Kein Maklerlohn bei Vorkaufsrechtsausübung und "überholendem" Zwangsversteigerungserwerb

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

04. 03. 1999


Aktenzeichen

III ZR 105/98


Leitsatz des Gerichts

Ein Maklerlohnanspruch gegen den Grundstückskäufer entsteht nach Ausübung eines gesetzlichen Vorkaufsrechtsgem. § 3 BauGB-MaßnahmenG/§ 24 I 1 Nrn. 5, 6 BauGB n.F. regelmäßig auch dann nicht, wenn der Käufer das Grundstück anschließend im Wege der - durch das Vorkaufsrecht nicht verhinderten - Zwangsversteigerung erwirbt.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl., die sich mit dem Nachweis und derVermittlung von Immobilien befaßt, verlangt von der Bekl. eine Maklerprovision. Im August 1993 übersandte der damalige Abteilungsleiter der Sparkasse Z - in Vertretung der Kl. - der Bekl. auf deren Nachfrage ein Exposé über eine ca. 87000 m² große, für Wohnbebauung in Betracht gezogene Teilfläche des Flurstücks 343/6 in L., in dem auch auf die bei Abschluß eines Kaufvertrags fällige Nachweis- bzw. Vermittlungsprovision von 3% aus dem Kaufpreis zzgl.MwSt. hingewiesen wurde. Die Bekl. verhandelte anschließend u.a. mit dem Abteilungsleiter der Sparkasse und, nachdem letzterer den Kontakt zwischen der Bekl. und der Grundstückseigentümerin hergestellt hatte, mit dieser über den Erwerb des Grundstücks. Am10. 11. 1993 schloß die Bekl. mit der Eigentümerin einen Kaufvertrag über die betreffende Teilfläche (das später mit 89660 m² herausvermessene Flurstück 343/9) für einen bei Annahme einer Fläche von 90000 m² auf der Grundlage eines Quadratmeterpreises von 25 DM/m² vorläufig auf 2,25 Mio. DM festgelegten Kaufpreis. MitSchreiben vom 21. 1. 1994 übte die Gemeinde L. das Vorkaufsrecht nach § 3 BauGB-MaßnahmenG i.d.F. der Bekanntmachung vom 28. 4. 1993 (BGBl I, 622) aus. Am 18. 2. 1994 wurde zu Lasten derin Rede stehenden Fläche eine Grundschuld über 3 Mio. DM bestellt. Aus dieser Grundschuld betrieb die Bekl. im Jahre 1995 die Zwangsversteigerung, in deren Verlauf ihr am 19. 4. 1996 der Zuschlag erteilt wurde.

Das LG hat der auf Zahlung von 77625 DM nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben. Mit der Sprungrevision, in die die Kl. eingewilligt hat, erstrebte die Bekl. weiterhin die Abweisung der Klage. Die Revision hatte Erfolg und führte zur Abweisung der Klage, denn derSenat sah einen Maklerlohnanspruch der Kl. gegen die Bekl. nach § 652 I BGB entgegen der Auffassung des LG als nicht gegeben an.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

1. Allerdings ist - was auch die Revision nicht in Abrede stellt - nach den Feststellungen des LG zwischen den Parteien ein Maklervertrag und infolge des Nachweises bzw. der Vermittlung durch die Kl. zwischen derdamaligen Grundstückseigentümerin (Verkäuferin) und der Bekl. ein Grundstückskaufvertrag zustande gekommen.

2. Es entspricht jedoch gefestigter Rechtsprechung, daß der Provisionsanspruch des Immobilienmaklers gegen den Käuferregelmäßig entfällt, wenn der dem Käufer als Kunden vermittelte Grundstückskaufvertrag nicht zum Erwerb führt, weil ein Vorkaufsrecht ausgeübt wird; denn infolge der Ausübung des Vorkaufsrechts bleibt der wirtschaftliche Erfolg der Maklertätigkeit für den Käufer aus, und die Maklerleistung erweistsich als für ihn von Anfang an wertlos (vgl. RGZ 157, 243 [244]; RG, DR 1939, 2107 [2108]; BGH, LM § 505 BGB Nr. 4 = MDR 1963, 303 = BB 1963, 9; NJW 1982, 2662 = LM§ 652 BGB Nr. 80; Senat, BGHZ 131, 318 [321] = NJW 1996, 654 = LM H. 5/1996 § 505 BGB Nr. 19).

