Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei Verkauf eines Großobjekts
Gericht
FG Mecklenburg-Vorpommern
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
26. 08. 1998
Aktenzeichen
1 K 184/97
Eine Kommanditgesellschaft erzielt auch bei Bebauung und Veräußerung lediglich eines Grundstücks Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn sich aus dem Gesamtbild der Verhältnisse und nach der Verkehrsanschauung die Zuordnung als Gewerbebetrieb ergibt.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten um die steuerrechtliche Qualifikation der von der Kl. (KG) erzielten Einkünfte. Die KG wurde mit Vertrag vom 19. 3. 1992 gegründet. Die Eintragung ins Handelsregister erfolgte am 28. 3. 1993.
Gemäß § 2 des Gesellschaftsvertrages ist Gegenstand des Unternehmens der Erwerb von Grundstücken sowie die Errichtung von Gebäuden und deren Verwaltung.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 7. 4. 1992 erwarb die KG eine ca. 7000m² große Teilfläche. Die KG verpflichtete sich, auf dem Grundstück bis zum 31. 5. 1994 gewerbliche Gebäude zu errichten. Gemäß § 6 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages ist die KG oder die Firma X verpflichtet, das Grundstück und die Gebäude dauernd für gewerbliche Zwecke zu nutzen.
Bis zum 1. 4. 1993 errichtete die KG auf dem Gelände ein Betriebsgebäude mit Werkhallen und Büroräumen. Die Kl. vermietete diese Räume zum weit überwiegenden Teil (ca. 900m²) ab dem 1. 4. 1993 an die Firma X. Das Mietverhältnis war bis zum 31. 12. 1999 fest abgeschlossen. Die KG hat das erworbene Grundstück und Gebäude mit notariellem Vertrag vom 15. 12. 1994 an die Firma X veräußert.
Auszüge aus den Gründen:
Die Klage ist nicht begründet.
1. Das FA hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß die im Handelsregister eingetragene KG einen Gewerbebetrieb i.S. des § 15 Abs. 2 EStG unterhalten hat.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH v. 6. 10. 1977, R 176/74, BStBl II 1978, 54, DStR 1978, 231 m.w.N.) besteht bei einer in das Handelsregister eingetragenen Personengesellschaft die Vermutung, daß sie tatsächlich ein Handelsgewerbe betreibt und damit gleichzeitig einen Gewerbebetrieb i.S. des Steuerrechts unterhält. Diese Vermutung kann allerdings widerlegt werden. Für die Widerlegung der durch die handelsregisterliche Eintragung begründeten Vermutung ist die Feststellung ausreichend, daß die Gesellschaft von Anfang an zu Unrecht in das Handelsregister eingetragen worden ist und keine gewerbliche Tätigkeit ausübt. Dabei ist es grundsätzlich gleichgültig, worauf die Eintragung beruht.
Die Eintragung in das Handelsregister ist aber in den Fällen von besonderer Bedeutung, in denen die Gesellschaft bis zu ihrer Auflösung eine Tätigkeit ausübt, die sowohl für den Beginn eines Gewerbebetriebes geeignet war als auch nicht zwingend auf einen Gewerbebetrieb schließen läßt. In diesen Fällen ist die Gründung eines Gewerbebetriebs zu bejahen mit der Folge, daß das Vermögen der Gesellschaft gewerbliches Betriebsvermögen darstellt. Die Bedeutung, die der BFH in ständiger Rechtsprechung der Eintragung einer Personengesellschaft in das Handelsregister beimißt, beruht im wesentlichen auf der weitgehenden Übereinstimmung des handelsrechtlichen Begriffs des Handelsgewerbes und des steuerrechtlichen Begriffs des Gewerbebetriebes.
