Grundsatzurteil zur Abgrenzung zwischen Erhaltungs- und Herstellungsaufwand bei Instandsetzung oder Modernisierung eines Gebäudes
Gericht
BFH
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
09. 05. 1995
Aktenzeichen
IX R 116/92
Aufwendungen für die Instandsetzung und Modernisierung eines Gebäudes, die nicht bereits als sog. anschaffungsnaher Herstellungsaufwand zu beurteilen sind, führen nur dann zu (nachträglichen) Herstellungskosten infolge einer wesentlichen Verbesserung (§ 255 Abs. 2 HGB), wenn die Maßnahmen in ihrer Gesamtheit über die zeitgemäße substanzerhaltende Bestandteilserneuerung hinaus den Gebrauchswert des Hauses insgesamt deutlich erhöhen. Herstellungskosten liegen nicht allein schon deshalb vor, weil Aufwendungen, die für sich genommen als Erhaltungsaufwand zu beurteilen sind, in ungewöhnlicher Höhe zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum anfallen.
Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die nicht über die zeitgemäße substanzerhaltende Erneuerung hinausgehen, sind in die Beurteilung, ob der Gebrauchswert erhöht wird, nur dann einzubeziehen, wenn sie mit anderen, zu Herstellungskosten führenden Maßnahmen bautechnisch ineinandergreifen.
Eine deutliche Erhöhung des Gebrauchswerts kann in einer deutlichen Verlängerung der tatsächlichen Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes begründet sein. Ein deutlicher Anstieg der erzielbaren Miete kann nur insoweit Hinweiszeichen für einen deutlich gesteigerten Gebrauchswert sein, als er auf den zu Herstellungskosten führenden Maßnahmen beruht.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Kl. werden als Eheleute zur ESt zusammen veranlagt. Die Klin. erwarb 1980 ein im Jahr 1936 erbautes Zweifamilienhaus, das die Kl. in der Folgezeit selbst nutzten. Von den Anschaffungskosten (467612 DM) entfielen 376612 DM auf das Gebäude. In den Jahren 1986 und 1987 (Streitjahr) ließen die Kl. das Gebäude grundlegend instandsetzen und modernisieren. Das FA erkannte die dafür im Jahr 1986 angefallenen Aufwendungen (154854,93 DM) als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen an. Die im Streitjahr 1987 geleisteten Aufwendungen von 266900,64 DM beurteilte das FA hingegen als Herstellungskosten und berücksichtigte hierfür lediglich AfA. Der Einspruch der Kl. blieb erfolglos.
Das FG wies die Klage hinsichtlich der strittigen Aufwendungen ab. Die Revision führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das FG.
Auszüge aus den Gründen:
Das FG hat die im Streitjahr angefallenen Renovierungs- und Modernisierungsaufwendungen rechtsfehlerhaft insgesamt als Herstellungskosten beurteilt.
I.1. Die Einkünfte aus VuV der Kl. aus dem Zweifamilienhaus sind nach § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG in der Weise zu ermitteln, daß den Einnahmen (dem Mietwert) die nachgewiesenen Werbungskosten gegenüberzustellen sind. ...
b) Herstellungskosten sind nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Diese handelsrechtliche Begriffsbestimmung gilt ebenso für das Steuerrecht, und zwar auch für die Einkünfte aus VuV (Beschl. des GrS des BFH v. 4. 7. 1990, GrS 1/89, BStBl. II 1990, 830 und C.III.1.c dd, DStR 1990, 557).
Unter welchen Voraussetzungen Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen nach dieser Vorschrift, die auf Art. 35 Abs. 3 der Vierten EG-Richtlinie vom 25. 7. 1978 - EWGRL - 78/660 (ABlEG Nr. L 222 v. 14. 8. 1978, 11) beruht, als Herstellungskosten zu beurteilen sind, kann der BFH in eigener Zuständigkeit entscheiden. Der BFH hat zur Klärung dieser Frage nicht eine Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 177 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftgemeinschaft herbeizuführen. ... Einer solchen Vorabentscheidung bedarf es nicht, wenn nach dem Inhalt der jeweiligen gemeinschaftsrechtlichen Regelung die Entscheidung der aufgeworfenen Frage offenkundig nicht zweifelhaft oder gemeinschaftsrechtlich nicht entscheidungserheblich ist (BFH v. 21. 10. 1993, IV R 87/92, BStBl. II 1994, 176, DStR 1994, 164; Amann, in: FS L. Schmidt, 1993, 269, 276f.). Diese Voraussetzungen liegen vor. ...
2. Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen (hier: für Gebäude) können jeweils nach unterschiedlichen Tatbestandsmerkmalen des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB als Herstellungskosten zu beurteilen sein.
a) Ist das Gebäude so sehr abgenutzt, daß es unbrauchbar geworden ist (Vollverschleiß), so wird durch die Instandsetzungsarbeiten unter Verwendung der übrigen noch nutzbaren Teile ein neues Wirtschaftsgut hergestellt; dies ist in Rechtsprechung und Schrifttum wiederholt als sog. Generalüberholung bezeichnet worden (Zitate).
b) Ferner bilden Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen (nachträgliche) Herstellungskosten, wenn sie für eine Erweiterung i.S.v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB entstehen. Eine solche Erweiterung liegt u.a. vor, wenn ein Gebäude aufgestockt oder daran ein Anbau errichtet wird (vgl. § 17 Abs. 2 II. . WoBauG), wenn es in seiner Substanz vermehrt (z.B. Senatsurt. v. 1. 12. 1992, IX R 333/87, BStBl. II 1994, 12, DStR 1993, 564) oder seine nutzbare Fläche vergrößert wird (z.B. BFH v. 19. 6. 1991, IX R 1/87, BStBl. II 1992, 73; v. 19. 7. 1985, III R 170/80, BFH/NV 1986, 24/26) oder wenn nachträglich Bestandteile eingebaut werden, die bisher nicht vorhanden waren (Senatsurt. v. 29. 8. 1989, IX R 176/84, BStBl. II 1990, 430, DStR 1990, 312, und v. 16. 2. 1993, IX R 85/88, BStBl. II 1993, 544).
c) Außerdem sind Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendugen auch dann nachträgliche Herstellungskosten, wenn sie zu einer über den ursprünglichen Zustand des Gebäudes hinausgehenden wesentlichen Verbesserung führen. Während nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB Aufwendungen für die Erweiterung eines Gebäudes stets nachträgliche Herstellungskosten sind, gilt dies für Aufwendungen zur Verbesserung eines Gebäudes nur dann, wenn die über den ursprünglichen Zustand hinausgehende Verbesserung wesentlich ist.
Ursprünglicher Zustand i.S.v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB ist grundsätzlich der Zustand des Gebäudes zu dem Zeitpunkt, in dem der Stpfl. es in sein Vermögen aufgenommen hat (vgl. Beschl. des GrS des BFH v. 22. 8. 1966, GrS 2/66, BStB. III 1966, 672). Dies ist der Zeitpunkt der Herstellung oder, wenn der Stpfl. das Gebäude erworben hat, der Zeitpunkt des Erwerbs (GrS des BFH in BStBl. III 1966, 672; Senatsurt. v. 11. 8. 1989, IX R 44/86, BStBl. II 1990, 53, DStR 1990, 34; v. 30. 7. 1991, IX R 123/90, BStBl. II 1992, 30, DStR 1992, 247; vgl. auch Mathiak, DStJG 1984, 97, 132; Schmidt/Glanegger, EStG, 13. Aufl., § 6 Anm. 43b). Waren die ursprünglichen Herstellungskostsen (oder im Falle des Erwerbs die Anschaffungskosten) vor den Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen bereits verändert worden, etwa durch anderweitige nachträgliche Herstellungs- oder Anschaffungskosten oder eine AfaA (§ 7 Abs. 1 Satz 5 EStG), so ist der für die geänderte AfA-Bemessungsgrundlage maßgebende Zustand mit dem nunmehr durch die ausgeführten Arbeiten erreichten Zustand zu vergleichen.
3. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung i.S.v. § 255 Abs. 2 Satz 1 Alt. 3 HGB grundsätzlich auch durch grundlegende Instandhaltungsmaßnahmen erreicht werden kann (Senatsurt. in BStBl. II 1990, 53, und v. 15. 1. 1991, IX R 21/89, BFH/NV 1991, 533; vgl. auch §§ 7h , 7i EStG, §§ 82g , 82i EStDV).
a) Herstellungskosten als Folge einer über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung (§ 255 Abs. 2 Satz 1 HGB) können dann vorliegen, wenn in zeitlicher Nähe zur Anschaffung - in der Regel innerhalb von drei Jahren - im Verhältnis zum Kaufpreis hohe Reparatur- oder Modernisierungsaufwendungen anfallen (sog. anschaffungsnaher Herstellungsaufwand; BFH in BStBl. II 1990, 53; BStBl. II 1992, 30; v. 29. 10. 1991, IX R 117/90, BStBl. II 1992, 285, DStR 1992, 421; v. 23. 9. 1992, X R 10/92, BStBl. II 1993, 338, DStR 1993, 471). In derartigen Fällen sprechen die Höhe der Aufwendungen im Verhältnis zum Kaufpreis und deren enger zeitlicher Zusammenhang mit der Anschaffung dafür, daß die Aufwendungen das Gebäude nicht in dem Zustand erhalten sollen, in dem es sich im Zeitpunkt des Erwerbs befand, sondern daß bereits zu diesem Zeitpunkt ein Bedarf an erheblichen Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen bestanden hatte, deren Durchführung das Gebäude über seinen beim Erwerb gegebenen Zustand hinaus wesentlich verbessert. Eine solche wesentliche Verbesserung ist dann aufgrund der Art der Baumaßnahmen und der Höhe des dadurch bedingten Aufwands im Verhältnis zur Höhe des Kaufpreises offenkundig (Senatsurt. in BStBl. II 1992, 285).
b) Stehen - wie im Streitfall - die Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen hingegen in keinem solchen engen zeitlichen Zusammenhang mit der Anschaffung, so kann - anders als beim anschaffungsnahen Aufwand - aus der Art der Baumaßnahmen und der Höhe des dadurch bedingten Aufwands allein nicht auf das Vorliegen einer wesentlichen Verbesserung i.S.v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB geschlossen werden. Ein hoher Aufwand ist kein Indiz dafür, daß eine wesentliche Verbesserung vorliegt; denn auch das Wiederherstellen des ursprünglichen Zustandes kann hohe Aufwendungen erfordern (vgl. BFH v. 3. 12. 1958, I 173/58 U, BStBl. III 1959, 95; v. 25. 3. 1977, V R 140/74, BStBl. II 1977, 577). Diese Beurteilung ergibt sich im übrigen auch aus der Regelung des § 82b EStDV, die nach ihrem Wortlaut größere Erhaltungsaufwendungen voraussetzt. Das Verhältnis der Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen zu den Anschaffungskosten allein ist danach ebenfalls unerheblich. Vielmehr ist, wenn die strittigen Maßnahmen in keinem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Anschaffung stehen, jeweils zu prüfen, ob und in welcher Weise sich der hohe Aufwand in einer über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung niedergeschlagen hat.
aa) Eine solche wesentliche Verbesserung liegt nicht schon dann vor, wenn einzelne Bestandteile eines Hauses durch zeitgemäße neue ersetzt werden. Nach ständiger Rspr. des BFH ist der Ersatz von einzelnen Teilen eines Gebäudes regelmäßig als Erhaltungsaufwand anzusehen (GrS des BFH in BStBl. III 1966, 672; Beschl. v. 26. 11. 1973, GrS 5/71, BStBl. II 1974, 132; BFH v. 25. 8. 1989, III R 17/84, BStBl. II 1990, 79 m.w.N.). Das gilt auch dann, wenn damit eine werterhöhende Modernisierung verbunden ist, die dem Haus lediglich den zeitgemäßen Wohnkomfort wiedergibt, den es ursprünglich besessen, aber durch den technischen Fortschritt und die Veränderung der Lebensgewohnheiten verloren hatte; das Anpassen des Hauses an die Zeitumstände bedeutet keine Änderung im Wesen (vgl. BFH v. 13. 3. 1979, VIII R 83/77, BStBl. II 1979, 435; v. 24. 7. 1979, VIII R 162/78, BStBl. II 1980, 7; v. 24. 2. 1981, VIII R 122/79, BStBl. II 1981, 468; BFH in BStBl. II 1990, 79).
