Eigenheimzulage: Steuerbegünstigung auch bei Verlobten

Gericht

BFH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

22. 04. 1998


Aktenzeichen

X R 163/94


Leitsatz des Gerichts

  1. Eine spätere Heirat steht der Anwendung des § 10e EStG grundsätzlich nicht entgegen.

  2. Hält die Anschaffung zwischen nahen Angehörigen einem Fremdvergleich nicht stand, kann die Steuerbegünstigung nicht gewährt werden.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kl.) erwarb im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens mit Vertrag von Mitte November 1991 von seiner damaligen Ehefrau deren Miteigentumsanteil an dem den Ehegatten je zur Hälfte gehörenden Einfamilienhaus gegen eine Barleistung von 135 000 DM sowie Übernahme der auf dem Grundstück lastenden Grundpfandrechte sowie der durch sie gesicherten Verbindlichkeiten. Von den im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch i.H. von ca. 150 000 DM valutierten Verbindlichkeiten entfiel im Innenverhältnis die Hälfte auf die Ehefrau. Für dieses Einfamilienhaus hatten die geschiedenen Ehegatten in den Jahren 1984 bis 1990 erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG bzw. die den erhöhten Absetzungen entsprechenden Beträge nach § 52 Abs. 21 Satz 4 EStG in Anspruch genommen.

Mit Vertrag von Ende November 1991 veräußerte der Kl. diesen Miteigentumsanteil an die Klägerin und Revisionsklägerin (Klin.), die er im Dezember 1991 heiratete und die das Haus seit Dezember 1991 zusammen mit dem Kl. bewohnt.

Der Kaufpreis von 150 000 DM war durch eine Barzahlung i.H. von 75 000 DM zu erbringen sowie durch Übernahme der auf dem Anteil lastenden Grundpfandrechte (Grundschulden zugunsten Bank I, Bank II und Bank III i.H. von insgesamt 271 700 DM) einschließlich der hierdurch gesicherten Verbindlichkeiten, lt. Kaufvertrag ca. 150 000 DM. Ein Unterschiedsbetrag zwischen dem angenommenen Betrag von 150 000 DM und der tatsächlichen Höhe der übernommenen Verbindlichkeiten am Stichtag war ggf. auszugleichen. Für den Fall, daß ein Gläubiger die Schuldübernahme nicht genehmigen sollte, verpflichtete sich die Klin., den Kl. im Innenverhältnis zur Hälfte freizustellen. Nach den Angaben der Kl. im Einspruchsverfahren bestanden im Zeitpunkt des Erwerbs Verbindlichkeiten i.H. von insgesamt 141 700,41 DM; davon entfielen 31 989,60 DM auf ein Darlehen der Bausparkasse X, das nicht durch ein Grundpfandrecht abgesichert war.

Die Klin. hat auf den Kaufpreis 80 000 DM bar bezahlt; sie trat den folgenden Darlehensverträgen als Gesamtschuldnerin bei:

Bank III Vertrag 01 valutiert am 11. 12. 1991 23465,13 DM
Bank III Vertrag 02 valutiert am 11. 12. 1991 15263,70 DM
Bausparkasse X valutiert am 1. 1. 1992 31989,60 DM
Bank II valutiert am 2. 11. 1992 60807,25 DM

131525,68 DM

Ob die Klin. auch in die Kreditverträge mit der Bank I eingetreten ist, ist - so die Feststellung des FG - nicht geklärt. Eine den Kl. befreiende Schuldübernahme ist in keinem der Darlehensverträge vereinbart.

Nach der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1991 erzielte die Klin. Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit i.H. des Bruttoarbeitslohns von 3 505 DM und erhielt Mutterschaftsgeld (3 175 DM).

Für den hälftigen Miteigentumsanteil des Kl. beantragten die Kl. - wie bisher - den Abzug von 5 000 DM nach § 52 Abs. 21 Satz 4 EStG. Für den Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils durch die Klin. beanspruchten sie einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG i.H. von 5 000 DM, den Abzug von Vorkosten nach § 10 Abs. 6 EStG (647 DM) sowie eine Steuerermäßigung nach § 34f EStG für zwei Kinder.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid vom 5. 8. 1992 antragsgemäß die Steuervergünstigung für den Anteil des Kl. Hinsichtlich der für die Klin. beantragten Steuerbegünstigung nach § 10e EStG vertrat das FA die Auffassung, Anschaffungskosten lägen nur i.H. des vereinbarten und tatsächlich bezahlten Barkaufpreises von 75 000 DM vor, da die Klin. keine Zins- und Tilgungsleistungen auf die übernommenen Verbindlichkeiten erbracht habe und auch nicht erbringen könne. Das FA ließ deshalb nur einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG i.H. von 3 009 DM, die geltend gemachten Vorkosten sowie die Ermäßigung nach § 34f EStG für zwei Kinder zum Abzug zu.

