Erlösmindernder Makleranspruch der die Zwangsversteigerung betreibenden Bank bei freihändigem Verkauf

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

24. 06. 1997


Aktenzeichen

XI ZR 178/96


Leitsatz des Gerichts

Betreibt eine Bank die Zwangsversteigerung eines Grundstücks aus einem ihr zustehenden Grundpfandrecht, macht sie sich wegen positiver Verletzung des Sicherungsvertrags gegenüber dem Schuldner schadensersatzpflichtig, wenn sie im Falle eines freihändigen Verkaufs den Kaufpreis durch die Vereinbarung einer Maklerprovision mit dem Käufer mindert.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kl. begehrt von der bekl. Bank Schadensersatz wegen positiver Verletzung eines Sicherungsvertrags über eine Grundschuld. Die Bekl. hatte dem Kl. einen Kredit gewährt, der durch eine Grundschuld gesichert war. Da er seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkam, beantragte sie Anfang Juni 1990 die Anordnung der Zwangsversteigerung. Der Kl. bemühte sich um Käufer für das Grundstück. Das Grundstück wurde schließlich wenige Stunden vor dem auf den 4. 7. 1991, 14.30 Uhr, angesetzten Versteigerungstermin an die Eheleute S, denen das Grundstück von der Bekl. nachgewiesen worden war, für 1,1 Mio. DM verkauft. Der Kl. behauptet, bereits Anfang Juni 1991 habe er der Bekl. den Zeugen B als Kaufinteressenten genannt. Dieser sei bereit gewesen, für den lastenfreien Erwerb des Grundstücks 1,5 Mio. DM zu zahlen. B habe den Kaufpreis über die W-Volksbank finanzieren wollen. Ein von dieser bestätigter Scheck über 1,5 Mio. DM habe noch am Versteigerungstag überreicht werden können. Die Bekl. sei daran jedoch nicht interessiert gewesen, weil sie durch Vermittlung eines von ihr präsentierten Käufers eine Provision habe verdienen wollen, die den Kaufpreis zu Lasten des Kl. vermindert habe. Deshalb habe die Bekl. ihn am Versteigerungstag um 11.00 Uhr anrufen lassen und zur Beurkundung eines Kaufvertrages mit den Eheleuten S zum Notar bestellt. Die Käufer seien bereit gewesen, 1,2 Mio. DM zu bezahlen. Nachdem der Notar die entsprechend vorbereitete Urkunde verlesen habe, habe die Bekl. von den Käufern überraschend eine Provision gefordert und mit der Fortsetzung der Zwangsversteigerung gedroht, falls nicht der Kaufvertrag zu ihren Bedingungen geschlossen werde. Wegen der Provisionsforderung hätten die Käufer, die schließlich an die Bekl. 63250 DM gezahlt hätten, nur noch einen Kaufpreis von 1,1 Mio. DM akzeptiert. Dem habe er notgedrungen zugestimmt, um bei der Versteigerung nicht einen noch größeren Nachteil zu erleiden. Der Kl. hat seine Teilklage über 100000 DM in erster Linie auf seinen Vortrag zu den Umständen beim Zustandekommen des Kaufvertrags, hilfsweise auf die Ablehnung des von ihm benannten Kaufinteressenten durch die Bekl. gestützt.

Das LG hat die Klage abgewiesen; die Berufung des Kl. hatte keinen Erfolg. Die Revision hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das OLG.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

I. Das BerGer. hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Die Bekl. habe gegenüber dem Kl. keine Pflichten verletzt; wegen des Risikos eines unter dem Verkehrswert liegenden Versteigerungserlöses dürfe eine Bank zwar den freihändigen Verkauf eines zu ihren Gunsten belasteten Grundstücks nicht verhindern, wenn der Erlös zur Befriedigung ausreiche; sie sei jedoch nicht verpflichtet, Kaufinteressenten zu suchen und brauche deshalb auf den - mit derartigen Bemühungen üblicherweise verbundenen - Maklerlohn für einen von ihr geförderten Verkauf nicht zu verzichten, selbst wenn sie dem Käufer den Kaufpreis finanziere und dieser zu Ablösung ihrer Grundpfandrechte diene. Weder das Verlangen von Maklerlohn unter den vom Kl. behaupteten Umständen noch die Tatsache, daß die Bekl. den angeblich möglichen Verkauf an den Zeugen B nicht gefördert habe, könne Ersatzansprüche gegen sie begründen.

