Anmeldung der Ansprüche von Partnern einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft; Mängel: Klimaanlage und Shuttle-Service; Nutzlos aufgewendete Urlaubszeit

Gericht

LG Düsseldorf


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

07. 11. 2003


Aktenzeichen

22 S 257/02


Leitsatz des Gerichts

  1. Buchen Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft eine Reise, so werden zwei separate Reiseverträge abgeschlossen.

  2. Zur Anspruchsanmeldung wegen Reisemängeln für beide Partner genügt es, dass diese nur ein Partner unterzeichnet, aber auf die Reiseanmeldung verweist und in der Wir-Form formuliert.

  3. Funktioniert bei Temperaturen von über 30 C die Klimaanlage nicht, kann der Reisepreis um 15 % gemindert werden.

  4. Ist im Reisekatalog „mehrmals täglich Shuttle-Service“ zugesagt, darf ein Durchschnittsreisender davon ausgehen, dass ein kostenloser Shuttle-Service zum geschuldeten Leistungsumfang gehört. Fehlt dieser, kann der Reisepreis um 5 % gemindert werden.

  5. Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit besteht nur bei einer erheblichen Beeinträchtigung. Das setzt eine Minderung von 50 % bezogen auf die gesamte Reise voraus.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

... Die Berufung hat in der Sache zum Teil Erfolg. Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Minderung des Reisepreises in der zuerkannten Höhe gemäß § 651 d Abs. 1 BGB zu.

Die Reise war zum einen dadurch mängelbehaftet, dass die Klimaanlage während der Reisezeit nicht die gesamte Zeit über funktionierte. Nach den gemäß § 529 ZPO der Berufungsentscheidung zu Grunde zu legenden Tatsachen war eine Klimaanlage vertraglich geschuldet. Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil ist die Beklagte an die Zusicherungen im Katalog der Firma Ö., in dem eine Klimaanlage zugesichert worden war, gebunden, weil die Beklagte in der von ihr verwendeten Buchungsmaske für das vom Kläger gebuchte Hotel selbst auf den Katalog der Firma Ö. hingewiesen hatte. Dies ist von der Beklagten in der Berufung nicht mit Gründen angegriffen worden und damit für die Kammer bindend. Der pauschale Einwand der Beklagten, sie sei nicht an die Angaben im Katalog eines anderen Reiseveranstalters gebunden, weil es sich um eine so genannte Hotline-Buchung gehandelt habe, ist im Hinblick auf die nicht angegriffenen Feststellungen des Amtsgerichts zur Gestaltung der Buchungsmaske unerheblich.

Für die mit dem Ausfall der Klimaanlage verbundenen Beeinträchtigungen ist eine Minderung von 15 % des Reisepreises für die gesamte Reisezeit angemessen, aber auch ausreichend. Dabei war zu berücksichtigten, dass die Temperatur im Zimmer des Klägers nach Feststellungen des Amtsgerichts "weit überwiegend" über 30 Grad Celsius lag. Auch in zweiter Instanz ist die Beklagte dem diesbezüglichen Vortrag des Klägers zur Temperatur nicht substantiiert entgegen getreten. Allerdings rechtfertigt der vom Amtsgericht zu Grunde gelegte Klägervortrag zur Klimaanlage keine Minderung von mehr als 15 %. Zwar stellt eine Zimmertemperatur von über 30 Grad Celsius vor allem nachts eine erhebliche Beeinträchtigung dar. Es lässt sich jedoch nicht feststellen, dass während der gesamten Reisezeit im Zimmer des Klägers Temperaturen über 30 Grad Celsius herrschten. Der Kläger hat hierzu im Schriftsatz vom 20. 2. 2001 lediglich behauptet, dass die Temperaturen in der Reisezeit vom 18. 5. - 8. 6. 2000 "überwiegend um 30 Grad Celsius und darüber, im Spitzenwert bei 37 Grad" gelegen hätten. Aus der vom ihm selbst vorgelegten Wetterauskunft von wetteronline.de ergibt sich jedoch, dass in der Zeit vorn 18. 5. bis einschl. 26. 5. 2000 Temperaturen von unter 30 Grad Celsius herrschten und erst ab dem 27. 5. die Außentemperaturen wieder über 30 Grad Celsius lagen. Damit war die Beeinträchtigung in der ersten Urlaubswoche geringer als in der zweiten Woche. Zudem herrschte der behauptete Spitzenwert von 37 Grad Celsius nach der vom Kläger vorgelegten Wetterauskunft nur ein einziges Mal, nämlich am 8. 6., wovon der Kläger und seine Lebensgefährtin allerdings nicht mehr betroffen waren, da es sich um den Abreisetag (mit planmäßigem Abflug um 6:05 Uhr morgens) handelte. Überdies war zu berücksichtigen, dass die Lebensgefährtin des Klägers, die Zeugin Sch., bei ihrer erstinstanzlichen Vernehmung nicht ausgesagt hat, dass die vorhandene Klimaanlage überhaupt nicht funktionierte, sondern nur "nicht die ganze Zeit über". Daher war bei der Bemessung der Minderung auch davon auszugehen, dass die Klimaanlage nicht während der gesamten Reisezeit vollständig ausgefallen war.

