Keine Liebhaberei bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
Gericht
BFH
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
30. 09. 1997
Aktenzeichen
IX R 80/94
Sofern nicht ausnahmsweise besondere Umstände gegen das Vorliegen einer Überschußerzielungsabsicht sprechen (z. B. bei Ferienwohnungen, bei Mietkaufmodellen oder bei Bauherrenmodellen mit Rückkaufangebot oder Verkaufsgarantie), ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, daß der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuß zu erwirtschaften.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Der Kläger und Revisionskläger (Kl.) wird mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Seine Ehefrau erwarb 1985 eine 58 qm große Eigentumswohnung, die bis zum 31. 12. 1990 der öffentlichen Mietpreisbindung unterlag. Sie vermietete die Wohnung an ihre Mutter für eine monatliche Miete von 350 DM (einschl. Nebenkosten), die bis zum 31. 12. 1990 unverändert bleiben sollte. Nach dem Mietvertrag waren folgende Einrichtungsgegenstände, für die im notariellen Kaufvertrag ein gesonderter Kaufpreis von 15000 DM angesetzt worden war, mitvermietet: Markise, Küchenschränke, Abzugshaube, Kühlschrank, Duscholux-Schiebetür, „Allibert“, Heizkörperverkleidungen, Kleiderschrank, Fußbodenbelag im Schlafzimmer.
Aus dem Mietverhältnis ergaben sich folgende Überschüsse der Aufwendungen über die Einnahmen: 1985 : 12720 DM, 1986 : 12828 DM, 1987: 11666 DM, 1988 : 12170 DM, 1989 : 7397 DM, 1990 : 7035 DM.
Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) die geltend gemachten Werbungskostenüberschüsse bis 1987 - teilweise erst im Einspruchsverfahren - der Besteuerung zugrunde gelegt hatte, ließ er bei der Veranlagung für das Streitjahr (1988) zunächst die AfA für die mitvermieteten Gegenstände unberücksichtigt und setzte schließlich in der verbösernden Einspruchsentscheidung keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (VuV) mehr an mit der Begründung, es fehle an der Absicht, einen positiven Gesamtüberschuß zu erzielen.
Das FG wies die Klage ab. Auf die Gesamtnutzungsdauer des jeweiligen Objekts bezogen, müsse die Absicht bestehen, zumindest 1 DM Gewinn zu erzielen. Der Steuerpflichtige müsse beim Erwerb bzw. beim Behalten der Einkunftsquelle eine Vorstellung über die Erzielung eines Totalgewinns haben. Im Streitfall lasse sich nicht feststellen, daß der Kl. oder seine Ehefrau jemals wirtschaftlich kalkuliert hätten, ob und wann sie einen Totalüberschuß erzielen könnten. Durch die Mietpreisbindung hätten die jährlichen Einnahmen nicht über den - nach Auskunft des Kl. höchstens zulässigen - Betrag von 4200 DM steigen können. Konkrete Vorstellungen, wie die dadurch bis einschließlich 1990 entstandenen Werbungskostenüberschüsse von fast 64000 DM jemals ausgeglichen werden sollen, seien nicht ersichtlich und auch vom Kl. nicht vorgetragen worden. Das FG ging gemäß § 7 Abs. 4 EStG von einer Nutzungsdauer von 50 Jahren aus. Der Auffassung des BMF, nach der eine Nutzungsdauer von 100 Jahren zugrunde zu legen und die Nutzung durch die Erben des Steuerpflichtigen mit einzubeziehen ist (BMF v. 23. 7. 1992, BStBl I 1992, 434) folgte das FG ausdrücklich nicht. Private Gründe für die verlustbringende Vermietungstätigkeit sah das FG in der Wertsteigerung von Grundstücken und in Steuervorteilen bei den einheitswertabhängigen Steuern; hinzu komme, daß die Wohnung an die Schwiegermutter des Kl. vermietet worden sei.
