Beschränkung von Fassadenwerbung durch Gestaltungssatzung

Gericht

OVG Koblenz


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

07. 11. 1996


Aktenzeichen

1 A 13500/95


Leitsatz des Gerichts

Zur Ausfertigung einer kommunalen Satzung genügt die datierte Unterschrift des (Ober-)Bürgermeisters.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kl. ist Eigentümer eines Hausgrundstücks. Auf einer Fassade dieses Gebäudes hat er ohne Genehmigung eine ca. 7,20 m x 8,10 m große Beschriftung angebracht, welche nähere Angaben über den Standort der Geschäftsräume der Firma "K" und deren Leistungsangebote enthält. Mit bauaufsichtlicher Verfügung forderte die Bekl. den Kl. auf, die Beschriftung innerhalb von zwei Monaten nach Bestandskraft der Verfügung zu entfernen. Zur Begründung wurde auf die "Satzung über die Gestaltung von Werbeanlagen" der Stadt B. verwiesen. Des weiteren wurde dargelegt, daß gem. § 2 dieser Satzung für Werbeanlagen ab einer Größe von 0,4 qm eine bauaufsichtliche Genehmigung erforderlich sei. Ferner dürfe gem. § 4 I der Satzung die Fläche einer Werbeanlage an einem Gebäude 4 % der Fassadenfläche nicht überschreiten und dabei maximal 15 qm erreichen. Die Werbeanlage des Kl. überschreite jedoch diese Größe, und daher sei deren Beseitigung anzuordnen.

Das VG gab der Klage statt. Das OVG wies die Klage ab.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

... Die angegriffene Verfügung findet ... ihre Rechtsgrundlage in § 78 RhPfBauO, wonach die Bauaufsichtsbehörde die Beseitigung solcher baulicher Anlagen oder anderer Anlagen und Einrichtungen i.S. des § 1 I 2 RhPfBauO verlangen kann, die formell und materiell baurechtswidrig sind. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung sind vorliegend erfüllt.

Zunächst vermag der Senat entgegen der Ansicht des Kl. nicht zu erkennen, inwiefern die angefochtene Verfügung bereits deshalb zu unbestimmt und mithin fehlerhaft sein soll, weil die Bekl. nicht gemäß der Terminologie des § 78 RhPfBauO die "Beseitigung", sondern ein "Entfernen" der streitgegenständlichen Fassadenbeschriftung angeordnet hat. Denn beide allgemein bekannten Begriffe werden synonym verwandt, so daß der Vortrag des Kl., der Empfänger der Verfügung könne bei der Verwendung des Begriffs "Entfernen" anstelle von "Beseitigen" nicht erkennen, was gemeint sei, als abwegig anzusehen ist und daher keiner weiteren Erörterung bedarf.

Darüber hinaus sind auch die Tatbestandsvoraussetzungen der oben genannten Vorschrift gegeben. Die hier streitbefangene Fassadenbeschriftung fällt unter Anlagen i.S. von § 1 II 2 RhPfBauO, da sie eine Werbeanlage darstellt, an die sowohl in § 50 RhPfBauO als auch in der aufgrund von § 86 RhPfBauO ergangenen Satzung der Bekl. über die Gestaltung von Werbeanlagen vom 13. 6. 1991 Anforderungen gestellt werden.

Bezüglich der zuvor genannten Gestaltungssatzung teilt der Senat jedoch nicht die Auffassung des VG, daß diese Satzung wegen fehlender Ausfertigung unwirksam sei, weil außer der datierten Unterschrift des Bürgermeisters unter der Satzung nichts vorhanden sei, was erkennen lasse, daß die Unterschrift zur Bestätigung der Authentizität und Legalität der Satzung erfolgt sei. Zwar hat der 10. Senat des erkennenden Gerichts bereits in seinem Urteil vom 9. 8. 1989 (NVwZ-RR 1990, 61) entschieden, daß alle kommunalen Satzungen einer Ausfertigung bedürfen. Dafür hat er jedoch die nach Abschluß aller für die Verkündung erforderlichen Verfahrensabschnitte unmittelbar vor der Verkündung erfolgte, datierte Unterschrift des Bürgermeisters als ausreichend angesehen. Der vom VG als erforderlich angesehene (besondere) Ausfertigungsvermerk bei der datierten Unterschrift des Bürgermeisters wurde darin jedenfalls nicht gefordert. Ein solcher Ausfertigungsvermerk ist auch bisher noch nicht vom erkennenden Gericht verlangt worden. Es hat lediglich einmal entschieden, daß die datierte Unterschrift des Bürgermeisters dann keine Ausfertigung darstellt, wenn durch diese Unterschrift erkennbar etwas anderes, nämlich der Beitrittsbeschluß des Plangebers, bestätigt werden sollte (s. OVG Koblenz, Beschl. v. 27. 8. 1993 - 10 C 10585/92). Bei dieser Entscheidung wurden außerdem die weiteren, vom Bürgermeister durch datierte Unterschriften erfolgten Bestätigungen von der Zeitabfolge her ebenfalls nicht als Ausfertigungen angesehen. Im übrigen läßt sich die Erforderlichkeit eines (besonderen) Ausfertigungstextes auch nicht aus der Gemeindeordnung bzw. aus der Durchführungsverordnung zu § 27 RhPfGO herleiten, da dort eine entsprechende Regelung nicht existiert. Abgesehen davon kann gerade im vorliegenden Fall nicht zweifelhaft sein, daß die datierte Unterschrift des Oberbürgermeisters der Bekl. unter der in Rede stehenden Gestaltungssatzung Ausfertigungsfunktion hat. Auch das vom VG in Bezug genommene Urteil des VGH Mannheim vom 10. 8. 1984 (BRS 42 Nr. 27) rechtfertigt keine andere Entscheidung. Denn der dort entschiedene Fall ist schon mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Gegenstand der Ausfertigung war dort nämlich ein Bebauungsplan, bei dem es wegen der Vielzahl der durch Unterschrift bestätigten Verfahrensabläufe eher zweifelhaft sein kann, ob einer bestimmten datierten Unterschrift des Bürgermeisters Ausfertigungsfunktion zukommt. Solche Zweifel können aber bei einer Gestaltungssatzung, die lediglich eine Unterschrift aufweist, kaum aufkommen.

