Ausgaben für Dachausbau als Werbungskosten

Gericht

BFH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

16. 07. 1996


Aktenzeichen

IX R 34/94


Leitsatz des Gerichts

Wird anläßlich eines Dachgeschoßausbaus das gesamte Dach erneuert, können die Kosten der Dachinstandsetzung sofort abziehbare Werbungskosten sein. Sie sind jedoch insoweit den Herstellungskosten des Dachgeschoßausbaus zuzurechnen, als sie durch diesen bedingt sind.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kl. ist Eigentümer eines vermieteten Wohnhauses. Im Streitjahr 1987 wandte er für den Ausbau des Dachgeschosses (DG) 168238,73 DM und für die Neueindeckung des Daches 43699,13 DM auf. Von den Aufwendungen für den Ausbau des DG machte er AfA i. H. v. 5 % gem. § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG 1987 geltend. Die Aufwendungen für die Neueindeckung des Daches setzte er in voller Höhe als Werbungskosten an.

Das FA berücksichtigte nur AfA i. H. v. 2 % der gesamten Aufwendungen (211937 DM). Nach vergeblichem Einspruch erhob der Kl. Klage, der das FG zum Teil stattgab. Zur Begründung führt es u. a. aus:

Beim Ausbau des DG sei ein Freisitz geschaffen sowie die vorhandenen Dachgauben abgebrochen und neu gestaltet worden. Die hierfür aufgewendeten Kosten seien Herstellungskosten. Im übrigen sei das Dach in seinem Bestand im wesentlichen unverändert geblieben. Aus den Plänen ergebe sich, daß nur der Teil der Dachkonstruktion abgebrochen und erneuert worden sei, der für die Gestaltung der Dachterrasse zu ändern war. Das Dach sei jedoch instandsetzungsbedürftig gewesen, die erforderlichen Maßnahmen seien gelegentlich des Dachausbaus getroffen worden (zeitgemäßer Dachausbau).

Das FG errechnete Aufwendungen i. H. v. 34888 DM, die es als sofort abziehbare Werbungskosten behandelte. Es hat die Aufwendungen für neue Dachziegel in vollem Umfang den sofort abziehbaren Werbungskosten zugeordnet, da bereits Dachgauben vorhanden gewesen seien und durch die Neugestaltung der Dachgauben ein Mehr an Ziegeln nicht erforderlich gewesen sei. Auf die Herstellungskosten ließ das FG nur AfA i. H. v. 2 % zu. Die Revision führte zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Das FG hat zwar zu Recht die Kosten des DG-Ausbaus als Herstellungskosten behandelt. Es ist jedoch bei der Abgrenzung der Aufwendungen für die Instandsetzung des Daches in Herstellungskosten und sofort als Werbungskosten abziehbare Erhaltungsaufwendungen von unzutreffenden rechtlichen Grundsätzen ausgegangen.

Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Handelt es sich bei diesen Aufwendungen um Herstellungskosten eines zur Einkunftserzielung bestimmten Gebäudes, so sind sie grundsätzlich nur verteilt auf die Nutzungsdauer des Gebäudes in Form von AfA abziehbar (§ 9 Abs.1 Satz 3 Nr. 7 i. V. m. § 7 Abs. 1 , 4 und 5 EStG). Herstellungskosten sind nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seiner Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Diese handelsrechtliche Begriffsbestimmung gilt auch für das Steuerrecht, und zwar auch für die Einkünfte aus VuV (Zitate).

Herstellungskosten in diesem Sinne können auch Kosten für Baumaßnahmen sein, die für sich gesehen zwar als Erhaltungsmaßnahmen zu beurteilen wären, die jedoch mit reinen Herstellungsmaßnahmen in engem räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen, so daß beide in ihrer Gesamtheit eine einheitliche Baumaßnahme bilden. Ein sachlicher Zusammenhang in diesem Sinne besteht, wenn die einzelnen Baumaßnahmen bautechnisch ineinandergreifen (BFH v. 9. 5. 1995, IX R 116/92, DStR 1995, 1377), d. h., wenn die eine Baumaßnahme durch die andere bedingt ist (BFH v. 9. 3. 1962, I 192/61 U, BStBl. III 1962, 195). Danach sind hier die Kosten der Instandsetzung des Daches als Herstellungskosten zu werten, soweit sie Folge des DG-Ausbaus sind. Entgegen der Auffassung des FG können diese Kosten nicht insoweit als Erhaltungsaufwand behandelt werden, als sie auch ohne den DG-Ausbau bei der Dachsanierung angefallen wären. Entscheidend für die Zuordnung zu den Herstellungskosten ist der tatsächliche Zusammenhang mit der Herstellungsmaßnahme. Wenn daher Dachziegel zur Abdeckung der neu ausgebauten Gauben verwendet wurden, gehören deren Kosten zu den Herstellungsksoten dieser Gauben, weil die Abdeckung mit Dachziegeln Teil ihrer Herstellung ist.

Andererseits geht das FG zu Recht davon aus, daß allein die Gleichzeitigkeit des DG-Ausbaus mit der Dachinstandsetzung nicht zur Folge hat, daß die gesamten Kosten hierfür als Herstellungskosten zu werten sind. Soweit das Dach durch den Ausbau nicht verändert wurde und seine Instandsetzung auch nicht Bedingung des Ausbaus war, sind die Kosten seiner Instandsetzung Erhaltungsaufwendungen. Auch davon geht das FG hier zu Recht aus. Nach seinen Feststellungen, die nicht mit Revisionsrügen angegriffen und daher für den Senat bindend sind (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), waren die Instandsetzungsmaßnahmen, mit denen das Dach lediglich in zeitgemäßer Form wiederhergestellt worden ist (neue Stulpschalung auf den Dachsparren, Erneuerung von Dachlatten, Ziegeln, Dachrinnen und Fallrohren) für den Ausbau des DG nicht erforderlich. Insofern unterscheidet sich der Streitfall von den Fällen, in denen z. B. ein Flachdach zur Schaffung von neuem Raum durch ein Satteldach ersetzt wurde (BFH v. 19. 6. 1991, IX R 1/87, BStBl. II 1992, 73) und in denen infolge des Ausbaus von Dachgauben das gesamte Dach verändert wurde (BFH v. 9. 5. 1995, IX R 88/90, DStR 1995, 1670 und IX R 2/94, DStR 1995, 1669).

Die Gesamtkosten sind im Verhältnis der Herstellungs- zu den Reparaturarbeiten - notfalls im Wege der Schätzung - aufzuteilen (vgl. z. B. BFH v. 9. 5. 1995, IX R 116/32 und v. . 10. 5. 1995, IX R 62/94, DStR 1995, 1666).

Entsprechend seiner Rechtsauffassung hat das FG zumindest bei den Kosten der Dachziegel auch Kosten des DG-Ausbaus - also Herstellungskosten - den Erhaltungsaufwendungen zugerechnet. Der Senat kann aufgrund der Feststellungen des FG die von diesem vorgenommene Aufteilung nicht entsprechend seiner eigenen Rechtsauffassung korrigieren. Die Sache geht daher an das FG zurück.

Rechtsgebiete

Steuerrecht

Normen

EStG §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 21 Abs. 1