Sittenwidrigkeit eines Maklervertrags
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
18. 03. 1999
Aktenzeichen
III ZR 93/98
Zur Frage, ob ein Maklervertrag, betreffend die Vermittlung von Aufträgen an einen Architekten, sittenwidrig ist.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Kl. ist Maklerin, der Bekl. Architekt. Sie trägt vor, ihr Ehemann habe mit dem Bekl. vereinbart, diesem als freier Mitarbeiter ihres Maklerbüros und in ihrer Vertretung Architektenaufträge zu vermitteln. Als Provision habe der Bekl. 10% des Architektenhonorars an sie zahlen sollen, fällig nach Abschluß des jeweiligen Bauvorhabens. Die Kl. verlangt im Wege der Stufenklage von demBekl. Auskunft über die Architektenhonorare für 14 im einzelnen bezeichnete, nach ihrer Behauptung vereinbarungsgemäß vermittelte Bauvorhaben sowie Zahlung der sich aus der Auskunft ergebenden Provisionen. Der Bekl. hat die von der Kl. behauptete Vereinbarungbestritten.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision hatte dagegen Erfolg und führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das BerGer.
Auszüge aus den Gründen:
I. 1. Das BerGer. läßt den Provisionsanspruch der Kl. bereits daran scheitern, daß diese selbst nichtbehauptet habe, ihre Tätigkeit sei für das Zustandekommen der betreffenden Architektenverträge ursächlich geworden. Zwar müsse ein Makler nicht höchstpersönlich tätig werden,sondern könne auch Erfüllungsgehilfen einschalten. Daß ihr Ehemann ihr Erfüllungsgehilfe gewesen sei, trage die Kl. jedoch wiederum selbst nicht vor. Hiergegen wendet sich die Revision zu Recht.
2. Schon das LG hatte in seinem Urteilstatbestand, auf den das BerGer. gem. § 543 II ZPO Bezug genommen hat, als erstinstanzlichen Sachvortrag der Kl. festgestellt: „Der Ehemannder Kl. und der Bekl. hätten sich darauf geeinigt, daß der Ehemann der Kl. als freier Mitarbeiter des Maklerbüros der Kl. und in Vertretung der Kl. versuchen solle, Aufträge für den Bekl. zu vermitteln„. Aufgrund der Zeugenaussage des Ehemanns unter Berücksichtigung der eigenen Schreiben des Bekl.vom 28. 7. und 4. 8. 1993 hat das LG für erwiesen erachtet, daß etwa im Jahre 1984 oder 1985 eine Vereinbarung dahingehend zustande gekommen sei, daß der Zeuge sich für den Bekl. um die Vermittlung von Architektenverträgen bemühensollte und hierfür an die Kl. 10% des jeweils anfallenden Architektenhonorars abgeführt werden sollten. Das LG hat sodann dahingestellt sein lassen, ob diese Vereinbarung zwischen der Kl. und dem Bekl. oder zwischen dem Zeugen und dem Bekl. zustande gekommen ist. Diese Frage bedarf auch im Revisionsverfahren keiner abschließenden Klärung. Der derrevisionsgerichtlichen Beurteilung zugrunde zu legende Sachvortrag der Kl. ist jedenfalls geeignet, aus der Vereinbarung einen Direktanspruch auf Provision auch für solche Architektenverträge herzuleiten, die vom Ehemann der Kl. im Wege des Nachweises oder der Vermittlung zustande gebracht worden sind. Bestätigt wird dies auch dadurch, daß der Bekl. nach demweiteren Vorbringen der Kl. in der Vergangenheit in erheblichem Umfang Provisionszahlungen auf Rechnungen der Firma „GS„ und auf deren Geschäftskonto geleistet hat. Zwar könnte der abgekürzte Vorname „G„ sowohl auf die Kl. (Gisela) als auch auf ihren Ehemann (Gerhard) „S„ hindeuten; jedoch hat der Zeuge bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung eindeutig klargestellt, daß es sich um die Kl. handelte und demBekl. dies bekannt war.
3. Gleichwohl hat das LG die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Kl. habe nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, daß das Zustandekommen der jeweiligen Architektenverträge von ihr oder ihrem Ehemann vermittelt worden sei. Diesen möglichen Mangel ihres erstinstanzlichen Sachvortrags hat die Kl. indessen in der Berufungsbegründung behoben.
II. Das BerGer. ist ferner der Auffassung, Provisionsabreden der hier behaupteten Art verstießen gegen die guten Sitten undseien deshalb gem. § 138 I BGB nichtig. Auch darin kann dem BerGer. nicht gefolgt werden.