Ist mithin die datierte Unterschrift des Oberbürgermeisters unter die Gestaltungssatzung ausreichend, so kann es ebenfalls nicht als schädlich angesehen werden, daß die als Anlage beigeheftete Planzeichnung betreffend die Gebiete A und B der bekl. Stadt, für die unterschiedliche Satzungsbestimmungen gelten, nicht gesondert ausgefertigt ist. Der erkennende Senat vertritt zwar im Zusammenhang mit Bebauungsplänen die Rechtsauffassung, daß es nicht ausreiche, einen Satzungstext, der keine normativen Festsetzungen enthält, allein auszufertigen. Vielmehr müsse die Rechtsnorm selbst - also die Planurkunde, ggf. die textlichen Festsetzungen außerhalb der Planzeichnung - ausgefertigt werden, es sei denn, Satzung, textliche Festsetzung und Planzeichnung wären zu einer einheitlichen Urkunde untrennbar miteinander verbunden (vgl. u.a. Urt. v. 10. 12. 1992 - 1 A 11771/91 m.w.Nachw.). Daraus folgt aber nicht, daß auch im vorliegenden Fall die der Gestaltungssatzung beigefügte Planzeichnung gesondert ausgefertigt werden müßte. Denn zum einen ist vorliegend - anders als in den vorerwähnten Fällen - der normative Satzungstext ausgefertigt. Zum anderen ist die dazugehörige Planzeichnung sowohl durch die Haftung rein tatsächlich als auch durch die Inbezugnahme in § 1 der Satzung in einer Art "gedanklicher Schnur" (vgl. dazu VGH Mannheim, NuR 1991, 82) dem normativen Satzungstext zugeordnet, so daß es keine Zweifel an der Zusammengehörigkeit zwischen Satzungstext und Planzeichnung geben kann.

Ebensowenig bestehen Bedenken an der Wirksamkeit der hier anzuwendenden Vorschriften der §§ 2 und 4 I der Gestaltungssatzung im Hinblick auf deren Regelungsrechtfertigung. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die Notwendigkeit einer Rechtfertigung einzelner Festsetzungen um so größer ist, je weniger selbstverständlich zwingende gestalterische Vorschriften sind und je schwerwiegender sie in die Baufreiheit eingreifen (vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 12. 3. 1993 - 10 C 10527/92). Umgekehrt sind an die Rechtfertigung von Gestaltungsfestsetzungen geringe Anforderungen zu stellen, wenn der Eingriff in die Baufreiheit nicht schwerwiegt. So liegt es aber hier. Insbesondere die Vorschriften über die Größe von Werbeanlagen greifen nicht schwerwiegend in die Baufreiheit ein, da nicht die Bauausführung als solche vorgeschrieben, sondern lediglich die Nutzung von Wandflächen zu Werbezwecken auf ein bestimmtes Maß beschränkt wird.

Finden daher die §§ 2 und 4 I der Gestaltungssatzung auf die streitbefangene Fassadenbeschriftung, die als Werbeanlage i.S. der Satzung anzusehen ist (vgl. die Legaldefinition in § 50 I RhPfBauO), Anwendung, so bedarf es keiner weiteren Ausführungen, daß danach die streitbefangene Beschriftung formell und materiell baurechtswidrig ist. Ebensowenig kann sich der Kl. hinsichtlich der Ausübung des Beseitigungsermessens durch die Bekl. darauf berufen, daß letztere ihn willkürlich ungleich behandelt habe. ... Lediglich die Werbebeschriftung "C.V." ist ein Berufungsfall, den die Bekl. erst nach Benennung durch den Kl. aufgegriffen hat. Dies führt jedoch nicht zu einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 GG.

Eine solche Verletzung käme nur dann in Betracht, wenn die Bauaufsichtsbehörde in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle von dem ihr nach § 78 RhPfBauO eingeräumten Ermessen in der Weise Gebrauch gemacht hätte, grundsätzlich gegen ungenehmigte Werbeanlagen in diesem Bereich nicht vorzugehen, dann aber willkürlich in Einzelfällen die Beseitigung solcher vergleichbarer Anlagen verlangen würde (vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 7. 5. 1993 - 1 A 11596/92). So ist die Sachlage aber gerade nicht.

Rechtsgebiete

Baurecht; Verwaltungsrecht; Werberecht

Normen

GG Art. 3 I