15 % des gezahlten Reisepreises von 967,- DM pro Person sind 145,05 DM pro Person. Der Kläger ist auch zur Geltendmachung von Minderungsansprüchen für die mitreisende Zeugin Sch. aktiv legitimiert. Zwar waren nach ständiger Kammerrechtsprechung vorliegend zwei Reiseverträge zustande gekommen, da der Kläger bei der Buchung für die namensverschiedene Zeugin Sch. nicht offenbart hatte, dass es sich hierbei um seine Lebensgefährtin handelte, so dass er nach den äußeren Umständen gemäß § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB als Stellvertreter für die Zeugin Sch. handelte. Der Kläger ist jedoch aus abgetretenem Recht aktiv legitimiert, nachdem die Zeugin Sch. ihre Ansprüche ausweislich der Abtretungsvereinbarung vom 7. 12. 2000 an den Kläger abgetreten hatte.

Die Minderungsansprüche der Zeugin Sch. sind entgegen der Ansicht der Beklagten nicht gemäß § 651 g Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Aus der vom Kläger vorgelegten Anspruchsanmeldung vom 20. 6. 2000 ergibt sich, dass der Kläger nicht nur für sich persönlich, sondern auch für die Zeugin Sch. Gewährleistungsansprüche angemeldet hatte. In der Anspruchsanmeldung ist auf die Vorgangsnummer der Reiseanmeldung vom 15. 5. 2000 Bezug genommen, in der auch die Zeugin Sch. als Reiseteilnehmerin aufgeführt ist. Außerdem ist die Anspruchsanmeldung in der "Wir-Form" abgefasst, so dass bei objektiver Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB für die Beklagte erkennbar war, dass auch Ansprüche für die Zeugin Sch., vertreten durch den Kläger, angemeldet werden sollten.

Der Inhalt der erstmals in der Berufungsinstanz vorgelegten Anspruchsanmeldung war gemäß §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO als neues Vorbringen zuzulassen. Aus dem Beschluss des Amtsgerichts vom 18. 5. 2001 ergibt sich, dass es den Wortlaut der Anspruchsanmeldung für nicht entscheidungserheblich gehalten hat (§ 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Die Vorlage der Anspruchsanmeldung auf den Hinweis der Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 6. 8. 2003 war auch nicht gemäß § 525 ZPO i.V.m. § 296 Abs. 2 ZPO innerhalb der Berufungsinstanz als verspätet zurückzuweisen. Eine grobe Nachlässigkeit des Klägers dadurch, dass er nicht schon auf die Berufungserwiderung der Beklagten vom 2. 1. 2002 bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vom 8. 8. 2003 den genauen Wortlaut der Anspruchsanmeldung dargelegt hat, lag nicht vor. Zwar hat die Beklagte auf S. 3 des Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 2. 1. 2002 behauptet, dass, soweit Ansprüche der Zeugin Sch. geltend gemacht werden, die Monatsfrist des §651 g Abs. 1 BGB nicht eingehalten worden sei, weil lediglich Ansprüche des Klägers angemeldet worden seien. Aus dem Kontext dieses Einwands konnte und musste der Kläger jedoch nicht darauf schließen, dass die Beklagte auf den genauen Wortlaut der ihr unstreitig innerhalb der Frist des § 651 g Abs. 1 BGB zugegangenen Anspruchsanmeldung abstellen wollte. Vielmehr stand der vorgenannte Einwand nur im Zusammenhang mit der Frage, ob zwei Reiseverträge zustande gekommen waren und ob die Abtretung innerhalb der Monatsfrist des § 651 g Abs. 1 BGB erfolgt war. Beides ist aus den oben dargelegten Gründen unerheblich, so dass der Kläger allein auf Grund der Berufungserwiderung nicht damit rechnen musste, dass es auf den genauen Wortlaut der Anspruchsanmeldung vom 20. 6. 2000 ankam, nämlich auf die Frage, ob die Ansprüche in der "Wir-Form" angemeldet worden waren. Nur dafür war jedoch die Vorlage der Anspruchsanmeldung erforderlich.