Der Einkommensteuerbescheid erging - ebenso wie der geänderte Bescheid vom 10. 11. 1992 - nach § 164 Abs. 1 AO 1977 unter Vorbehalt der Nachprüfung und nach § 165 Abs. 1 AO 1977 vorläufig. Weder die Nebenbestimmungen noch die Änderung des Bescheides berühren den vorliegenden Rechtsstreit.

Am 29. 7. 1993 erließ das FA einen nach § 164 Abs. 2 AO 1977 geänderten Bescheid, in dem es die für den Erwerb des Miteigentumsanteils geltend gemachten Abzugsbeträge nicht mehr berücksichtigte. Zur Begründung führte es aus, der Kaufvertrag sei nicht anzuerkennen, weil er nicht wie vereinbart durchgeführt worden sei. Der Kl. sei nach wie vor Gesamtschuldner der Verbindlichkeiten; die Klin. habe tatsächlich keine Zins- oder Tilgungsleistungen erbracht; sie sei angesichts ihrer Vermögens- und Einkommensverhältnisse im Zeitpunkt des Erwerbs - Erziehungsgeld (600 DM), Kindergeld (150 DM) und Kindesunterhalt (778 DM) - zu deren Erfüllung auch nicht in der Lage gewesen. Die Annahme eines teilentgeltlichen Erwerbs scheide aus, weil ein teilentgeltliches Geschäft dem erklärten Willen der Vertragsbeteiligten widerspreche.

Die Klage hatte keinen Erfolg (EFG 1995, 435).

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

II. Die Revision ist unbegründet. Das FG konnte den festgestellten Sachverhalt ohne Rechtsverstoß dahin würdigen, daß der Kaufvertrag zwischen den Kl. nicht so vereinbart und durchgeführt wurde, wie dies zwischen Fremden üblich ist. Es hat deshalb zu Recht die Gewährung der begehrten Steuerbegünstigungen abgelehnt.

1. Im Ergebnis zu Recht geht das FG davon aus, daß der Inanspruchnahme der Steuervergünstigung für den Erwerb des hälftigen Anteils § 10e Abs. 1 Satz 8 EStG nicht entgegenstand.

a) Nach § 10e Abs. 1 Satz 8 EStG ist die Steuerbegünstigung ausgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung oder einen Anteil daran von seinem Ehegatten anschafft und bei den Ehegatten die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung (§ 26 Abs. 1 EStG) vorliegen. Maßgeblich ist der Anschaffungszeitpunkt. Die spätere Heirat von Veräußerer und Erwerber ist deshalb ebensowenig von Bedeutung wie eine spätere Scheidung oder der spätere Eintritt oder Wegfall der Voraussetzungen für die Zusammenveranlagung (Schmidt/Drenseck, EStG, 16. Aufl., § 10e Rz. 28; Meyer, in: H/H/R, EStG, § 10e Rz. 190; Boeker, in: Lademann, EStG, § 10e Rz. 36; Stephan, in: Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, § 10e EStG Rz. 20). Ob eine Ehe besteht, ist ausschließlich nach bürgerlichem Recht zu entscheiden.

Im Streitfall waren bei Abschluß des Kaufvertrages und bei Besitzübergang die Kl. noch nicht verheiratet.

