Schadensdarlegung bei Weitergabe eines Maklernachweises

Gericht

OLG Dresden


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

13. 02. 1998


Aktenzeichen

8 U 2863/97


Leitsatz des Gerichts

  1. Der Makler, dem infolge unbefugter Weitergabe des Nachweises und Abschluß des Hauptvertrages durch den Dritten grundsätzlich kein vertraglicher Provisionsanspruch zusteht und der stattdessen Schadensersatz verlangt, muß seinen Schaden (entgangener Verdienst) konkret darlegen. Dazu bedarf es regelmäßig des Vortrags, daß er ohne die Pflichtverletzung seines Kunden einen anderen - zum Abschluß unter den vertraglichen Bedingungen bereiten und fähigen - Kunden gestellt und dadurch einen Hauptvertragsabschluß herbeigeführt hätte.

  2. Auch unter Kaufleuten bedarf die Einbeziehung allgemeiner Geschäftsbedingungen der rechtsgeschäftlichen Vereinbarung. Eine vereinfachte Einbeziehung kraft Branchenüblichkeit kommt in der Maklerbranche in aller Regel nicht in Betracht.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kl. nimmt die Bekl., zwei vietnamesische (Klein-) Gewerbetreibende, auf Zahlung einer Maklerprovision bzw. auf Schadensersatz in Anspruch. Die seinem Kunden, dem Bekl. zu 1, nachgewiesene Mietvertragsgelegenheit hat der Bekl. zu 2 wahrgenommen.

Die Klage ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

I. Die Klage gegen den Bekl. zu 2 bleibt unschlüssig.

1. Vertragliche Ansprüche scheiden aus. Nach eigenem Vorbringen unterhielt der Kl. zum Bekl. zu 2 keine vertraglichen Beziehungen. Es kann an dieser Stelle dahinstehen, ob beide Bekl. persönlich oder wirtschaftlich eng miteinander verbunden waren. Aus einem Hauptvertrag, den statt des Maklerkunden ein diesem nahestehender Dritter abschließt, kann der Maklerkunde allenfalls Provisionsansprüche gegen seinen Kunden herleiten, nicht gegen den Dritten (BGH, NJW-RR 1997, 1276 unter II 1).

2. Schadensersatzansprüche (§§ 826 BGB, 823 II BGB i.V. mit § 263 StGB) stehen dem Kl. jedenfalls deshalb nicht zu, weil er einen Schaden, der nur in einer entgangenen Verdienstmöglichkeit bestehen könnte (Palandt/Sprau, BGB, 57. Aufl., § 652 Rdnr. 69), nicht hinreichend dargelegt hat. Zu Recht hat das LG den Umstand, daß der Kl. über einen Makleralleinauftrag der Vermieter verfügte, nicht als ausreichend angesehen. Auch in der Berufungsinstanz fehlt notwendiger Vortrag dazu, daß der Kl. dann, wenn der Bekl. zu 1 das Angebot vertraulich behandelt und der Bekl. zu 2 es nicht ausgenutzt hätte, in der Lage gewesen wäre, anderen Interessenten die Vertragsgelegenheit zu gleichen oder ähnlichen Konditionen nachzuweisen und - vor allem - dadurch erfolgreich einen Mietvertragsabschluß herbeizuführen (vgl. BGH, NJW 1987, 2431 [2432] unter IV = LM § 652 BGB Nr. 108; NJW 1967, 1225 = LM § 652 BGB Nr. 23; OLG Koblenz, NJW-RR 1994, 180 unter 2 = OLGZ 1994, 177). Im übrigen ließ der Alleinauftrag, da ohne gegenteiliges Vorbringen nicht von einem erweiterten auszugehen ist, ein Eigengeschäft der Vermieter zu (BGH, NJW-RR 1994, 511 unter 1; OLG Hamm, VersR 1995, 1235). Daß diese keine Direktabschlußmöglichkeiten gehabt oder auch nur eigene Bemühungen gänzlich unterlassen hätten, behauptet der Kl. nicht. Die von ihm lediglich abstrakt aufgezeigte Möglichkeit, anderweitig Provision zu verdienen, reicht zum Nachweis eines eingetretenen Schadens nicht aus. Vielmehr hat der Makler darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, daß er einen zum Abschluß unter den vertraglichen Bedingungen bereiten und fähigen Kunden gestellt hätte (Roth, in: MünchKomm, 3. Aufl., § 652 Rdnr. 219).

II. Gegenüber dem Bekl. zu 1 hat die Berufung im Ergebnis ebenfalls keinen Erfolg.

1. Ein vertraglicher Erfüllungsanspruch aus § 652 BGB i.V. mit der Nachweisbestätigung vom 7. 10. 1994 kommt nicht in Betracht.

