Abhängigkeit des Maklerlohns vom Bestand des Kaufvertrags bei offen liegendem Vertragsrisiko

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

20. 02. 1997


Aktenzeichen

III ZR 81/96


Leitsatz des Gerichts

Übersteigen die Belastungen eines Grundstücks den Verkaufspreis, so dass eine Zwangsversteigerung droht, dann kann der Käufer die Maklerprovision zurückverlangen, wenn der Grundstückskauf aufgrund der Belastungen nicht zustande kommt und dieses Risiko schon vorher offensichtlich war.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Aufgrund eines Maklervertrags vom 20. 5. 1994 wies die Bekl. der Kl. ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück zum Kauf nach. Den Parteien war bekannt, daß das Grundstück mit Grundpfandrechten von nominell 460586,05 DM belastet war und zur Zwangsversteigerung anstand. Die Kl. kaufte daraufhin durch Vertrag vom 23. 6. 1994 das Grundstück zum Preis von 400000 DM. Die Verkäufer verpflichteten sich, das Grundstück von sämtlichen auf ihm lastenden Grundpfandrechten, die in dem Vertrag im einzelnen bezeichnet wurden, sowie von dem Zwangsversteigerungsvermerk freizustellen. Zugunsten der Kl. wurde ein bis zum 30. 11. 1994 befristetes Rücktrittsrecht vereinbart, das unter anderem für den Fall galt, daß die Freigabe des Kaufpreises durch den Notar von einem Sperrkonto deshalb scheitern sollte, weil die Gläubiger die Lastenfreistellung des Grundstücks nicht erklärten. Die Freistellung des Grundstücks hatte bis spätestens zum 30. 9. 1994 zu erfolgen. Die Kl. leistete an die Bekl. die vereinbarte Maklerprovision von 13800 DM. Mit Schreiben vom 4. 10. 1994 erklärte sie jedoch den Rücktritt vom Kaufvertrag, da es den Verkäufern nicht gelungen war, die Lastenfreistellung rechtzeitig zu erwirken. Die Kl. verlangte nunmehr von der Bekl. Rückzahlung der Maklerprovision. Die Vorinstanzen haben die Bekl. insoweit antragsgemäß verurteilt. Die zugelassene Revision der Bekl. hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

1. Allerdings weist die Revision im Ansatz zutreffend darauf hin, daß nach der Rechtsprechung des BGH der Rücktritt des Auftraggebers/Maklerkunden von dem abgeschlossenen Hauptvertrag den Provisionsanspruch des Maklers grundsätzlich unberührt läßt. § 652 BGB macht die Entstehung des Provisionsanspruchs nur vom Zustandekommen des Hauptvertrags, nicht - wie § 87a I 1 HGB - von der Ausführung des Geschäfts abhängig. „Hauptvertrag“ in diesem Sinn war hier der notarielle Vertrag vom 23. 6. 1994. Dafür ist es - entgegen den Ausführungen der Kl. in der mündlichen Revisionsverhandlung - ohne Bedeutung, daß sich die Bekl. in der schriftlichen „Provisions-Bestätigung“ vom 20. 5. 1994 verpflichtet hatte, beim Erwerb eines der nachgewiesenen Objekte eine Maklerprovision zu zahlen. Der Begriff „Erwerb“ bezeichnet in diesem Zusammenhang nicht etwa den dinglichen Vollzug des Kaufvertrags, nämlich Auflassung und Grundbucheintragung, sondern den schuldrechtlichen Kaufvertrag selbst. Dies hat auch die Kl. selbst so gesehen; denn sie hat die Maklerprovision bereits nach Zustandekommen des Kaufvertrags, noch vor dem Eigentumserwerb, entrichtet. Demgemäß schließen Umstände, die das wirksame Zustandekommen dieses Kaufvertrags als des Hauptvertrags verhindern oder ihn als von Anfang an unwirksam erscheinen lassen, die Entstehung des Provisionsanspruchs aus. Umstände dagegen, die lediglich die Leistungspflicht aus dem wirksam zustande gekommenen Vertrag beseitigen - wie einverständliche Aufhebung des Vertrags, nachträgliche Unmöglichkeit, Kündigung -, lassen die Provisionspflicht unberührt. Auch der Rücktritt vom Vertrag macht den Vertragsschluß nicht ungeschehen, sondern hebt nur die vertragliche Leistungspflicht auf. Er hat deshalb grundsätzlich auf die Provisionspflicht keinen Einfluß. Die Rechtsprechung hat von dieser Regel für den Fall eine Ausnahme gemacht, daß sich eine Partei im Hauptvertrag ein zeitlich befristetes, aber sonst an keine Voraussetzung gebundenes Rücktrittsrecht ausbedungen hat. In einem solchen Fall entsteht die Provisionspflicht erst dann, wenn die Frist abgelaufen ist, ohne daß die rücktrittsberechtigte Partei ihr Recht ausgeübt hat. Diese Ausnahme wird durch die Überlegung gerechtfertigt, daß in einem solchen Fall eine echte vertragliche Bindung erst in dem Zeitpunkt begründet wird, in dem der Rücktrittsberechtigte sein Rücktrittsrecht nicht mehr ausüben kann. Dieser Fall ist deshalb ebenso zu behandeln wie der, in dem ein Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlossen wird. Hingegen muß es in anderen Fällen bei der aus dem Gesetz abgeleiteten Regel verbleiben, so insbesondere bei der Ausübung eines gesetzlichen, eines dem gesetzlichen nachgebildeten oder eins von bestimmten sachlichen Voraussetzungen abhängig gemachten vertraglichen Rücktrittsrechts (BGH, NJW-RR 1991, 820 = LM H. 1/1992 § 652 BGB Nr. 124 = BGHRBGB § 652 I S 1 Rücktritt 1; NJW-RR 1993, 248; zusammenf. Dehner, NJW 1997, 18 (21, 22)).