a) Der hierbei tragende Gedanke, daß in einem solchen Fall der vom Makler zustande gebrachte Hauptvertrag aus einemGrund gescheitert ist, der seinen wirtschaftlichen Wert von vornherein in Frage gestellt hat, wird zwar in der Fachliteratur für das bloß schuldrechtliche Vorkaufsrecht in Zweifel gezogen (vgl. Staudinger/Reuter, BGB, 13. Bearb. [1995], §§ 652, 653 Rdnr. 97; Roth, in: MünchKomm, 3. Aufl., § 652 Rdnr. 148 Fußn. 634), nicht aber für das dingliche Vorkaufsrecht und auch nicht für gesetzliche Vorkaufsrechte (vgl. Staudinger/Reuter, §§ 652, 653 Rdnr. 98; Roth, in: MünchKomm, § 652 Rdnr. 148).

b) Für das im Streitfall von der Gemeinde L. durch die Erklärung vom 21. 1. 1994 - einen Verwaltungsakt, dessenWirksamkeit (mangels Anfechtung) und Bestandskraft hier nicht in Frage stehen - ausgeübte Vorkaufsrecht nach § 3 BauGB-MaßnahmenG (seit dem 1. 1. 1998 abgelöst durch§ 24 I 1 Nrn. 5, 6 BauGB n.F.) gilt nichts anderes. Allerdings hat dieses gesetzliche Vorkaufsrecht (materiellrechtlich) nicht mehr die dingliche Wirkung, wie sie dem Vorkaufsrecht der§§ 24ff. BBauG 1960 - durch die Verweisung auf § 1098 II BGB - eigen war (vgl. zur Gesetzesgeschichte insoweit W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, 6. Aufl., § 28 Rdnrn. 17,18). Es wirkt nunmehr Dritten gegenüber nicht mehr unmittelbar wie eine Vormerkung zur Sicherung des durch die Ausübung des Vorkaufsrechts entstandenen Anspruchs auf Übertragung des Eigentums. Vielmehr ist es Sache der Gemeinde, gem. § 28 II 3 BauGB nach Mitteilung des Kaufvertrags das Grundbuchamt um die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks zuersuchen (im Streitfall ist dies aus unbekannten Gründen unterblieben). Indessen eröffnet das Vorkaufsrecht (auch) aus § 3 BauGB-MaßnahmenG bzw. § 24 I 1 Nrn. 5, 6 BauGB n.F. insoweit einen Vorrang vor rechtsgeschäftlichen Vorkaufsrechten bzw. vor dem Übereignungsanspruch des Käufers, alszum einen bei einem Eigentumserwerb der Gemeinde aufgrund der Ausübung des Vorkaufsrechts rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte erlöschen (§ 28 II 5 BauGB), zum anderen die Gemeinde in diesem Fall - vorausgesetzt, die Ausübung desVorkaufsrechts ist für den Käufer unanfechtbar geworden - das Grundbuchamt ersuchen kann, eine zur Sicherung des Übereignungsanspruchs des Käufers im Grundbuch eingetragene Vormerkung zu löschen (§ 28 II 6 BauGB).

Von entscheidender Bedeutung in dem Sinne, daß die Gemeinde durch die Ausübung ihres gesetzlichen Vorkaufsrechtspraktisch über die Möglichkeit der Erfüllung des Kaufvertrags im Verhältnis zwischen dem Verkäufer und dem Käufer durch Auflassung und Eintragung entscheidet, nämlich den Eigentumsübergang zunichte macht, ist jedoch die (grundbuchverfahrensrechtliche) Bestimmung des § 28 I 2 BauGB, wonachdas Grundbuchamt bei Kaufverträgen den Käufer als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen darf, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Es liegt auf der Hand, daß diese „Grundbuchsperre„ (vgl. W. Schrödter, in: Schrödter, § 28Rdnrn. 21, 22) zu einem dauerhaften Hindernis für die Eintragung des ersten Käufers als Eigentümer im Grundbuch wird, wenn die Gemeinde ihr gesetzliches Vorkaufsrecht - bestandskräftig - ausgeübt und damit endgültig zum Ausdruck gebracht hat, daß das betreffende Vorkaufsrecht besteht und daß auf seine Ausübung gerade nicht verzichtet werden soll.

