Nebenkostenvorauszahlungspauschale unter verbrauchsunabhängigen Kosten

Gericht

LG Frankfurt a.M.


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

30. 11. 2001


Aktenzeichen

2/17 S 81/01


Leitsatz des Gerichts

Unterschreitet die vom Vermieter angesetzte Nebenkostenvorauszahlungspauschale sogar den Betrag der vom Mieter nicht zu beeinflussenden verbrauchsunabhängigen Nebenkosten, so steht dem Mieter ein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss in Höhe des die Vorauszahlung übersteigenden Betrages zu.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl. vermietete den Bekl. zum 1. 9. 1998 eine Wohnung für die gem. einer entsprechenden Vereinbarung im Mietvertrag 240 DM monatlich als Nebenkostenvorauszahlung zu leisten waren. Mit der Abrechnung über die Nebenkosten für die Monate September-Dezember 1998 machte die Kl. eine Nachforderung von 606,76 DM geltend. Die Höhe der Nebenkostenvorauszahlung beließ die Kl. unverändert. Die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 1999 ergab eine Nachforderung in Höhe von 2138,83 DM. Hierauf zahlten die Bekl. für das Jahr 1998 192 DM und für das Jahr 1999 576 DM.

Der auf den Differenzbetrag von 1977,59 DM gerichteten Klage hat das AG stattgegeben. Die Berufung der Bekl. führte zur Klageabweisung.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Kl. ist nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) daran gehindert, die Nachzahlung gegen die Bekl. durchzusetzen, denn die Bekl. haben gegen die Kl. einen Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss in Höhe der Differenz zwischen der Nachforderung und den bereits von ihnen geleisteten Zahlungen. Die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt darin, dass die von den Parteien vereinbarte Nebenkostenvorauszahlung im Betrag unterhalb der nicht vom Mieter zu beeinflussenden verbrauchsunabhängigen Kosten liegt. Mit dieser Besonderheit hat sich der - im Übrigen umstrittene (z.B. LG Arnsberg, NJW-RR 1988, 397) - Rechtsentscheid des OLG Stuttgart (NJW 1982, 2506 = WuM 1982, 272) nicht auseinandergesetzt, wonach mit der bloßen Vereinbarung von Vorauszahlungen kein Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen wird, dass die Vorauszahlungen die Nebenkosten in etwa abdecken.

Die Abwägung des Interesses des Vermieters, der nicht zur Vereinbarung von Vorauszahlungen verpflichtet ist und dem es demgemäß auch freisteht, sich mit dem Mieter auf deutlich unter dem voraussichtlichen Abrechnungsbetrag liegende Vorauszahlungen zu einigen gegen das Interesse des Mieters, bei Abschluss des Mietvertrags zu erfahren, ob die Miete einschließlich der Nebenkosten im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten liegt, führt zu dem Ergebnis, dass den Vermieter im Zusammenhang mit der Vereinbarung besondere Hinweispflichten treffen, wenn die Vorauszahlung unterhalb der gemäß Mietvertrag vom Mieter übernommenen verbrauchsunabhängigen Kosten liegt. Dem Vermieter ist das Interesse eines Mieters an der Kenntnis über die zu erwartenden Kosten erkennbar, selbst dann wenn der konkrete Mieter nicht eigens auf die Grenzen seiner finanziellen Belastbarkeit hinweist.

Ein Verstoß des Vermieters gegen seine Hinweispflichten führt zu einer Schadensersatzpflicht aus Verschulden bei Vertragsschluss. Dabei kommt es vorliegend auf die Frage, ob der Kl. selbst bei Abschluss des Mietvertrags die Höhe der verbrauchsunabhängigen Nebenkosten bereits bekannt war, nicht entscheidungserheblich an, denn den Vermieter trifft nicht nur ein Verschulden, wenn er den Mieter nicht darauf hingewiesen hat, dass die Vorauszahlung unter den dem Mieter auferlegten verbrauchsunabhängigen Kosten liegt, sondern auch, wenn er den Mieter nicht darauf hingewiesen hat, dass ihm mangels eigener Kenntnis die Kalkulation dieser zu erwartenden Nebenkosten noch nicht möglich ist. Das Verschulden bei Vertragsschluss verpflichtet den Haftenden dazu, den Geschädigten so zu stellen, wie dieser ohne das schuldhafte Verhalten des anderen Teils stehen würde (§ 249 BGB). Hierzu haben die Bekl. behauptet, sie hätten die Wohnung bei Kenntnis der wahren Kosten nicht angemietet. Dies ist ausreichend, um einen Schaden zu begründen. Der Mieter muss nicht nachweisen, welche andere Wohnung zu welchen Nebenkosten er hätte anmieten können, sondern sein Schaden besteht in der eine Geringfügigkeitsgrenze überschreitenden Nachforderung, denn auf Grund des Vertrauens, das der Vermieter geschaffen hat, hat der Mieter schon über die entsprechenden Beträge im Rahmen seiner Lebensführung disponiert. Die Bekl. haben über die Vorauszahlungen hinaus weitere 20% gezahlt. Ihr Ersatzanspruch geht auf Freistellung von der weiteren Nachforderung.

Rechtsgebiete

Mietrecht