Begriff der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Eigenheimzulagenrecht

Gericht

BFH


Art der Entscheidung

Beschluss über Beschwerde


Datum

04. 05. 1999


Aktenzeichen

IX B 38/99


Leitsatz des Gerichts

Für die Auslegung des Begriffs „Nutzung zu eigenenWohnzwecken“ in § 4 EigZulG gelten die gleichen Rechtsgrundsätze, wie sie die höchstrichterliche Rechtsprechung für die entsprechenden Regelungen des EStG entwickelt hat.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kl.) erwarben mit notariellem Vertrag im Oktober 1997 ein 1954 erbautes Reiheneinfamilienhaus. Nach dem Kaufvertrag war Besitzübergabe am 15. 12. 1997. In ihrem Antrag auf Eigenheimzulage ab dem Jahr 1997 gaben die Kl. an, das Einfamilienhaus seit dem 19. 2. 1998 selbst zu nutzen.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (FA) gewährte daraufhin die Eigenheimzulage für die Jahre 1998 bis 2004 jeweils i. H. von 5500 DM. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA zurück.

Mit der Klage machten die Kl. geltend, daß sie unmittelbar nach Besitzübergabe damit begonnen hätten, das Reihenhaus zu renovieren. Bereits während der Weihnachtsfeiertage und den darauffolgenden Tagen bis zum Jahreswechsel habe der Kl. in den - teilweise renovierten - Schlafräumen übernachtet. Damit habe er die Wohnung noch im Jahr 1997 zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Das FG wies die Klage unterHinweis auf die Rechtsprechung des BFH ab.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde beantragen die Kl., die Revisiongegen die Entscheidung des FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die Frage, ob die auf unmittelbar anschließenden Bezug und Eigennutzung gerichtete Renovierung von Wohneigentum dem Begriff der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken gemäß § 4 EigZulG unterfalle, sei von grundsätzlicher Bedeutung.

Entscheidungsgründe


Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet; denn die von den Kl. aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.

Voraussetzungen der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage im Rahmen einer NZB 1. Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihreBeantwortung durch den BFH aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. z. B. BFH v. 27. 6. 1985, I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625, DStR 1985, 667). Es muß sich um eine klärungsbedürftige und klärungsfähigeRechtsfrage handeln (Gräber/Ruban, FGO, 4. Aufl., § 115 Anm. 8, m. w. N.). Eine Rechtsfrage ist u. a. dann nicht klärungsbedürftig, wenn sich diese ohne weiteres aus dem Gesetzbeantworten läßt (vgl. z. B. BFH v. 5. 4. 1995, I B 126/94, BFHE 177, 231, BStBl II 1995, 496, DStR 1995, 180) oder offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat (z. B. BFH v. 15. 12. 1989, VI B 78/88, BFHE 159, 196, BStBl II 1990, 344). Die Rechtsfrage ist auch nicht klärungsbedürftig, wenn auf den Sachverhalt durch die Rechtsprechung geklärte Rechtsgrundsätze anzuwenden sind (vgl. z. B. BFH v. 29. 1. 1987, V B 33/85, BFHE 148, 560, BStBl II 1987, 316, DStR 1987, 269) und keineneuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute höchstrichterliche Prüfung und Entscheidung dieser Frage geboten erscheinen lassen (vgl. z. B. BFH v. 9. 3. 1998, III B 209/96, BFH/NV 1998, 1261; Gräber/Ruban, a. a. O., § 115 Anm. 9). Dies giltauch dann, wenn bei einer gesetzlichen Neuregelung eines Sachverhalts in das neue Gesetz Tatbestandsmerkmale übernommenwerden, zu denen es bereits eine feststehende höchstrichterlicheRechtsprechung gibt.

2. Danach ist geklärt, daß die auf unmittelbar anschließendenBezug und Eigennutzung gerichtete Renovierung von Wohneigentum nicht das Tatbestandsmerkmal der Nutzung zu eigenenWohnzwecken gemäß § 4 EigZulG erfüllt. Die materiellen Regelungen des Eigenheimzulagengesetzes sind weitgehend den Tatbeständen der zuvor im EStG geregelten Wohneigentumsförderung, insbesondere der Steuerbegünstigung gemäß § 10e EStG nachgebildet (vgl. BR-Drs. 498/95, S. 29, 33). Daher sind die zum Begriff der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken in den entsprechenden Regelungen des EStG entwickelten, nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärten Rechtsgrundsätze bei der Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals in § 4 EigZulGanzuwenden. Dies entspricht der einhelligen Auffassung in der Literatur (vgl. z. B. Wacker, Eigenheimzulagengesetz, 2. Aufl., § 4 Rz. 5; Hausen/Kohlrust-Schulz, Die Eigenheimzulage, 2. Aufl., Rz. 173 f.; Handzik/Meyer, Die Eigenheimzulage, Tz. 134 ff.; Blümich/Erhard, § 4 EigZulG Rz. 1 ff.; Boeker, in: Lademann, EStG, § 4 EigZulG Anm. 2 ff.).

Eine Wohnung dient auch unter der Geltung des § 4 EigZulGeigenen Wohnzwecken, wenn sie von dem Steuerpflichtigenselbst und ggf. den mit ihm in einer Haushaltsgemeinschaft lebenden Familienangehörigen als Wohnung genutzt wird (vgl. BFH v. 23. 7. 1997, X R 143/94, BFH/NV 1998, 160; v. 26. 1. 1994, X R 94/91, BFHE 173, 345, BStBl II 1994, 544, DStR 1994, 534; v. 14. 12. 1994, X R 74/91, BFHE 176, 117, BStBl II 1995, 259, Ziff. 2 der Gründe, DStR 1995, 411). Unter Nutzung zu Wohnzwecken ist der tatsächliche Gebrauch der Wohnung zum Wohnen zu verstehen. Das setzt den Einzug in eine bewohnbare Wohnung voraus. Daß Renovierungsarbeiten nicht den Begriff der Nutzung zu Wohnzwecken erfüllen, auch wenn der Eigentümer bei dieser Gelegenheit in der Wohnung behelfsmäßig übernachtet, entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Senats (vgl. Urt. v. 29. 11. 1988, IX R 91/85, BFHE 155, 334, BStBl II 1989, 322; v. 29. 3. 1988, IX R 224/84, BFH/NV 1989, 159, v. 7. 4. 1987, IX R 133-135/84, BFHE 150, 12, BStBl II 1987, 565, m. w. Rechtsprechungshinweisen).

Die von den Kl. mit der Nichtzulassungsbeschwerde vorgebrachten Argumente rechtfertigen demgegenüber nicht die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung. Soweit die Kl. geltendmachen, die Auslegung am Maßstab der bisherigen Rechtsprechung entspreche nicht dem Regelungszweck des Eigenheimzulagengesetzes, übersehen sie, daß sich das Ziel der Förderung von eigengenutztem Wohneigentum gegenüber der früherenRechtslage grundsätzlich nicht verändert hat. Andere Gründe, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, wie z. B. entgegenstehende Rechtsprechung einzelner FG oder beachtliche Argumente in der Literatur gegen die HHR, die der BFH noch nicht erwogen hat, lassen sich der Beschwerdeschrift nichtentnehmen.

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht; Steuerrecht

Normen

EigZulG § 4