b) Auf nichteheliche Lebensgemeinschaften oder Verlobte ist die Vorschrift nicht entsprechend anwendbar, denn die Regelung ist insoweit nicht lückenhaft. Die Begünstigung solcher Eigentumserwerbe widersprach nach Auffassung des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 10/3633, 15) dem Zweck der vermögenspolitischen Zielsetzung, die Bildung von Wohneigentum zu fördern; sie soll verhindern, daß durch eine Eigentumsübertragung innerhalb einer Ehegemeinschaft angesichts unveränderter Nutzungsverhältnisse dasselbe Objekt nochmals gefördert wird. Diese Ausnahmeregelung, die Erwerbe zwischen Ehegatten im übrigen nur dann unberücksichtigt läßt, wenn zusätzlich die Voraussetzungen für die Zusammenveranlagung (§ 26 Abs. 1 EStG) vorliegen, ist - ebenso wie die begünstigenden Regelungen für Ehegatten (§ 10e Abs. 4 Satz 2 und Abs. 5 Sätze 2 und 3 EStG) - auf Erwerbe zwischen anderen Angehörigen (vgl. § 15 AO 1977) oder Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft weder zugunsten (vgl. hierzu z.B. BFH v. 10. 7. 1996, X R 72/93, BFHE 181, 40, BStBl II 1998, 111, DStR 1996, 1727; BFH v. 1. 4. 1997, X B 223/96, BFH/NV 1997, 652, bestätigt durch Nichtannahmebeschluß des BVerfG v. 18. 7. 1997, 2 BvR 995/97, sowie BFH v. 14. 1. 1997, X B 154/96, BFH/NV 1997, 290) noch zuungunsten anwendbar (vgl. Meyer, in: H/H/R, a.a.O., § 10e EStG Rz. 188; Boeker, in: Lademann, a.a.O., § 10e Rz. 36).

2. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung nach § 10e Abs. 1 EStG liegen nicht vor, weil Inhalt und tatsächliche Durchführung des Kaufvertrages dem zwischen Fremden Üblichen nicht entsprechen.

a) Entgegen der Auffassung der Kl. schließt die Regelung in § 10e Abs. 1 Satz 8 EStG über den Ausschluß der Begünstigung bei Erwerben zwischen Ehegatten, bei denen die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung vorliegen, die Berücksichtigung der für Rechtsgeschäfte zwischen nahen Angehörigen entwickelten Grundsätze nicht aus. § 10e Abs. 1 Satz 8 EStG betrifft nur den Ausschluß der Begünstigung eines Sachverhalts, der an sich die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 10e Abs. 1 EStG erfüllt. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Begünstigung deshalb nicht vorliegen, weil Inhalt und/oder Durchführung einer Vereinbarung zwischen nahen Angehörigen einem Fremdvergleich nicht standhalten und deshalb steuerrechtlich nicht berücksichtigt werden dürfen.

b) Nach ständiger Rechtsprechung sind Verträge unter nahen Angehörigen der Besteuerung nur zugrunde zu legen, wenn sie bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart sind und darüber hinaus (sog. Fremdvergleich) sowohl die Gestaltung als auch die tatsächliche Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (z.B. BFH v. 7. 5. 1996, IX R 69/94, BFHE 180, 377, BStBl II 1997, 196, DStR 1996, 1359; v. 20. 10. 1997, IX R 38/97, BFHE 184, 463, BStBl II 1998, 106, DStR 1998, 204, jeweils m.w.N.) und wenn ihr Abschluß schließlich nicht einen Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO 1977) darstellt (z.B. BFH v. 14. 1. 1992, IX R 33/89, BFHE 167, 55, BStBl II, 549). Begründet wird diese - vom BVerfG gebilligte (vgl. z.B. Beschl. v. 20. 11. 1984, 1 BvR 1406/84, HFR 1985, 283; v. 7. 11. 1995, 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34, m.w.N.) - Rechtsprechung mit der Notwendigkeit, den steuerlich relevanten Bereich vom privaten Bereich (§ 12 EStG) zu trennen (vgl. z.B. BFH in BFHE 184, 463, BStBl II 1998, 106; v. 18. 12. 1990, VIII R 138/85, BFHE 163, 431, BStBl II 1991, 581, jeweils m.w.N.). Maßgebend für die Beurteilung ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten. Dabei kann einzelnen dieser Beweisanzeichen je nach Lage des Falles unterschiedliche Bedeutung zukommen. Dementsprechend schließt nicht jede Abweichung vom Üblichen notwendigerweise die steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus (BVerfG in BStBl II 1996, 34, und v. 9. 1. 1996 2 BvR 796/91, StED 1996, 178). Allerdings sind an den Nachweis, daß es sich um ein ernsthaftes Vertragsverhältnis handelt, um so strengere Maßstäbe anzulegen, je mehr die Umstände auf eine private Veranlassung deuten (z.B. BFH in BFHE 180, 377, BStBl II 1997, 196, und in BFHE 184, 463, BStBl II 1998, 106). Die Würdigung aller Umstände des Einzelfalles obliegt grundsätzlich dem FG als Tatsacheninstanz (BFH vom 26. 6. 1996, X R 155/94, BFH/NV 1997, 182, m.w.N.).

