Nichtabziehbarkeit privat veranlaßter Schuldzinsen
Gericht
BFH
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
29. 07. 1998
Aktenzeichen
X R 105/92
Der Gesetzgeber ist aufgrund Verfassungsrechts nicht verpflichtet, die Abziehbarkeit privat veranlaßter Schuldzinsen im Rahmen der Einkommensteuer wiedereinzuführen.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Kl. sind Eheleute und wurden für die Streitjahre 1989 und 1990 zur Einkommensteuer nach ihren Erklärungen zusammenveranlagt. Mit Einsprüchen gegen die Steuerbescheide beantragten sie, privat veranlaßte Schuldzinsen (im folgenden: privateSchuldzinsen) in Höhe von 907,49 DM (1989) und 1410,59 DM (1990) bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens zu berücksichtigen. Mit Einspruch und Klage trugen sie unter Bezugnahme auf Äußerungen im Schrifttum (Drenseck, DB 1991, 416; Kempermann, DB 1991, 669) vor: Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften sei es möglich, durch die Aufteilung ihres betrieblichen Bankkontos private Bankschulden zu Lasten ihres Betriebsvermögens zu tilgen, so daß an die Stelle nicht abziehbarer privater Schuldzinsen betriebliche träten. Steuerpflichtige mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit hätten demgegenüber keine solche Gestaltungsmöglichkeit. Dies verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 I GG.
Das FG hat die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage unter Hinweis auf den Beschluß des BVerfG vom 13. 3. 1979 (BVerfGE 50, 386 = BStBl II 1979, 322 = NJW 1979, 1399) abgewiesen. Aus dem Beschluß des Großen Senats des BFH vom 4. 7. 1990 (BFHE 161, 290 = BStBl II 1990, 817) ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, mit denen sich das BVerfG nicht bereits befaßt habe. Die Revision der Kl. hatte keinen Erfolg.
Auszüge aus den Gründen:
Zu Recht hat das FG den begehrten Abzug abgelehnt, weil es hierfür keine Rechtsgrundlage gibt. Dem Revisionsbegehren auf Wiedereinführung des gesetzlichen Schuldzinsen könnte der BFH nur durch Vorlage der Rechtsfrage an das BVerfG Rechnung tragen; die Voraussetzungen hierfür sind jedoch nicht erfüllt.
1. Mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1974 ist durch das Steueränderungsgesetz 1973 vom 26. 6. 1973 (BGBl I 1973, 676 = BStBl I 1973, 545) der früher zulässigeSonderausgabenabzug für private Schuldzinsen entfallen. An diese rechtspolitische Entscheidung sind die Gerichte - vorbehaltlich einer Prüfung am Maßstab des Verfassungsrechts - gebunden. Sie haben diese Entscheidung, soweit ihr nicht abweichende Regelungen entgegenstehen, bei der Rechtsanwendung folgerichtig zu beachten und Wertungswidersprüche zu vermeiden (BFHE 161, 290 [GS] = BStBl II 1990, 817 unter C II 1).
Die durch die Gesetzesänderung geschaffene Rechtslage ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat sieht im Streitfall keine Möglichkeit einer Vorlage des Rechtsstreits an das BVerfG mit dem Ziel, die Kl. an einer etwaigen, dem Gleichheitssatz - besser - Rechnung tragenden gesetzlichen Regelung teilhaben zu lassen.
2. Die Kl. bringen vor, das geltende Recht widerspreche dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 I GG. Ihre verfassungsrechtlichen Bedenken rühren her aus einem Vergleich ihrer eigenen steuerrechtlichen Situation mit derjenigen solcher Steuerpflichtiger, die mittels einer sogenannten Kontentrennung einen privaten Kreditbedarf in den betrieblichen-beruflichen Bereich verlagern können.
