Nicht honorarpflichtige Bauplanung durch Generalunternehmer
Gericht
OLG Koblenz
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
31. 07. 1997
Aktenzeichen
5 U 90/97
Tritt ein Bauwilliger an einen Generalunternehmer heran und äußert er Bauabsichten, so kann der Generalunternehmer anders als ein Architekt bei Fertigung von Plänen nicht von einer stillschweigend vereinbarten Zahlungspflicht ausgehen. Denn hier richtet sich das Bemühen des Generalunternehmers um den Abschluß eines Bau-Werkvertrages.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Kl. betreibt ein Bauunternehmen und unterhält ein Ingenieurbüro. Zu Beginn des Jahres 1994 sprach die Bekl. bei ihr vor. Sie erwog die Errichtung eines Mehrfamilienhauses nach dem Vorbild eines Baus, den die Kl. kurze Zeit zuvor für eine Nachbarin erstellt hatte. Im Anschluß an das Gespräch fertigte die Kl. Pläne. Nachdem sie für den Fall eines Bauauftrags an sie Gesamtkosten von 830 000 DM zuzüglich einer Teuerungsrate genannt hatte, erfolgte eine Ausschreibung. Die daraufhin eingehenden Angebote wertete die Kl. aus und ermittelte insoweit eine Bausumme von 900 000 DM. Als die Bekl. Mitte 1995 mitteilte, daß sie den Bau von dritter Seite errichten lasse, leitete ihr die Kl. eine Rechnung über ein Architektenhonorar von 12 350 DM zu. Dieser Betrag, der nach späteren Berechnungen der Kl. hinter den Gebührensätzen der HOAI zurückbleibt, bildet nebst Zinsen den Gegenstand der vorliegenden Klage. Die Kl. hat zur Begründung ihres Zahlungsverlangens vorgebracht, daß sie von der Bekl. mit Planungsarbeiten gemäß den Phasen Nr. 1, 2, 3 und 7 des Leistungsbildes Objektplanung (§ 15 HOAI) beauftragt worden sei und diese auch erbracht habe. Demgegenüber hat die Bekl. einen entsprechenden Auftrag geleugnet.
Das LG hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die Berufung der Bekl. führte zur Klageabweisung.
Auszüge aus den Gründen:
Entgegen der Auffassung des LG steht der Kl. ein Vergütungsanspruch nicht zu. Das LG hat ohne weiteres gemeint, daß die Bekl. deshalb an die Kl. herangetreten sei, weil sie einen Architekten für ein Bauvorhaben gesucht habe. In Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme hat es dann auf dieser Grundlage geprüft, ob die Kl. als beauftragte Architektin nach den Gegebenheiten des vorliegenden Falles einen Vergütungsanspruch erworben hat. Die vom LG insoweit in den Vordergrund gerückte Frage, unter welchen Voraussetzungen einem Architekten, den ein Bauherr wegen der Objektplanung konsultiert, ein Honorar zusteht (vgl. dazu BGH, NJW 1987, 2742 [2743] = LM § 632 BGB Nr. 14; OLG Koblenz, 3. ZS, NJW-RR 1996, 1045), bedarf hier jedoch keiner Entscheidung. Es läßt sich nämlich nicht feststellen, daß die Kl. als Architekt handelte. Vielmehr bleibt - sowohl nach dem Parteivortrag als auch nach den Zeugenaussagen - die Möglichkeit, daß die Bekl. von der Kl. keine bloße Architektentätigkeit erwartete, sondern in ihr einen Generalunternehmer suchte, der ein Haus errichten würde, und daß die Kl. auch dementsprechend in Erscheinung trat:
Die Bekl. sprach die Kl. unter Bezugnahme auf ein Haus an, das diese kurz zuvor als Werkunternehmer auf einem Nachbargrundstück erstellt hatte. Sie zeigte sich daran interessiert, daß die Kl. für sie ein gleichartiges Gebäude errichtete. In der Folge nannte die Kl. einen Preis, zu dem sie eine solche Leistung erbringen könne. Wenn der Bekl. der angegebene Betrag auch zu hoch war, nahm sie nicht von dem Gedanken Abstand, die Kl. mit der Durchführung des Bauvorhabens zu betrauen. Sie suchte vielmehr nach Wegen, zu Einsparungen zu gelangen. So hat der Sohn des Komplementärs der Kl. in diesem Zusammenhang ausgesagt: „Wir konnten das Haus für den (von der Bekl. gewünschten) Preis nicht bauen, weshalb dann über Eigenleistungen des Vaters der Bekl. gesprochen wurde.“ Schließlich entschloß man sich dazu, eine Ausschreibung durchzuführen, um so möglicherweise die Kosten einzelner Gewerke senken zu können. Auch in dieser Phase wurde nicht deutlich, daß die Bekl. ihr Ziel aufgegeben hätte, der Kl. einen Auftrag für die Bauarbeiten zu erteilen, und daß sie die Kl. nunmehr nur noch als Architekten hätte heranziehen wollen. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, daß die anstehende Ausschreibung nicht im Sinne einer „professionellen“ Architektenleistung erbracht werden sollte, sondern beabsichtigt war, den Vater der Bekl. einzubeziehen. Die Kl. hat dazu selbst vorgetragen: „Die Bekl. brachte . . . zum Ausdruck, daß ihr Vater viele Handwerker in der Umgebung kennen würde und bereit sei, die Angebote persönlich zu überreichen.“
Vor diesem Hintergrund kann nicht verläßlich angenommen werden, daß die Kl. der Bekl. als (bloße) Architektin gegenübertrat. Das anhaltende Bestreben, die Voraussetzungen für den Bau eines Gebäudes zu schaffen, wie es die Kl. auf einem Nachbargrundstück als Generalunternehmer erstellt hatte, ließ die Kl. auch im vorliegenden Fall grundsätzlich in der Rolle eines Generalunternehmers erscheinen. Etwa verbleibende Zweifel wirken sich dabei zu ihren Lasten aus, weil sie die Beweislast für den eingeklagten Vergütungsanspruch trägt. Diese Zweifel können auch entgegen der Ansicht der Kl. nicht verläßlich dadurch ausgeräumt werden, daß die Bekl. in ihrem Schreiben, mit dem sie die Vertragsanbahnungen beendete, von einer „Architekten“-Bauweise fernab vom Wohnort sprach.
