Prüfungspflichten des Nachunternehmers

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

23. 10. 1986


Aktenzeichen

VII ZR 48/85


Leitsatz des Gerichts

Zum Umfang der Pflichten, die den Unternehmer - auch ohne Geltung der VOB/B - nach der jeweiligen Sachlage hinsichtlich der von einem Dritten zu erbringenden Vorleistungen treffen, auf denen sein Werk (hier: Errichtung eines Außenschwimmbads) aufbaut (im Anschluss an BGH, NJW 1956, 787, und Senat, LM § 633 BGB Nr. 3).

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kl. begehrt vom Bekl. Schadensersatz wegen Undichtigkeit und wegen weiterer Schäden an einem Außenschwimmbad, das dieser geliefert und montiert hat. Es handelt sich dabei um ein ovales Schwimmbecken, dessen Wandungen aus Edelstahlfertigteilen bestehen. Undichtigkeit und weitere Schäden beruhen darauf, dass die Bodenplatte aus Beton, auf der das Schwimmbecken steht, den Anforderungen an Festigkeit, Fundamentierung und Vorbereitung des Untergrundes nicht genügt. Zwischen den Parteien ist streitig, ob diese Platte, die der Unternehmer V gefertigt hat, von diesem im Auftrag des Bekl. erstellt wurde, oder ob sie der Kl. selbst in Auftrag gegeben hat.

Das LG hat die Klage überwiegend, d. h. soweit sie die Bodenplatte betraf, abgewiesen. Die Berufung des Kl. hat das BerGer. zurückgewiesen. Die - angenommene - Revision des Kl. führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

I. Das BerGer. hält die Klage hinsichtlich des durch die Bodenplatte verursachten Schadens nicht für begründet ...

... II. ... Das BerGer. verkennt jedoch den Umfang der Prüfungs- und Hinweispflichten, die den Bekl. in Bezug auf die Vorleistung des Unternehmers V nach den konkreten Umständen des Falls trafen.

a) Die in § 4 Nr. 3 VOB/B niedergelegte Prüfungs- und Hinweispflicht des Werkunternehmers ist eine Konkretisierung des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben, die über den Anwendungsbereich der VOB/B hinaus für den Bauvertrag gilt; ihr Zweck ist es, den Besteller vor Schaden zu bewahren (BGH, LM § 633 BGB Nr. 3; Schäfer-Finnern Z 2.410 Bl. 31). Jeder Werkunternehmer, der seine Arbeit in engem Zusammenhang mit der Vorarbeit eines andern oder überhaupt aufgrund dessen Planungen auszuführen hat, muss deshalb prüfen und gegebenenfalls auch geeignete Erkundigungen einziehen (BGH, Schäfer-Finnern Z 2.410 Bl. 31), ob diese Vorarbeiten, Stoffe oder Bauteile eine geeignete Grundlage für sein Werk bieten und keine Eigenschaften besitzen, die den Erfolg seiner Arbeit infrage stellen können (vgl. auch zur Erkundigungspflicht des Unternehmers für die Eignung seiner Leistung als Grundlage für die Arbeiten eines nach ihm am Bau tätigen Unternehmers BGH, BauR 1970, 57 (58)). Der Rahmen dieser Verpflichtung und ihre Grenzen ergeben sich aus dem Grundsatz der Zumutbarkeit, wie sie sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls darstellt (BGH, Schäfer-Finnern Z 2.410 Bl. 29). Was hiernach zu fordern ist, bestimmt sich u. a. nach dem von dem Unternehmer zu erwartenden Fachwissen (BGH, Schäfer-Finnern Z 2.410 Bl. 31), nach seiner Kenntnis vom Informationsstand des Vorunternehmers und überhaupt durch alle Umstände, die für den Unternehmer bei hinreichend sorgfältiger Prüfung als bedeutsam erkennbar sind (BGH, NJW 1956, 787; WM 1972, 76 (77)). Kommt er seinen hiernach bestehenden Verpflichtungen nicht nach und wird dadurch das Gesamtwerk beeinträchtigt, so ist seine Werkleistung mangelhaft (BGH, NJW 1983, 875 m. w. Nachw.). Der Besteller ist alsdann berechtigt, ihn auf Gewährleistung in Anspruch zu nehmen (BGH, VersR 1964, 516 (517) m. w. Nachw.).