c) Im Streitfall waren die Kl. nach den - nicht mit Verfahrensrügen angefochtenen - Feststellungen (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) des FG verlobt und danach Angehörige, deren besondere persönliche Bindung nach § 15 AO 1977 auch steuerrechtlich berücksichtigt wird. Im Urteil vom 17. 1. 1985, IV R 149/84 (BFH/NV 1986, 148; bestätigt im - allerdings eine nichteheliche Lebensgemeinschaft betreffenden - Urteil vom 14. 4.1988, R 225/85, BFHE 153, 224, BStBl II 1988, 670, DStR 1988, 513) hat der IV. Senat zu einem über zwei Jahre vor der Heirat begonnenen Arbeitsverhältnis entschieden, bei Verlobten könne nicht - wie bei Ehegatten - generell vom Fehlen gegenläufiger Interessen ausgegangen werden; das Verlöbnis begründe - anders als die Ehe - von Rechts wegen weder eine Lebens- oder Wirtschaftsgemeinschaft noch eine Rechtsgrundlage für Dienstleistungen. Es müßten vielmehr besondere Anhaltspunkte für eine private Veranlassung vorliegen. Der Senat kann offenlassen, ob er dieser Auffassung uneingeschränkt folgen könnte; denn im Streitfall lagen jedenfalls besondere Anhaltspunkte für ein Fehlen gegenläufiger Interessen schon deshalb vor, weil der Kl. den Miteigentumsanteil zu einem Preis verkauft hat, der offensichtlich weit unter dem Preis lag, den er wenige Tage zuvor selbst für den Erwerb desselben Miteigentums-anteils bezahlt hatte. Hinzu kommt, daß es sich um den Miteigentumsanteil an dem von ihm selbst bewohnten Haus handelte und der Erwerb offensichtlich im Zusammenhang mit der innerhalb eines Monats folgenden Eheschließung stand.

3. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Würdigung des FG, daß der Kaufvertrag hinsichtlich der Schuldübernahme einem Fremdvergleich nicht standhält.

a) Übernommene Verbindlichkeiten des Veräußerers sind steuerrechtlich grundsätzlich Anschaffungskosten; denn die Begleichung der Verbindlichkeiten führt zu Aufwendungen des Erwerbers, die dieser auf sich nimmt, um die Verfügungsmacht über das Wirtschaftsgut zu erlangen (BFH v. 5. 7. 1990, GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl II, 847, m.w.N., DStR 1990, 666; Senatsurt. v. 24. 3. 1993, X R 25/91, BFHE 171, 202, BStBl II, 704, DStR 1993, 1096).

Anschaffungskosten setzen jedoch Aufwendungen voraus, die tatsächlich eine Veränderung der Rechtslage bewirkt haben, und nicht der privaten Lebensführung (Unterhaltsleistung oder freiwillige Zuwendung) zuzuordnen sind. Sinn und Zweck des steuerrechtlichen Begriffs der Anschaffungskosten gebieten es daher, weniger auf die formalen Erklärungen als auf den mit ihnen bewirkten wirtschaftlichen Sachverhalt abzustellen (z.B. BFH v. 13. 10. 1993, X R 86/89, BFHE 174, 45, BStBl II 1994, 451, DStR 1994, 902). Dies gilt insbesondere dann, wenn die formalen Erklärungen ein Bündel von Willenserklärungen sind, die auf ganz oder teilweise einander widersprechende - gegenläufige - Rechtsfolgen abzielen und sich insoweit in ihrer Wirkung aufheben (vgl. Senatsurt. in BFHE 174, 45, BStBl II 1994, 451; v. 16. 3. 1988, X R 27/86, BFHE 153, 46, BStBl II, 629 - zu § 42 AO 1977 - DStR 1988, 424). Unberücksichtigt bleiben rechtliche Gestaltungen, die - gemessen am Maßstab der Wertungen des Gesetzgebers, die den jeweils maßgeblichen steuerrechtlichen Vorschriften zugrunde liegen - allein der Erreichung einer Steuervergünstigung dienen, ohne durch andere wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerrechtliche Gründe gerechtfertigt zu sein (vgl. z.B. BFH v. 19. 5. 1993, I R 124/91, BFHE 172, 37, BStBl II, 889, m.w.N., DStR 1994, 1821). Deshalb liegen beispielsweise keine Anschaffungskosten vor, wenn