a) Als Betriebsausgaben abziehbar sind Schuldzinsen, die i.S. des § 4 IV EStG betrieblich veranlaßt sind, weil sie für eine Verbindlichkeit geleistet werden, die durch den Betrieb veranlaßt ist und deshalb zum Betriebsvermögen gehört. Entsprechendes gilt für den Werbungskostenabzug nach § 9 I 3 Nr. 1 EStG. Hinsichtlich der steuerrechtlichen Beurteilung von Schuldzinsen hat der Große Senat des BFH in seinem Beschluß vom 8. 12. 1997 (BFHE 184, 7 = BStBl II 1998, 193 = NJW 1998, 1174 L) entschieden, daß die Abziehbarkeit allein von der erwerbssichernden Verwendung des Darlehensbetrags abhängt; darüber hinaus ist eine weitere wertende Betrachtung nicht vorzunehmen. Unerheblich ist daher, weshalb der Steuerpflichtige etwa vorhandene eigene Mittel nicht zur Bestreitung der betrieblichen Aufwendungen einsetzt, ob also für die Kreditaufnahme neben der Absicht, einebetriebliche Ausgabe zu finanzieren, weitere private Überlegungen mitursächlich waren. Die betriebliche Veranlassung von Schuldzinsen wird grundsätzlich nicht dadurch in Frage gestellt, daß der betriebliche Fremdmittelbedarf auf Entnahmen zurückgeht. Leitet der Steuerpflichtige betriebliche Einnahmen planmäßig auf ein gesondertesKonto, um von diesem Ausgaben für private Investitionen zu bestreiten, und werden die betrieblichen Aufwendungen ausschließlich von einem getrennten Kontokorrentkonto beglichen, so sind die für dieses Kontokorrentkonto entstehenden Schuldzinsen als Betriebsausgabenabziehbar (sog. Zwei- oder Mehrkontenmodell). Hiernach ist der Steuerpflichtige berechtigt, z.B. die Kasseneinnahmen auf ein Konto einzuzahlen, das nur privaten Auszahlungen dient; dies berührt die betriebliche Veranlassung des durch private Auszahlungen ausgelöstenMittelbedarfs nicht; betriebliche Auszahlungen von einem dem betrieblichen Zahlungsverkehr gewidmeten Konto und die damit einhergehende Erhöhung des Schuldsaldos sind ungeachtet der Tatsache, daß der Finanzierungsbedarf auch durch Barentnahmen ausgelöst worden ist, ausschließlich betrieblich veranlaßt. Diese Möglichkeit der Kontentrennung führt grundsätzlich nicht zu einer mißbräuchlichen Umgehung des § 4 IV EStG (BFHE 184, 7 [GS] = BStBl II 1998, 193, unter B I 3, 4 = NJW 1998, 1174 L).
b) Die aufgezeigte kontenmäßige Darstellung von Zuordnungsentscheidungen ermöglicht es Steuerpflichtigen mit hohem Aufwandsvolumen, im sachlichen Zusammenhang mit privaten Investitionen binnen kurzer Zeit einen betrieblichen Schuldsaldo aufzubauen und privaten Kreditbedarf in die betriebliche Sphäre zu verlagern. Diese Möglichkeit ist, worauf die Kl. zutreffend hinweisen, Steuerpflichtigen mit geringem erwerbssichernden Aufwand - insbesondere Steuerpflichtigen mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit - zumeistverschlossen.
3. Der aufgezeigte Gegensatz ist seit langem Anlaß zu Erörterungen darüber, ob die faktische Benachteiligung vor allem von Arbeitnehmern mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 I GG vereinbar ist.
a) Das BVerfG hat mit dem Beschluß in BVerfGE 50, 386 = BStBl II 1979, 322 = NJW 1979, 1399, die Beseitigung des allgemeinen Schuldzinsenabzugs für verfassungsgemäß erklärt. Die unterschiedliche Behandlung „betrieblicher“ und „privater“ Schuldzinsen sei durch wirtschafts- und arbeitspolitische Gründe sachlich gerechtfertigt. „Unrechtmäßigen Steuervorteilen“ sei durch eine entsprechendeHandhabung der steuerrechtlichen und strafrechtlichen Bestimmungen zu begegnen. Im Beschluß vom 13. 6. 1988 (HFR 1989, 316) hat das BVerfG an die Entscheidung vom 13. 3. 1979 angeknüpft und dabei ausdrücklich offen gelassen, „ob die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung . . . eröffnete Möglichkeit der Umschuldung von Privat- in Betriebsschulden und die zugelassene Abwicklung privater, grundsätzlich nicht abzugsfähiger Lebenshaltungskosten . . . mit der Folge einer unverminderten Abzugsfähigkeit der Zinsen aus einem erhöhten Schuldenstand diesem verfassungsrechtlichen Petitum stets hinreichend genügt“.
