Degressive Abschreibung - Dachgeschoßausbau
Gericht
BFH
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
07. 07. 1998
Aktenzeichen
IX R 16/96
Degressive AfA gem. § 7 V , Va EStG kann nicht für neu geschaffene Wohnungen gewährt werden, die in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit einer bereits vorhandenen Wohnung stehen.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Kl. - eine Erbengemeinschaft - errichteten in den Jahren 1972/73 ein Gebäude, auf dessen Herstellungskosten sie degressive Absetzungen für Abnutzungen (AfA) nach § 7 V EStG1971 vornahmen. Das Gebäude war bis Februar 1989 ausschließlich zu fremden betrieblichen Zwecken vermietet. Ab März 1989 und auch im Streitjahr 1992 vermieteten die Kl. eine - zuvor als Büro genutzte -Wohnung im dritten Obergeschoß zu Wohnzwecken. In den Jahren 1991/92 ließen sie das bis dahin leerstehende Dachgeschoß mit Baukosten in Höhe von insgesamt 451013 DM zu drei Wohnungen (Nutzfläche zusammen 182,08 m²) sowie einem Büro (Nutzfläche46,75 m²) ausbauen und vermieteten die neu geschaffenen Wohnungen zu Wohnzwecken. Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Streitjahrs machten die Kl. - wie im Vorjahr - degressive AfA nach § 7 V EStG 1990 in Höhe von 5% der Kosten für den Dachgeschoßausbau geltend. Das bekl. Finanzamt rechnetediese Aufwendungen als nachträgliche Herstellungskosten den Herstellungskosten des zu fremden Wohnzwecken vermieteten Gebäudeteils (Wohnung im dritten Obergeschoß) zu und ließ lediglich AfA in Höhe von 2% nach § 7 V 1 EStG 1971 zum Abzug zu.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage, mit der die Kl. nurnoch AfA nach § 7 V EStG 1990 von den Herstellungskosten der drei Dachgeschoßwohnungen (358826 DM) beanspruchten, wies das FG durch sein in EFG 1996, 692, veröffentlichtes Urteil ab. Mit ihrer Revision rügten die Kl. die Verletzung materiellen Rechts. Die Revision hatte keinen Erfolg.
Auszüge aus den Gründen:
Das FG hat zu Recht das Vorliegen derVoraussetzungen des § 7 V , Va EStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung verneint.
a) Degressive AfA nach § 7 V , Va EStG können - was im Streitfall allein in Betracht kommt - u.a. für neue hergestellteGebäudeteile in Anspruch genommen werden, wenn diese selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind. Der Senat kann - wie die Vorinstanz - offen lassen, ob durch den Ausbau des Dachgeschoßes ein Neubau i.S. von § 7 V , Va EStG (vgl.dazu BFHE 168, 109 = BStBl II 1992, 808 = NJW 1993, 1287; BFH, BFH/NV 1994, 705) entstanden ist; die Kl. haben jedenfalls mit dem Dachgeschoßausbau kein selbständiges unbewegliches Wirtschaftsgut hergestellt.
