Belästigung der Miteigentümer durch Küchengerüche

Gericht

OLG Köln


Art der Entscheidung

Beschluss über weitere Beschwerde


Datum

12. 05. 1997


Aktenzeichen

16 Wx 67/97


Leitsatz des Gerichts

Küchengerüche, die durch das geöffnete Fenster ins Freie dringen und die übrigen Miteigentümer nicht unerheblich in der Nutzung ihres Wohnungseigentums beeinträchtigen, mögen „ortsüblich“ sein. Dies hindert nicht die Verpflichtung aus § 14 Nr. 1 WEG, diese Störung im Rahmen des Zumutbaren, etwa durch Einbau einer Dunstabzugshaube, zu reduzieren. Im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander gelten insoweit andere Regeln als im allgemeinen Nachbarrecht.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Ast. ist Eigentümer einer Penthousewohnung im zweiten und dritten Obergeschoß des Hauses M-Straße in K. Unter den im zweiten Obergeschoß gelegenen Räumen des Ast. liegt die Wohnung der Ag., die sie an ihre Tochter vermietet hat. Der Ast. benutzt die im zweiten Obergeschoß gelegenen Räume als Schlafzimmer. Das Küchenfenster der Wohnung der Ag. befindet sich unmittelbar unter einem Schlafzimmerfenster der Wohnung des Ast. Die Küche der Ag. verfügt über eine Abluftöffnung zum Anschluß einer Dunstabzugshaube. Im Gegensatz zu allen anderen Wohnungen der hochwertig ausgestatteten Wohnungseigentumsanlage ist die Küche der Ag. nicht mit einer Abzugshaube eingerichtet. Der Ast. hat behauptet, durch unangenehme Küchengerüche aus der Wohnung der Ag. komme es insbesondere dann, wenn das Küchenfenster zum Lüften geöffnet ist, zu erheblichen Belästigungen in seinen Schlafräumen. Der unangenehme Küchengeruch setze sich sogar in der Bettwäsche und in den Gardinen fest. Die Geruchsbelästigungen könnten durch den Einsatz einer Dunstabzugshaube vermieden werden. Hierfür hat er Sachverständigenbeweis angetreten. Er hat beantragt, die Ag. zu verpflichten, in der in ihrem Eigentum stehenden Wohnung, in dem Küchenraum eine der Größe der Küche entsprechende Dunstabzugshaube einzubauen, hilfsweise geeignete Maßnahmen zu treffen, durch die übermäßige Geruchsbelästigungen des Ast. vermieden werden.

AG und LG haben die Anträge zurückgewiesen. Die weitere Beschwerde des Ast. führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das LG.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

II. ... Gem. § 14 Nr. 1 WEG sind die Wohnungseigentümer verpflichtet, von ihrem Sondereigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, daß keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidbare Maß hinaus Nachteile erwachsen.

Die vom Ast. geltend gemachten Geruchsbelästigungen sind Nachteile im Sinne dieser Bestimmung. Hierfür genügt jede nicht unerhebliche Beeinträchtigung (Bärmann-Pick-Merle, WEG, 7. Aufl., § 14 Rdnr. 32 m. w. Nachw.). Nur soweit die Ausübung des Gebrauchsrechts ganz geringfügige Einwirkungen auf die Belange der anderen Wohnungseigentümer hat, scheidet von vornherein ein Schonungsanspruch aus. Auch unwägbare Emissionen - wie Gerüche - genügen grundsätzlich für die Annahme eines Nachteils i. S. des § 14 Nr. 1 WEG (LG Düsseldorf, NJW-RR 1991, 1170 = WM 1991, 52). Geruchsbelästigungen sind dabei erst dann als unwesentlich anzusehen, wenn ein durchschnittlicher Mensch sie kaum noch empfindet (BGH, NJW 1982, 440 [441]). Es kommt für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung auch nicht darauf an, daß die Störungen nicht dauernd, sondern nur gelegentlich erfolgen (BGH, NJW 1982, 440 f.). Der Ast. hat hier unter Vorlage von Aufstellungen über einzelne Vorfälle und unter Beweisantritt Geruchsbeeinträchtigungen behauptet. Nach den örtlichen Gegebenheiten, die dadurch gekennzeichnet sind, daß das Küchenfenster der Wohnung der Ag. unmittelbar unter dem Schlafzimmerfenster der Wohnung der Ast. liegt, sind derartige Störungen baulich angelegt. Dies wirkt sich offenkundig insbesondere dann aus, wenn die Fenster in beiden Wohnungen zur Lüftung geöffnet werden. Entgegen der Auffassung des LG, kommt es für die Frage, ob ein wesentlicher Nachteil vorliegt, nicht auf die „Ortsüblichkeit“ an. Dies zeigt schon ein Blick auf § 906 II 1 BGB, der erhebliche Beeinträchtigungen durch nicht wägbare Emissionen - wie Gerüche - und die Ortsüblichkeit als unterschiedliche Tatbestandsmerkmale für den Unterlassungsanspruch unter Nachbarn ausgestaltet hat.