II. Diese Begründung hält rechtlicher Überprüfung in den entscheidungserheblichen Punkten nicht stand. Das BerGer. irrt in der Annahme, die Bekl. habe ihre Pflichten gegenüber dem Kl. beim freihändigen Verkauf des Grundstücks auch dann nicht verletzt, wenn der Vortrag des Kl. zu den Umständen dieses Verkaufs zuträfe, und hat infolgedessen zu Unrecht eine Beweisaufnahme unterlassen.

1. Eine Bank, die die Verwertung eines zu ihren Gunsten belasteten Grundstücks betreibt, hat die berechtigten Belange des Sicherungsgebers in angemessener und zumutbarer Weise zu berücksichtigen, soweit nicht ihre Sicherungsinteressen entgegenstehen (vgl. BGH, NJW 1997, 1063 (1064) = LM H. 4/1997 § 276 (Cc ) BGB Nr. 41 m.w. Nachw.). Dieser sich aus dem Sicherungsvertrag ergebenden Pflicht entspricht die Regelung in Nr. 20 I 1 AGB-Banken a.F., die zwischen den Parteien vereinbart worden sind. Danach hat die Verwertung unter tunlichster Rücksichtnahme auf den Kunden zu erfolgen, d.h. die Bank hat dessen Interessen, soweit diese nicht ihren Sicherungsinteressen zuwiderlaufen, zu wahren. Sie muß deshalb auch für den Fall, daß die Verwertung der Sicherheit einen Erlös verspricht, der über dem Betrag der gesicherten Ansprüche liegt, bestrebt sein, das bestmögliche Verwertungsergebnis im Interesse ihres Kunden zu erzielen (vgl. Ganter, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb. II, 1997, § 90 Rdnr. 432). Wird ihr vom Kunden eine günstige Verkaufsmöglichkeit nachgewiesen, hat sie durch ihre Mitwirkung eine solche Verwertung zu fördern. Findet sie selbst einen Käufer, der bereit ist, das Grundstück zu einem höheren Preis als den von ihr erwarteten Zwangsversteigerungserlös zu erwerben, darf sie die Gelegenheit nicht dazu benutzen, einen Teil des Betrags, den der Erwerber insgesamt zu zahlen bereit ist, ohne Anrechnung auf die gesicherte Schuld als Entgelt für ihre eigenen Verwertungsbemühungen zu vereinnahmen.

Wegen der institutionell bedingten Interessenkollision (vgl. BGH, NJW 1987, 1008 = LM § 652 BGB Nr. 105), in die eine die Zwangsversteigerung aus einem Grundpfandrecht betreibende Bank notwendig kommt, ist es rechtlich ausgeschlossen, daß ihr ein Prosivionsanspruch wegen Vermittlung eines freihändigen Verkaufs des Grundstücks gegen ihren Schuldner oder einen Dritten zusteht (vgl. dazu Zopfs, Das MaklerR in der neueren höchstrichterlichen Rspr., 3. Aufl., Rdnr. 47 a.E.; ferner Glaser/Warncke, Das MaklerR in der Praxis, 7. Aufl., S. 479). Betreibt die Bank die Zwangsversteigerung, kann sie nicht gleichzeitig ihre Verpflichtung aus dem Sicherungsvertrag, tunlichst die Belange ihres Schuldners an einem möglichst günstigen Verkauf zu berücksichtigen, die Interessen dessen, für den sie vermittelnd tätig wird, an einem möglichst niedrigen Kaufpreis ihres Schuldners notwendig mindernden Maklerprovision wahrnehmen, gleichgültig, ob sie die Provision von ihrem Schuldner, oder - wie vorliegend - von dem Erwerber verlangt. Diese notwendig auftretende Interessenkollision, die auch Grundlage der Rechtsprechung zur sog. unechten Verflechtung ist (vgl. BGH, NJW 1992, 2818 (2819) = LM H. 9/1992 § 652 BGB Nr. 129 m.w. Nachw.; Zopfs, Rdnrn. 45ff.), hindert das Entstehen eines Makleranspruchs der Bank (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1992, 1266; ; LG Berlin, NJW-RR 1990, 1272)..