Mit der Revision rügt der Kl. die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Schon mit der Klagebegründung habe er vorgetragen, daß Sonderabschreibungen wegfallen werden, die Zinsbelastung sich verringern und ebenfalls wegfallen werde und ab 1991 für die dann als frei finanziert geltende Wohnung deutliche Mietsteigerungen zu erwarten seien. Die AfA auf die vermieteten Möbel entfielen ab 1995, die erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG i. V. m. § 15 BerlinFG ab 1997. Die Schuldzinsen verringerten sich nach der Zuteilung des Bausparvertrages ständig. Nach Ablauf der Mietpreisbindung sei mit einer monatlichen Miete von wenigstens 900 DM zu rechnen gewesen. Danach ergebe sich ab dem Jahr 2002 ein jährlicher Überschuß von 5846 DM und selbst bei der vom FG zugrunde gelegten Nutzungsdauer von 50 Jahren (1985 bis 2034) ein Gesamtüberschuß von 192918 DM. Im Streitjahr sei hingegen die Erzielung einer kostendeckenden Miete schon zivilrechtlich unmöglich gewesen (§ 72 Abs. 1 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes, § 8 Abs. 1 , § 8a Abs. 2 des Wohnungsbindungsgesetzes).
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuer 1988 unter Berücksichtigung von negativen Einkünften aus VuV von 13670 DM festzusetzen. Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Der geänderte Einkommensteuerbescheid 1988 vom 15. 5. 1997 ist auf Antrag des Kl. nach §§ 121, 123 Satz 2 i. V. m. § 68 FGO zum Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden.
Auszüge aus den Gründen:
Die Revision ist begründet. Nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Das FG hat zu Unrecht hinsichtlich der Einkünfte aus VuV des Kl. und seiner Ehefrau die Einkünfteerzielungsabsicht verneint.
1. Zu Recht hat das FG allerdings die frühere Rechtsauffassung des FA, das die Einkünfteerzielungsabsicht zunächst bejaht hatte, nicht nach Treu und Glauben für das Streitjahr als bindend angesehen. Eine solche Bindung des FA hätte sich nur dann ergeben können, wenn der Vorsteher oder der zuständige Sachgebietsleiter dem Kl. eine bestimmte rechtliche Behandlung zugesagt oder wenn das FA durch sein früheres Verhalten außerhalb einer Zusage einen Vertrauenstatbestand geschaffen hätte (vgl. BFH v. 21. 10. 1992, X R 99/88, BFHE 170, 41, BStBl II 1993, 289, DStR 1993, 431 unter 5. b, m. w. N.; v. 25. 5. 1993, IX R 17/90, BFHE 171, 452, BStBl II 1993, 834). Eine solche Zusage hat das FA dem Kl. jedoch nicht gegeben. Daß das FA für die drei vorangegangenen Veranlagungszeiträume den Werbungskostenüberschuß aus dem strittigen Mietverhältnis - zum Teil erst nach längerem Schriftwechsel im Einspruchsverfahren - berücksichtigt hat, begründet keinen Vertrauenstatbestand, der das FA verpflichtet, die frühere Handhabung fortzuführen.
2. Grundsätzlich zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß Einkünfte des Kl. und seiner Ehefrau aus VuV nur zu berücksichtigen sind, wenn die Absicht bestand, aus der Vermietung der Wohnung einen positiven Gesamtüberschuß zu erzielen.
a) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 EStG i. V. m. § 21 EStG unterliegen Einkünfte aus VuV, die der Steuerpflichtige erzielt, der Einkommensteuer. Mit dem Begriff des „Erzielens“ stellt das Gesetz - für alle Einkunftsarten - einen Zusammenhang her zwischen den Einkünften und der Tätigkeit oder Vermögensnutzung, durch die sie erzielt, das heißt erwirtschaftet werden. Einkünfte werden grundsätzlich durch zielgerichtetes Handeln/zielgerichtete Vermögensnutzung erwirtschaftet (vgl. Tipke/Lang, Steuerrecht, 15. Aufl. 1996, Rz. 122, m. w. N.). Wesentliches Merkmal der Einkünfteerzielung ist danach die Absicht, durch die Erwerbstätigkeit/Vermögensnutzung auf Dauer gesehen ein positives Ergebnis zu erzielen (Einkünfteerzielungsabsicht). Dementsprechend fällt auch eine Vermietungstätigkeit nur dann unter die Einkunftsart VuV, wenn der Vermieter die Absicht hat, auf Dauer einen Totalüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften; nichtsteuerbare Veräußerungsgewinne bleiben dabei unberücksichtigt (BFH v. 25. 6. 1984, GrS 4/82, BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766 f. unter C. IV. 3. c).
b) Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG i. V. m. § 21 EStG sind Einkünfte aus VuV der Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten. Diese Gesetzesformulierung umschreibt - über den insoweit unvollständigen Wortlaut hinaus - nicht nur positive, sondern auch negative Einkünfte (Gutachten des BFH v. 25. 1. 1951, I D 4/50 S, BFHE 55, 182, BStBl III 1951, 68; Raupach/Schencking, in: H/H/R, § 2 EStG Anm. 504; Kirchhof, in: Kirchhof/Söhn, EStG, § 2 Rn. C 15). Dies wird seit 1983 zusätzlich durch die Regelung des § 2a Abs. 1 EStG verdeutlicht, die negative Einkünfte voraussetzt.
c) Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, daß der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmenüberschuß zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben.
Der BFH ist bereits bisher im Anschluß an den Beschluß des Großen Senats davon ausgegangen, daß Liebhaberei bei den Einkünften aus VuV nur in Ausnahmefällen angenommen werden kann (BFH v. 21. 1. 1986, IX R 7/79, BFHE 146, 51, BStBl II 1986, 394; v. 11. 4. 1990, I R 63/88, BFH/NV 1990, 705, 706), und daß die Fremdvermietung regelmäßig in der Absicht ausgeübt wird, ein positives Gesamtergebnis zu erzielen (Senatsurt.v. 31. 3. 1987, IX R 112/83, BFHE 150, 325, 329, BStBl II 1987, 774; v. 24. 9. 1985, IX R 32/80, BFH/NV 1986, 449). Eine Vermietungstätigkeit, die in den Anlaufjahren zu Werbungskostenüberschüssen führt, ist nicht schon deshalb ohne die Absicht, Einnahmeüberschüsse zu erzielen, ausgeübt worden, weil eine objektive betriebswirtschaftliche Beurteilung ergibt, daß die Vermietung in naher Zukunft nicht zur Einkünfteerzielung geeignet ist (Senatsurt. v. 14. 9. 1994, IX R 71/93, BFHE 175, 416, 419, BStBl II 1995, 116, DStR 1995, 88).
Ein besonderes Kennzeichen der Einkünfte aus VuV besteht darin, daß die Einkunftserzielung sich im Regelfall über längere Zeiträume - oft über Jahrzehnte - erstreckt und häufig zunächst jahrelang Werbungskostenüberschüsse getragen werden müssen, weil mit Immobilien, wenn Wertsteigerungen und Steuervorteile außer Betracht bleiben, je nach Umfang der Fremdfinanzierung allenfalls erst nach sehr langen Zeiträumen eine Rendite zu erwirtschaften ist (vgl. Hellwig, DStR 1984, 325, 328 f.; Groh, DB 1984, 2424, 2425; Trzaskalik, in: Kirchhof/Söhn, a. a. O., § 21 Anm. B 269). Die Gesetzgebung hat indessen lediglich die Einkünfte i. S. von § 21 Abs. 2 Satz 1, § 21a EStG, die überwiegend zu Werbungskostenüberschüssen geführt und sich im Ergebnis wie Subventionstatbestände ausgewirkt hatten (vgl. BT-Drs. 10/3633, S. 12 f.), durch das Wohneigentumsförderungsgesetz vom 15. 5. 1986 (BGBl I 1986, 730; BStBl I 1986, 278) aus den steuerbaren Einkünften herausgenommen und durch offene Subventionen (§ 10e EStG, ab 1996 Eigenheimzulagengesetz) ersetzt. Hingegen wird die VuV von unbeweglichem Vermögen gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ohne Einschränkung weiterhin als Tatbestand der steuerbaren Erzielung von Einkünften erfaßt. Mithin beruht diese Norm auf der typisierenden Annahme, daß die langfristige VuV trotz über längere Zeiträume anfallender Werbungskostenüberschüsse in der Regel letztlich zu positiven Einkünften führt.