b) Der Große Senat des BFH hat in seiner Entscheidung in BFHE 161, 290 = BStBl II 1990, 817, ausgeführt, der vom Gesetzgeber vorgegebene Auftrag, Wertungswidersprüche zu vermeiden, erhaltedurch verfassungsrechtliche Erwägungen besonderes Gewicht. Hieran anknüpfend hat der erkennende Senat in seinem Vorlagebeschluß vom 19. 7. 1995 (BFHE 178, 405 = BStBl II 1995, 882 = NJW 1996, 544) bemerkt: Könne ein Betriebsausgabenabzug von Schuldzinsen „durch die Hintertür“ nicht durch Auslegung verhindert werden, müsse im Sinne der Entscheidung des BVerfG nochmals die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der grundsätzlichen Nichtabziehbarkeit privaterSchuldzinsen gestellt werden.
c) Der Große Senat hat in seinem Beschluß in BFHE 184, 7 = BStBl II 1998, 193 = NJW 1998, 1174 L, entschieden, die Kontentrennung sei verfassungsrechtlich unbedenklich und führe nicht zu einem Verstoß gegen Art. 3 GG. Die aufgezeigten Rechtsfolgen ergäben sich, so der Große Senat, zwingend aus dem Grundsatz, daß der Steuerpflichtige in seiner Entscheidung frei sei, ob er zur Erzielung von steuerpflichtigen Einkünften Eigen- oder Fremdkapital einsetze. Die Kontentrennung stehe Steuerpflichtigen nicht nur im Rahmen der Gewinneinkünfte, sondern auch im Rahmen der Überschußeinkünfte zur Verfügung. Daß ihr Anwendungsumfang bei den Überschußeinkünften, insbesondere bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, geringer sei als bei den Gewinneinkünften, beruhe auf den unterschiedlichen tatsächlichen Verhältnissen.
Der Große Senat hat im Ergebnis die vom BVerfG vorausgesetzte Möglichkeit „unrechtmäßiger Vorteile“ verneint.
d) Auch nach Ergehen des Beschlusses in BFHE 184, 7 = BStBl II 1998, 193 = NJW 1998, 1147 L, ist selbst bei Befürwortern dieser Entscheidung „ein deutliches Unbehagen“ verblieben: Steuerpflichtige, die Einkünfte ausschließlich aus nichtselbständiger Arbeit beziehen, hätten praktisch kaum je die Möglichkeit, durch ein Mehrkontenmodell im Zusammenhang etwa mit dem Bau oder Erwerb ihresEinfamilienhauses entstehende private Schuldzinsen zu vermeiden und statt dessen berufliche Ausgaben fremdzufinanzieren (z.B. Seer, FR 1998, 152).
4. Der erkennende Senat läßt dahingestellt, ob er hinsichtlich einer verfassungsrechtlichen Prüfung am Maßstab des Art. 3 I GG an die Entscheidung des Großen Senats in BFHE 184, 7 = BStBl II 1998, 193 = NJW 1998, 1174 L, gebunden ist. Zweifel hieran erschließen sich aus der Erwägung, daß die in § 11 VII 3 FGO angeordnete Bindung des erkennenden Senats an die Entscheidung des Großen Senats nur für das Ausgangsverfahren gilt („in der vorliegenden Sache“) und für andere Verfahren eine mittelbare Bindung dadurch eintritt, daß bei einer Abweichung der Große Senat wegen der beabsichtigten Divergenz angerufen werden muß (vgl. Sunder-Plassmann, in: Hübschmann-Hepp-Spitaler, AO - FGO, § 11 FGO Rdnrn. 128f.). Eine Abweichung in einer Rechtsfrage i.S. des § 11 VII 3 FGO besteht hingegen dann nicht, wenn ein Gericht die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes verneint; dann muß dieses Gericht nach Art. 100 GG das BVerfG anrufen (BVerfGE 6, 222 = NJW 1957, 625; BFHE 98, 386 = BStBl II 1970, 408).
