Abzug vorab entstandener Werbungskosten im Rahmen eines Immobilienerwerbs setzt endgültigen Entschluß zur Erzielung von Einkünften voraus

Gericht

BFH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

14. 02. 1995


Aktenzeichen

IX R 95/93


Leitsatz des Gerichts

Zahlt der Erwerber einer Immobilie ein Entgelt dafür, daß sich der Verkäufer verpflichtet, innerhalb eines Zeitraums, in dem planmäßig nur ein Werbungskostenüberschuß erzielt wird, auf Verlangen des Erwerbers den Verkauf der Immobilie zu einem Betrag zu vermitteln, der dem vom Erwerber aufgewandten Kaufpreis entspricht, so ist regelmäßig davon auszugehen, daß der Erwerber im Zeitpunkt der Anschaffung noch nicht entschlossen ist, die Immobilie langfristig zur Erzielung von Einkünften zu nutzen.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl., zur ESt zusammen veranlagte Eheleute, hatten im Jahre 1986 (Streitjahr) eine Eigentumswohnung erworben. Ausweislich des notariell beurkundeten Kaufvertrages hatte die Verkäuferin, neben der Vermittlung der Zwischen- und Endfinanzierung sowie einer Vermietungsgarantie auch die Verpflichtung übernommen, die Eigentumswohnung innerhalb von fünf Jahren auf Verlangen der Kl. zu dem von diesen entrichteten Kaufpreis zu vermitteln; von dem in vollem Umfang fremdfinanzierten Kaufpreis entfiel ein Anteil von 2 % auf diese Verkaufszusage.

In ihrer ESt-Erklärung für das Streitjahr machten die Kl. für die - ab 1987 vermietete - Wohnung vorab entstandene Werbungskosten von 33106 DM geltend, die das FA wegen fehlender Einkünfteerzielungsabsicht unberücksichtigt ließ. Klage und Revision blieben erfolglos.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Vorinstanz hat zutreffend entschieden, daß die geltend gemachten Werbungskosten mangels Einkünfteerzielungsabsicht nicht zu berücksichtigen sind.

a) Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung sind Aufwendungen erst dann als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn sich anhand objektiver Umstände feststellen läßt, daß der Steuerpflichtige den Entschluß, Einkünfte aus einer bestimmten Einkunftsart zu erzielen, endgültig gefaßt hat (Zitat). Die Feststellungslast für das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht trägt der Steuerpflichtige (Zitat).

Nach den Senatsentscheidungen IX R 71/93 (BStBl. II 1995, 116, DStR 1995, 88) und IX B 97/93 (DStR 1995, 90) vom 14. 9. 1994, stellt ein im Rahmen eines Bauherren- oder Ersterwerbermodells einem Anleger erteiltes Rückkaufangebot oder eine Verkaufsgarantie dann ein Indiz gegen das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht dar, wenn sie für einen Zeitraum gilt, in dem planmäßig nur ein Werbungskostenüberschuß erzielt wird und das Rückkaufangebot oder die Verkaufsgarantie entweder auf Wunsch des Anlegers abgegeben worden ist oder aber nach den gesamten Umständen davon auszugehen ist, daß das Angebot oder die Garantie für die Investitionsentscheidung des Anlegers bedeutsam war.

Von einer solchen Bedeutsamkeit eines Rückkaufangebotes oder einer Verkaufsgarantie für die Investitionsentscheidung ist jedenfalls dann auszugehen, wenn hierfür ein Entgelt zu entrichten ist; denn ein Anleger wird nur dann zur Zahlung eines Entgeltes bereit sein, wenn nach seiner Vorstellung die Möglichkeit einer Inanspruchnahme des betreffenden Angebotes oder der Garantie in Betracht kommt.

