, soweit sie diesem im Gewand des Aufwendungsersatzes in Wahrheit eine erfolgsunabhängige Provision sichern sollen. Das ist der Fall, wenn bei einem Eigengeschäft des Kunden ein pauschales Bearbeitungsentgelt in Höhe von 1800 DM zzgl. Mehrwertsteuer anfällt.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl., die ein Maklerbüro betreibt, verlangt Zahlung von 4140 DM. Die Bekl. wollte zwei Immobilien verkaufen und erteilte der Kl. deshalb am 27. 7. 1994 bzgl. beider Objekte in getrennten Verträgen befristeten Alleinauftrag zur Herbeiführung des Verkaufs. Eine Provision hat sich die Kl. in den von der Bekl. unterzeichneten Vertragsformularen nicht ausbedungen. Es findet sich dort aber jeweils folgende Klausel: „Bei Privatverkauf oder Kaufrücktritt innerhalb der Vertragsdauer ... hat der Verkäufer an das Immobilienbüro O ein Bearbeitungsentgelt in Höhe von 1800 DM zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer zu zahlen. Der Privatverkauf ist umgehend mitzuteilen. Dem Käufer bleibt vorbehalten nachzuweisen, daß dem Immobilienbüro im Einzelfall ein geringerer Schaden entstanden ist." Der Betrag von 1800 DM ist jeweils handschriftlich eingefügt. Zu einem Vertragsschluß mit den von der Kl. benannten Interessenten kam es in der Folgezeit nicht. Vielmehr veräußerte die Bekl. beide Immobilien noch während der Laufzeit des Maklervertrags in eigener Regie.

Das AG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Bekl. hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Dem von der Kl. geltend gemachten vertraglichen Aufwendungsersatzanspruch ist die rechtliche Anerkennung zu versagen. Aufwendungen sind dem Makler nur dann zu ersetzen, wenn es vereinbart ist (§ 652 II 1 BGB). An einer solchen Vereinbarung fehlt es vorliegend. Zwar enthalten beide Verträge die Regelung, daß der Kl. im Fall des „Privatverkaufs“, also des sog. Direkt- oder Eigengeschäfts, ein Bearbeitungsentgelt als Aufwendungsersatz zustehen soll. Diese Vertragsbedingung ist jedoch nichtig, weil es sich um eine von der Kl. vorformulierte Vertragsbedingung handelt, die mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist und deshalb die Bekl. entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (§ 9 I Nr. 1 AGBG).

Entgegen der Auffassung des AG ergibt sich die Klageforderung nicht aus einer Individualvereinbarung zwischen den Parteien. Die Kl. selbst stützt sich nur auf die in ihrem Vertragsmuster enthaltene Klausel. Diese ist aber als Allgemeine Geschäftsbedingung zu charakterisieren, denn sie ist ersichtlich für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert. Die Notwendigkeit, den Betrag des zu zahlenden Bearbeitungsentgelts im Einzelfall nachträglich noch einzusetzen, ändert daran nichts, genauso wie die Kl. der Bekl. die Vertragsbedingung bei Abschluß der Verträge auch „gestellt“ hat, indem sie deren Einbeziehung in den Vertrag verlangt hat (§ 1 I AGBG). Sie selbst trägt vor, die Bekl. bei Vertragsschluß auf die Klausel jeweils ausdrücklich hingewiesen zu haben. Damit hat sie die Regelung gerade nicht „ausgehandelt“, wie es für eine Individualvereinbarung erforderlich gewesen wäre (§ 1 II AGBG; vgl. auch BGH, NJW 1991, 1678 (1679) = LM § 1 AGBG Nr. 14).

Unwirksam ist die Klausel deshalb, weil - entgegen dem gesetzlichen Leitbild - im Gewand des Aufwendungsersatzes in Wahrheit eine erfolgsunabhängige Provision vereinbart wurde. Nach dem Leitbild der gesetzlichen Regelung schuldet der Vertragspartner des Maklers eine vereinbarte Provision nur im Erfolgsfall, also wenn die Leistung des Maklers auch zum Abschluß des gewünschten Vertrags führt. Zwar läßt das Gesetz auch erfolgsunabhängige Aufwendungsersatzansprüche des Maklers zu (§ 652 II BGB), eine Abkehr von dem vorerwähnten Grundgedanken liegt darin jedoch nicht. Mit dem gesetzlichen Leitbild vereinbar sind erfolgsunabhängige Aufwendungsersatzansprüche des Maklers damit nur insoweit, als Ersatz des konkreten, materiellen Aufwands vereinbart wird. Wird dieser Bereich überschritten, stellt sich der Aufwendungsersatz als eine erfolgsunabhängige Provision dar, die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht wirksam vereinbart werden kann (vgl. insgesamt BGHZ 99, 374 = NJW 1987, 1634 = LM § 11 Ziff. 15 AGBG Nr. 3). Dies ist vorliegend der Fall. Und zwar wegen der vorgesehenen Pauschalierung des zu zahlenden Aufwendungsersatzes auf 1800 DM zzgl. MWSt. Wie der BGH (BGHZ 99, 374 = NJW 1987, 1634 = LM § 11 Ziff. 15 AGBG Nr. 3) aus § 25 III BRAGO abgeleitet hat, kommt eine Pauschalierung nur für Post- und Schreibauslagen in Betracht (so auch Zopfs, EWiR 1987, 361 (362)), und dies auch nur bis zu einem „mäßigen Höchstbetrag“, für den die in § 26 BRAGO genannten 30 und 40 DM einen Anhalt geben mögen. Ansonsten ist es dem Makler nicht anders als auch dem Rechtsanwalt zuzumuten, nur die konkret nachgewiesenen Unkosten abzurechnen.

Dies belastet ihn nicht übermäßig, denn er kann sich sonstige Auslagen, insbesondere auch die Veröffentlichungskosten, in seinen Unterlagen bei dem Objekt oder dem Kunden notieren. Mit der vorliegend vereinbarten Pauschale ist die Grenze zur erfolgsunabhängigen Provision damit weit überschritten.

Rechtsgebiete

Maklerrecht

Normen

AGBG § 9; BGB § 652