Keine Pflicht des Wohnungseigentümers zu nachträglichen Schallschutzmaßnahmen

Gericht

OLG Stuttgart


Art der Entscheidung

Beschluss über weitere Beschwerde


Datum

05. 05. 1994


Aktenzeichen

8 W 315/93


Leitsatz des Gerichts

Wird an einem Altbau Wohnungseigentum begründet, so bestimmt der bei der Aufteilung bestehende Zustand den Standard. Ein einzelner Wohnungseigentümer ist nicht verpflichtet, durch nachträgliche Maßnahmen den bestehenden Schallschutz zu verbessern.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Bet. sind Wohnungseigentümer in einem 1906 erbauten und 1984 in Eigentumswohnungen aufgeteilten Gebäude. Die Wohnung der Ast. liegt unter der des Ag. Sie verlangt von ihm Maßnahmen zur Herstellung eines ausreichenden Tritt- und Luftschallschutzes.

Das AG hat dem Antrag nach Augenscheinseinnahme und Einholung eines Sachverständigengutachtens stattgegeben, das LG hat ihn - ebenfalls nach Augenscheinseinnahme - zurückgewiesen. Die sofortige weitere Beschwerde blieb erfolglos.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

... Mit ihrer weiteren Beschwerde rügt die Ast., das LG habe § 906 LGB übergangen. Da die Beeinträchtigung ihres Eigentums wesentlich sei, scheide eine Duldungspflicht nach dessen Abs. 1 aus. Sie sei auch nicht ortsüblich (Abs. 2 S. 1 Alt. 1), und es könne ihr mit wirtschaftlichem Aufwand begegnet werden (Alt. 2), wie die Sanierung der übrigen Wohnungen gezeigt habe. Das LG hätte nicht unberücksichtigt lassen dürfen, dass es bei der Aufteilung in Wohnungseigentum den einzelnen Erwerbern überlassen worden sei, ob sie gegen entsprechend höhere Kosten ihre Wohnung renovierten oder es bei dem alten Zustand beließen, worauf die meisten den Fußboden ihrer Wohnung saniert hätten. Daraus folge nicht nur, dass die aus der Wohnung des Ag. herrührenden Lärmbelästigungen das ortsübliche Maß in diesem Objekt bei weitem überstiegen, sondern auch, dass der Ag. von vornherein Störer i. S. des § 1004 BGB sei, weil er sich, um Kosten zu sparen, im Gegensatz zu den anderen Eigentümern, die derartige Störungen unterbunden hätten, einer solchen Sanierungsmaßnahme verweigere.

Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Bei der Aufteilung des Altbaus in Eigentumswohnungen im Jahre 1984 bestand keine Verpflichtung, den Schallschutz auf den neuesten Stand zu bringen (GmS-OGB, NJW 1992, 3290). Es durfte deshalb den Erwerbern anheimgestellt werden, ob und in welchem Umfang sie eine Sanierung wünschten. Für den Ag., der eine Veränderung des Fußbodens seiner Wohnung nicht wollte, ergab sich aus dem abweichenden Verhalten der anderen keine Verpflichtung. Er durfte seine Wohnung so erwerben und nutzen, wie sie bei der Aufteilung zulässigerweise entstanden war. Ebenso musste und muss die Ast. den bei Begründung des Wohnungseigentums bestehenden Zustand hinnehmen. Er bestimmt den Standard der Wohnanlage. Zur ordnungsgemäßen Verwaltung gehört dessen Erhaltung, dagegen grundsätzlich nicht seine Verbesserung. Dies hat das LG durchaus zutreffend angenommen.

Im Übrigen könnte der Ag. selbst dann, wenn man von einem ordnungswidrigen Zustand ausgehen müsste, nicht als Störer in Anspruch genommen werden, solange er die erworbene Wohnung unverändert belässt. Vielmehr könnte sich der Anspruch nur gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft richten. Insoweit ist auf die in der Rechtsprechung zu planwidrigen Bauten entwickelten Grundsätze zu verweisen (vgl. u. a. BayObLG, NJW-RR 1986, 954; 1988, 587; ZMR 1994, 126; KG, NJW-RR 1991, 1421). Anders wäre es nur, wenn der Ag. durch von ihm zu verantwortende, unsachgemäße Baumaßnahmen den Schallschutz verschlechtert hätte (BayObLG, WuM 1992, 324, 497).

Soweit die Ast. sich auf das „intensivierte Nachbarschaftsverhältnis“ unter Wohnungseigentümern beruft, ist darauf hinzuweisen, dass aus diesem zwar nach Treu und Glauben Pflichten erwachsen können, dass aber die Umstände des vorliegenden Falles nicht dazu führen können, dass die Nachteile, die der Ast. aus dem Erwerb einer Altbauwohnung entstanden sind, allein auf Kosten des Ag. beseitigt werden, während sie Abhilfemaßnahmen in ihrer Wohnung wegen der dort befindlichen Stuckdecke ablehnte.

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht

Normen

WEG § 14; BGB §§ 906, 1004