d) Für die Prüfung der Einkunftserzielungsabsicht, die grundsätzlich eine in die Zukunft gerichtete und langfristige Beurteilung erfordert (BFH in BFHE 141, 405, 436, BStBl II 1984, 751, 766 f.), gebietet es der vorgenannte Normzweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG, im Falle einer beabsichtigten langfristigen Vermietung regelmäßig davon auszugehen, daß das Mietverhältnis im konkreten Fall letztlich zu positiven Einkünften führen soll und damit die Einkunftserzielungsabsicht gegeben ist. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur dann, wenn aufgrund besonderer Umstände der Beweis des ersten Anscheins oder Beweisanzeichen (Indizien) gegen das Vorliegen einer Überschußerzielungsabsicht sprechen, zum Beispiel, wenn der Steuerpflichtige sich nicht zu einer langfristigen Vermietung entschlossen hat, wie bei der Beteiligung an einem Mietkaufmodell (Senatsurt. v. 9. 2. 1993, IX R 42/90, BFHE 171, 45, BStBl II 1993, 658, DStR 1993, 1248) oder einem Bauherrenmodell mit Rückkaufangebot oder Verkaufsgarantie (Senatsurt. in BFHE 175, 416, BStBl II 1995, 116; v. 14. 9. 1994, IX B 97/93, BFHE 175, 541; v. 22. 4. 1997, IX R 17/96, DStR 1997, 1160). Außerdem können besondere Arten der Nutzung der Immobilie ausnahmsweise schon für sich allein Beweisanzeichen für eine private, nicht mit der Erzielung von Einkünften zusammenhängende Veranlassung sein (vgl. z. B. Senatsurt. v. 13. 8. 1996, IX R 48/94, BFHE 181, 83, BStBl II 1997, 42 - Ferienwohnung -, DStR 1996, 1804; ferner v. 25. 1. 1994, IX R 139/92, BFH/NV 1995, 11). Um einen solchen Ausnahmefall handelt es sich im Streitfall ersichtlich nicht.
e) Im übrigen wären - entgegen der Auffassung des FG - bei einer in Ausnahmefällen erforderlichen Prognose, ob ein Totalüberschuß erzielt werden soll, jedenfalls negative Einkünfte aufgrund von steuerlichen Subventions- und Lenkungsnormen (vgl. BFH v. 25. 6. 1991, IX R 163/84, BFHE 165, 63, 67, BStBl II 1992, 23 zu § 7b EStG, DStR 1991, 1415; Grube, DB 1991, 2220; Stuhrmann, BB 1996, 1645) außer Ansatz zu lassen. Das gleiche gilt für Werbungskostenüberschüsse, die durch eine staatliche Reglementierung des Mietwohnungsmarktes, z. B. nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz oder dem Wohnungsbindungsgesetz, verursacht werden (Trzaskalik, in: Kirchhof/Söhn, a. a. O., § 21 Anm. B 283). Die soziale und wohnungspolitische Zielsetzung dieser Normen würde ebenfalls unterlaufen, wenn die durch die Begrenzung der Mieteinnahmen entstandenen Werbungskostenüberschüsse unter dem Gesichtspunkt der Liebhaberei unberücksichtigt bleiben müßten.