bb) Dies gilt - entgegen der Auffassung des FG - grundsätzlich auch dann, wenn nicht nur einzelne Teile erneuert oder modernisiert, sondern an dem Gebäude als Ganzem Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten ausgeführt werden. Solche Maßnahmen können nach der st. Rspr. des BFH nur dann zu einer wesentlichen Verbesserung i.S.v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB führen, wenn sie über eine übliche Modernisierung hinausgehen (GrS des BFH in BStBl. III 1966, 672; BFH in BFH/NV 1991, 533; BFH v. 19. 6. 1991, IX R 195/87, BFH/NV 1991, 812); dazu bedarf es jedoch keiner Eingriffe in die Bausubstanz. Maßnahmen, die zwar das Gebäude als Ganzes betreffen, es aber lediglich in ordnungsgemäßem Zustand entsprechend seinem ursprünglichen Stand erhalten oder diesen Zustand in zeitgemäßer Form wiederherstellen (substanzerhaltende Bestandteilserneuerungen, vgl. BFH in BStBl. II 1974, 520; Moxter, Bilanzrechtsprechung, 3. Aufl. 1993, 160), bewirken noch keine wesentlichen Verbesserungen. Dabei ist unerheblich, ob die Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen objektiv oder subjektiv erforderlich waren.
Vielmehr ist eine Verbesserung dann wesentlich, wenn - nach objektiven Maßstäben - über die zeitgemäße Erneuerung hinaus der Gebrauchswert des Hauses im ganzen deutlich erhöht wird; denn nach dem Gebrauchswert entscheidet sich, ob für die Zukunft ein höheres "Nutzungspotential" (so Knop/Küting, in: Küting/Weber: Handbuch der Rechnungslegung, 3. Aufl. 1990, § 255 Rdnr. 359, 361; vgl. auch BFH in BFH/NV 1986, 24) geschaffen worden ist.
cc) Danach können Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen, die für sich allein noch als Erhaltungsmaßnahmen zu beurteilen wären, in ihrer Gesamtheit zu Herstellungskosten führen, wenn sie über eine zeitgemäße substanzerhaltende Erneuerung hinausgehen (etwa durch Verwendung außergewöhnlich hochwertiger Materialien in erheblichem Umfang oder eine besondere bauliche Gestaltung) und dadurch der Gebrauchswert des Gebäudes gegenüber dem ursprünglichen Zustand deutlich erhöht und die Verbesserung damit insgesamt i.S.v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB wesentlich wird.
Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen sind Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen, die über eine zeitgemäße substanzerhaltende Erneuerung nicht hinausgehen, grundsätzlich außer Betracht zu lassen. Soweit die dafür aufgewendeten Kosten abgrenzbar sind, sind sie als Erhaltungsaufwendungen abzuziehen. Hingegen sind diese Erhaltungsaufwendungen in die gebotene Gesamtwürdigung einzubeziehen, wenn sie mit den über eine zeitgemäße substanzerhaltende Erneuerung hinausgehenden Maßnahmen bautechnisch ineinandergreifen. Insoweit gelten die Grundsätze entsprechend, welche der BFH zur Beurteilung von Aufwendungen entwickelt hat, die für sich genommen teils Herstellungs-, teils Erhaltungsaufwendungen darstellen. Solche Aufwendungen für ein Bündel von Einzelmaßnahmen sind insgesamt als Herstellungskosten zu beurteilen, wenn die Arbeiten in engem räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen und in ihrer Gesamtheit eine einheitliche Baumaßnahme bilden (Senatsurt. in BStBl. II 1992, 28; Beschl. v. 31. 8. 1994, IX B 44/94, BFH/NV 1995, 293). Ein sachlicher Zusammenhang in diesem Sinne liegt vor, wenn die einzelnen Baumaßnahmen - die sich auch über mehrere Jahre erstrecken können - bautechnisch ineinandergreifen (vgl. BFH v. 9. 3. 1962, I 192/61 U, BStBl. III 1962, 195). Eine Aufteilung der Aufwendungen (ggf. durch Schätzung) ist geboten, soweit die Arbeiten ohne diesen Zusammenhang lediglich gleichzeitig vorgenommen worden sind (BFH v. 14. 10. 1960, VI 100/59 U, BStBl. III 1960, 493; v. 22. 2. 1973, VIII R 72/68, BStBl. II 1973, 483), etwa um die mit den Arbeiten verbundenen Unannehmlichkeiten abzukürzen (BFH in BStBl. III 1960, 493; BFH v. 29. 6. 1965, VI 236/64 U, BStBl. III 1965, 507). Eine solche Aufteilung erübrigt sich nicht deshalb, weil die Aufwendungen einheitlich in Rechnung gestellt worden sind (BFH in BStBl. III 1960, 493). Sind nach diesen Grundsätzen die angefallenen Aufwendungen nach Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen zu unterteilen, so sind einzelne Aufwendungen, die mit beiden Aufwendungsarten in Zusammenhang stehen, z.B. ein für die Gesamtmaßnahme geleistetes Architektenhonorar oder Aufwendungen für Reinigungsarbeiten, entsprechend dem Verhältnis von Herstellungs- zu Erhaltungsaufwand aufzuteilen.
Der Senat weicht nicht von dem Beschluß des IV. Senats vom 21. 6. 1990, IV B 99/89 (BFH/NV 1991, 154) ab. Der diesem Beschluß zugrundeliegende Sachverhalt läßt zwar nicht erkennen, ob die streitigen Maßnahmen zur Modernisierung und Instandsetzung bautechnisch ineinandergegriffen haben. Die Bezugnahme des IV. Senats auf das BFH-Urteil vom 10. 6. 1975, VIII R 114/71(BStBl. II 1975, 878), das erhebliche, als Herstellungsmaßnahmen zu wertende und mit den übrigen Maßnahmen bautechnisch verknüpfte bauliche Veränderungen zum Gegenstand hatte, zeigt aber, daß der IV. Senat von den gleichen Rechtsgrundsätzen wie der erk. Senat ausgegangen ist.
dd) Eine deutliche Steigerung des Gebrauchswerts, die zu einer wesentlichen Verbesserung i.S.v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB führt, kann auch in einer deutlichen Verlängerung der tatsächlichen Gesamtnutzungsdauer eines Gebäudes aufgrund der streitigen Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten begründet sein. Die Gesamtnutzungsdauer verlängert sich nicht schon durch die zeitgemäße substanzerhaltende Erneuerung von Bestandteilen, deren gewöhnliche Nutzungsdauer von vornherein kürzer war als die tatsächliche Nutzungsdauer des gesamten Gebäudes. Aufwendungen, welche die tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes verlängern, sind in der Regel nur dann nachträgliche Herstellungskosten, wenn sie die Substanz, die im wesentlichen die Lebensdauer des Gebäudes bestimmt, verändern (vgl. BFH in BStBl. III 1960, 198).
ee) Ein Indiz für einen deutlich gesteigerten Gebrauchswert kann sich ferner aus einem deutlichen Anstieg der erzielbaren Miete im Vergleich zu der Miete ergeben, die bei einer Neuvermietung unmittelbar vor den Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen erzielbar gewesen wäre. Mietsteigerungen, die lediglich auf zeitgemäßen bestandserhaltenden Erneuerungen beruhen, sind nicht in diese Beurteilung miteinzubeziehen.
ff) Die Feststellung der tatsächlichen Voraussetzungen dafür, ob Einzelverbesserungen, die für sich genommen noch als Erhaltungsmaßnahmen zu beurteilen wären, in ihrer Gesamtheit den Gebrauchswert des Hauses über die zeitgemäße Veränderung hinaus so erhöhen, daß das Gebäude als Ganzes dadurch wesentlich verbessert wird, ob die strittigen Maßnahmen die Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes deutlich verlängert oder die erzielbare Miete deutlich erhöht haben, obliegt dem FG als Tatsacheninstanz. Seine Tatsachenwürdigung kann vom BFH als Revisionsgericht nur beschränkt überprüft werden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO). Lassen sich für Instandhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen die tatsächlichen Voraussetzungen einer wesentlichen Verbesserung i.S.v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB nicht feststellen, so sind die Aufwendungen als Werbungskosten (Erhaltungsaufwendungen) nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sofort abziehbar.