3.a) Gleichwohl meint das LG, angesichts der Besonderheiten des vorliegenden Falls könne der Grundsatz, daß bei Ausübung eines gesetzlichen Vorkaufsrechts der wirtschaftlicheErfolg der Maklertätigkeit für den Käufer ausbleibt und damit die Grundlage für den Provisionsanspruch entfällt, nicht zur Anwendung kommen, weil der Eigentumserwerb der Gemeinde letztendlich an dem von der Bekl. in Gang gesetztenZwangsversteigerungsverfahren gescheitert sei und sich damit das gesetzliche Vorkaufsrecht „dinglich nicht verwirklicht„ habe.

Nach Anordnung der Zwangsversteigerung könne der Verkäufer,der sich nach Ausübung des Vorkaufsrechts zweifach schuldrechtlich verpflichtet sehe, weder gegenüber dem Erstkäufer noch gegenüber dem Vorkaufsberechtigten erfüllen. Andererseits habe das Zwangsversteigerungsverfahren keinen Einfluß auf den Provisionsansprucheines Maklers, weil es die Wirksamkeit der schuldrechtlichen Verpflichtung nicht berühre. Der Makler stehe im vorliegenden Fall nicht anders da, als wenn - ohne Ausübung des Vorkaufsrechts - sogleich die Zwangsversteigerung angeordnet worden wäre. Dann wäre seinMaklerlohnanspruch erhalten geblieben. Insoweit könne es keinen Unterschied machen, daß vorliegend das Vorkaufsrecht ausgeübt worden, jedoch ohne dingliche Wirkung geblieben sei. Ein dem Kaufvertrag anhaftendes Risiko habe sich nicht verwirklicht, so daß der Provisionsanspruch des Maklers unberührt geblieben sei. Dieser basiere auf dem vom Makler ursächlich herbeigeführten, wirksam zustande gekommenen Kaufvertrag mit der Bekl. Dieses Ergebnis erscheine imvorliegenden Fall auch nicht deshalb als unbillig, weil letztendlich die Bekl. auf eigenes Betreiben des Zwangsversteigerungsverfahrens Eigentümerin des Grundstücks geworden sei. Maßgebend bleibe die ursächlich gewordene Nachweistätigkeit der Kl. für einen schuldrechtlichen Kaufvertragsabschluß der Bekl.

b) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

aa) Richtig ist insoweit allerdings der rechtliche Befund desLG, daß das von der Gemeinde L. ausgeübte gesetzliche Vorkaufsrecht - mangels einer Sicherung des Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks im Wege des § 28 II 3 BauGB - den Erwerb eines Grundpfandrechts an dem Grundstückdurch die Bekl., das mit Hilfe dieses Grundpfandrechts in Gang gesetzte Zwangsversteigerungsverfahren und schließlich den Zuschlag an die Bekl. nicht verhindert, sich also letztlich gegenüber diesem Zugriff auf das Grundstück nichtdurchgesetzt hat (zu den Auswirkungen gesetzlicher Vorkaufsrechte im Zwangsversteigerungsverfahren vgl. Stöber, NJW 1988, 3121 [3123ff.]).

bb) Der Umstand, daß das von der Gemeinde ausgeübte Vorkaufsrecht den Zwangsvollstreckungszugriff der Bekl.nicht verhindert und deshalb letztendlich nicht einen Erwerb des Grundstücks durch die Gemeinde ermöglicht hat, führt jedoch nicht an dem für den Maklerlohnanspruch nach§ 652 I BGB entscheidenden - anspruchsvernichtenden - Tatbestand vorbei, daß der Kaufvertrag vom 10. 11. 1993 zwischen der Bekl. und der Voreigentümerin, der allein eineProvisionspflicht der Bekl. hätte auslösen können, infolge der Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinde als Grundlage für einen rechtsgeschäftlichen Erwerb des Grundstücks durch die Bekl. endgültig „blockiert„ war. Der maßgebliche Gesichtspunkt dafür, daß der Makler nach § 652 I BGB die versprochene Maklerprovision verdient, ist das Zustandekommen eines Hauptvertrags, d.h. die Schaffung der Grundlage für einen vertraglichen Übereignungsanspruch. Einen solchen vertraglichen Anspruch der Bekl. gegen dieVerkäuferin (Voreigentümerin) hat aber vorliegend das von der Gemeinde ausgeübte gesetzliche Vorkaufsrecht - als im Kaufvertrag von Anfang an angelegtes Risiko - endgültigverhindert. Soweit das LG gleichwohl auf den „schuldrechtlichen Kaufvertragsabschluß„ abstellt, läßt es aus den Augen, daß es sich um einen realisierbaren Kaufvertragsabschluß hätte handeln müssen.