Die Ansprüche der Zeugin Sch. sind entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht verjährt. Die Abtretung vom 7. 12. 2000 erfolgte innerhalb der Verjährungsfrist des § 651 g Abs. 2 BGB, innerhalb derer der abgetretene Anspruch auch gerichtlich geltend gemacht worden ist.

Ein weiterer Reisemangel i.S.v. § 651 c Abs. 1 BGB, der eine Minderung des Reisepreises rechtfertigt, ist das Fehlen eines Shuttle-Services nach Bodrum. Da die Beklagte nach den insoweit bindenden Feststellungen des Amtsgerichts für die Leistungsbeschreibung im Ö.-Katalog haftete, gilt dies auch für die Zusicherung "Mehrmals täglich Shuttle-Service zum Ortskern". Bei objektiver Auslegung dieser Zusicherung durfte ein Durchschnittsreisender davon ausgehen, dass ein kostenloser Shuttle-Service nach Bodrum zum geschuldeten Leistungsumfang gehörte.

Dafür spricht bereits der Begriff "Shuttle-Service", da mit Service üblicherweise eine kostenlose Dienstleistung des Hotels umschrieben wird. Anderenfalls wäre ein gesonderter Hinweis erforderlich gewesen. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann auch nicht § 611 Abs. 1 BGB dafür herangezogen werden, dass nur ein kostenpflichtiger Shuttle-Service geschuldet war. Zum einen würde auch das Fehlen eines kostenpflichtigen Shuttle-Services einen Reisemangel darstellen. Zum anderen ergibt sich aus § 612 Abs. 1 BGB, dass eine Vergütungspflicht der Dienstleistung bei fehlender Vereinbarung nur besteht, wenn die Dienstleistung nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Dies ist jedoch nicht bei Leistungen der Fall, wenn diese als Teil des geschuldeten Leistungsprogramms angeboten werden. Dass der Shuttle-Service als Leistung des Hotels bzw. von Ö., - und damit vorliegend für die Beklagte bindend - und nicht über einen Drittanbieter angeboten wurde, folgt daraus, dass dieser Umstand zwar bei den Sportmöglichkeiten ausdrücklich erwähnt ist ("über Fremdanbieter"), ein solcher Zusatz aber für den Shuttle-Service fehlt. Auch ist dieser nicht mit dem Zusatz "gegen Gebühr" versehen, so dass ein Durchschnittsreisender damit rechnen konnte, dass es sich um einen kostenlosen Dienst handelte.

Für das Fehlen des Shuttle-Services nach Bodrum ist eine Minderung von 5 % des Reisepreises angemessen, aber auch ausreichend. Dabei war zu berücksichtigen, dass mit "Shuttle-Service zum Ortskern" lediglich der Transfer nach Bodrum mit einer Fahrzeit von 60 Minuten geschuldet war. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger und seine Lebensgefährtin den Shuttle-Service nach Bodrum täglich - oder wie in der Berufungsbegründung behauptet - sogar mehrmals täglich genutzt hätten. Soweit der Kläger behauptet, er habe vier- bis fünfmal in der Woche ein Taxi vom abgelegenen Hotel zum Ortskern für jeweils 15,- bis 16,- DM genommen, bezieht sich dies nach seinem eigenen Vorbringen in der Anspruchsanmeldung vom 20. 6. 2000 nur auf den ca. 3 km entfernt gelegenen Ortskern von Yalikavak. Hierhin war jedoch kein Shuttle-Service geschuldet, sondern nur nach Bodrum, wie sich aus der Angabe der Transferzeit von ca. 60 Minuten ergibt. Daher kann für die einstündigen Fahrten nach Bodrum allenfalls von einem Nutzungswillen für zwei bis drei Fahrten pro Woche ausgegangen werden, wofür eine Minderung von 5 % des auf die gesamte Reisezeit entfallenden Reisepreises ausreichend ist. 5 % von 967,- DM für zwei Personen sind 96,70DM.