Im Streitfall ist die durch die Eintragung in das Handelsregister begründete Vermutung nicht als widerlegt anzusehen. Aufgrund des Schreibens des Prozeßbevollmächtigten der Kl. an die Firma X und des gesellschaftsrechtlichen Zwecks ist nicht erwiesen, daß die Gesellschaft von Anfang an ihre Tätigkeit auf die Errichtung und Vermietung von Gebäuden habe beschränken wollen. Vielmehr kam von Anbeginn eine kurzfristige Wertschöpfung durch die Veräußerung von Grundvermögen ebenso in Betracht, wie die Ausübung bauträgertypischer Tätigkeiten. Dafür spricht auch die Tatsache, daß der Erwerb des Grundstücks nicht durch eine „private“ GbR möglich war, sondern die Gründung einer KG voraussetzte. Damit wurde auch nach außen der Eindruck einer gewerblichen Tätigkeit erweckt.
Nach § 15 Abs. 2 EStG ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht Gewinn zu erzielen unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ein Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Außerdem darf sich die Tätigkeit nach den Umständen des Einzelfalles nicht als private Vermögensverwaltung darstellen. Die Absicht gewerbliche Gewinne zu erzielen, muß durch eine Tätigkeit verfolgt werden, die nach allgemeiner Auffassung als Unternehmerisch gewertet wird, (vgl. BFH v. 17. 1. 1972, GrS 10/70, BStBl II, 700, Tz. II.2.). Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und der nichtsteuerbaren Sphäre ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und auf die Verkehrsanschauung abzustellen. In Zweifelsfällen ist maßgebend, ob die Tätigkeit, soll sie in den gewerblichen Bereich fallen, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist (vgl. BFH v. 3. 7. 1995, GrS 1/93, BStBl II, 617, Tz.C.I., DStR 1995, 1339).
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG unterliegt der Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen i.S. des EStG zu verstehen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Die Tätigkeit muß die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG erfüllen und darf sich nach den Umständen des Einzelfalles nicht als private Vermögensverwaltung darstellen. Die Absicht, gewerbliche Gewinne zu erzielen, muß durch eine Tätigkeit verfolgt werden, die nach allgemeiner Auffassung als unternehmerisch gewertet wird. Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und der nichtsteuerbaren Sphäre ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und auf die Verkehrsanschauung abzustellen. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH wird die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb überschritten, wenn die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz i.S. einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten entscheidend in den Vordergrund tritt (vgl. BFH vom 3. 7. 1995, GrS 1/93, a.a.O.).
Soweit die Kl. vorträgt, daß in ihrem Falle ein gewerblicher Grundstückshandel wegen der vom BFH entwickelten sogenannten „Drei-Objekt-Grenze“ nicht angenommen werden könne, ist dem nicht zu folgen. In der „Drei-Objekt-Grenze“ ist kein geeignetes Abgrenzungskriterium zwischen der privaten Vermögensverwaltung und dem gewerblichen Grundstückshandel zu sehen, jedenfalls dann nicht, wenn es, wie im vorliegenden Fall, um grundstücksbezogene unternehmerische Wertschöpfung und nicht den bloßen Handel mit Grundstücken geht. Dies steht im Einklang mit der neueren Rechtsprechung des X. Senats des BFH (vgl. BFH v. 24. 1. 1996, X R 255/93, BStBl II, 303, DStR 1996, 914; v. 29. 10. 1997, X R 183/96, BStBl II 1998, 332, DStR 1998, 367; v. 14. 1. 1998, X R 1/96, DStR 1998, 639). Nach dieser Rechtsprechung ist für das gesetzliche Tatbestandsmerkmal der Nachhaltigkeit, der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr und das ungeschriebene negative Merkmal des Nichtvorliegens von Vermögensverwaltung zu unterscheiden zwischen der zum Kernbereich der gewerblichen Betätigung gehörenden Produktion von Gütern für Zwecke des Verkaufs einerseits gegenüber dem bloßen Handel mit Grundstücken andererseits.
Dieser Rechtsprechung des X. Senats schließt sich der erkennende Senat trotz der im Schrifttum geäußerten Kritik (vgl. Söffing, DB 1998, 1683ff. und 1733ff.) an.
