Beschränkung der Hundehaltung durch Wohnungseigentümerbeschluß
Gericht
BayObLG
Art der Entscheidung
Beschluss über weitere Beschwerde
Datum
25. 05. 1998
Aktenzeichen
2 Z BR 21/98
Sieht die Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) vor, daß ihre Bestimmungen durch Mehrheitsbeschluß mit 2/3 aller vorhandenen Stimmen abgeändert werden können, so ist ein mit der entsprechenden Mehrheit gefaßter Beschluß, durch den ein langjähriges Mitglied des Verwaltungsbeirats nach seinem Ausscheiden aus der Gemeinschaft entgegen einer Bestimmung der Gemeinschaftsordnung und der gesetzlichen Regelung nochmals für eine Übergangszeit von zwei Jahren in den Verwaltungsbeirat gewählt wird, nicht für ungültig zu erklären.
Die Wohnungseigentümer können mehrheitlich Einschränkungen in der Hundehaltung (kein freier Auslauf in den Außenanlagen) beschließen.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Der Ast. und die Ag. sind die Wohnungseigentümer einer aus 30 Wohnungen bestehenden Wohnanlage; der weitere Bet. ist Verwalter. Der Ast. hat einen Hund, den er gelegentlich mit einer Schnur oder Kette an der Balkonbrüstung seiner im Erdgeschoß gelegenen Wohnung festbindet, so daß der Hund sich auf der Terrasse und der vor der Wohnung liegenden Rasenfläche - daran steht dem Ast. kein Sondernutzungsrecht zu - an der Schnur oder Kette bewegen kann. In § 17 der Gemeinschaftsordnung (GO) ist die Wahl eines Verwaltungsbeirats aus drei Wohnungseigentümern vorgesehen. Nach § 18 GO können „Änderungen dieser Erklärung. . . grundsätzlich nur mit einer 2/3-Mehrheit aller vorhandenen Stimmen beschlossen werden". In der Versammlung vom 11. 12. 1995 wählten die Wohnungseigentümer das ehemalige Mitglied der Gemeinschaft H „aufgrund der großen Erfahrung, die Herr H mit seiner Verwaltungsbeiratstätigkeit sich aneignen konnte„, für einen Übergangszeitraum von einem Jahr zum Mitglied des Verwaltungsbeirats. Außerdem beschlossen sie im Hinblick darauf, daß der Ast. sich einen Hund angeschafft hatte, die Hausordnung um folgenden Punkt „Tierhaltung„ zu ergänzen: „Der Wohnungsinhaber ist verpflichtet, Haustiere (insbesondere Hunde und Katzen) so zu halten, daß sie in den Außenanlagen (Grünflächen) . . . nicht frei herumlaufen . . . können. . . Hunde sind innerhalb . . . der Außenanlage stets an der Leine zu führen . ..„
In der Versammlung vom 11. 12. 1996 beschlossen die Wohnungseigentümer zunächst mit einer Mehrheit von mehr als 2/3 der vorhandenen Stimmen, § 17 der derzeit gültigen Gemeinschaftsordnung für weitere zwei Jahre hinsichtlich der Wiederwahl von H außer Kraft zu setzen. Mit Ablauf des 31. 12.1998 oder mit Ausscheiden von H aus dem Verwaltungsbeirat sollte § 17 wieder in Kraft treten. Anschließend wählten die Wohnungseigentümer H mit derselben Mehrheit für die Jahre 1997/98 zum Mitglied des Verwaltungsbeirats. Zu TOP 12 (Mißachtung der Hausordnung, Tierhaltung . . .) faßten die Wohnungseigentümer nach Erörterungen über den Eigentümerbeschluß vom 11. 12. 1995 folgenden Beschluß: „Der Miteigentümer Herr S (= Ast.) wird hiermit aufgefordert, bis spätestens 31. 3. 1997 den vor seiner Terrasse angrenzenden Gemeinschaftsgartenbereich nicht mehr als Hundeauslaufplatz zu benützen. Bis zu dem zuvor genannten Zeitpunkt soll bzw. muß (der Ast.) nach einer anderen Möglichkeit zum Hundeauslauf suchen. Dies kann künftig jedoch nicht mehr über bzw. auf der Gemeinschaftsrasenfläche erfolgen. Ab dem 1. 4. 1997 wird die Hausverwaltung aufgefordert, strikt für die Durchführung dieses Hausordnungspunkts zu sorgen„.
Der Ast. hat beantragt, die beiden Eigentümerbeschlüsse für ungültig zu erklären. Das AG hat die Anträge abgewiesen, das LG die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Die sofortige weitere Beschwerde des Ast. blieb erfolglos.