Weiterhin steht dem Kläger der vom Amtsgericht zuerkannte Betrag i.H.v. 64,47 DM für einen Umzug in ein anderes Zimmer innerhalb desselben Hotels zu. Die Höhe der hierfür zuerkannten Minderung ist von der Beklagten nicht angegriffen worden, so dass eine Überprüfung durch die Kammer nicht in Betracht kam.

Für den als Mangel geltend gemachten Insektenbefall hat die Berufung keinen Erfolg, da ein minderungsrelevanter Mangel nicht feststellbar ist. Der Vortrag des Klägers ist - auch unter Berücksichtigung der Aussage der Zeugin Sch. - zu unsubstantiiert, um das konkrete Ausmaß einer minderungsrelevanten Beeinträchtigung feststellen zu können. Die Behauptung in der Klageschrift, im Hotel und Hotelzimmer habe es "tausende von Ameisen, Kellerasseln, Tausendfüßlern und anderen Krabbeltieren" gegeben, ist im Hinblick auf das Hotel durch die Aussagen der Zeugen A. und F. widerlegt. Beide Zeugen haben übereinstimmend bekundet, im Hotel kein Ungeziefer in dem vom Kläger behaupteten Ausmaß gesehen zu haben. Dass es im Hotelzimmer des Klägers "tausende" Insekten gegeben habe, ist ebenfalls nicht bewiesen. Die Zeugin Sch. hat lediglich bekundet, dass sie in den Räumen, auch im Schlafzimmer, "viele Insekten", vor allem Ameisen und eine Raupe gesehen habe. Dies ist zu unsubstantiiert, um feststellen zu können, dass es sich hierbei um mehr als eine bloße Unannehmlichkeit handelt, die in südlichen Ländern entschädigungslos hinzunehmen ist. Es ist nicht ersichtlich und wurde vom Kläger auch nicht konkretisiert, was die Zeugin unter "vielen Insekten" versteht.

Entgegen der Ansicht des Klägers kann aus dem unstreitigen einmaligen Einsatz eines Insektizids auch nicht auf einen übermäßigen Insektenbefall geschlossen werden. Vielmehr ist das Versprühen von Insektiziden in südlichen Ländern auch aus Präventivgründen und schon beim Auftreten von Insekten unterhalb der minderungsrelevanten Beeinträchtigungsschwelle üblich, um eine Verbreitung von Insekten in den Hotelinnenräumen gerade zu vermeiden. Für das einmalige Versprühen eines Insektizids im Zimmer des Klägers und die damit verbundene Geruchsbeeinträchtigung, die die Zeugin Sch. bekundet hat, besteht ebenfalls kein Minderungsanspruch, da es insoweit an einer ordnungsgemäßen Anspruchsanmeldung innerhalb der Frist des § 651 g Abs. 1 BGB fehlt. In dem Schreiben des Klägers vom 20. 6. 2000 ist lediglich ein herbeigerufener Schädlingsbekämpfer erwähnt. Dass dessen Einsatz zu einer Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit des Zimmers durch eine Geruchsbelästigung führte, weswegen die Zeugin Sch. eine Nacht auf dem Balkon schlief, lässt sich der Anspruchsanmeldung nicht entnehmen, so dass hierfür Minderungsansprüche gemäß § 651 g Abs. 1 BGB ausgeschlossen sind.

Weitere Minderungsansprüche (für Verschmutzungen des Getränkeautomaten und verstaubte Zimmermöbel) werden mit der Berufung nicht mehr geltend gemacht.

Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit gemäß § 651 f Abs. 2 BGB steht dem Kläger nicht zu, da die Reise nicht erheblich beeinträchtigt war. Von einer erheblichen Beeinträchtigung i. S. v. § 651 f Abs. 2 BGB ist nach herrschender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur, der sich die Kammer in ständiger Rechtsprechung angeschlossen hat, erst bei einer Minderung von 50 % bezogen auf die gesamte Reise auszugehen. Dies war vorliegend nicht der Fall. ...

Rechtsgebiete

Reiserecht