Die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfordert, daß eine Tätigkeit am Markt gegen Entgelt angeboten wird. Das Merkmal soll aus dem Begriff des Gewerbebetriebs Tätigkeiten ausklammern, die von Gewinnabsicht getragen, aber nicht auf Leistungs- und Güteraustausch gerichtet sind (vgl. BFH v. 15. 12. 1995, XI R 43-45/89, BStBl II 1996, 232 [239] und v. 7. 3. 1996, IV R 2/92, BStBl II, 369 [372], DStR 1996, 1000).
Die Kritik von Söffing, a.a.O., geht nach Ansicht des Senats insoweit fehl, als in den Fällen der grundstücksbezogenen unternehmerischen Wertschöpfungen, die auch im Streitfall vorliegen, ein Güter- und Leistungsaustausch geradezu typisch ist. Diese Wertschöpfungen sind nicht nur darauf gerichtet, Leistungen Dritter in Anspruch zu nehmen, so aber offensichtlich Söffing, sondern entfalten ihre volle Wirkung erst durch die Abgabe, der zu einer neuen Ware gebündelten Leistungen.
Auch die Ausführungen Söffings zur „Nachhaltigkeit“ und zur „Drei-Objekt-Grenze“, a.a.O., 1733ff., können nicht überzeugen. Soweit sich Söffing auf BFH v. 15. 12. 1971, I R 49/70 (BStBl II 1972, 291) stützt, ist hervorzuheben, daß der von ihm zitierte Rechtssatz des Urteils durch die Formulierung „in der Regel“ (S. 292 1. Sp.) im Urteil eine Einschränkung erfahren hat. Im übrigen sind bei der Anwendung der §§ 2 GewStG, 15 EStG alle sachlich zusammenhängenden Tätigkeiten zu würdigen. Nach BFH v. 2. 11. 1971, VIII R 1/71 (BStBl II 1972, 360, DStR 1972, 283) ist eine Nachhaltigkeit der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht schon deshalb zu verneinen, „weil es sich um nur ein einziges Bauprojekt und seine Durchführung gehandelt hat“. Denn bei der Beurteilung der Nachhaltigkeit sei „auch der Umfang des jeweiligen Bau- und Verkaufsprogramms und seine Abwicklung als wesentlich zu betrachten“. Entscheidend sei im Einzelfall, ob die Bau- und Veräußerungsmaßnahmen nach dem Normalbild einer Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten oder dem üblichen Bild einer Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung entspreche.
Zutreffend hat bereits der RFH (vgl. RFH v. 25. 1. 1939, VI 41/39, RStBl 1939, 354) hervorgehoben: Sobald ein Architekt die Ausführung eines Baus für eigene Rechnung übernimmt, sich z.B. verpflichtet, ein Haus schlüsselfertig abzuliefern, „übt er nicht bloß die Tätigkeit eines Baukünstlers oder Bauberaters aus“. Wie ein Bauunternehmer betätige sich auch der Architekt gewerblich, der Häuser auf eigene Rechnung baue und diese weiterveräußere. In einem solchen Fall kann Gewerblichkeit auch dann anzunehmen sein, wenn weniger als drei Objekte veräußert werden (vgl. Fischer, FR 1995, 803 (809), m.w.N.). Die Rechtsprechung des X. Senats wird außerdem gestützt durch die frühere Rechtsprechung des BFH zur Abwicklung eines Bauauftrages durch Arbeitsgemeinschaften, was als gewerblich beurteilt wurde. Wiederholte Tätigkeiten liegen auch dann vor, wenn das Tätigwerden auf einem einmaligen Entschluß beruhe, die Durchführung aber mehrere Einzeltätigkeiten, eine Vielzahl rechtlich und wirtschaftlich eigenständiger Handlungen erheblichen Gewichts erfordere. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung ist zur Vermeidung praktischer Schwierigkeiten im § 2a Satz 1 GewStG in der bis zum Erhebungszeitraum 1994 geltenden Fassung mittels Fiktion bestimmt worden, daß die Tätigkeiten der Arbeitsgemeinschaften, deren alleiniger Zweck sich auf die Erfüllung eines einzigen Werkvertrages oder Werklieferungsvertrages beschränkt, nach weiterer Maßgabe des Gesetzes nicht als Gewerbebetrieb gilt (vgl. BFH v. 2. 12. 1992, I R 165/90, BStBl II 1993, 577, DStR 1993, 762). Ohne diese Bestimmung wäre auch bei einer solchen Arbeitsgemeinschaft die Ausführung nur eines einzigen Werkvertrages als gewerbliche Tätigkeit anzusehen.