Jedenfalls wäre im Streitfall eine Richtervorlage nach Art. 100 GG unzulässig.
a) Für die Entscheidung des Streitfalls kommt es nach der Rechtsprechung des BVerfG (vgl. BVerfGE 84, 233 = BStBl II 1991, 652 = NJW 1991, 2133) auf die Verfassungsmäßigkeit der Nichtabziehbarkeit privater Schuldzinsen nur dann an, wenn diese Rechtslage mit dem Grundgesetz in dem Sinne unvereinbar wäre, daß dem Gesetzgeber eine Heilung des Gleichheitsverstoßes durch Einbeziehung des Klägers in die Begünstigung möglich wäre. Einer Vorlage an das BVerfG (Art. 100 GG) steht es andererseits entgegen, wenn die geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht entscheidungserheblich sind. Nach der Rechtsprechung des BVerfG kommt es auf die vorgelegte Norm für die Endentscheidung nur an, wenn das Prozeßgericht für den Fall der Gültigkeit der Norm im Ergebnis anders entscheiden würde als für den Fall ihrer Ungültigkeit (BVerfGE 15, 121 [125]; BVerfGE 66, 100 [105] = NJW 1984, 1675; BVerfGE 67, 239 [243f.] = NVwZ 1985, 481; BFHE 165, 172 = BStBl II 1991, 885 = NJW 1992, 1719 unter II 3a). Daran fehlt es hier. Den Kl. könnte selbst bei Nichtigkeit der von ihnen beanstandeten Rechtslage das, was ihnen das Gesetz nicht gewährt, nicht zugestanden werden. Es gibt keinen verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt, der den Gesetzgeber zwingen würde, einen allgemeinen Schuldzinsenabzug insbesondere für private Konsumenten- und-oder Investitionskredite einzuführen.
b) Eine generelle Versagung des Abzugs von Schuldzinsen als Betriebsausgaben-Werbungskosten kommt im Hinblick auf das objektive Nettoprinzip (vgl. hierzu BFHE 176, 267 [GS] = BStBl II 1995, 281 = NJW 1995, 1311 unter C III) nicht in Betracht. Dieses Prinzip ist, wie der Große Senat des BFH im Beschluß vom 21. 11. 1983 (BFHE 140, 50 [58f.] = BStBl II 1984, 160 = NJW 1984, 1054 unter C I 2b bb [3]) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BVerfG ausgeführt hat, Ausfluß der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und in der Steuerrechtsliteratur als grundlegendes Ordnungsprinzip des Einkommensteuerrechts anerkannt (vgl. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, II, 1993, S. 591f. m.w. Nachw.). Es wird im Einkommensteuerrecht in § 2 II EStG dadurch verwirklicht, daß bei den Überschußeinkünften ebenso wie bei Gewinneinkünften nur der Saldo zwischen Einnahmen und Ausgaben der Einkommensteuer unterliegt. Es wäre abwegig und entspräche auch nicht dem Ziel der Kl., eine generelle Nichtberücksichtigung von erwerbssicherndem Finanzierungsaufwand in Frage zu stellen.
c) Vielmehr bezwecken die Kl., private Schuldzinsen hinsichtlich der steuerlichen Abziehbarkeit dem erwerbssichernden Aufwand gleichzustellen. Aber auch dieses Ziel können die Kl. nicht erreichen.
aa) Der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit gebietet keinen allgemeinen Abzug privater Schuldzinsen. Einen dem objektiven Nettoprinzip entsprechenden Grundsatz, der die Abziehbarkeit aller privaten Schuldzinsen geböte, gibt es nicht.
