Haftung des Erwerbers für Hausgeldrückstände des Rechtsvorgängers

Gericht

OLG Düsseldorf


Art der Entscheidung

Beschluss über weitere Beschwerde


Datum

24. 01. 1997


Aktenzeichen

3 Wx 440/96


Leitsatz des Gerichts

  1. Der Erwerber einer Eigentumswohnung haftet aus einer nach seinem Eintritt unangefochten genehmigten Jahresabrechnung auch, soweit diese Hausgeldrückstände des Rechtsvorgängers einbezieht (Abgrenzung zu OLG Zweibrücken, ZMR 1996, 340).

  2. Im Leistungsverfahren kann der Einwand rechtswidriger Rückstandshaftung nicht berücksichtigt werden.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Ast. machen gegen die Ag. eine Nachforderung aus der am 28. 3. 1994 unangefochten beschlossenen Jahresabrechnung für 1993 geltend. Die Ag. sind Eigentümer der Wohnungseinheit Nr. 8, die sie am 22. 11. 1993 durch Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren erworben haben. Die Voreigentümer waren die den Wirtschaftsplänen für 1992 und 1993 - unangefochten genehmigt durch die Eigentümerversammlung vom 1. 3. 1993 - entsprechenden Vorschußzahlungen schuldig geblieben. Mit der Einladung zur Eigentümerversammlung vom 28. 3. 1994 forderte die Verwaltung die Ag. zur Zahlung rückständiger 14777,83 DM auf. In der Eigentümerversammlung vom 28. 3. 1994 wurde unter TOP 4 die Jahresabrechnung für 1993 - mit Ausnahme der Einzelabrechnung für die Einheit E - mehrheitlich genehmigt. Für die Wohnung Nr. 8 waren getrennte Einzelabrechnungen für die Zeiträume 1. 1. bis 21. 11. 1993 (Nachforderung 14777,83 DM) bzw. 22. 11. bis 31. 12. 1993 (Nachforderung 840 DM) erstellt worden. Die Nachzahlung von 840 DM haben die Ag. beglichen. Der die Jahresabrechnung genehmigende Beschluß vom 28. 3. 1994 ist unangefochten geblieben. Zur Begründung des auf Nachzahlung von 14777,83 DM nebst Zinsen gerichteten Begehrens haben die Ast. geltend gemacht: Den Ag. seien vor der Eigentümerversammlung beide Einzelabrechnungen mit einer Zahlungsaufforderung übersandt worden; beide seien auch Gegenstand des nicht angefochtenen Genehmigungsbeschlusses gewesen. Die Ag. wenden ein, sie hätten seinerzeit nur die den Zeitraum vom 22. 11. bis 31. 12. 1993 betreffende Einzelabrechnung erhalten und anschließend auch die sich daraus ergebende Nachzahlung geleistet. Die weitere Einzelabrechnung für die Zeit vor ihrem Eigentumserwerb sei jedenfalls nicht zu ihren Lasten beschlossen worden.

Nach Beweiserhebung darüber, ob die Ag. beide Einzelabrechnungen erhalten hatten, hat das AG den Zahlungsantrag zurückgewiesen. Das LG hat die Ag. zur Zahlung von 2622,83 DM nebst Zinsen verpflichtet. Die sofortige weitere Beschwerde des Ast. hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

II. Das zulässige Rechtsmittel der Ast. führt aus Rechtsgründen zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses. AG und LG haben die sich aus der Bindungswirkung des unangefochtenen Genehmigungsbeschlusses vom 28. 3. 1994 ergebenden Rechtsfolgen nicht hinreichend berücksichtigt.

1. Daß der Erwerber von Wohnungseigentum, zumal im Rahmen einer Zwangsversteigerung (§ 56 S. 2 ZVG), grundsätzlich nicht für Wohngeldrückstände seines Rechtsvorgängers haftet (vgl. BGHZ 99, 358 = NJW 1987, 1638 = LM § 8 WohnungseigentumsG Nr. 10; BGHZ 104, 196 = NJW 1988, 1910 = LM § 16 WohnungseigentumsG Nr. 9) und daß der Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung über die Jahresabrechnung eine erstmalige (originäre) Verbindlichkeit grundsätzlich nur in dem Umfang begründet, in dem sich gegenüber dem Wirtschaftsplan für dasselbe Rechnungsjahr eine „Abrechnungsspitze“ ergibt (vgl. BGHZ 131, 228 = NJW 1996, 725), dürfte zwar dem gegenwärtigen Stand höchstrichterlicher Rechtsprechung entsprechen (vgl. dazu auch Wenzel, WE 1996, 442ff.). Es spricht auch einiges dafür, daß im Falle eines Eigentümerwechsels durch eine Jahresabrechnung, welche die rückständigen Beitragsvorschüsse des Rechtsvorgängers als Fehlbeträge des Erwerbers ausweist, für diesen eine Zahlungsverpflichtung - kumulativ neben der fortbestehenden Haftung des Rechtsvorgängers aus dem Wirtschaftsplan - im allgemeinen nicht rechtswirksam wird begründet werden können (so jedenfalls OLG Zweibrücken, ZMR 1996, 340; vgl. auch Wenzel, WE 1996, 442 (448)) und ein entsprechender Genehmigungsbeschluß der Eigentümerversammlung auf Anfechtung hin aufgehoben werden muß.