4. a) Die Merkmale einer wesentlichen Verbesserung i.S.v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sind hingegen nicht mit dem Argument zu begründen, es liege eine sog. Generalüberholung vor. Dieser Begriff hat keine eigenständige steuerrechtliche Bedeutung, sondern umschreibt lediglich in tatsächlicher Hinsicht den Vorgang umfangreicher Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten. Er ist in der Rechtsprechung des BFH mit unterschiedlichem Inhalt verwandt worden: Der BFH hat darunter zum einen die Neuherstellung eines vollständig verbrauchten Wirtschaftsguts unter Verwendung seiner noch nutzbaren Altteile verstanden (s. o. I. 2. a). Ferner hat er in bestimmten Fällen von Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen eine wesentliche Verbesserung angenommen, in denen es sich um eine "einheitliche Baumaßnahme im Wesen einer Generalüberholung und Modernisierung des Hauses im ganzen und von Grund auf" handelte (z.B. BFH v. 10. 6. 1975, VIII R 114/71, BStBl. II 1975, 878; v. 19. 8. 1986, IX R 80/82, BFH/NV 1987, 147; v. 16. 9. 1986, IX R 126/84, BFH/NV 1987, 149; v. 11. 8. 1989, IX R 258/87, BFH/NV 1990, 436; v. 14. 12. 1989, III R 183/85, BStBl. II 1990, 450; BFH in BFH/NV 1991, 812). Auch im Schrifttum wird er nicht eindeutig im Sinne einer wesentlichen Verbesserung gem. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB verwendet. Zur Vermeidung der durch diesen unterschiedlichen Sprachgebrauch hervorgerufenen Rechtsunsicherheit hält der Senat es für angezeigt, den Begriff "Generalüberholung" nicht mehr für die Abgrenzung zu verwenden, ob Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen zu einer wesentlichen Verbesserung i.S.v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB führen.
b) Entgegen der Auffassung des FG liegen nicht schon dann nachträgliche Herstellungskosten gem. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB vor, wenn Aufwendungen, die für sich genommen als Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen sind, in ungewöhnlicher Höhe zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum anfallen. Erhaltungsaufwendungen verlieren ihre Rechtsnatur als Werbungskosten insbesondere nicht dadurch, daß sie nicht jeweils in dem Jahr erbracht werden, in dem der bauliche Zustand Instandhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen erfordert hätte; der Stpfl. ist in der Entscheidung frei, wann und in welcher Höhe er solche Aufwendungen macht (vgl. BFH v. 24. 1. 1969, VI R 173/67, BStBl. II 1969, 312).
