Alexandra Prinzessin von Hannover: Öffentlicher Auftritt bei einem Reitturnier

Gericht

Kammergericht


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

04. 03. 2004


Aktenzeichen

10 U 76/03


Tenor

  1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 30. Januar 2003 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 27.O.999/02 - wird auf ihre Kosten zurückgevviesen.

  2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe


Gründe

I.

Auf die Darstellung des Tatbestandes in dem angefochtenen Urteil wird gemäß §§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Ergänzend:

Gegenstand der beanstandeten Bildberichterstattung ist das Reitturnier "Jumping La Solle" in Fontainebleau bei Paris am 19. Oktober 2002. Sponsor dieses Turniers ist u.a. der französische Parfumkonzern Maionnaud Parfumeries. Die Halbgeschwister der Klägerin nahmen an dem Turnier teil und trugen wie bereits im Vorjahr gesponserte Designer-Reitkleidung. Diese wurde im Anschluss an das Turnier versteigert.

Die Beklagte macht geltend: ...


II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 517, 519, 520 ZPO. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig und begründet.

Wie das Landgericht zutreffend festgestellt, hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der beschriebenen Bildveröffentlichung nebst Bildunterschrift. Dieser Anspruch ergibt sich aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, analog 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 22 KUG, Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG. ...

An einem Schutzbedürfnis kann es freilich fehlen, soweit die Kinder sich nicht bei alltäglichen Vorgängen in der Öffentlichkeit bewegen, sondern sich allein oder gemeinsam mit den Eltern bewusst der Öffentlichkeit zuwenden, etwa im Mittelpunkt öffentlicher Veranstaltungen stehen, und sich dadurch den Bedingungen öffentlicher Auftritte ausliefern (BVerfG NJW 2000, 1021, 1022). Entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht kann sie aus dieser jedoch kein Veröffentlichungsrecht herleiten. Das Schutzbedürfnis entfällt nämlich nicht bereits bei einem kindgemäßen Verhalten, das üblicherweise in der Öffentlichkeit geschieht. Insbesondere entfällt es nicht dadurch, dass die Eltern das Kind bei alltäglichen Vorgängen wie Einkaufen oder Spazierengehen begleiten. Auch die Kinder der Personen von zeitgeschichtlicher Bedeutung haben ein Recht, wie andere Kinder auch von ihren Eltern in öffentlichen Räumen begleitet zu werden, ohne allein durch die Anwesenheit der Eltern zum Objekt der Medienberichterstattung zu werden (BVerfG NJW 2000, 2191, 2192).

Vorliegend hat sich die Klägerin durch ihre Anwesenheit an dem Turnier nicht bewusst der Öffentlichkeit zugewendet, vielmehr handelt es sich bei dem Besuch des Reitturniers um einen aus der Perspektive ihrer Familie - alltäglichen Vorgang in der Öffentlichkeit oder als ein bewusstes Zuwenden an die Öffentlichkeit einordnet. Der Begriff des "alltäglichen Vorgangs" muss am Maßstab des Lebensstils der Klägerin und ihrer Familie gemessen werden. Hiervon geht auch die Beklagte aus, welche das Bild als "Familienausflug mit drei Kindern" überschreibt. Weder die Mutter noch die Geschwister der Klägerin haben offizielle Aufgaben wahrgenommen. In Ansehung der Mutter hat die Beklagte nicht vorgetragen, worin der offizielle Charakter des Auftretens von Caroline von Monaco bestanden haben soll, dass sie Schirmherrin o.ä., gewesen sein soll, geht aus der Akte nicht hervor, und zwar auch nicht in Ansehung der Versteigerung der von den Geschwistern der Klägerin getragenen Couturier-Reitbekleidung. Nichts anderes gilt, soweit die Beklagte darauf verweist, das Foto sei innerhalb der Arena aufgenommen worden. Dieser Umstand für sich genommen qualifiziert den Besuch des Turniers durch die Familie der Klägerin nicht zu einem offiziellen Auftritt unter bewusster Zuwendung an die Öffentlichkeit. Darauf, ob das Landgericht den Auftritt der Mutter in einem anderen Rechtsstreit als offiziell beurteilt hat, kommt es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht an, zumal die Beklagte keine Tatsachen vorträgt, aus welchen sie ihre Schlussfolgerung gezogen haben will.

Abgesehen davon, dass es für die Schutzbedürftigkeit der Klägerin allein auf das Verhalten ihrer Eltern, nicht aber ihrer Halbgeschwister ankommt, sind diese ebenfalls an dem Turnier erkennbar nicht offiziell, sondern nur privat in Erscheinung getreten. Sie haben nämlich als Sportler teilgenommen, damit aber keine öffentlichen Repräsentationsaufgaben wahrgenommen. Daran ändert entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht auch nichts der Umstand, dass sie die Wettkampfkleidung trugen, der den Sportlern von einem Sponsor zur Verfügung gestellt wurde.

Auch die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung des BVerfG trägt nicht. Die Klägerin ist nicht zufällig auf einem öffentlichen Platz oder im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung fotografiert worden. Es geht nicht darum, einen öffentlichen Ort in eine Privatsphäre "umzudefinieren". Auch auf öffentlichen Plätzen kann sich die Klägerin gegen ein gezieltes Fotografieren in der Absicht einer gezielten Berichterstattung über ihre (Privat-) Person wehren.

Die Beklagte kann sich zur Rechtfertigung ihres Vorgehens aber auch nicht auf die gesetzliche Abbildungsfreiheit von Personen der Zeitgeschichte berufen, weil durch die hier fragliche Art der Veröffentlichung berechtigte Interessen der Klägerin verletzt werden und damit gemäß § 23 Abs. 2 KUG die Befugnis zu einer ungenehmigten Verbreitung in jedem Fall entfällt. Hierbei ist davon auszugehen, dass eine Verletzung berechtigter Interessen im Sinne dieser Bestimmung auch dann vorliegen kann, wenn das Bild als solches einwandfrei und die Art der Darstellung in keiner Weise unwürdig ist (BGHZ 20, 345, 350). Bei der Prüfung dieser Frage ist die Bildveröffentlichung in ihrer Gesamtheit und nicht etwa unabhängig vom Begleittext zu würdigen (BGH NJW 1965, 1374 m.W.Nw.; OLG München AfP 1999, 71). In diesem Sinne verstößt die Art und Weise, in welcher die Beklagte die Bilder der Klägerin veröffentlicht hat, gegen deren berechtigte Interessen der Klägerin, weil sie sich nicht in dem Rahmen einer Berichterstattung über das prominente sportliche Ereignis hält, sondern sich in unzulässiger Weise der Person der Klägerin widmet.


III.

Die Kostenentscheidung ...


Neuhaus
Thiel
Dr. Müller-Magdeburg

Vorinstanzen

LG Berlin, 27 O 999/02

Rechtsgebiete

Presserecht