Errichtung und Verkauf zweier Doppelhaushälften durch Architekten kein gewerblicher Grundstückshandel
Gericht
FG München
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
18. 03. 1998
Aktenzeichen
1 K 2862/96
Erwirbt ein Architekt ein Grundstück, um es umgehend mit zwei Doppelhaushälften zu bebauen, die er bereits vor Fertigstellung an zwei verschiedene Erwerber verkauft, so überschreitet der steuerpflichtige Architekt mit dieser Tätigkeit nicht die Grenze zum gewerblichen Grundstückshandel.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Klägerin (Klin.) und ihr Ehemann erwarben Anfang 1989 das bebaute Anwesen V in M. Nach dem Abbruch des Gebäudes errichteten sie in den Jahren 1989 bis 1992 auf dem Grundstück ein Doppelhaus. Sie veräußerten die beiden Doppelhaushälften durch notariell beurkundete Verträge vom 2. 5. 1990 an verschiedene Erwerber. Für die Jahre 1989-1992 gaben sie Einkommensteuererklärungen ab, in denen sie für das Anwesen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung - überwiegend Werbungskostenüberschüsse - erklärten. Im Juli 1994 reichten die Klin. und ihr Ehemann für die Streitjahre (1989 bis 1992) Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung für das Objekt V ein, in denen sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb von ./. 1 826 DM (1989), ./. 7 095 DM (1990), ./. 59 236 DM (1991) sowie 43 020 DM (1992) angaben. Der Beklagte (FA) lehnte es durch Bescheid vom 7. 3. 1995 ab, eine gesonderte und einheitliche Feststellung durchzuführen. Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.
Zur Begründung der Klage wird im wesentlichen vorgetragen: Das für die Annahme von gewerblichen Einkünften erforderliche Merkmal der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sei im Streitfall zu bejahen. Die aus der Klin. und ihrem Ehemann bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts habe durch die Bebauung des Grundstücks und die Veräußerung der errichteten Objekte an zwei verschiedene Kaufinteressenten am Marktgeschehen teilgenommen. Die wirtschaftliche Betätigung habe den Rahmen privater Vermögensverwaltung überschritten. Die von der Rechtsprechung aufgestellte sog. Drei-Objekt-Grenze sei nicht einschlägig, wenn - wie im Streitfall - die Veräußerung den Schlußpunkt einer grundstücksbezogenen Tätigkeit darstelle. Es sei auch zu berücksichtigen, daß der verstorbene Ehemann der Klin. einem „grundstücksnahen“ Berufszweig angehört habe. Weiterhin sei zu beachten, daß die Drei-Objekt-Grenze nur den Normalfall erfasse. Habe der Veräußerer weitere Aktivitäten entfaltet, so könne auch bei drei Objekten und weniger ein gewerblicher Grundstückshandel zu bejahen sein. Die Doppelhaushälften seien in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Anschaffung des Grundstücks errichtet und noch vor der Errichtung veräußert worden. Der Anschein spreche daher nicht für Vermögensverwaltung, sondern für Substanzausbeute. Zudem werde aus dem Vorlagebeschluß des X. Senats des BFH vom 29. 10. 1997, X R 183/96 (BB 1998, 517, DStR 1998, 367) deutlich, daß nicht allein auf die Anzahl der Objekte abgestellt werden dürfe.
Auszüge aus den Gründen:
Die Klage ist unbegründet. Das FA hat es zu Recht abgelehnt, eine gesonderte und einheitliche Feststellung von gewerblichen Einkünften aus dem Anwesen V durchzuführen.
Die wirtschaftliche Betätigung der Klin. und ihres Ehemannes in bezug auf das Anwesen V ist nicht als Gewerbebetrieb zu beurteilen.
a) Zur Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung von einer gewerblichen Betätigung beim Ankauf und der Veräußerung von Grundstücken hat die Rechtsprechung im Interesse der Rechtssicherheit als wesentliches Indiz die sog. Drei-Objekt-Grenze entwickelt (vgl. allgemein hierzu BFH v. 3. 7. 1995, GrS 1/93, BStBl II 1995, 617, 619, DStR 1995, 1339). Danach ist der Bereich der privaten Vermögensverwaltung grundsätzlich erst verlassen, wenn der Steuerpflichtige mehr als drei Objekte veräußert und zwischen dem Kauf bzw. der Errichtung des Objekts und dem Verkauf ein enger zeitlicher Zusammenhang - in der Regel fünf Jahre - besteht (Schmidt, EStG, 16. Aufl. 1997, § 15 Rz. 52 m. w. N.). Die Drei-Objekt-Grenze bezieht sich auf Wohneinheiten (BFH v. 24.1. 1996, X R 255/93, BStBl II, 303, DStR 1996, 914). Sie gilt auch dann, wenn ein Branchenkundiger Objekte errichtet und veräußert (BFH v. 20. 11. 1990, VIII R 15/87, BStBl II 1991, 345, DStR 1991, 309).
b) Allerdings hat der X. Senat des BFH diese Rechtsprechung im Vorlagebeschluß in BB 1998, 517 z. T. in Frage gestellt. Der X. BFH-Senat ist der Ansicht, daß die Drei-Objekt-Grenze für den Fall der Errichtung und Veräußerung von Wohneinheiten keinen Bestand haben kann. Der Ausgang des Streitfalls hängt jedoch nicht ab vom Ausgang des Vorlageverfahrens. Selbst wenn der Senat davon ausgeht, daß auch bei der Herstellung und dem Verkauf von nur zwei Objekten Gewerblichkeit unter bestimmten Voraussetzungen gegeben sei kann, liegen diese Voraussetzungen hier nicht vor.
Die Grundstücke dienten der Architektentätigkeit allenfalls mittelbar und stellten kein notwendiges Betriebsvermögen dar, weder im Rahmen dieser Tätigkeit noch im Rahmen einer gesonderten gewerblichen Betätigung. Auch einem Architekten muß es möglich sein, in gewissem Umfang Gebäude oder Wohnungen zu errichten und die Objekte anschließend zu verkaufen, ohne dadurch bereits das Bild eines Bauuntenehmers oder Bauträgers zu vermitteln. Die Grundstücke waren auch - jedenfalls ursprünglich - nicht bestimmt, einen Betrieb als gewillkürtes Betriebsvermögen zu fördern. Die Klin. und ihr Ehemann hatten selbst zunächst nicht die Absicht, gewerblich tätig zu sein, wie aus der ursprünglichen Erklärung von Vermietungseinkünften hervorgeht. Eine spätere Einlage im Zusammenhang mit den nachträglichen Feststellungserklärungen bzw. vorher, nachdem feststand, daß die Anschaffungs- und Herstellungskosten die Verkaufserlöse überstiegen, ist steuerlich nicht mehr zulässig.
4. Die Revision wird im Hinblick auf den Vorlagebeschluß in BB 1998, 517 zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
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