f) Die bei langfristiger Vermietung nach dem Normzweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG vorauszusetzende Überschußerzielungsabsicht wird nicht allein dadurch in Zweifel gezogen, daß an Angehörige vermietet wird. Ob ein Mietverhältnis unter Angehörigen der Besteuerung zugrunde zu legen ist, entscheidet sich, sofern kein Scheingeschäft (§ 41 Abs. 2 AO 1977) vorliegt, nach der ständigen Rechtsprechung des BFH insbesondere aufgrund des sog. Fremdvergleichs, das heißt danach, ob das Mietverhältnis bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen ist und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (Senatsurt. v. 7. 5. 1996, IX R 69/94, BFHE 180, 377, BStBl II 1997, 196, DStR 1996, 1359, m. w. N.; BFH v. 27. 11. 1989, GrS 1/88, BFHE 158, 563, 571, BStBl II 1990, 160, DStR 1990, 111). Wenn die vereinbarte Miete die Marktmiete unterschreitet, kann dies gemäß § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG allenfalls zur Kürzung der Werbungskosten führen, ist jedoch für den Fremdvergleich unerheblich (Senatsurt. v. 16. 1. 1996, IX R 13/92, BFHE 179, 400, BStBl II 1996, 214; v. 30. 11. 1993, IX R 99/91, BFH/NV 1994, 776). Hält ein Mietverhältnis mit Angehörigen einer Nachprüfung anhand des Fremdvergleichs stand und liegt ferner auch keine mißbräuchliche Gestaltung i. S. von § 42 AO 1977 vor, so ist es der Einkunftserzielung nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG zuzuordnen und der Besteuerung zugrunde zu legen. Für ein solches Mietverhältnis darf die Einkünfteerzielungsabsicht nicht allein deshalb verneint werden, weil an einen Angehörigen vermietet worden ist. Dies wäre mit Art. 6 GG nicht vereinbar.
3. Nach den vorstehenden Maßstäben hat das FG zu Unrecht die Einkünfteerzielungsabsicht des Kl. verneint. Es durfte seine Entscheidung nicht auf die Erwägung stützen, der Kl. habe keine konkreten Vorstellungen vorgetragen und es sei nicht feststellbar, wie die aufgelaufenen Verluste ausgeglichen werden sollen. Der Kl. hatte im Klageverfahren vorgetragen, in den Jahren der noch verbleibenden Nutzung würden erhöhte Absetzungen wegfallen, die Zinsbelastungen würden sich reduzieren und ebenfalls wegfallen, und nach Ablauf der Mietpreisbindung seien ab 1. 1. 1991 deutliche Mietsteigerungen zu erwarten. Aus diesem Vorbringen ergibt sich, daß beabsichtigt war, die Wohnung langfristig zu vermieten und nach Ablauf der Mietpreisbindung die Miete zu erhöhen. Da besondere Umstände, die einen Anscheinsbeweis oder Beweisanzeichen gegen die Überschußerzielungsabsicht begründen könnten (vgl. oben 2. d) nicht gegeben sind, ist aufgrund der beabsichtigten langfristigen Vermietung von einer bestehenden Einkünfteerzielungsabsicht des Kl. auszugehen. Eine abweichende Beurteilung des Streitfalles folgt nicht daraus, daß die Wohnung an die Schwiegermutter des Kl. vermietet war, zumal diese bei Abschluß des Mietvertrags bereits 84 Jahre alt war. Im übrigen hätte das FG jedenfalls berücksichtigen müssen, daß die Werbungskostenüberschüsse zum Teil durch die öffentliche Mietpreisbindung verursacht worden waren.
4. Da die Vorentscheidung auf einer abweichenden Rechtsauffassung beruht, ist sie aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Zwar ermöglichen die Feststellungen des FG den Schluß, daß im Streitfall von einer Überschußerzielungsabsicht des Kl. auszugehen ist. Die Feststellungen reichen aber nicht aus, um zu prüfen, ob dem Kl. die geltend gemachte AfA für die mitvermieteten Gegenstände zustehen. Dies hängt zunächst davon ab, ob es sich bei diesen Gegenständen um selbständige Wirtschaftsgüter oder um unselbständige Gebäudebestandteile handelt (vgl. Senatsurt. v. 29. 8. 1989, IX R 176/84, BFHE 159, 303, BStBl II 1990, 430), deren Kaufpreis zu den Anschaffungskosten des Gebäudes gehört. Falls das FG mitvermietete Gegenstände als selbständige Wirtschaftsgüter beurteilt, wird es zu prüfen haben, ob der Kl. für die geltend gemachte AfA von einer der Höhe nach zutreffenden Bemessungsgrundlage ausgegangen ist.
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