Ein solcher Anspruch scheitert nicht zwangsläufig bereits daran, daß der Bekl. zu 1 nicht selbst Vertragspartner des Mietvertrages geworden ist. Zum einen setzt § 652 BGB nicht notwendig voraus, daß der Maklerkunde zugleich Partei des Hauptvertrages wird (BGH, NJW 1998, 62 [63] unter 2a m.w. Nachw.). Zum anderen ist höchstrichterlich wiederholt entschieden, daß im Falle des Erwerbs oder der Anmietung des nachgewiesenen Kauf- bzw. Mietobjektes durch einen Dritten die wirtschaftliche Identität eines beabsichtigten Vertrages mit dem später tatsächlich geschlossenen bejaht werden kann, wenn zwischen dem Maklerkunden und dem Dritten besonders enge persönliche oder besonders ausgeprägte wirtschaftliche Beziehungen bestehen (zuletzt BGH, NJW-RR 1998, 411 unter 3a = Zeitschrift für Immobilienrecht [ZfIR] 1998, 11 [Maklerkunde als Generalbevollmächtigter]; WM 1996, 722 unter 3b [Maklerkunde als späterer Gesellschafter der Grundstückskäuferin]; NJW 1995, 3311 = LM H. 2/1996, § 652 BGB Nr. 137 [Maklerkundin und Dritte = „gesellschaftergleiche“ GmbH]; NJW-RR 1996, 113: Erwerb durch Maklerkunden zusammen mit Dritten). Dabei kommt es, wie alle zitierten Entscheidungen betonen, stets auf die Besonderheiten des Einzelfalles an.

Im vorliegenden Fall läßt sich nicht feststellen, daß die Parteien des Maklervertrages bei Unterzeichnung der Nachweisbestätigung oder im nachhinein den Abschluß des Mietvertrages durch den Bekl. zu 2 als den Hauptvertrag angesehen haben, den sie nach dem Maklervertrag übereinstimmend beabsichtigten. Der Kl. behauptet im Gegenteil, Ziel sei während der gesamten Zeit ein Vertragsabschluß des Bekl. zu 1 gewesen.

Auch eine besonders enge persönliche oder wirtschaftliche Beziehung der beiden Bekl. hat der Kl. nicht dargetan. Daß sie Landsleute und „Geschäftspartner“ im selben Gewerbe sind, reicht für eine solche Annahme nicht aus. Ohne weiteres mag die behauptete Weitergabe der Information selbst nach dem Vortrag des Kl. eine bloße Gefälligkeit des Bekl. zu 1 gewesen sein.

2. Schadensersatzansprüche wegen Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht oder aus §§ 826 , 823 II BGB iV. mit § 263 StGB scheiden aus den unter I 2 dargestellten Gründen aus.

3. Schließlich besteht auch kein Schadensersatzanspruch auf der Grundlage von Nr. 3 S. 3 der vom Kl. verwandten Geschäftsbedingungen (AGB).

a) Zwar spricht sehr viel dafür, daß der Kl. dem Bekl. zu 1 zu Recht vorwirft, dieser habe gegen seine Pflicht zur Vertraulichkeit verstoßen und dem Bekl. zu 2 erstmals Kenntnis von der Vertragsgelegenheit verschafft. Für einen solchen Fall unbefugter Weitergabe des Nachweises sieht Nr. 3 S. 3 AGB einen pauschalierten Schadensersatzanspruch in Höhe der vereinbarten Provision vor. Das ist rechtlich unbedenklich (eingehend BGH, NJW 1987, 2431 unter II 1 = LM § 652 BGB Nr. 108; OLG Koblenz, NJW-RR 1994, 180 = OLGZ 1994, 177).

b) Dem Kl. ist jedoch nicht der Nachweis gelungen, daß seine AGB Vertragsbestandteil geworden sind. Dabei kann offen bleiben, ob der Bekl. zu 1 bei Vertragsabschluß, wie im Berufungsrechtszug zunächst unstreitig gewesen ist, ein (jedenfalls minder-)kaufmännisches Gewerbe unterhielt oder ob er, wie erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht, zu jener Zeit bereits seit längerem „arbeitslos“ war.

aa) Selbst wenn die durch § 2 I AGBG gegenüber dem allgemeinen Vertragsrecht formalisierten, im vorliegenden Fall unstreitig nicht erfüllten Einbeziehungsvoraussetzungen nicht galten (§ 24 I Nr. 1 AGBG), bedeutet dies noch nicht, daß die AGB des Kl. tatsächlich einbezogen wurden. Auch im kaufmännischen Geschäftsverkehr können Allgemeine Geschäftsbedingungen - vorbehaltlich des Bestehens eines entsprechenden Handelsbrauches, der gem. § 346 HGB auch ohne Einbeziehung Vertragsinhalt wird (vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 8. Aufl., § 2 Rdnrn. 90, 91; Palandt/Heinrichs, BGB, 57. Aufl., § 2 AGBG Rdnr. 30 jeweils m. w. Nachw.), für den vorliegend aber nichts ersichtlich ist - nur kraft rechtsgeschäftlicher Vereinbarung Vertragsbestandteil werden (BGHZ 117, 190 [194] = NJW 1992, 1232 = LM H. 10/1992 § 2 AGBG Nr. 14). Notwendig ist eine ausdrückliche oder zumindest stillschweigende Willensübereinstimmung der Vertragspartner zur Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Für die Einbeziehung durch schlüssiges Verhalten reicht es dabei in der Regel aus, wenn der Verwender im Zusammenhang mit dem Vertragsschluß auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinweist und der Vertragspartner ihrer Geltung nicht widerspricht (BGHZ 117, 190 = NJW 1992, 1231 = LM H. 10/1992 § 2 AGBG Nr. 14).