2. Gegen diese Grundsätze hat die Bekl. in schwerwiegender Weise verstoßen.

a) Folgt man dem Vortrag des Kl., hat die Bekl. kurz vor dem auf den 4. 7. 1991, 14.30 Uhr, angesetzten Versteigerungstermin den Kl. um 11.00 Uhr zum Notar bestellt und ihm dort Käufer präsentiert, die zunächst bereit waren, einen Kaufpreis von 1,2 Mio. DM zu zahlen. Dieser Kaufpreis war in die notarielle Urkunde aufgenommen, und die Urkunde wurde mit diesem Inhalt verlesen. In dieser Situation überraschte die Bekl. die Kaufvertragsparteien mit ihrem Verlangen nach Provision, ohne die sie nach ihrer Erklärung die Zwangsversteigerung fortsetzen wollte. Da die Provision zu Lasten der Käufer gehen sollte, waren diese zum Kauf nur noch bei Senkung des Kaufpreises bereit. Dem Kl. blieb nichts anderes übrig, als den um 100000 DM ermäßigten Kaufpreis zu akzeptieren, wollte er nicht Gefahr laufen, bei der unmittelbar bevorstehenden Zwangsversteigerung deutlich weniger zu bekommen.

Damit hat die Bekl. über ihr Sicherungsinteresse hinaus einen finanziellen Vorteil, auf den sie keinen Anspruch hatte, verfolgt, bei dem freihändigen Verkauf unter schuldhafter Verletzung des Sicherungsvertrags auf die Belange des Kl. keine Rücksicht genommen und dadurch dem Kl. Schaden zugefügt. Sie hat sich daher nach den Grundsätzen der positiven Forderungsverletzung ersatzpflichtig gemacht. Der Kl. begehrt die Zahlung der Differenz zwischen dem Kaufpreis, den die Käufer ursprünglich zu zahlen bereit waren, und dem infolge des Provisionsverlangens der Bekl. verminderten endgültigen Kaufpreis. Daß die Bekl. als Provision nur 63250 DM erhalten hat und 36750 DM den Käufern wirtschaftlich zugute gekommen sind, beeinflußt die Höhe des von der Bekl. verursachten Schadens nach dem vom Kl. vorgetragenen Sachverhalt nicht.

b) Sollte sich dieser Sachverhalt aufgrund einer Beweisaufnahme nicht feststellen lassen, vielmehr davon auszugehen sein, daß den Käufern die Provisionsforderung der Bekl. bekannt war und sie im Notartermin von Anfang an deshalb nur 1,1 Mio. DM als Kaufpreis zahlen wollten, besteht der Schaden des Kl. jedenfalls in Höhe von 63250 DM. Um diesen Betrag nämlich ist die Summe, welche die Käufer insgesamt zu zahlen bereit waren, durch das den Sicherungsvertrag schuldhaft verletzende Provisionsverlangen der Bekl. vermindert worden.

3. Der Hilfsvortrag des Kl. kann dagegen nicht zum Erfolg führen. Wenn der Kl. auch bereits Anfang Juni 1991 der Bekl. einen Käufer benannt und erklärt hat, dieser sei bereit, 1,5 Mio. DM zu zahlen, der Kaufpreis werde über die W-Volksbank finanziert, bestand gleichwohl keine Verpflichtung der Bekl., an den benannten Interessenten heranzutreten oder durch Rückfrage bei der genannten Bank dessen Bonität zu überprüfen. Es war vielmehr Sache des Kl., mit dem Interessenten die Verhandlungen zu führen, einen Kaufvertrag mit gesicherter Finanzierung abschlußreif vorzubereiten und dann die Bekl. zur Mitwirkung an diesem Vertrag aufzufordern. Auf die bloße Benennung eines Interessenten und die Ankündigung am Versteigerungstag, dieser werde einen bankbestätigten Scheck über 1,5 Mio. DM beibringen, brauchte die Bekl. sich nicht einzulassen.

Rechtsgebiete

Bank-, Finanz- und Kapitalanlagerecht; Maklerrecht

Normen

BGB §§ 276, 652, 1191