Zustimmung der Miteigentümer bei optischen Veränderungen - Friesenwall

Gericht

OLG Schleswig


Art der Entscheidung

Beschluss über weitere Beschwerde


Datum

27. 01. 1999


Aktenzeichen

2 W 90/98


Leitsatz des Gerichts

Optische und architektonische Veränderungen des Gemeinschaftseigentums beeinträchtigen die Rechte anderer Wohnungseigentümer über das unvermeidliche Maß hinaus nachteilig nur dann, wenn sie eine Verschlechterung des Gesamteindrucks darstellen.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Bet. sind die Miteigentümer einer durch Teilungserklärung vom 15. 10. 1970 gebildeten Wohnungseigentumsanlage in W. Die Bet. zu 1 ist Eigentümerin einer der fünf im Obergeschoß des Hauses gelegenen Wohnungen, die Bet. zu 2 haben 1996 das Eigentum an einer der drei im Erdgeschoß gelegenen Wohnungen mit Terrassen - von der Terrassenseite aus links außen - erworben. Noch im selben Jahr haben sie die als äußere Terrassenbegrenzung vorhandene Flechtwand durch einen sog. Friesenwall ersetzt, auf dem sie eine Palisadenwand aus Rundhölzern errichtet haben. Dabei haben sie den Abstand der Abgrenzung von der Giebelwand um 50 cm auf 1,50 m vergrößert, während die Länge mit 4 m gleich geblieben ist. Die Zustimmung aller Bet. zu dieser Veränderung haben die Bet. zu 1 nicht eingeholt. Drei Miteigentümer sind unverändert gegen die Veränderung. Sondernutzungsrechte an den Terrassenflächen sind in der Teilungserklärung nicht vereinbart. Praktisch ist jedoch die alleinige Nutzung dieser Flächen durch die Eigentümer der dahinter liegenden Wohnungen seit jeher respektiert worden.

Nachdem die Bet. zu 1 im Herbst 1996 die Bet. zu 2 vergeblich zum Rückbau der Terrasse aufgefordert hatte, nahm sie im Mai 1997 anwaltliche Hilfe in Anspruch und beantragte schließlich mit Schriftsatz vom 3. 6. 1997 beim AG Niebüll, die Bet. zu 2 zu verurteilen, den ursprünglichen Zustand der Terrasse wiederherzustellen. Mit Beschluß vom 30. 12. 1997 sind die Bet. zu 2 entsprechend verurteilt worden, auch zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Bet. zu 1. Auf die sofortige Beschwerde der Bet. zu 2 ist der Antrag der Bet. zu 1 mit dem angefochtenen Beschluß zurückgewiesen worden, nachdem die Kammer eine Ortsbesichtigung durchgeführt und einen Teil der Miteigentümer vor Ort angehört hat. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, daß nicht jede optische Veränderung durch bauliche Maßnahmen das in §§ 22 I 2, 14 WEG genannte Maß überschreite, sondern daß es sich um nachteilige optische Veränderungen handeln müsse. Eine solche nachteilige Veränderung der Gartenanlage durch die Wallanlage um die Terrasse der Bet. zu 2 habe das LG nicht erkennen können. Die Einschränkung der Mitbenutzung an 2 m2 Rasenfläche sei ganz unwesentlich. Die sofortige weitere Beschwerde der Bet. zu 1 blieb ohne Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

II. Die weitere Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Die Entscheidung des LG beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 FGG, § 550 ZPO).

Der Senat hält die hier entscheidende Auslegung der §§ 22 I 2, 14 Nr. 1 WEG durch das LG im Fall optischer oder architektonischer Veränderungen des Gemeinschaftseigentums für richtig. Als ein Nachteil, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht, kann eine Veränderung des optischen Gesamteindrucks nur dann angesehen werden, wenn sie „objektiv“ nachteilig wirkt, eine Verschlechterung und damit eine Beeinträchtigung bedeutet, oder - wie der BGH formuliert hat (BGHZ 116, 392 [396] = NJW 1992, 978) - wenn sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann. Diese Auslegung entspricht der inzwischen herrschenden Meinung (Staudinger/Bub, BGB, 12. Aufl. [1997], § 22 WEG Rdnrn. 73ff.). Die von der Bet. zu 1 zitierte Entscheidung des KG (NJW-RR 1992, 1232) nötigt ebensowenig wie ähnliche Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte zur Vorlage an den BGH, da der Senat sich der Rechtsprechung des BGH anschließt (BGHZ 116, 392 [396] = NJW 1992, 978; Keidel/Kuntze, § 28 FGG Rdnr. 27 a.E.). Außerdem beruht der Beschluß des KG vom 10. 2. 1992 letztlich nicht auf der in erster Linie formulierten Auffassung zu optischen Veränderungen von Wohnungseigentum, weil er am Schluß auf die Feststellung des LG zurückgreift, es sei auch eine Verschlechterung des ästhetischen Gesamteindrucks eingetreten (KG, NJW-RR 1992, 1232 [letzter Abs.]).

Die tatsächlichen Feststellungen des LG sind im vorliegenden Fall in verfahrensrechtlich einwandfreier Weise zustande gekommen. Dazu gehört auch das ästhetische Werturteil, es sei keine Verschlechterung eingetreten (vgl. KG, NJW-RR 1992, 1232 a.E.; BayObLG, NJW-RR 1997, 971 [972] re. Sp. = NJWE-MietR 1997, 235 [L]; NJW-RR 1993, 337; NJW-RR 1992, 975 [976]). Daran ist der Senat als Rechtsbeschwerdegericht gebunden, § 27 I 2 FGG, § 561 II ZPO.

Auch die übrige Prüfung etwaiger Nachteile unter den Kriterien „Beschränkung des Rechts auf Mitgebrauch“ und „intensivere Nutzung“ (Staudinger/Bub, § 22 WEG Rdnrn. 77 und 78f.) enthält keine Rechtsfehler. Die zwei Quadratmeter Gemeinschaftsfläche können nicht mit dem Verkehrswert für Bauland auf S. gemessen werden und daß der Friesenwall eine größere „Barriere“ für den Zugang zum Gemeinschaftseigentum hinter den Terrassen darstellt als der vorher vorhandene Flechtzaun ist nicht festgestellt worden. Ebensowenig ist nachvollziehbar, in welcher Weise die tatsächliche Ausschließlichkeit der Terrassennutzung durch die betreffenden Wohnungseigentümer der Erdgeschoßwohnungen gegenüber der Abgrenzung durch Flechtzaun und Wildrosen wie auf der anderen Seite des Hauses vertieft worden sein soll.

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht

Normen

WEG §§ 22, 14