Entgegen der Auffassung des LG trägt der bisherige Akteninhalt auch nicht die Feststellung, daß die Geruchsbeeinträchtigung unvermeidlich ist. Der Ast. hat unter Beweisantritt vorgetragen, daß etwa durch den Einbau einer leistungsfähigen Dunstabzugshaube mit Kohlefilter weitgehend verhindert werden kann, daß Küchengerüche aus der Wohnung der Ag. in seine Wohnung gelangen. Dem ist das LG nicht nachgegangen. Der Senat ist insofern an der erforderlichen Aufklärung gehindert (§ 561 ZPO). Die fehlenden Feststellungen sind vom LG nachzuholen.

Sollten die vom Ast. geforderten Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von Küchengerüchen in seine Wohnung möglich sein, wird das LG zu prüfen haben, ob sie der Ag. zuzumuten sind (§ 14 I Nr. 1 WEG in Verbindung mit § 906 II 1 BGB). Hierbei ist maßgeblich, ob unter Berücksichtigung des besonders intensiven nachbarlichen Verhältnisses der Wohnungseigentümer sowie der Besonderheiten der konkreten Wohnungseigentumsanlage einerseits und dem Gewicht der Störung sowie den Beseitigungskosten andererseits eine emissionsverhindernde Einrichtung bei der Benutzung des Sondereigentums nach Treu und Glauben erwartet werden kann. Es kann im vorliegenden Fall letztlich dahinstehen, ob der Einsatz von Dunstabzugshauben und ähnlichen Einrichtungen zur Minderung von Küchengerüchen im Verhältnis zum gestörten Nachbarn regelmäßig als wirtschaftlich zumutbar angesehen werden muß. Dies geht nach Auffassung des Senats zu weit. Im vorliegenden Fall sind jedoch eine Vielzahl von Besonderheiten gegeben, die den Einsatz geruchsmindernder Einrichtungen in der Küche der Wohnung der Ag. angezeigt erscheinen lassen. Die Eigentumswohnungen der Ag. und des Ast. befinden sich in einem hochwertig ausgestatteten Komplex. Alle Miteigentümer - mit Ausnahme der Ag. - setzen dem übrigen Ausstattungsstandard der Wohnungseigentumsanlage entsprechend in der Küche Dunstabzugshauben ein. Auch die Küche der Ag. ist bauseits mit einer für den Betrieb einer Dunstabzugshaube bestimmten Abluftöffnung versehen. Aufgrund der besonderen Nähe der Schlafräume des Ast. zu der Küche der Ag. ist eine beide Wohnungseigentümer zu besonderer Rücksicht veranlassende nicht unproblematische bauliche Situation gegeben. Ob unter diesen Gesichtspunkten von der Ag. der Einsatz technischer Einrichtung zur Geruchsminderung erwartet werden kann, hängt von der Art und den Kosten der möglichen Maßnahmen ab. Sollte die Behauptung des Ast. zutreffen, wonach der Einsatz einer handelsüblichen Dunstabzugshaube mit Kohlefilter für eine erhebliche Geruchsminderung genügt - was das LG zu klären haben wird -, dürfte angesichts der insofern anfallenden gerichtsbekannten Kosten an der Zumutbarkeit kein Zweifel bestehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich der Ast. - wie mehrfach angekündigt - an den Kosten der Maßnahme beteiligt. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit geruchsmindernder Maßnahmen ist der im Verfahren der weiteren Beschwerde aufgekommene Streit unerheblich, auf wessen Veranlassung hin in der Bauphase der ursprüngliche Architektenentwurf für beide Wohnungen mit der Folge geändert wurde, daß es zu der beschriebenen baulichen Situation kam. Die schon beim Bezug der Wohnungen gegebene Lage der Räume zueinander und ihre jeweilige Nutzung sind wechselseitig jedenfalls deshalb hinzunehmen, da nichts dafür ersichtlich ist, daß die Planänderungen über die sich aus § 13 WEG ergebenden Befugnisse hinausgingen.

Eine Verpflichtung der Ag. zum Einsatz einer Dunstabzugshaube wird nicht dadurch berührt, daß die Wohnung vermietet ist. Die Mieterin ist gem. § 541 b BGB zur Duldung dieser baulichen Verbesserung verpflichtet, die ihr die im Verhältnis zu den Nachbarn gem. § 906 BGB gebotene Schonung ermöglicht.

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht; Nachbarrecht; Garten- und Nachbarrecht

Normen

WEG § 14 Nr. 1