Nach allem liegt im Anschluß an die Rechtsprechung des X. Senats eine gewerbliche Tätigkeit vor, wenn der Bauherr „nach Art eines Bauträgers/Bauunternehmers“ ein gewerbliches Großobjekt errichtet, sofern er jedenfalls im Zeitpunkt der Bebauung die zumindest bedingte Absicht einer Veräußerung hat. Die Gesamtheit dieser Tätigkeiten stellt sich unter besonderer Berücksichtigung der Bebauung für Zwecke der Veräußerung nicht als Fruchtziehung aus zu erhaltenden Vermögenswerten dar. Die Gewerblichkeit ergibt sich hier also nicht lediglich aus der wiederholten Anschaffung und Veräußerung von Wirtschaftsgütern i.S. eines marktmäßigen Umschlags von Sachwerten.
Die Anschaffung, Bebauung und Veräußerung von Grundstücken im Rahmen eines Gesamtplanes entspricht dem Bild des typischen produzierenden Unternehmers, der eigeninitiativ tätig wird und Produktionsfaktoren - wie eigene Arbeitsleistung, Eigen- und Fremdkapital, selbständig und nichtselbständig erbrachte Leistungen Dritter - zu marktfähigen Güter- und Dienstleistungsangeboten bündelt und sie auf eigenes Risiko am Markt absetzt.
Ergibt sich hiernach die Zuordnung zum Bild des Gewerbebetriebs bereits unter dem Gesichtspunkt der nachhaltigen und mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenen „Produktion für den Markt“, kann dieses Ergebnis nicht mehr aufgrund der Indizwirkung einer geringen Zahl von Objekten korrigiert werden. Deswegen kann auch die Errichtung nur eines einzigen Gebäudes nachhaltig i.S. des § 15 Abs. 2 EStG sein, weil für diese Annahme ausreicht, daß die Erledigung des Bauauftrages mehrere Einzeltätigkeiten erfordert (vgl. BFH v. 29. 10. 1997, a.a.O., 336).
Wird ein Branchenfremder nach Art eines Bauunternehmers/Bauträgers tätig, gebietet die Gleichmäßigkeit der Besteuerung seine Gleichstellung mit diesen Unternehmungen, zu denen er in Wettbewerb getreten ist (vgl. BFH v. 29. 10. 1997, a.a.O., 338, m.w.N.).
Nach der Überzeugung des Senats hat die Kl. das streitbefangene Grundstück im Rahmen eines Gesamtplanes angeschafft, bebaut und veräußert, so daß die Voraussetzungen, die der X. Senat des BFH an das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückhandels geknüpft hat, vorliegen. Denn es handelt sich bei dem von der Kl. errichteten Gebäude nicht um ein Wohnobjekt, sondern um ein gewerbliches Großprojekt.
Diese Vermutung ist nach der Auffassung des Senats nicht durch die langfristige Vermietung an die Firma, die weiteren Vermietungsbemühungen der Kl. und die vorgetragene fehlende Nähe der Gesellschafterinnen der Kl. zum Immobilienbereich als widerlegt anzusehen. Die innere Einstellung der Gesellschafterinnen der Kl. beim Kauf des Grundstücks kann wie alle sich in der Vorstellung des Menschen abspielenden Vorgänge nur anhand äußerer Merkmale beurteilt werden. Es muß sich daher um objektive Tatsachen handeln, die Anhaltspunkte dafür bieten, daß die Gesellschafterinnen der Kl. bei dem Kauf auf keinen Fall alsbald wieder verkaufen, sondern unbedingt anderweitig als durch den Verkauf nutzen wollten (vgl. BFH v. 12. 7. 1991, III R 47/88, BStBl II 1992, 143, DStR 1992, 105).