2. Im vorliegenden Fall ist jedoch nach den von AG und LG unangefochten und rechtsfehlerfrei getroffenen und damit für den Senat verbindlichen tatsächlichen Feststellungen davon auszugehen, daß den Ag. mit der Einladung zur Eigentümerversammlung vom 28. 3. 1994 beide Einzelabrechnungen - also auch diejenige mit dem Rückstand von 14777,83 DM für die Zeit vom 1. 1. bis 21. 11. 1993 - übersandt und die Ag. ausdrücklich aufgefordert worden waren, auch die sich daraus ergebende Nachzahlung auszugleichen. Die betreffende Einzelabrechnung war demnach - anders als in dem vom OLG Zweibrücken (ZMR 1996, 340) entschiedenen Fall - bereits erstellt und auch Gegenstand des Genehmigungsbeschlusses vom 28. 3. 1994. Weil die Jahresabrechnung Rechtswirkungen nur für die zur Beschlußfassung berufenen Eigentümer entfaltet, kam eine Belastung der Voreigentümer durch den Genehmigungsbeschluß von vornherein nicht in Betracht.

III. Welche Rechtswirkungen die - nach unterbliebener Anfechtung - Bestandskraft des die Jahresabrechnung genehmigenden Eigentümerbeschlusses auf dieser tatsächlichen Grundlage entfaltet, haben AG und LG nicht erörtert. Es entspricht - jedenfalls bisher - einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, daß der Erwerber - auch im Wege der Zwangsversteigerung - aus einer nach seinem Eintritt unangefochten genehmigten Jahresabrechnung auch insoweit haftet, als diese noch offene Ansprüche gegen den Rechtsvorgänger auf Wohngeldvorschüsse mit einbezieht (u.a. BGHZ 104, 197 = NJW 1988, 1910 = LM § 16 WohnungseigentumsG Nr. 9; BayObLG, WuM 1995, 52; Senat, WE 1995, 152; OLG Stuttgart, WE 1989, 100; Hauger, in: Festschr. f. Bärmann und Weitnauer, S. 353ff., 363; vgl. auch Wenzel, WE 1996, 442 (448)). Der Senat sieht für den vorliegenden Fall nach dem Inhalt und Hintergrund des Genehmigungsbeschlusses der Eigentümerversammlung vom 28. 3. 1994 keinen begründeten Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzuweichen:

Nach § 23 IV 1 WEG ist ein Beschluß der Eigentümerversammlung nur ungültig, wenn er angefochten und gem. § 43 I Nr. 4 WEG für ungültig erklärt worden ist. Eine den neuen Eigentümer mit Hausgeldrückständen des Voreigentümers belastende Jahresabrechnung verletzt weder zwingendes Recht noch verstößt sie gegen die guten Sitten. Der bindende Mehrheitsbeschluß begründet die Schuld wie ein Abrechnungsvertrag; seine Rechtswirkungen sind ähnlich wie beim vertraglichen Saldoanerkenntnis zu beurteilen, wenn in dem anerkannten Saldo Ansprüche enthalten sind, die ein Dritter schuldet (vgl. Hauger, S. 363 m.w. Nachw.). Deshalb kann nach Ablauf der Anfechtungsfrist der Einwand rechtswidriger Rückstandshaftung im nachfolgenden Leistungsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden. Weil die bereits erwähnte Entscheidung des OLG Zweibrücken (ZMR 1996, 340) auf abweichender tatsächlicher Grundlage ergangen ist (die betreffende Einzelabrechnung war dort erst nach dem Beschluß der Eigentümerversammlung erstellt und demgemäß vom Genehmigungsbeschluß nicht gedeckt), kommt eine Vorlage nach § 28 FGG nicht in Betracht.

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht

Normen

WEG §§ 16, 28; ZVG § 56 S. 2