Beschränkung der Haustierhaltung durch Mehrheitsbeschluß

Gericht

KG


Art der Entscheidung

Beschluss über weitere Beschwerde


Datum

08. 04. 1998


Aktenzeichen

24 W 1012/97


Leitsatz des Gerichts

Eine von den Wohnungseigentümern mehrheitlich beschlossene oder in einer Hausordnung enthaltene Beschränkung der Haustierhaltung (hier: ein Hund oder drei Katzen je Wohnung) stellt keine willkürliche und das Sondereigentum unangemessen beeinträchtigende Gebrauchsregelung dar.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Bet. zu I und II (Ast.) sind die Wohnungseigentümer einer Wohnungseigentumsanlage. Den Ast. gehört eine 105 m2 große 3-Zimmer-Wohnung, in der sie eine Katzenzucht betreiben und ständig mindestens sieben, teilweise bis zu vierzehn Katzen einschließlich einiger Jungtiere halten. Unter den Bet. besteht Streit, ob und mit welcher Intensität von dieser Katzenhaltung Geruchs- und Lärmbelästigungen ausgehen. Nach § 17 Nr. 1 III der Teilungserklärung vom 2. 6. 1981 ist jeder Wohnungseigentümer berechtigt, sein Stimmrecht in der Gemeinschafterversammlung unter anderem auch auf den Verwalter zu übertragen. In der Versammlung hat jeder Wohnungseigentümer so viele Stimmen, als sein Miteigentumsanteil volle Einhunderttausendstel umfaßt (§ 17 Nr. 2 I der Teilungserklärung). In der Eigentümerversammlung vom 19. 2. 1996, zu der der Verwalter mit Schreiben vom 19. 1. 1996 unter Angabe der Tagesordnungspunkte geladen hatte und in der Wohnungseigentümer mit insgesamt 62571-100000stel Miteigentumsanteilen anwesend beziehungsweise vertreten waren, beschlossen die Wohnungseigentümer zu TOP 11 mehrheitlich, daß höchstens ein Hund oder drei Katzen je Wohnung gehalten werden dürfen. Nach dem Protokoll des Verwalters wurde der Beschlußantrag zu TOP 11 mit 33 Ja-Stimmen gegen acht Nein-Stimmen bei 14 Stimmenthaltungen angenommen. Vor Beginn der Eigentümerversammlung übergaben die Ast. dem Verwalter ein an diesen gerichtetes Schreiben des nicht anwesenden Miteigentümers zu I 1, der 32866-100000stel Miteigentumsanteile hält, in welchem es u.a. wie folgt heißt: „Sollte es bei Punkt 11 der Tagesordnung zu einer Abstimmung über die Einschränkung der Tierhaltung oder anderer in diese Richtung gehender Anträge kommen, so stimme ich hiermit mit den mir gehörenden Eigentumsanteilen gegen eine Einschränkung der Tierhaltung und alle in diese Richtung gerichteten Anträge“. Bei der Feststellung des Beschlußergebnisses zu TOP 11 ließ der Verwalter die Stimmen des Miteigentümers zu I 1 unberücksichtigt mit der protokollierten Begründung, daß nach seiner Rechtsauffassung eine wirksame Stimmrechtsübertragung des betreffenden Miteigentümers auf ihn nicht erfolgt sei.

Die Ast. haben den zu TOP 11 gefaßten Eigentümerbeschluß angefochten. Das AG hat den Anfechtungsantrag der Ast. zurückgewiesen. Auf die Erstbeschwerde der Ast. hat das LG den zu TOP 11 gefaßten Eigentümerbeschluß vom 19. 2. 1996 unter Aufhebung des Beschlusses des AG für ungültig erklärt und ausgeführt, daß das vor der Abstimmung dem Verwalter von den Ast. übergebene Schreiben des Miteigentümers zu I 1 eine Stimmrechtsvollmacht dieses Eigentümers enthalte, von der der Verwalter entsprechend der ihm erteilten Weisung hätte Gebrauch machen müssen, so daß der Beschluß über die Einschränkung der Tierhaltung bei Berücksichtigung der Nein-Stimmen des Miteigentümers zu I 1 nicht zustande gekommen wäre. Die sofortige weitere Beschwerde der von dem Verwalter vertretenen Wohnungseigentümer führte zur Aufhebung des Beschlusses des LG und Zurückweisung der Erstbeschwerde.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

1. Rechtsfehlerfrei sind die Vorinstanzen allerdings davon ausgegangen, daß der Beschlußantrag zu TOP 11 (Beschränkung der Haustierhaltung - ein Hund oder drei Katzen je Wohnung -) jedenfalls nach dem vom Verwalter protokollierten Beschlußergebnis mit der Mehrheit der Stimmen angenommen worden ist, wobei offen bleiben kann, ob auf die Ja-Stimmen 33 oder - wie das LG meint - 33000 und auf die Nein-Stimmen acht oder 8000 Stimmen entfallen. Daß in der Eigentümerversammlung die vom Verwalter im Protokoll insgesamt angegebenen 55 beziehungsweise 55000 Stimmen vertreten waren, wird auch von den Ast. nicht in Zweifel gezogen.