Eine solche Indizwirkung ist indes nicht nur auf Rückkaufangebote oder ausdrücklich übernommene Verkaufsgarantien und auch nicht nur auf die Fälle der Beteiligung an Bauherren- oder Erwerbermodellen beschränkt. Vielmehr kann sich bei jeglichem Erwerb einer Immobilie ein Anzeichen für eine fehlende Einkünfteerzielungsabsicht daraus ergeben, daß der Erwerber ersichtlich die Kaufentscheidung davon abhängig macht, daß ihm durch den Verkäufer oder auch einen Dritten die Möglichkeit eingeräumt wird, sich ohne Schwierigkeiten und ohne größtere Verluste innerhalb eines Zeitraums wieder von der Immobilie zu trennen, in dem planmäßig nur Werbungskostenüberschüsse erzielt werden, Es ist dann Sache des Immobilienerwerbers, darzulegen und ggf. zu beweisen, daß er entgegen diesem, gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechenden Anzeichen das Objekt langfristig vermieten und positive Einkünfte erzielen wollte.

Die Feststellung, ob der Steuerpflichtige die Einkünfteerzielungsabsicht hatte oder nicht, ist Sache der Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG. Das Revisionsgericht kann die Feststellungen der Tatsacheninstanz nur daraufhin überprüfen, ob sie gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen. Die Schlußfolgerungen des FG haben schon dann Bestand, wenn sie zwar nicht zwingend, aber möglich sind (§ 118 Abs. 2 FGO).

Zahlung eines Entgelts für die Verkaufszusage als Indiz

b) Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall erweist sich die Vorentscheidung als zutreffend. Das FG hat zu Recht angenommen, der Beweis des ersten Anscheins spreche dafür, daß die Kl. sich beim Erwerb der Eigentumswohnung zumindest noch nicht endgültig entschlossen hatten, langfristig positive Einkünfte aus VuV zu erzielen; denn es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß nur derjenige bereit ist, für eine derartige Zusage ein Entgelt zu zahlen, der auch die Möglichkeit in Betracht zieht, von dieser Zusage Gebrauch zu machen. Dies gilt um so mehr, wenn - wie im Streitfall - der betreffende Bewerber als einziger unter mehreren eine solche Zusage erhält. Entgegen der Darstellung der Kl. ist auch davon auszugehen, daß die Verkaufszusage für die Klin. einen wirtschaftlichen Wert darstellte. Abgesehen davon, daß die Kl. andernfalls nicht bereit gewesen wären, für die Zusage einen Geldbetrag zu zahlen, gewährleistete die Zusage der Verkäuferin den Kl. insofern eine risikolose Investitionsentscheidung, als die Verkäuferin sich verpflichtete, einen Verkauf der Wohnung zu einem mindestens dem gesamten von den Kl. aufgewendeten Kaufpreis (einschl. der Nebenkosten) entsprechenden Betrag zu vermitteln.

Ferner ist auch die Beurteilung des FG, der Anscheinsbeweis einer fehlenden Einkünfteerzielungsabsicht sei von den Kl. nicht widerlegt worden, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Weder die Art der Finanzierung noch die Möglichkeit des mit einer Veräußerung der Eigentumswohnung verbundenen Verlustes auf der Vermögensebene sprechen denknotwendig für eine beabsichtigte langfristige Vermietung; den von den Kl. geltend gemachten wirtschaftlichen Nachteilen bei einer Veräußerung innerhalb der zugesagten Verkaufsfrist müssen die beabsichtigten steuerlichen Vorteile aus der Berücksichtigung erheblicher Werbungskostenüberschüsse gegenübergestellt werden.

Schließlich widerspricht es weder den Denkgesetzen noch allgemeinen Erfahrungssätzen, wenn das FG der Tatsache, daß die Kl. letztendlich von der Verkaufszusage keinen Gebrauch gemacht haben, keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen hat; denn es ist mangels entsprechender Nachweise der Kl. nicht auszuschließen, daß sich der Entschluß, die Verkaufszusage nicht in Anspruch zu nehmen, erst zu einem späteren, nach dem Streitjahr liegenden Zeitpunkt gebildet hat.

Rechtsgebiete

Steuerrecht

Normen

EStG §§ 2 Abs. 1 Nr. 6, 9 Abs. 1, 21; FGO §§ 76, 119 Nr. 6