1. Richtig ist allerdings, daß die Vereinbarung einer Maklerprovision einen Sittenverstoß begründen kann, wenn die Kommerzialisierung in dem betreffenden Lebensbereich anstößig ist (Palandt/Heinrichs, BGB, 58. Aufl. [1999], § 138Rdnr. 56 m.w. Nachw.). In diesem Sinne wird die Vereinbarung eines Anwalts mit einem Nichtanwalt über die Zahlung von Provisionen für vermittelte Mandate als nichtig angesehen (KG, NJW 1989, 2893). Gleiches gilt für die entgeltliche Vermittlung von Patienten an einen Arzt (OLG Hamm, NJW1985, 679; vgl. auch BGH, NJW 1986, 2360 = LM § 134 BGB Nr. 114). Diese Fallgestaltungen werden jedoch dadurch geprägt, daß das besondere, möglicherweise intimste Lebensbereiche tangierende Vertrauen, welches der Mandant demAnwalt und der Patient dem Arzt entgegenbringen sollte, es verbietet, diese Verhältnisse zum Gegenstand entgeltlicher Akquisition zu machen. Indessen läßt sich daraus kein allgemeines Verbot für Angehörige sonstiger freier Berufe herleiten, für die Erlangung von Aufträgen die entgeltlichen Dienste einesMaklers in Anspruch zu nehmen.
2. Dem Senat ist auch nicht erkennbar, daß die Einschaltung eines Maklers durch einen Architekten gegen allgemeine Grundsätze des Standesrechts und des Berufsethos der Architekten in einer Weise verstoßen soll, die es gebietet, die Provisionsvereinbarung schlechthin mit der Nichtigkeitsfolge zubelegen.
a) Das auf den Streitfall noch nicht unmittelbar anwendbare Baukammerngesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (NWBauKaG v. 15. 12. 1992, NWGVBl, 534) enthält in § 15 einen Katalog von Berufspflichten der Architekten. Das BerGer. meint, dabei handele es sich um allgemeine Grundsätze, die schon immer gegolten hätten und deshalb auch zur Beurteilung der hier in Rede stehenden Provisionsvereinbarung herangezogen werden könnten. Ob das in dieser Allgemeinheit zutrifft, mag dahinstehen. Allerdings enthält jener Pflichtenkatalog das Gebot, berufswidrige Handlungen zu Zweckendes Wettbewerbs zu unterlassen, und das Verbot, in Ausübung des Berufs Vorteile von Dritten, die nicht Auftraggeber sind, zu fordern oder anzunehmen. Die Frage, ob die Beauftragungeines Maklers und die Honorierung einer tatsächlich erbrachten echten Maklerleistung sich dem einen oder dem anderen Tatbestand zuordnen läßt, braucht indessen nicht abschließend beantwortet zu werden.
b) Denn nicht schon jeder Standesverstoß eines an eine Standesordnung gebundenen Vertragsteils macht das Rechtsgeschäft sittenwidrig. Häufig freilich widersprechen Vereinbarungen, die als standeswidrig angesehen werden, auch dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkender. Dochkommt es stets auf alle Umstände des Einzelfalls an, wobei die Anforderungen, die an das Standesbewußtsein der verschiedenen Berufszweige zu stellen sind, durchaus nicht überall gleich zu sein brauchen (BGHZ 60, 28 [33] = NJW 1973, 315 = LM§ 138 [Cf] BGB Nr. 7 m.w. Nachw.). Insbesondere genügt zur Annahme der Sittenwidrigkeit die nach § 1 UWG erhebliche Gefahr eines Wettbewerbsvorsprungs durch Verletzung vonStandesgrundsätzen nicht (Mayer-Maly, in: MünchKomm, 3. Aufl. [1993], § 138 Rdnr. 39; vgl. in diesem Sinne auch BGHZ 132, 229 = NJW 1996, 1954 = LM H. 9/1996 SteuerberatungsG Nrn. 58-61 = BGHR BGB § 138 I Standeswidrigkeit 2). Einen besonders schwerwiegenden Verstoß gegen dasStandesrecht der Architekten stellt beispielsweise eine Vereinbarung dar, durch die der Erwerber eines Grundstücks sich im Zusammenhang mit dem Erwerb verpflichtet, bei der Planung oder Ausführung eines Bauwerks auf dem Grundstück die Leistungen eines bestimmten Architekten in Anspruch zu nehmen. Ein derartiges Koppelungsgeschäft ist von Gesetzes wegen mit der Folge der Nichtigkeit des betreffenden Architektenvertrages belegt (Art. 10 § 3 des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen v. 4. 11.1971, BGBl I, 1745). Gleichwohl hat der BGH ein vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geschlossenes und daher von dem Verbot noch nicht erfaßtes Koppelungsgeschäft trotz seiner Standeswidrigkeit nicht von vornherein für sittenwidrig und nichtig gehalten (BGHZ 60, 28 = NJW 1973, 315 = LM § 138 [Cf] BGB Nr. 7). Er hat ausgeführt, eine solche Vereinbarung, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes getroffen worden sei,verstoße nicht schlechthin, sondern nur beim Hinzutreten weiterer, erschwerender Umstände gegen die guten Sitten. Die dieser Entscheidung zugrunde liegenden Wertungen lassen sich auf den hier zu beurteilenden Fall in der Weise übertragen, daß dann kein Anlaß besteht, einem Makler für dessen ordnungsgemäß erbrachte und nicht mit sonstigen eine Sittenwidrigkeitbegründenden Umständen behaftete Leistung das vereinbarte Honorar zu versagen.
III. Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Die Sache ist an das BerGer. zurückzuverweisen, welches nunmehrden streitigen Behauptungen beider Parteien über das Zustandekommen und den Inhalt des Vertrages und der erbrachten Leistungen nachzugehen haben wird.
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