Einkunftserzielungsabsicht bei zeitlich begrenzter Vermietung

Gericht

FG Berlin


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

23. 04. 1998


Aktenzeichen

I 399/95


Leitsatz des Gerichts

Spricht der Anscheinsbeweis für eine zeitlich befristete Vermietungsabsicht, muß der Steuerpflichtige die Totalüberschußprognose für den Vermietungszeitraum nachweisen.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kläger (Kl.) erwarben mit notariellem Vertrag vom 14. 2. 1992 das Grundstück, das sie mit einem im Streitjahr fertiggestellten Einfamilienhaus bebauten. Sie vermieteten dieses Haus ab dem 1. 12. 1993. Nach dem schriftlichen Mietvertrag war das Mietverhältnis auf den 1. 12. 1998 befristet, da - wie es wörtlich heißt - „beabsichtigt ist, das Haus zu verkaufen“.

Der Beklagte (Bekl.) berücksichtigte den Verlust im Einkommensteuerbescheid für 1993 zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Im Rahmen weiteren Schriftverkehrs trugen die Kl. vor, das Ende des Mietvertrages sei vereinbart worden im Hinblick darauf, daß der Mieter eine ungewisse Höhe des Mietzinses ab 1998 nicht akzeptiert habe. Sie, die Kl., hätten sich insoweit absichern müssen, da die Zinsbindung in 1997 ende und nicht absehbar sei, ob die aktuelle Miete auch eventuelle Zinserhöhungen abdecke. Nach den erforderlichen Zinsverhandlungen habe dann sowieso über einen neuen Mietvertrag geredet werden sollen. Sie hätten das Haus zur Alterssicherung erworben. Hätten sie die Absicht gehabt, es nach fünf Jahren zu veräußern, wäre sicherlich die günstigere Sonderabschreibung nach dem Fördergebietsgesetz gewählt worden. Mit der Wahl der Absetzung für Abnutzung hätten sie sich auf einen langfristigen Besitz des Hauses festgelegt. Im Hinblick auf die Höhe der Miete sei auch mit einem Totalüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu rechnen, so daß die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung steuerlich zu berücksichtigen seien.

Der Bekl. folgte dieser Auffassung nicht und setzte die Einkommensteuer 1993 mit Bescheid vom 18. 8. 1995 unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 2 AO geändert fest, indem er keine Einkünfte aus dem Grundstück in X mehr berücksichtigte. Die Kl. tragen im wesentlichen vor, der Vertrag sei auf ausdrücklichen Wunsch der Mieter auf fünf Jahre befristet worden. Lediglich um eine zivilrechtliche Wirksamkeit des Mietvertrages zu erreichen, sei einer kurzen telefonischen anwaltlichen Auskunft entsprechend ein Befristungsgrund in den Mietvertrag aufgenommen worden. Ohne eine Befristung wären die Mieter nicht bereit gewesen, einen Staffelmietvertrag abzuschließen. Die Kl. hätten darum einen beliebigen Grund aus der Luft gegriffen.

Das Grundstück sei gekauft, bebaut und vermietet worden zum Zwecke der Altersversorgung, da sie, die Kl., keine andere Alterssicherung getroffen hätten. Dem stehe die vom Bekl. angesprochene kurze Laufzeit des der Finanzierung des Hauses dienenden Kredites von fünf Jahren nicht entgegen, da es - so sinngemäß - angesichts der bei Abschluß des Darlehensvertrages herrschenden Hochzinsphase ein Gebot der Wirtschaftlichkeit gewesen sei, die Laufzeit des Kredites zu beschränken.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Die Kl. sind durch die angegriffene Einkommensteuerfestsetzung nicht in ihren Rechten verletzt, da es ihnen im Streitjahr in bezug auf das Grundstück in X an einer Einkünfteerzielungsabsicht fehlte.

Wer Grundstücke, Gebäude oder Gebäudeteile anderen gegen Entgelt zur Nutzung zur Verfügung stellt, erzielt grundsätzlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, weil § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG von der typisierenden Annahme ausgeht, daß die langfristige Vermietung und Verpachtung in der Regel letztlich zu positiven Einkünften führt, auch wenn zunächst über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse anfallen (BFH v. 30. 9. 1997, IX R 80/94, DStR 1997, 2013). Ein besonderes Kennzeichen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung besteht gerade darin, daß die Einkunftserzielung sich im Regelfall über längere Zeiträume - oft über Jahrzehnte - erstreckt und häufig zunächst jahrelang Werbungskostenüberschüsse getragen werden müssen (BFH, a.a.O.).