II. Entgegen der Auffassung des FG reichen die bisher getroffenen Feststellungen nicht aus, um die von den Kl. aufgewandten Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen in vollem Umfang als Herstellungskosten zu beurteilen. Darin liegt ein Rechtsfehler, der auch ohne entsprechende Rüge zur Aufhebung der Vorentscheidung führt. Das FG hat zu den im Streitfall durchgeführten Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen in tatsächlicher Hinsicht folgendes festgestellt: Die Kl. ließen das undichte und in den Dachbalken angefaulte Dach erneuern und dabei Wärmeschutzmaßnahmen durchführen. Die Fenster wurden gegen neue ausgetauscht. Die Sanitäranlagen und Bäder (einschließlich der Leitungen) sowie die Elektroinstallation wurden ebenfalls erneuert. Der Schornstein, der erhebliche Risse aufwies, wurde durch einen neuen ersetzt. Die Außentreppen wurden erneuert, Setzrisse im Mauerwerk wurden durch Einfügen von Stürzen abgesichert. Das Haus erhielt innen und außen einen neuen Anstrich. Ferner ließen die Kl. neue Teppichböden verlegen und das vorhandene Parkett abschleifen und versiegeln. Die Garageneinfahrt ließen sie neu pflastern; dabei wurden die alten Steine weitgehend wiederverwendet. In den Aufwendungen für Elektroarbeiten sind rd. 2500 DM für einen Kabelanschluß, für Leerrohre der Telefonanlage und für eine Diebstahlwarnanlage enthalten. Auf der Grundlage seiner Feststellungen durfte das FG nicht schon deshalb eine über den ursprünglichen Zustand (im Streitfall: Zustand im Zeitpunkt der Anschaffung 1980) hinausgehende wesentliche Verbesserung des Hauses der Kl. als gegeben annehmen, weil es sich um eine sog. Generalüberholung handele oder die Erhaltungsaufwendungen im Streitjahr ungewöhnlich massiert angefallen waren. Auch die übrigen Erwägungen des FG reichen zur Begründung einer solchen wesentlichen Verbesserung nicht aus. Die Feststellungen des FG über den Einba zeitgemäßer sanitärer Anlagen, den verbesserten Schall- und Wärmeschutz durch isolierverglaste Fenster sowie über die Erneuerung der gesamten - nach heutigen Maßstäben nicht mehr vorschriftsmäßigen - elektrischen Anlage, des Daches und der Außenanlagen vermögen die Annahme einer wesentlichen Verbesserung ebenfalls nicht zu begründen, weil hierzu die zeitgemäße Erneuerung allein nicht ausreicht.
Zwar lassen die Feststellungen, die elektrische Anlage habe keine den heutigen Wünschen entsprechende Vielzahl von Brennstellen und Stromkreisen geboten, insoweit auf eine Steigerung des Gebrauchswerts schließen. Diese betraf jedoch nur einen begrenzten Teilbereich der durchgeführten Arbeiten. Für die Beurteilung als wesentliche Verbesserung ist dagegen Voraussetzung, daß die grundlegende Steigerung des Gebrauchswerts das Haus als Ganzes betrifft.
Die Aufwendungen für die Instandsetzungen und Modernisierung des Gebäudes der Kl. sind auch nicht deshalb insgesamt den Herstellungskosten zuzuordnen, weil sie nach den Feststellungen des FG Aufwendungen von rd. 2500 DM für vorher nicht vorhandene Installationen (Kabelanschluß, Leerrohre für Telefonanlage, Alarmanlage) einschließen, die schon für sich genommen Herstellungskosten sind. Denn diese Herstellungsmaßnahmen und die übrigen Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen griffen nicht bautechnisch ineinander.
Ferner reichen die Feststellungen des FG nicht aus, um seine Folgerung zu begründen, es handele sich deshalb um eine wesentliche Verbesserung, weil die Gesamtnutzungsdauer des Hauses verlängert worden sei. Zwar kann eine verlängerte Gesamtnutzungsdauer eine Steigerung des Gebrauchswerts bedeuten. Das FG hat aber nicht berücksichtigt, daß die Reparatur vorzeitig verschlissener Teile wie etwa des maroden Dachs und der undichten Fenster in erster Linie die Nutzbarkeit des Hauses während seiner üblichen Gesamtnutzungsdauer gewährleistet, diese aber nicht notwendigerweise verlängert. Das FG durfte seine Annahme, die Nutzungsdauer sei um 25 Jahre verlängert worden, nicht ohne nähere Prüfung auf die Stellungnahme des Bausachverständigen stützen. Diese besteht insoweit nur aus einem Satz, der die Grundlagen, auf denen er beruht, nicht erkennen läßt und nicht nachvollziehbar ist ... Das FG durfte die Verlängerung der Gesamtnutzungsdauer um 25 Jahre nicht als unstreitig ansehen; denn die Kl. hatten im Klageverfahren unter Vorlage eines entsprechenden Architektengutachtens behauptet, die Lebensdauer des Gebäudes habe sich nicht erheblich verlängert. ...
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