Steuerliche Behandlung von Reparaturkosten bei bevorstehender Eigennutzung durch den Vermieter
Gericht
FG Nürnberg
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
29. 06. 1998
Aktenzeichen
VI 253/97
Führt der Vermieter einer Wohnung zu einem Zeitpunkt Reparaturmaßnahmen durch, zu dem sich bereits die bevorstehende Eigennutzung konkret abzeichnet, so sind die Aufwendungen der Vermietungsphase zuzuordnen und als Werbungskosten zu berücksichtigen, sofern es sich um übliche Reparaturen handelt, die der ordnungsgemäßen Erhaltung der Mietsache dienen, da sie durch das Mietverhältnis verursacht und noch während der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit entstanden sind. Handelt es sich dagegen um Modernisierungsmaßnahmen bzw. Schönheitsreparaturen im Hinblick auf die vorgesehene Eigennutzung, scheidet ein Abzug aus, da die Aufwendungen durch die private Lebensführung veranlaßt sind.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Streitig ist, ob Erhaltungsaufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sind.
Die Kläger (Kl.) sind Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Sie erwarben mit Kaufvertrag vom 17. 12. 1990 ein Einfamilienhaus. Dieses Gebäude war bis zum 31. 10. 1995 vermietet und wird ab 1. 11. 1995 von den Kl. für eigene Wohnzwecke genutzt. Die Mietzahlungen bis einschließlich Oktober 1995 wurden nachgewiesen. Der Mieter hat sich bereits ab 14. 8. 1995 in ein anderes Miethaus beim Einwohnermeldeamt umgemeldet. Als letzter Nutzer des Einfamilienhauses ist die Mutter des Mieters Ende September/Anfang Oktober 1995 aus dem Einfamilienhaus ausgezogen.
In der Anlage V zur Einkommensteuererklärung 1995 machten die Kl. Reparaturaufwendungen für ihr bis 31. 10. 1995 vermietetes Einfamlienhaus i.H. v. 53832 DM als Werbungskosten geltend, die das beklagte FA nur i.H. von 2000 DM als Werbungskosten anerkannte. Erläutert wurde insoweit der Einkommensteuerbescheid für 1995 vom 10. 12. 1996 wie folgt: „Reparaturaufwendungen bei den Einkünften aus V + V: Werden im Rahmen einer geplanten Eigennutzung vom Eigentümer Reparaturen durchgeführt, sind die dafür zu erbringenden Aufwendungen nicht mehr der Einkunftsart V + V, sondern der nicht einkommensteuerbaren Vermögensumschichtung zuzurechnen. Ihre Aufwendungen wurden nicht nur durch die vorausgegangene Vermietung, sondern auch durch die anschließende Selbstnutzung verursacht. Beide Ursachen sind untrennbar miteinander verknüpft, so daß der gesamte Renovierungsaufwand nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht abziehbar ist (BFH v. 29. 6. 1994, I R 105/93, BFH/NV 1995, 108; FG Baden-Württemberg v. 8. 2. 1994, EFG 1994, 746). Die üblicherweise auf die Vermietung entfallenden Aufwendungen wurden in Anlehnung an die Vorjahre auf 2000 DM geschätzt ...
Gegen den vorgenannten Einkommensteuerbescheid für 1995 vom 10. 12. 1996 legten die Kl. form- und fristgerecht Einspruch ein, mit dem sie u.a. die Anerkennung der Reparaturaufwendungen für ihr Einfamilienhaus erstrebten. Begründung: Während der Mietzeit seien dringend notwendige Renovierungsarbeiten vorgenommen worden, die von seiten des Mieters zu dulden gewesen seien und ursächlich im Zusammenhang mit der Mietnutzung stünden. Mit Ausnahme des Einbaus einer Duschkabine seien sämtliche Arbeiten in der Zeit von Juni bis Mitte Oktober 1995 durchgeführt worden und seien allein vom zeitlichen Ablauf der Vermietungsphase zuzuordnen.
Das beklagte FA erließ einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 1995, mit dem es im Streitpunkt Reparaturaufwendungen an seiner bisherigen Auffassung festhielt und gegen den sich dementsprechend der Einspruch fortsetzte.
Mit Einspruchsentscheidung wies das beklagte FA den Einspruch der Kl. als unbegründet zurück.
Mit ihrer nunmehr form- und fristgerecht erhobenen Klage haben die Kl. im wesentlichen folgendes vorgebracht:
Das beklagte FA habe im Einspruchsverfahren den Abzug von Renovierungs-/Sanierungsaufwendungen unter Hinweis auf die BFH-Rechtsprechung abgelehnt, weil keine objektiven Umstände gegeben seien, die eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung des durch die Vermietung veranlaßten und später durch die Selbstnutzung verursachten Aufwands ermögliche. Für üblicherweise auf eine Vermietung entfallende Reparaturaufwendungen seien vom beklagten FA 2000 DM geschätzt und im Rahmen der Einkunftsermittlung berücksichtigt worden. Diese Schätzung treffe jedoch nicht die tatsächlich geleisteten Reparatur-/Sanierungsaufwendungen während der Zeit der Vermietung. So seien Aufwendungen i.H. von insgesamt 10406,90 DM angefallen, die als Werbungskosten unter Berücksichtigung des bereits anerkannten Betrags von 2000 DM noch anzuerkennen seien. Die Aufwendungen seien notwendig gewesen, um ein funktionsgerechtes Mietobjekt zu erhalten, auch wenn die Vermietung nur noch kurzfristig erfolgt sei. Die Rechnungen beinhalteten keinerlei Schönheitsreparaturen und seien nicht durch die private Lebensführung veranlaßt. Eine Nichtdurchführung dieser Maßnahmen hätte zu Mietminderungen führen müssen. Auch wäre eine funktionstüchtige Antenne nicht 6 Wochen vor der Installation entfernt worden, wenn dies nicht aus Sicherheitsgründen erforderlich gewesen wäre (Bruchgefahr). Die Erneuerung der Haustüranlage sei bereits längerfristig geplant gewesen. Denn die Eingangstür habe von jedem ungebetenen Gast durch einfaches Gegenlehnen geöffnet werden können.