bb) Der Kl. hat nicht bewiesen, daß seine AGB in der vorbezeichneten Weise dem Maklervertrag zugrunde gelegt worden sind. Ein ausdrücklicher Hinweis auf die AGB findet sich in der am 7. 10. 1994 unterzeichneten Nachweisbestätigung nicht. Der Kl. macht auch nicht geltend, er habe von sich aus den Bekl. zu 1 auf die Vertragsbedingungen aufmerksam gemacht. Seine Behauptung, dem Bekl. zu 1 seien die AGB anläßlich der Unterzeichnung der Nachweisbestätigung zusammen mit den von den Mietobjekten gefertigten Exposés übergeben worden, hat sich in der Beweisaufnahme ebensowenig bestätigt wie sein Vorbringen, im Wartezimmer seines Büros, in dem auch der Bekl. zu 1 Platz genommen habe, seien die AGB deutlich sichtbar ausgehängt gewesen. Die Zeugin K, seine ehemalige Angestellte, konnte hierzu nichts bekunden. Sie war erst ab November 1994 beim Kl. beschäftigt.

cc) Der Kl. kann sich nicht auf eine vereinfachte Einbeziehung seiner AGB kraft Branchenüblichkeit stützen.

Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß die Branchenüblichkeit der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen dazu führen kann, daß das Angebot des Verwenders auch ohne ausdrücklichen Hinweis die Einbeziehung der Geschäftsbedingungen umfaßt; der Einbeziehung muß dann der branchenkundige Kunde grundsätzlich von sich aus widersprechen, will er sich nicht den Bedingungen stillschweigend unterwerfen (BGH, NJW-RR 1997, 1253 unter II 2; NJW-RR 1996, 1313 unter II 1; LM § 249 [D] BGB Nr. 17 = WM 1984, 1233 unter II 3a; BGHZ 96, 136 [138] = NJW 1986, 1434 = LM § 413 HGB Nr. 16, jeweils zur Geltung der ADSp für Transport- und Speditionsgeschäfte unter Kaufleuten; BGH, BGHR § 823 Abs. 1 BGB - Verkehrssicherungspflicht 32 [städtische Hafenbetriebe]; BGHZ 108, 348 [352] = NJW 1990, 255 = LM § 9 [Be] AGBG Nr. 4 [AGB Sparkassen]; weitere Beispiele bei Ulmer/Brandner/Hensen, § 2 Rdnr. 85). Von der Notwendigkeit einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung als solcher befreit die Branchenüblichkeit allein aber selbst im kaufmännischen Geschäftsverkehr nicht. Vielmehr müssen Umstände hinzutreten, die den Schluß darauf zulassen, daß der Vertragspartner stillschweigend mit der Regelung einverstanden ist (BGH, NJW-RR 1992, 626 unter II 2 - zu Einheitsbedingungen der deutschen Textilveredelungsindustrie [EBTV]; NJW 1985, 1838 [1840] = LM § 157 [Ga] BGB Nr. 32; vgl. auch OLG Hamburg, OLG-Report 1997, 226 = EWiR 1997, 895 [Mankowski]: keine stillschweigende Unterwerfung unter Hamburger Lagerungsbedingungen [HLB] kraft regionaler Branchenüblichkeit).

Im Streitfall läßt sich schon nicht feststellen, daß in der Maklerbranche Allgemeine Geschäftsbedingungen durchweg verwandt werden. Dem Senat sind aus seiner Praxis durchaus gegenteilige Fälle bekannt. Sofern von Maklern Geschäftsbedingungen gestellt werden, weisen diese nach den Erfahrungen des Senates vielfach ganz unterschiedliche Regelungen auf. Von einer branchentypischen Verwendung standardisierter Vertragsbedingungen wie im Bereich des Transport- und Speditionswesens, der Banken und Versicherungen, kann nicht die Rede sein. Zudem hat der Kl. keine Umstände aufgezeigt, aus denen auf ein stillschweigendes Einverständnis des Bekl. zu 1 mit der Geltung der AGB geschlossen werden könnte ...

Rechtsgebiete

Maklerrecht

Normen

BGB §§ 652 , 826 , 823; AGBG § 2