2. Das BerGer. hat angenommen, der im vorliegenden Fall vereinbarte Rücktrittsvorbehalt habe einer aufschiebenden Bedingung im vorbezeichneten Sinn gleichgestanden. Der Revision ist zuzugeben, daß die hierfür angeführten Gründe des Berufungsurteils auf Bedenken stoßen. Die beiden in diesem Zusammenhang vom BerGer. in Bezug genommenen Urteile des BGH vom 21. 4. 1971 (WM 1971, 905) und vom 10. 11. 1976 (WM 1977, 21) hatten jeweils Fälle betroffen, in denen dem Makler die Provision nur für den Nachweis von Baugelände versprochen worden war, die Bebauungsfähigkeit des nachgewiesenen Grundstücks jedoch nicht hergestellt werden konnte. Wird in einem solchen Fall ein Rücktrittsrecht von der Bebauungsfähigkeit des gekauften Grundstücks abhängig gemacht, so mag ein solcher Rücktrittsvorbehalt der Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung gleichkommen, mit der Folge, daß die Maklerprovision erst dann verdient ist, wenn die Bebaubarkeit feststeht oder jedenfalls mit einem Rücktritt nicht mehr zu rechnen ist. Im vorliegenden Fall war der Rücktritt indes davon abhängig gewesen, daß die Freistellung des Grundstücks von den Belastungen nicht erwirkt werden konnte. Dies aber war wiederum eine Vertragspflicht, die den Verkäufern gegenüber der Kl. oblag. Im Ergebnis bedeutet dies, daß der Rücktritt die Sanktion dafür war, daß die Verkäufer ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Kl. nicht erfüllt hatten. Ob unter diesen Umständen der Rücktrittsvorbehalt einer aufschiebenden Bedingung i.S. des § 652 I 2 BGB gleichzustellen ist, wie das BerGer. meint, erscheint fraglich, braucht aber im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden.

3. Denn die Bekl. ist nach den tatsächlichen Besonderheiten des vorliegenden Falls zu Recht zur Rückzahlung der Provision verurteilt worden. Die vorstehend dargelegten Rechtsprechungsgrundsätze, an denen der Senat festhält, lassen nämlich gleichwohl Raum für solche Modifizierungen, die auf dem vertraglichen Konsens der Parteien des Maklervertrags beruhen. Das BerGer. hat deshalb zu Recht angenommen, daß der Maklervertrag einer - sei es auch ergänzenden - Auslegung dahin fähig ist, daß er den Makler zur Rückzahlung der Provision verpflichtet, wenn der wirtschaftliche Zweck des Hauptvertrags verfehlt wird, auch ohne daß die Voraussetzungen für einen „gesetzlichen“ Wegfall des Provisionsanspruchs eintreten. Insoweit bedarf es indessen jeweils einer auf die Besonderheiten des Einzelfalls abgestellten Prüfung, deren Ergebnisse unterschiedlich ausfallen können und sich nicht verallgemeinern lassen. Das BerGer. hat zutreffend darauf hingewiesen, daß beiden Parteien des Maklervertrags die gespannte finanzielle Lage der Verkäufer und der Umstand, daß das Grundstück zur Zwangsversteigerung anstand, bekannt waren.

Ebenso war ihnen bewußt, daß der Kaufpreis wahrscheinlich nicht ausreichen werde, um die Belastungen abzulösen. Unter diesen Umständen war das Risiko eines wirtschaftlichen Fehlschlags des Kaufvertrags mit der Folge, daß die von der Kl. an die Bekl. entrichtete Maklerprovision völlig nutzlos aufgewendet sein werde, handgreiflich. Wenn das BerGer. bei dieser Sachlage in tatrichterlicher Würdigung der Gesamtumstände angenommen hat, die Bekl. habe nach Treu und Glauben nicht in schutzwürdiger Weise darauf vertrauen dürfen, die Maklerprovision endgültig vereinnahmen zu können, sie habe sich vielmehr redlicherweise auf das Ansinnen der Kl. einlassen müssen, ihr für den Fall, daß sich dieses offen zutage liegende Risiko verwirklichte, die Maklerprovision zurückzuerstatten, so ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Rechtsgebiete

Maklerrecht

Normen

BGB §§ 652, 157