Das beklagte FA ist demgegenüber bei seiner in der Einspruchsentscheidung vertretenen Auffassung verblieben und hat ergänzend noch auf das Urteil des BFH vom 29. 7. 1997, BFH/NV 1997, 850 hingewiesen.
Das beklagte FA beantragt die Abweisung der Klage.
Auszüge aus den Gründen:
Die zulässige Klage (§§ 40 Abs. 2 , 44 , 47 FGO) ist begründet. Diese Entscheidung des Senats beruht auf folgenden Erwägungen:
Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind nach der Rechtsprechung des BFH im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung Aufwendungen, bei denen ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung besteht und die zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden. Nachträgliche Werbungskosten sind Aufwendungen, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer früheren, auf Einnahmerzielung gerichteten Tätigkeit stehen. Sind die Aufwendungen nicht (fast) ausschließlich durch die Einnahmeerzielung, sondern daneben auch durch die private Lebensführung veranlaßt (§ 12 Nr. 1 EStG), können sie insgesamt nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Eine Aufteilung ist grundsätzlich nicht möglich. Durch die private Lebensführung veranlaßt sind auch die mit Rücksicht auf die eigene Nutzung einer Wohnung nach dem 31. 12. 1986 gemachten Aufwendungen. Dabei ist unerheblich, ob die Aufwendungen überwiegend durch die Nutzung des Mieters oder die zukünftige Eigennutzung des Steuerpflichtigen verursacht worden sind. Eine nicht unerhebliche private Veranlassung schließt bereits den Werbungskostenabzug aus. Nach diesen Grundsätzen ist stets von einer nicht unerheblichen privaten Mitveranlassung auszugehen, wenn der Steuerpflichtige im Rahmen der nach Ende der Vermietung notwendigen Renovierung das bisher vermietete Objekt entsprechend seinen Bedürfnissen für die zukünftige Eigennutzung herrichten oder umgestalten läßt (vgl. hierzu BFH/NV 1997, 850).
Bei Würdigung des Streitfalls nach den vorstehenden Grundsätzen ergibt sich folgendes:
Reparaturaufwendungen für ein vermietetes Objekt sind grundsätzlich so gut wie ausschließlich durch die auf Einnahmeerzielung gerichtete Tätigkeit veranlaßt. Fraglich ist nach der vorstehend aufgeführten Rechtsprechung des BFH lediglich, wie Fälle zu beurteilen sind, in denen im Zeitpunkt der Durchführung der Reparaturmaßnahmen das Objekt (hier Einfamilienhaus) zwar noch vermietet ist, sich die bevorstehende Eigennutzung des Eigentümers aber schon konkret abzeichnet. In Fällen dieser Art vertritt der erk. Senat die Auffassung, daß übliche Reparaturen, die der ordnungsgemäßen Erhaltung der Mietsache dienen, noch der Vermietungsphase zuzuordnen und die Aufwendungen als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Denn diese Aufwendungen sind durch das Mietverhältnis verursacht und sind noch während der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit entstanden. Anders verhält es sich dagegen, wenn der Vermieter zwar noch in der Vermietungsphase Modernisierungsmaßnahmen bzw. Schönheitsreparaturen durchführen läßt, zu denen er vertraglich nicht verpflichtet ist und die er erkennbar im Hinblick auf seine vorgesehene Eigennutzung tätigt.
Bei den im Rahmen der Klage geltend gemachten Aufwendungen handelt es sich offensichtlich nicht um Schönheitsreparaturen bzw. Modernisierungsaufwendungen, sondern um die übliche Reparatur von Gebäudebestandteilen. Da die Reparaturen noch in der Vermietungsphase angefallen sind - Vermietung bis 31. 10. 1995 -, sind die Aufwendungen so gut wie ausschließlich durch das Mietverhältnis veranlaßt. Denn bei anderer Auffassung könnte ein Vermieter, der sein Gebäude künftig selbst nutzen will, übliche Reparaturen, zu denen er nach dem Mietvertrag verpflichtet ist und die der ordnungsgemäßen Erhaltung der Mietsache dienen, nicht mehr mit steuerlicher Wirkung durchführen lassen.
Der vorstehenden Auffassung des Senats stehen auch die vom beklagten FA angeführten Urteile des BFH (BFH/NV 1995, 108; BFH/NV 1996, 533; BFH/NV 1997, 850) nicht entgegen. Denn diese Urteile betreffen allesamt Streitfälle, in denen die Aufwendungen nach Beendigung des Mietverhältnisses entstanden sind.
Kanzlei Prof. Schweizer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH © 2020
Impressum | Datenschutz | Cookie-Einstellungen