b) Bevor Abs. 5a durch das Gesetz zur Steuerentlastung und Investitionsförderung vom 4. 11. 1977 (BGBl I 1977, 1965 =BStBl I 1977, 495) in § 7 EStG eingefügt wurde, galt diese Vorschrift ihrem Wortlaut nach nur für Gebäude, nicht aber für Gebäudeteile. Der BFH hat jedoch in ständiger Rechtsprechung (seit dem Beschl. d. Großen Senats, BFHE 111, 242 =BStBl II 1974, 132 [unter C II 2]) den Begriff „Gebäude„ - für das Betriebs- und das Privatvermögen - dahin ausgelegt, daß er auch selbständige Wirtschaftsgüter bildende Gebäudeteileumfaßt und diese damit besonderen AfA-Grundsätzen unterliegen können. Als solche selbständige Wirtschaftsgüter sind Gebäudeteile anzusehen, die in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen stehen (z.B. BFH (GS), BFHE 111, 242 = BStBl II 1974, 132 [unter C II 3]; BFHE 176, 267 =BStBl II 1995, 281 = NJW 1995, 1311 [unter C II]; vgl. dazu auch Blümich/Brandis, EStG/KStG/GewStG, § 7 EStG Rdnrn. 462f.). Der in § 7 Va EStG enthaltene Begriff „Gebäudeteile, die selbständige unbewegliche Wirtschaftsgütersind„ knüpft an diese vom BFH entwickelten Rechtsgrundsätze an. Der Gesetzgeber hat diese Rechtsprechung in § 7 IV und V EStG durch die unterschiedlichen Abschreibungssätze für Wirtschaftsgebäudeteile einerseits und Wohngebäudeteile andererseits sowie durch den neu eingefügten § 7 Va EStG bestätigt (BFHE 176, 267 = BStBl 1995, 281 = NJW 1995, 1311[unter C II]; vgl. auch BT-Dr 8/900, S. 10). Ein gemischtgenutztes Gebäude ist danach anhand der unterschiedlichen Nutzungsarten zu beurteilen; es ist höchstens in vier eigenständige Wirtschaftsgüter (eigen- oder fremdbetrieblichen Zwecken sowie eigenen oder fremden Wohnzwecken dienende Gebäudeteile) aufzuteilen (vgl. BFHE 111, 242 = BStBl II 1974, 132 [unter C II 3d]). Eine weitere Unterscheidung innerhalbdes jeweils maßgebenden Nutzungs- und Funktionszusammenhangs ist nicht vorzunehmen (BFHE 176, 93 = BStBl II 1995, 72 = DStR 1995, 52 [zu § 4b InvZulG]; vgl. auch Blümich/Schreiber, § 5 EStG Rdnrn. 426f. m.w. Nachw.).
c) Von diesen Rechtsgrundsätzen ist die Vorinstanz ausgegangen. Nach ihren mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit fürden Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen (vgl. § 118 II FGO) nutzten die Kl. das Gebäude im Zeitpunkt des Dachgeschoßausbaus teils zu fremdbetrieblichen Zwecken (Ladengeschäft, Praxis- und Büroräume) und teils zu fremden Wohnzwecken (vermietete Wohnungim dritten Obergeschoß). Das FG hat deshalb zutreffend die Aufwendungen für die neu geschaffenen Wohnungen im Dachgeschoß als nachträgliche Herstellungskosten des selbständigen Wirtschaftsguts „fremden Wohnzwecken dienender Gebäudeteil„ beurteilt (hinsichtl.d. Rechtsgrundsätze ebenso z.B. Schmidt/Drenseck, EStG, 17. Aufl., § 7 Rdnr. 170; Stuhrmann, DStR 1996, 1193; Erl. d. BMF v. 10. 7. 1996 - IV B 3 - S 1988 - 80/96, BStBl I 1996, 689 Tz. 1, 7; grundsätzlich abl. z.B. Blümich/Brandis, § 7 EStG Rdnr. 488).
d) Zur Inanspruchnahme von AfA nach § 7 V , Va EStGreicht es nicht aus, daß - wie die Kl. mit der Revision geltend machen - durch den Ausbau des Dachgeschoßes neuer Wohnraum geschaffen wurde. Unerheblich ist es auch, ob - wie die Kl. vortragen - die Dachgeschoßwohnungen mit 70%-Anteildem selbständigen Wirtschaftsgut „fremden Wohnzwecken dienender Gebäudeteil„ das Gepräge geben. Entscheidend ist, ob der Gebäudeteil - sofern er als selbständiges Wirtschaftsgutzu beurteilen ist - in bautechnischer Hinsicht neu ist; eine lediglich zur Nutzungs- und Funktionsänderung führende bauliche Umgestaltung des vorhandenen Gebäudes ohne Beeinträchtigung seiner wesentlichen Substanz berechtigt nicht zur Inanspruchnahme der degressiven AfA (vgl. BFHE 168, 109 = BStBl II 1992, 808 = NJW 1993, 1287; BFH, BFH/NV 1994,705, jew. m.w. Nachw.).
Im Streitfall ergeben sich weder aus den Feststellungen des FG, noch aus dem Vorbringen der Kl. irgendwelche Anhaltspunkte dafür, daß die neu geschaffenen Mietwohnungen im Dachgeschoß zusammen mit der bereits bestehenden, vermieteten Wohnung im drittenObergeschoß als ein in bautechnischer Hinsicht neues selbständiges Wirtschaftsgut zu beurteilen sein könnten.
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