cc) Daß es der Bekl. nachträglich gelungen ist, durch „selbständige„ Grundstücksbelastungen und Vollstreckungsmaßnahmen die mangelnde Realisierbarkeit ihres Anspruchs ausdem Kaufvertrag vom 10. 11. 1993 wirtschaftlich wettzumachen, indem sie das Grundstück schließlich ersteigerte, hat im Blick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen der maklervertragsrechtlichen Anspruchsgrundlage (§ 652 I BGB) keine entscheidende Bedeutung. Denn dieser Vorgang änderte, wie gesagt, nichts daran, daß der von der Kl. nachgewiesene bzw. vermittelte Kaufvertrag für die Bekl. nutzlos geworden war.

Soweit das LG sich für seine gegenteilige Würdigung auch auf dasSenatsurteil vom 20. 2. 1997 (NJW 1997, 1581 = LM H. 8/1997 § 652 BGB Nr. 139 = VersR 1997, 394) beruft, läßt dieses Schlüsse, wie das LG sie daraus ziehen will, nicht zu. Zwar kommt in dieserEntscheidung zum Ausdruck, daß der Provisionsanspruch des Maklers im Falle des Zustandekommens des Hauptvertrags nicht dadurch entfällt, daß der Käufer das Objekt später in der Zwangsversteigerung erwirbt. Voraussetzung für den Provisionsanspruch des Maklers istaber auch nach diesem Urteil das Zustandekommen eines durchführbaren Kaufvertrags. An einem solchen fehlt es jedoch im Streitfall.

Ob nach Treu und Glauben eine andere Beurteilung in Betracht gekommen wäre, wenn die Vorgänge, die - über die Bestellung einer Grundschuld - zum Zwangsversteigerungserwerb der Bekl. geführt haben, auf einem planmäßigen Zusammenwirken der Voreigentümerin mit der Bekl. beruht hätten, um - ganz im „Geiste„ des Hauptvertrags - der Bekl. das Grundstück auf einem Umweg doch zu verschaffen, kann dahinstehen. Der festgestellte Sachverhalt gibt dazu, auch unterBerücksichtigung der zusätzlichen Erklärungen des Prozeßbevollmächtigten der Kl. in der Revisionsverhandlung, keine Anhaltspunkte.

dd) Letztlich bleibt zugunsten der Kl. nur der Gesichtspunkt, daß die Bekl. ohne die Bemühungen der Kl. als Maklerin das in Rede stehende ersteigerte Grundstück möglicherweise niemals „nachgewiesen„ bekommen und erworben hätte. Indessen löst dieser Umstand allein keinen Maklerprovisionsanspruch nach § 652 I BGB aus. Die Aufgabe des Maklers besteht darin, den Kunden in die Lage zu versetzen, mit der anderen Partei des angestrebten Hauptvertrags über dessen Inhalt zu verhandeln und sich mit ihr hierüber zu einigen. Die bloße Objektbekanntgabe, die anschließend etwa zum Erwerb in der Zwangsversteigerung führt, reicht nicht aus (vgl.BGHZ 112, 59 = NJW 1990, 2744 = LM § 652 BGB Nr. 120; BGHZ 119, 32 [34] = NJW 1992, 2568 = LM H. 4/1993 § 652 BGB Nr. 130), es sei denn, im Maklervertrag ist - individualvertraglich - etwas anderes vereinbart; daran fehlt es im Streitfall.

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht; Kaufrecht

Normen

BGB § 652