Instandsetzung eines infolge Verwahrlosung unbewohnbaren Einfamilienhauses

Gericht

BFH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

15. 11. 1995


Aktenzeichen

X R 8/94


Leitsatz des Gerichts

Wenn eine Wohnung wegen Altersabnutzung oder Verwahrlosung unbewohnbar ist und wieder instandgesetzt wird, kann sie nicht unter den Begriff des "Ausbaus" nach § 10e II EStG fallen.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl. wurden als Eheleute im Streitjahr 1989 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kl. erhielt aufgrund letztwilliger Verfügung im Januar 1984 ein Einfamilienhaus übertragen. Der am 23. 5. 1983 verstorbene Erblasser hatte das vor 1939 erbaute Gebäude bis zu seinem Tod bewohnt. Anschließend stand das Haus leer. Ein vom Kl. im Jahr 1986 beauftragter Gutachter kam zu dem Ergebnis, daß das Einfamilienhaus zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens (9. 8. 1986) nicht bewohnbar gewesen sei. Der Baukörper sei ungeschützt den Witterungseinflüssen ausgesetzt und könne zentral nicht beheizt werden. Die elektrische Anlage sei zu überholen, die Wasserversorgung neu zu schaffen und die Bodenbeläge seien neu auf bereinigtem Unterbogen anzubringen. Der Kl. ließ das Einfamilienhaus in den Jahren 1987 bis 1989 für insgesamt 352406 DM instand setzen (1987: 161034 DM; 1988: 169782 DM; 1989: 21590 DM). Im Jahr 1989 bezogen die Kl. das Einfamilienhaus. Bei der Einkommensteuerveranlagung 1987 berücksichtigte das bekl. Finanzamt die Instandsetzungskosten (161034 DM) - wie von den Kl. beantragt - als Werbungskosten (Erhaltungsaufwendungen) bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Bei den Einkommensteuerveranlagungen 1988 und 1989 ließ das Finanzamt die Instandsetzungsaufwendungen wegen des Zusammenhangs mit der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung nicht mehr zum Abzug zu. Die Einsprüche der Kl. waren erfolglos.

Mit der Klage gegen die Einkommensteuerbescheide 1988 und 1989 beantragten die Kl., die Instandsetzungsaufwendungen als Vorkosten nach § 10e VI EStG 1987 abzuziehen, hilfsweise für das Streitjahr 1989 einen Abzugsbetrag nach § 10e I EStG sowie Steuerermäßigung nach § 34f EStG zu gewähren. Das FG wies die Klage ab. Es führte aus: Die Aufwendungen könnten nicht als Vorkosten nach § 10e VI EStG abgezogen werden, da sie nicht mit der Anschaffung einer Wohnung zusammenhingen. Ein Abzugsbetrag nach § 10e I EStG komme nicht in Betracht, weil der Kl. keine Wohnung hergestellt habe.

Mit der Revision, die nur noch den Einkommensteuerbescheid 1989 betrifft, rügten die Kl. Verletzung des § 10e II EStG. Sie tragen vor, daß FG habe nicht geprüft, ob die Instandsetzung des Gebäudes als Ausbau i.S. des § 10e II EStG zu beurteilen sei. Nach § 17 I II . WoBauG sei die Umwandlung von Räumen unter wesentlichem Bauaufwand zur Anpassung an geänderte Wohngewohnheiten ebenfalls ein Ausbau. Im Streitfall sei durch die Baumaßnahmen aus unbewohnbaren Räumen bewohnbarer Wohnraum geschaffen worden. Der Bauaufwand von insgesamt 352406 DM (einschl. der im Jahr 1987 angefallenen, vom Finanzamt als Erhaltungsaufwendungen berücksichtigten Aufwendungen) habe ca. 44 % der Kosten für einen vergleichbaren Neubau betragen und sei damit auch wesentlich im Sinne des Gesetzes gewesen. Die Revision hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

II. 1. Zu Recht hat das FG eine Begünstigung der Instandsetzungskosten nach § 10e I EStG abgelehnt. Die Kl. haben keine neue Wohnung hergestellt, sondern lediglich die schon vorhandene Wohnung instandgesetzt. Die Kl. haben ihren Antrag auf Berücksichtigung eines Abzugsbetrags in Höhe von 5 % der angefallenen Aufwendungen im Revisionsverfahren auch nicht mehr auf § 10e I EStG, sondern auf § 10e II EStG gestützt.

2. Entgegen der Auffassung der Kl. können die Instandsetzungsmaßnahmen aber auch nicht als Ausbau i.S. des § 10e II EStG beurteilt werden. Nach dieser Vorschrift ist ein Abzugsbetrag für Herstellungskosten zu eigenen Wohnzwecken genutzter Ausbauten zu gewähren. Der Senat kann offenlassen, ob die im Streitfall angefallenen Aufwendungen nach der neueren Rechtsprechung des BFH (BFHE 177, 454 = NJW 1995, 2807 L = DB 1995, 1841) überhaupt als Herstellungskosten zu beurteilen sind. Jedenfalls liegt kein Ausbau im Sinne dieser Vorschrift vor. Der Begriff "Ausbau" in § 10e II EStG entspricht dem Begriff "Ausbau" in § 17 I II . WoBauG (BFHE 177, 399 = NJW 1995, 2871 L = BB 1995, 1726). Nach Abs. 1 S. 2 gilt als Ausbau "auch der unter wesentlichem Bauaufwand durchgeführte Umbau von Wohnräumen, die infolge Änderung der Wohngewohnheiten nicht mehr für Wohnzwecke geeignet sind, zur Anpassung an die geänderten Wohngewohnheiten".

Nach der Rechtsprechung müssen die vorhandenen Wohnräume ihre Eignung zu Wohnzwecken durch eine Änderung der Wohngewohnheiten verloren haben. Die Eignung zu Wohnzwecken darf nicht infolge Altersabnutzung oder Verwahrlosung entfallen sein (BFHE 168, 147 = BStBl II 1992, 823; BFH, BFH/NV 1994, 460). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben. Die Baumaßnahmen wurden nicht aufgrund der geänderten Wohngewohnheiten durchgeführt, sondern weil Teile des Gebäudes infolge ihres Alters instandsetzungsbedürftig geworden waren. Im übrigen liegt im Streitfall auch kein "Umbau" vor.

Dazu ist erforderlich, daß das Gebäude wesentlich umgestaltet wird. Es müssen der Wohnungsgrundriß und die Bausubstanz (Mauerwerk, Decke, Wände) durchgreifend geändert werden. Bauliche Maßnahmen zur Instandsetzung eines Wohngebäudes sind dagegen kein Umbau i.S. des § 17 I 2 II . WoBauG (BVerwG, NJW-RR 1987, 1489 = Buchholz 454.4, § 17 II . WoBauG Nr. 2).

Rechtsgebiete

Steuerrecht

Normen

EStG § 10e II