Die Kl. hatte aber bereits bei Anschaffung des Grundstücks die zumindest bedingte Absicht, das bebaute Grundstück zu veräußern. Im Streitfall ergibt sich die Veräußerungsabsicht zum einen aus dem Schreiben des Prozeßbevollmächtigten der Kl. an die Firma X. Es entsprach diesem steuerlichen Konzept, daß zunächst eine gegenüber der Firma X fremde dritte Person das Grundstück erwirbt, bebaut sowie die Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz in Anspruch nimmt, um es nach Ablauf der Spekulationsfrist an die Firma X zu veräußern.
Hinzu kommt ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Grundstückskauf, Bebauung und Verkauf. Ein solcher zeitlicher Zusammenhang wird in der Regel angenommen, wenn die Zeitspanne zwischen Errichtung des Gebäudes und dem Kauf weniger als 5 Jahre beträgt. Beträgt der Zeitabstand der für die Einstufung als gewerbliche Wertschöpfung maßgebenden Tätigkeiten nur 2 Jahre, sind an die Widerlegung der Vermutung strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BFH v. 16. 4. 1991, VIII R 74/87, BStBl II 1991, 844, DStR 1991, 1180). Im vorliegenden Fall liegt zwischen der Errichtung des Gebäudes und dem Verkauf lediglich ein Zeitraum von 21 Monaten. Der Vermutung steht auch nicht entgegen, daß die Kl. zunächst einen langfristigen Mietvertrag mit der Firma X abgeschlossen hat, da der bestehende Mietvertrag - wie der tatsächliche Ablauf zeigt - der Veräußerung nicht entgegenstand, sondern für diesen vielmehr förderlich war.
Daß die Kl. bis zu ihrer Liquidation nur ein einziges Grundstück gekauft, bebaut und veräußert hat, ist für die Entscheidung der streiterheblichen Fragen nach den Rechtsgrundsätzen der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des X. Senats ebenso ohne Bedeutung, wie die mangelnde Sachkenntnis der Gesellschafterinnen der Kl., da sie Hilfskräfte hinzuziehen kann.
Die Kl. hat das Grundstück beschafft, das zu errichtende Gebäude planen lassen, das Baugenehmigungsverfahren durchgeführt, einen Generalunternehmer mit der Bauausführung beauftragt und für die Finanzierung gesorgt. Mit diesen umfangreichen, im vorstehend dargelegten Sinne nachhaltigen, grundstücksbearbeitenden Tätigkeiten hat die Kl. unter Einsatz von Fremd- und Eigenkapital und unter Inanspruchnahme von Dienstleistungen Dritter eine beabsichtigte Wertsteigerung erzielt, die rechtlich nicht mehr als bloße Frucht einer verwaltenden Nutzung vorhandenen Vermögens gewertet werden kann. Die Tätigkeiten der Kl., die alle Maßnahmen zur Errichtung des Betriebsgebäudes ihr zurechenbar veranlaßte, entsprechen nach ihrem wirtschaftlichen Kern der Tätigkeit eines Bauträgers i.S. des § 34c Abs. 1 GewO, mithin eines typisch Gewerbetreibenden i.S. des § 15 Abs. 2 EStG. Ihre Tätigkeit war nicht darauf beschränkt, das private Vermögen ihrer Gesellschafterinnen zu verwalten, sondern war von der Absicht getragen, mit der Veräußerung eines selbst geschaffenen Produktes am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilzunehmen. Die Kl. erzielte mithin gewerbliche Einkünfte.
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