2. Ohne Rechtsirrtum nimmt der angefochtene Beschluß ferner an, daß der Wohnungseigentümer zu I 1, der 32886-100000stel Miteigentumsanteile hält, dem Verwalter mit seinem diesem vor der Abstimmung ausgehändigten Schreiben ohne Datum eine Stimmrechtsvollmacht erteilt und bevollmächtigt hatte, den Beschlußantrag zu TOP 11 hinsichtlich der Einschränkung der Haustierhaltung abzulehnen.

3. Nicht gefolgt werden kann jedoch der Auffassung des LG, der Verwalter hätte auch von seiner Stimmrechtsvollmacht Gebrauch machen müssen und die Nichtberücksichtigung der Stimmen des Miteigentümers zu I 1 habe zur Folge, daß der betreffende Beschluß für ungültig erklärt werden müsse, weil die nichtberücksichtigten Stimmen zu einer Ablehnung des Beschlußantrags geführt hätten. Wie der Senat zwischenzeitlich entschieden hat (NJW-RR 1997, 776 = WuM 1997, 243 = GE 1997, 371 = KG-Report 1997, 65), kann ein Mangel im Abstimmungsvorgang nicht darin gefunden werden, daß von einer Stimmrechtsvollmacht kein Gebrauch gemacht wurde. Die Verantwortung für die Wahrnehmung seines Stimmrechts bleibt auch dann noch in der Sphäre des Wohnungseigentümers, wenn er einen Vertreter mit der Ausübung seines Stimmrechts beauftragt. Für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit des Abstimmungsvorgangs in der Eigentümerversammlung kommt es auch nicht darauf an, ob der beauftragte Stimmrechtsvertreter gegen etwaige Pflichten gegenüber dem Auftraggeber aus dem zwischen beiden bestehenden Innenverhältnis verstößt. Es muß der Entscheidung des Vertreters des betreffenden Wohnungseigentümers überlassen bleiben, ob er von der Stimmrechtsvollmacht Gebrauch machen will. Gibt er bei dem Abstimmungsvorgang die ihm übertragenen Stimmen des betreffenden Wohnungseigentümers nicht ab, so kann weder dieser noch ein anderer Wohnungseigentümer aus dieser Unterlassung Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgründe hinsichtlich eines gegen seinen Willen zustande gekommenen Eigentümerbeschlusses herleiten.

4. Trotz dieses Rechtsfehlers des LG kann der Senat in der Sache entscheiden, da eine weitere Sachaufklärung nicht erforderlich ist. Der in der Eigentümerversammlung vom 19. 2. 1996 zu TOP 11 formell wirksam zustande gekommene Eigentümerbeschluß über die Beschränkung der Haustierhaltung ist auch materiell gültig, da er mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung vereinbar ist.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats (NJW-RR 1991, 1116 = MDR 1992, 50 = WuM 1991, 440), an der festgehalten wird, stellt eine unbeschränkte Haustierhaltung in einer Eigentumswohnung - auch wenn die Teilungserklärung oder die Hausordnung eine Beschränkung nicht vorsieht - eine unzulässige Belästigung anderer Wohnungseigentümer dar, ohne daß es auf eine konkrete Geruchs- oder Geräuschbelästigung einzelner Wohnungseigentümer ankommt. Der Grundsatz des § 13 I WEG, wonach jeder Wohnungseigentümer mit den im Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben verfahren darf, wird mit Rücksicht auf das notwendige Zusammenleben in einer Hausgemeinschaft dadurch eingeschränkt, daß nach § 14 I WEG der Wohnungseigentümer verpflichtet ist, von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, daß dadurch keinem anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvereinbare Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Es entspricht daher den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümer eine Regelung beschließen, welche die Haustierhaltung einschränkt, zumal die Möglichkeit der Haustierhaltung nicht zum wesentlichen Inhalt der Nutzung von Wohnungseigentum und damit nicht zum dinglichen Kernbereich des Wohnungseigentums gehört (vgl. BGHZ 129, 329 = NJW 1995, 2036).

b) Die hier von den Wohnungseigentümern mehrheitlich beschlossene Beschränkung der Haustierhaltung (ein Hund oder drei Katzen je Wohnung) stellt keine willkürliche und das Sondereigentum unangemessen beeinträchtigende Gebrauchsregelung i.S. von § 15 II WEG dar.

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht; Nachbarrecht; Garten- und Nachbarrecht

Normen

WEG §§ 14 Nr. 1, 15 II u. III