  • der Veräußerer aus privaten Gründen auf die Entrichtung des Entgelts verzichtet hat (BFH in BFHE 174, 45, BStBl II 1994, 451; v. 20. 12. 1990, XI R 4/86, BFH/NV 1991, 384; v. 30. 1. 1991, XI R 6/84, BFH/NV 1991, 453),

  • eine Geldzahlung wieder an den Berechtigten zurückfließt (BFH v. 26. 6. 1991, XI R 5/85, BFH/NV 1992, 24),

  • der Veräußerer dem Erwerber den zur Begleichung der Anschaffungskosten erforderlichen Betrag schenkt, ohne daß hierfür außersteuerliche Gründe erkennbar sind (BFH v. 10. 10. 1991, XI R 1/86, BFHE 166, 136, BStBl II 1992, 239),

  • der Veräußerer den Kaufpreis, dessen Tilgung auf unabsehbare Zeit aufgeschoben ist, ohne Sicherung stundet (BFHE 166, 136, 140, BStBl II 1992, 239).

Das FG hat aufgrund des eigenen Sachvortrages der Kl. nicht die Überzeugung gewonnen, daß die Schuldübernahme klar und eindeutig vereinbart und tatsächlich durchgeführt worden ist. Es hat seine Tatsachenwürdigung darauf gestützt, daß die Klin. nicht die im Vertrag vereinbarten grundpfandrechtlich gesicherten, sondern z.T. andere Verbindlichkeiten übernommen hat, nur Gesamtschuldnerin der Verbindlichkeiten geworden ist, klare und eindeutige Vereinbarungen über die Modalitäten der Tilgung fehlen und des weiteren nicht erkennbar sei, wie die Klin. Zins- und Tilgungsleistungen auf die mitübernommenen Verbindlichkeiten hätte leisten können. Aus den ihr zur Verfügung stehenden Unterhalts- und Sozialleistungen für ihre beiden Kinder und dem Erziehungsgeld seien ihr nennenswerte Leistungen nicht möglich. Insoweit zu Recht hat das FG hierbei Unterhaltsleistungen des Kl. an die Klin. außer Betracht gelassen, weil diese wirtschaftlich im Ergebnis eine Kaufpreisminderung bewirken. Nichts anderes gälte, wenn der Kl. seiner Frau die zur Tilgung der gesamtschuldnerisch übernommenen Verbindlichkeiten erforderlichen Mittel schenken würde; Anschaffungskosten liegen nicht vor, soweit der Veräußerer dem Erwerber die zur Tilgung des Kaufpreises erforderlichen Mittel schenkt und beachtliche Gründe - außer dem Ziel der Steuerminderung (im Streitfall: die uneingeschränkte Steuervergünstigung für den Miteigentumsanteil und nach der Heirat zusätzlich die Möglichkeit, ggf. die Steuervergünstigung für eine weitere Wohnung erhalten zu können) - nicht erkennbar sind (BFH in BFHE 166, 136, BStBl II 1992, 239).

Die im Betrieb des Kl. stehengelassenen Lohnansprüche der Klin. hat das FG ebenfalls zu Recht nicht berücksichtigt. Diese wären nur dann beachtlich, wenn das Arbeitsverhältnis ernstlich vereinbart, tatsächlich erfüllt und angemessen entgolten worden wäre. Daran fehlt es. Abgesehen davon, daß der von der Klin. zu beanspruchende Arbeitslohn nicht beziffert wurde, und deshalb schon klare und eindeutige Vereinbarungen über den Inhalt der beiderseitigen Rechte und Pflichten des behaupteten Arbeitsvertrages nicht vorlagen, ist zumindest ein Teil des Arbeitslohnes nicht an die Klin. ausbezahlt worden, sondern auf einem Betriebskonto „stehengelassen“ worden. Konnte die Klin. nicht über das Gehalt verfügen, ist auch nach der Rechtsprechung des BVerfG (v. 15. 8. 1996, 2 BvR 3027/95, DB 1996, 2470) kein Arbeitslohn geflossen (vgl. Senatsurt. v. 5. 2. 1997, X R 145/94, BFH/NV 1997, 347). Weil weder die beabsichtigte Vollzeitbeschäftigung als Erzieherin noch die ab 1994 in Aussicht stehende Halbtagsbeschäftigung der Klin. konkretisiert worden ist, käme allenfalls die vom Kl. für die anteilige Überlassung des Arbeitszimmers vereinbarte Miete von 250 DM für Zins- und Tilgungsleistungen auf anteilige Darlehensschulden i.H. von rd. 70 000 DM in Betracht, die, selbst wenn sonstige Aufwendungen für den Miteigentumsanteil nicht anfielen, kaum ausreicht, Zinsverpflichtungen für die übernommenen Darlehensschulden zu decken.