Mithin hängt der Erfolg der Klage davon ab, ob die Bekl. der Kl. auch dann ein Entgelt schuldet, wenn diese - im Hinblick auf einen in Aussicht stehenden umfassenden Bauauftrag, der unstreitig ausgeblieben ist - als Generalunternehmerin aufgetreten sein sollte. Für einen Generalunternehmer, der Planungsleistungen erbringt, bevor er mit der Errichtung eines Baus beauftragt wird, ist indessen zu beachten:
Nicht jede Tätigkeit, die ein Werkunternehmer auf fremde Veranlassung hin vornimmt, ist entgeltpflichtig. Es kommt vielmehr darauf an, ob der Werkunternehmer aus einer klaren vertraglichen Bindung heraus handelt oder ob er erst die Grundlage für einen Vertragsschluß schaffen will. Wer sich in einem Wettbewerb darum bemüht, mit der Ausführung eines Baus betraut zu werden, kann im allgemeinen nicht damit rechnen, daß er für seine Bemühungen honoriert wird, wenn ein anderer den Zuschlag erhält (BGH, NJW 1979, 2202 = LM § 632 BGB Nr. 8; OLG Düsseldorf, BauR 1991, 613 [614]). Der Verkehr wertet Arbeiten wie die Fertigung von Zeichnungen, Kostenvoranschlägen, Leistungsbeschreibungen, Entwürfen, Modellen oder Massenberechnungen regelmäßig dahin, daß der Unternehmer dabei im eigenen Interesse tätig wird, weil er hofft, anschließend mit weitergehenden Leistungen beauftragt zu werden, die die planerischen Vorgaben umsetzen (OLG Nürnberg, NJW-RR 1993, 760 [761]; Palandt-Thomas, BGB, 16. Aufl., § 632 Rdnr. 5). Das schließt nach dem allgemeinen Verständnis die Annahme eines Vertragsverhältnisses bereits in diesem Stadium aus (§§ 133 , 157 , 242 BGB). Anders verhält es sich nur, wenn die Bezahlung der Vorarbeiten ausdrücklich vereinbart ist (OLG Hamm, BB 1975, 112) oder wenn die Vorarbeiten so aufwendig sind, daß sie nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zum Umfang des erhofften Auftrags stehen (OLG Nürnberg, NJW-RR 1993, 760 [761]).
Von daher scheidet im vorliegenden Fall ein Vergütungsanspruch aus. Die Kl. beschränkte sich darauf, anhand von Zeichnungen festzulegen, wie das möglicherweise zu errichtende Haus aussehen sollte und zu welchem Preis es gebaut werden konnte. Dazu wurden Pläne gefertigt und, nachdem sich die Kl. von sich aus nicht in der Lage sah, den Preisvorstellungen der Bekl. gerecht zu werden, im Zuge einer Ausschreibung Angebote eingeholt, um das Vorhaben auf diese Weise doch noch realisieren zu können. Dies alles waren Leistungen, die mit Blickrichtung auf den Werklohn, den die Kl. im Fall der Erteilung eines Bauauftrags erwarten durfte, nicht außerordentlich umfangreich waren. Das gilt um so mehr, als die Kl. zumindest im Ansatz auf bereits vorhandene Planungsarbeiten zurückgreifen konnte, die das Nachbarhaus betrafen, und als - wie sie nicht hat ausräumen können - der Vater der Bekl. bei der Ausschreibung mitwirkte.
Im Hinblick auf die lediglich bauauftragsvorbereitende Natur der streitigen Tätigkeit wäre es Sache der Kl. gewesen, auf die Entgeltlichkeit ihrer Leistungen hinzuweisen und insoweit eine besondere Vereinbarung mit der Bekl. zu treffen, wenn sie entgegen der allgemeinen Anschauung ein Honorar erhalten wollte. Das hat sie jedoch nicht getan. Deshalb konnte die Bekl. aus ihrem Empfängerhorizont nicht annehmen, daß sie durch die Inanspruchnahme der Leistungen der Kl. eine vertragliche Entgeltpflicht eingehen würde, und umgekehrt durfte auch die Kl. das Verhalten der Bekl. nicht in diesem Sinne begreifen.
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