Der RFH hat in seinem Urteil vom 11. 7. 1928 (RStBl 1928, 312) ausgeführt, daß „eine verzinsliche Schuld eine Quelle eintretenderVermögensminderung“ sei und daß sie die Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen „genau in der entgegengesetzten Weise berühre“ wie das Vorhandensein von ertragbringendem (Aktiv-)Vermögen (vgl. ferner RFH, RStBl 1937, 1167; E. Becker, Die Grundlage der Einkommensteuer, 1940, S. 336). Demgegenüber hat der Gesetzgeber des Steueränderungsgesetzes 1973 einen allgemeinen Schuldzinsenabzug als „nicht mehr gerechtfertigt“ angesehen; sofern derartige Schuldzinsen für die Finanzierung von als außergewöhnliche Belastung abziehbaren Aufwendungen gezahlt würden, sollten sie nach § 33 I EStG abziehbar sein (BT-Dr 7-419, S. 16; vgl. ferner Bericht der Einkommensteuerkommission, 1964, S. 141; Steuerreformkommission 1971, Schriftenreihe des BMF, H. 17, 1971, Rdnrn. 428ff.). Dies ist oft kritisiert worden (vgl. Nolde, in: Herrmann-Heuer-Raupach, EStG und KStG, § 10 EStG Rdnr. 25 m.w. Nachw.). Ungeachtet dessen hat der Gesetzgeber seinen Standpunkt anläßlich der Einführung des § 10e VIa EStG und des § 10 I Nr. 5 EStG durch das Steuerreformgesetz 1990 mittelbar bestätigt. Die im Entwurf eines Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetzes vorgeschlagene Verlängerung des Schuldzinsenabzugs um ein Jahr ist im Hinblick auf das zwischenzeitlich gesunkene Zinsniveau nicht verwirklicht worden (BT-Dr 12-6078, S. 12, 122).
bb) Der Senat hat alle diejenigen Leistungen mangels wirtschaftlicher Belastung (vgl. Senat, BFHE 157, 88 = BStBl II 1989, 779 = NJW 1989, 3303) aus dem Anwendungsbereich der als Sonderausgabe abziehbaren dauernden Last (§ 10 I Nr. 1a EStG) ausgenommen, die Entgelt für den Erwerb bzw. die Nutzung einer Sache sind (BFHE 162, 425 = BStBl II 1991, 175 = NJW 1991, 1135, betreffend Erbbauzinsen; BFHE 158, 22 = BStBl II 1990, 13 m.w. Nachw.; BFH, BFH/NV 1992, 807). Es ist folgerichtig, das Entgelt für die Nutzung von Kapital nicht als „Aufwendung“ i.S. des § 10 I EStG zu behandeln. Die Abziehbarkeit privater Schuldzinsen ist weder ein Element der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit noch des Nettoprinzips.
cc) Hiergegen läßt sich nicht mit Erfolg einwenden, es könne etwamittels der nach § 10 III EStG abziehbaren Vorsorgeaufwendungen ein Versicherungsschutz „erkauft“ werden. Der Gesetzgeber konnte typisierend davon ausgehen, daß ein Minimalbestand an Versicherungsschutz zu den notwendigen Grundlagen einer Existenzsicherung gehört. Im übrigen kann ein „außergewöhnlicher“ Kreditbedarf nach näherer Maßgabe des § 33 I EStG abziehbar sein, wenn die Schuldaufnahme durch Ausgaben veranlaßt ist, die ihrerseits eine außergewöhnliche Belastung darstellen (BFHE 184, 80 = BStBl II 1997, 772 = NJW 1998, 926).
dd) Auch gibt es nach Auffassung des Senats bei allgemeinen Konsumentenkrediten - etwa im Zusammenhang mit Urlaubsreisen oder der Anschaffung von Gebrauchsgegenständen - in der hier in Frage stehenden Größenordnung weder die Notwendigkeit noch gar die Möglichkeit, „unrechtmäßige Steuervorteile“ oder gar „mißbräuchliche“ Gestaltungen aufzudecken und zu verhindern.
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