Auszüge aus den Gründen:
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Die Eigentümerbeschlüsse im Zusammenhang mit der Wahl des Verwaltungsbeirats sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
(1) Nach § 29 I 2 WEG und dem insoweit inhaltlich übereinstimmenden § 17 GO besteht der Verwaltungsbeirat aus Wohnungseigentümern. Die gesetzliche Regelung ist nicht zwingend, sondern abdingbar; grundsätzlich kann sie aber nur durch eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer gem. § 10 I 2 WEG abgeändert werden (BayObLGZ 1991, 356 = R 1992, 210, OLG Düsseldorf, MittRhNotK 1991, 216, jew. m.w. Nachw.). Die Gemeinschaftsordnung (Teilungserklärung) kann aber dann durch Mehrheitsbeschluß abgeändert werden, wenn dies in ihr selbst vorgesehen ist, ein sachlicher Grund für die Abänderung vorliegt und einzelne Wohnungseigentümer durch die Abänderung gegenüber dem früheren Rechtszustand nicht unbillig benachteiligt werden (BGHZ 95, 137 = NJW 1985, 2832, ergangen auf den Vorlagebeschluß des Senats, BayObLGZ 1984, 257; BayObLGZ 1990, 107, [109] = NJW-RR 1990, 978).
(2) Die Vorinstanzen haben diese Voraussetzungen für die Eigentümerbeschlüsse im Zusammenhang mit der Wahl von H zum Mitglied des Verwaltungsbeirats ohne Rechtsfehler bejaht. § 18 GO sieht vor, daß „diese Erklärung„, d.h. auch § 17 GO, von den Wohnungseigentümern mit einer Mehrheit von 2/3 aller vorhandenen Stimmen abgeändert werden kann. Diese Mehrheit war bei den beiden Beschlüssen zu TOP 8 unstreitig erreicht. In dem Einladungsschreiben zur Versammlung vom 11. 12. 1996 ist ausdrücklich darauf hingewiesen, daß für die Wahl von H „§ 17 der derzeit gültigen Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) für zwei Jahre außer Kraft gesetzt„, d.h. abgeändert werden müsse. Die Bedenken, die der Ast. in der Rechtsbeschwerde gegen die Gültigkeit der Eigentümerbeschlüsse aus § 23 II WEG herleitet, sind somit nicht begründet. Die Wohnungseigentümer haben in der Versammlung zunächst § 17 GO abgeändert, dann mit einem weiteren Beschluß H zum Mitglied des Verwaltungsbeirats bestellt; die vom Ast. in der Rechtsbeschwerde weiter aufgeworfene Frage, ob ein mit der erforderlichen Mehrheit gefaßter, von einer Regelung der Gemeinschaftsordnung abweichender Beschluß auch ohne deren vorherige Abänderung gültig ist, braucht somit nicht entschieden zu werden.
(3) Die weiteren Voraussetzungen für die Abänderung von § 17 GO und die anschließende Wahl von H haben die Vorinstanzen gleichfalls ohne Rechtsfehler bejaht; auf die einschlägigen Ausführungen wird Bezug genommen. Der Ast. erhebt insoweit auch keine Rügen. Keinen rechtlichen Bedenken begegnet es schließlich, daß die Wohnungseigentümer § 17 GO nur für die Wahl einer bestimmten Person und für zeitlich begrenzte Dauer abgeändert haben; solche Einzelfallregelungen zugunsten eines bestimmten Wohnungseigentümers oder im Zusammenhang mit einer bestimmten Sachlage sind grundsätzlich zulässig (vgl. BayObLGZ 1997, 139 = NJW-RR 1997, 1305).
b) Zu Recht haben die Vorinstanzen es auch abgelehnt, den Eigentümerbeschluß TOP 12 der Versammlung vom 11. 12. 1996 für ungültig zu erklären. Der Beschluß konkretisiert nur, wie das LG zutreffend feststellt, die Verpflichtungen aus dem Eigentümerbeschluß vom 11. 12. 1995, ohne selbst neue und weitergehende Einschränkungen in der Hundehaltung zu schaffen. Die Wohnungseigentümer können gem. § 15 II WEG mehrheitlich Einschränkungen in der Tierhaltung beschließen und auch den freien Auslauf in den Außenanlagen untersagen (vgl. BayObLG, ZMR 1994, 658 m.w. Nachw.). Der Eigentümerbeschluß vom 11. 12. 1995 ist bestandskräftig und schon aus diesem Grunde seinem ganzen Inhalt nach wirksam (vgl. BGHZ 129, 329 = NJW 1995, 2036). Die Wohnungseigentümer konnten bei der Beschlußfassung am 11. 12. 1996 davon ausgehen, daß der Ast. gegen den Beschluß vom 11. 12. 1995 verstoßen hatte, auch wenn dort nur untersagt worden ist, Hunde in den Außenanlagen (Grünflächen) frei herumlaufen zu lassen, nicht aber, sie dort an der Leine zu führen. Denn von einem „Führen„ an der Leine kann bei der Art, wie der Ast. seinen Hund auf der Rasenfläche vor der Wohnung gewähren läßt, nicht gesprochen werden. Darauf, ob die übrigen durch den Zeugen L vorgetragenen Folgen dieser Hundehaltung gegen den Beschluß vom 11. 12. 1995 verstoßen, kommt es nicht mehr entscheidend an.
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