Die im Bereich des Tatsächlichen liegende Schlußfolgerung des FG, es beständen aufgrund der festgestellten Tatsachen Zweifel, ob dem Schuldbeitritt mangels eigener Mittel für Tilgungsleistungen Aufwendungen der Klin. entsprechen, war möglich. Sie verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze und ist mithin nach § 118 Abs. 2 FGO für das Revisionsgericht bindend (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsurt. v. 5. 8. 1988, X R 55/81, BFHE 154, 477, BStBl II 1989, 120, DStR 1989, 43).

b) Ist der Vertrag nur teilweise, hinsichtlich der Barzahlung, wie unter Fremden durchgeführt worden, bleibt auch die Teilleistung außer Betracht (BFH v. 18. 1. 1990, R 50/88, BFH/NV 1990, 693). Anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Kl. nicht aus dem BFH-Urteil vom 18. 9. 1991, XI R 18/89, BFH/NV 1992, 36. Zwar werden von der Rechtsprechung steuerrechtlich auch teilentgeltliche Rechtsgeschäfte zwischen Angehörigen anerkannt (vgl. z.B. BFH v. 10. 7. 1986, R 12/81, BFHE 147, 63, BStBl II, 811, DStR 1986, 621; in BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847; in BFH/NV 1992, 36; in BFHE 166, 136, BStBl II 1992, 239). Diese Rechtsprechung betrifft - wie auch die von den Kl. zitierte Entscheidung in BFH/NV 1992, 36 - jedoch nur Rechtsgeschäfte, die von vornherein teilentgeltlich sind. Daraus ist nicht zu folgern, daß ein unter Angehörigen geschlossener voll entgeltlicher Vertrag selbst dann berücksichtigt werden muß, wenn er nur teilweise durchgeführt worden ist (BFH/NV 1990, 693).

Nach den nicht mit Verfahrensrügen angefochtenen Feststellungen des FG sind die Kl. subjektiv von der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen ausgegangen. Das FG ist insoweit der Erklärung der Kl. im Klageverfahren gefolgt, die es auch unter Berücksichtigung des vorausgegangenen Erwerbs des Miteigentumsanteils durch den Kl. selbst zu einem erheblich höheren Preis deshalb für nachvollziehbar hielt, weil der Kl. den Miteigentumsanteil von seiner früheren Ehefrau im Rahmen der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung im Scheidungsverfahren erworben hat, der Preis durch den besonderen Interessengegensatz der Vertragsbeteiligten einerseits und das Interesse des Kl. am Behalten des von ihm bewohnten Hauses andererseits beeinflußt, vor allem aber auch mit der Abgeltung von Zugewinnausgleichsansprüchen verknüpft war (§ 9 des Vertrages vom November 1991). Diese tatsächliche Würdigung ist möglich und deshalb bindend i.S. des § 118 Abs. 2 FGO (z.B. BFH in BFHE 154, 477, BStBl II 1989, 120).

4. Der Abzug nach § 10e Abs. 6 EStG setzt voraus, daß die Aufwendungen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Anschaffung stehen (ausführlich BFH in BFHE 171, 202, BStBl II 1993, 704, m.w.N.). Kann der Kaufvertrag steuerrechtlich nicht berücksichtigt werden, fehlt es an einer Anschaffung i.S. des § 10e Abs. 6 EStG mit der Folge, daß auch Vorbezugskosten nicht berücksichtigt werden dürfen.

5. Da die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Förderung nach § 10e Abs. 1 bis 5 EStG nicht vorlagen, stand der Klin. auch die Vergünstigung nach § 34f Abs. 2 EStG nicht zu.

Rechtsgebiete

Steuerrecht

Normen

EStG § 10e