Diese rechtliche Beurteilung, die grundsätzlich im Bereich der Vermietung und Verpachtung eine sogenannte Totalüberschußprognose entbehrlich macht, setzt allerdings eine „auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit“ voraus (siehe Leitsatz der zitierten Entscheidung des BFH). Die Beurteilungslage ist deshalb eine grundsätzlich andere, wenn nur kurzfristig vermietet werden soll und sich innerhalb der kurzen Vermietungsphase ein Einnahmeüberschuß nicht errechnen läßt (siehe auch Fleischmann, in: DStR 1998, 364). Von dem Grundsatz der anzunehmenden Einkünfteerzielungsabsicht hat der BFH dann eine Ausnahme gemacht, wenn aufgrund besonderer Umstände der Beweis des ersten Anscheins oder bestimmte Beweisanzeichen (Indizien) gegen das Vorliegen einer Überschußerzielungsabsicht sprechen, z.B. wenn der Steuerpflichtige sich nicht zu einer langfristigen Vermietung entschlossen hat. Mit anderen Worten: Liegen erhebliche Beweisanzeichen dafür vor, daß die Vermietung nur kurzfristiger Art sein soll, obliegt es dem Steuerpflichtigen, für den Vermietungszeitraum einen Totalüberschuß nachzuweisen (siehe auch Fleischmann, a.a.O.) oder substantiiert die Umstände darzulegen und nachzuweisen, die den Indizien für eine nur zeitbegrenzte Vermietungstätigkeit ihren Beweiswert nehmen. Gelingt dies in einem so gelagerten Fall dem Steuerpflichtigen nicht, kann seine Klage - zumindest - nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen (vgl. hierzu Tipke/Kruse, FGO, § 96 Rn. 17c) keinen Erfolg haben.

Die Anwendung dieser Grundsätze bedeutet für den vorliegenden Fall folgendes: Für eine nur kurzfristig beabsichtigte Vermietung spricht insbesondere die ausdrücklich im schriftlichen Mietvertrag festgehaltene Verkaufsabsicht. Dafür spricht auch die von den Mietern gewünschte nur fünfjährige Vertragsdauer.

Unberücksichtigt kann hingegen die nur fünfjährige Zinsbindungsfrist der aufgenommenen Kredite bleiben, weil das von den Kl. vorgetragene Argument der Hochzinsphase bei Kreditaufnahme wirtschaftlich nachvollziehbar ist und zudem durch die Aussage des Zeugen getragen wird. Andererseits kann der Senat aus der nur fünfjährigen Kreditlaufzeit auch keinen Gesichtspunkt ableiten, der die von den Kl. behauptete Einkünfteerzielungsabsicht stützen würde.

Ferner hat der Senat bei seiner Entscheidung berücksichtigt, daß der in der eidesstattlichen Versicherung der Kl. angegebene Grund für die Befristung, nämlich spätere Mietzinsverhandlungen zu ermöglichen, wie auch der tatsächliche Ausschluß der Verkaufsabsicht von dem zu diesem Punkt allein maßgeblichen Zeugen, dem Mieter auf ausdrückliches Befragen hin nicht bestätigt worden sind.

Die zuvor angeführten Gründe sprechen somit für die Absicht einer zeitlich nur (auf fünf Jahre) begrenzten Vermietungstätigkeit bzw. sie sind zumindest nicht geeignet, eine andere Absicht zu belegen.

Unbeachtlich ist nach Auffassung des Senats ferner, daß der im Mietvertrag angegebene Befristungsgrund des beabsichtigten Verkaufs zivilrechtlich aus den vom Bekl. angeführten Gründen wohl unbeachtlich gewesen wäre. Dieser Gesichtspunkt kann nach Auffassung des Senats weder für noch gegen die Kl. gewertet werden.

Zuzugestehen ist den Kl., daß die Inanspruchnahme nur der degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG anstelle möglicher Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz dafür sprechen könnte, daß sie eine längerfristige Vermietung im Auge hatten, da sie sich anderenfalls steuerlicher Vorteile bei kurzfristiger Veräußerung begeben würden. Der Senat ist jedoch nicht der Auffassung, daß eine solche auf steuerrechtlichem Gebiet liegende Schlußfolgerung geeignet ist, den Beweiswert der für die mögliche Verkaufsabsicht sprechenden Indizien zu beseitigen.

Auch die Aussage des Zeugen, wonach der Kl. ihm gegenüber bekundet habe, daß ihm eine Befristung (des Mietvertrags) auf fünf Jahre nicht ungelegen käme, da auch er noch nicht wisse, wie sich alles entwickle, spricht nicht für eine unbedingte, auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit.

Die sich hieraus ergebenden Zweifel gehen nach den voranstehend aufgeführten Grundsätzen zur Beweis- bzw. Feststellungslast zu Lasten der Kl. und können auch nicht mit Wirkung für das Streitjahr dadurch beseitigt werden, daß die Kl. nunmehr - zeitnah zum Beweistermin im Klageverfahren - mit den Mietern eine abweichende Vereinbarung getroffen haben, wonach das Mietverhältnis ab dem 1. 5. 1997 unbefristet gilt.

Für die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht im Streitjahr 1993 kann deshalb nur ein fünfjähriger Vermietungszeitraum herangezogen werden, innerhalb dessen ein Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten nicht zu erzielen war.

Rechtsgebiete

Steuerrecht

Normen

EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1