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze hätte der Bekl. die Betonplatte nicht entgegennehmen dürfen, ohne sich vorher zu vergewissern, dass sie für die Errichtung des Schwimmbads tauglich war. Da er dies trotzdem getan hat, sind Ansprüche des Kl. auf Ersatz der sich hieraus ergebenden Schäden dem Grunde nach gerechtfertigt. Das BerGer. sieht die Pflichten des Bekl. in Bezug auf die Vorleistung des Unternehmers V schon allgemein zu eng, wenn es meint, der Bekl. habe lediglich darauf hinzuwirken gehabt, dass die Platte für die Fertigteile passte. Schon damit sind seine Prüfungspflichten nur unzureichend umschrieben. Vor allem aber hat das BerGer. verkannt, dass den Bekl. aufgrund der konkreten und weitgehend unstreitigen Umstände des Falles hinsichtlich der Vorleistung erheblich weitergehende Pflichten trafen, die er verletzt hat. Nach seinem eigenen Vortrag standen dem Kl. keinerlei Planungsunterlagen für die Vorleistungen zur Verfügung. Das musste dem Bekl. bewusst sein, als die Vorleistung des Unternehmers V erbracht wurde. Er durfte nicht einfach eine für ihn erkennbar „irgendwie“ erstellte Bodenplatte als für seine Zwecke geeignet ansehen. Vielmehr hatte er darauf hinzuwirken, dass die Platte den Anforderungen entsprach, die sich aus den technischen Umständen seiner Werkleistung (Gewicht, Druckverhältnisse und sonstige Umstände) ergaben (vgl. BGH, NJW 1956, 787). Wenn er sie nicht mitgeteilt hatte, durfte er solche technischen Umstände nicht als bekannt und berücksichtigt voraussetzen. Der Bekl. konnte auch nicht davon ausgehen, dass dem Unternehmer V die Empfehlungen der Herstellerin für aufgefüllten Boden, dass nämlich je nach den „örtlichen Gegebenheiten" eventuell Streifenfundamente zu erstellen sind, bekannt waren und beachtet wurden. Er hatte deshalb auch zu überprüfen, ob die Bodenplatte auf hinreichend sicherem Untergrund und mit hinreichender Fundamentierung erstellt wurde.

Angesichts der überragenden Bedeutung der Standfestigkeit des Fundaments für das Gelingen des von ihm mit dem Einbau des Schwimmbeckens zu erstellenden Werks trafen den Bekl. bei der hier gegebenen Sachlage besondere Pflichten (vgl. zu einem Fall mit vergleichbarer Interessenlage Senat, Schäfer-Finnern Z 2.400 Bl. 33). Das umso mehr, als die Ausführung der von ihm zunächst selbst angebotenen, dann von V übernommenen Vorarbeiten nicht anderweitig beaufsichtigt wurde, was dem Bekl. klar sein musste. Der Bekl. hätte sich deshalb nicht damit begnügen dürfen, V, den er im Übrigen bis dahin gar nicht gekannt haben will, lediglich die Maße des Schwimmbeckens zu geben, wie er es nach seiner eigenen Erklärung vor dem BerGer. allein getan hat. Er hätte sich vielmehr darüber hinaus vergewissern müssen, ob der vorhandene Baugrund überhaupt für ein tragfähiges Fundament geeignet war und was gegebenenfalls getan werden musste, um einen brauchbaren Unterbau zu erstellen. Davon hing entscheidend das Gelingen seines, des Bekl., Werks ab. Da die Beschaffenheit des Baugrunds nach Errichtung des Fundaments nicht mehr oder nur noch schwer zu erkennen war, musste der Bekl. ihn vor Beginn der Arbeiten besichtigen. Das war auch unschwer möglich und für den Bekl. ohne weiteres zumutbar, nachdem er ohnehin auf der Baustelle war, um V die Maße für das Becken zu geben. Bei dieser Gelegenheit hätte ihm nicht entgehen dürfen, dass dort, wo das Becken errichtet werden sollte, noch Bauschutt lagerte, auf dem eine auf Dauer tragfähige Betonplatte jedenfalls nicht ohne ausreichende vorherige Bodenverdichtung erstellt werden konnte. Darauf, dass der für das Schwimmbecken unerlässliche feste Untergrund einwandfrei bereitet wurde, hätte nach Lage des Falles der Bekl. - als der gerade zum Bau des Beckens hinzugezogene, nach seinem eigenen Vortrag in der Errichtung solcher Schwimmbäder besonders erfahrene Fachmann - rechtzeitig und eindringlich hinwirken müssen (vgl. auch BGH, NJW 1956, 787). Das hat er nach seinem eigenen Vorbringen nicht getan. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der Bekl., wie der Kl. behauptet und unter Beweis gestellt hat, nicht sogar Kenntnis vom unzureichend vorbereiteten Untergrund hatte. Für seine schuldhafte Pflichtverletzung, dass er sich um die Erstellung eines tragfähigen Fundaments überhaupt nicht gekümmert hat, wie er einräumt, muss er einstehen. Dadurch ist der Schaden auch verursacht worden. Nichts spricht dafür, dass der Unterbau des Beckens von V auch dann mangelhaft erstellt worden wäre, wenn sich der Bekl. von Anfang an um seine ordnungsgemäße Errichtung so nachdrücklich bemüht hätte, wie das von ihm nach der Sachlage verlangt werden muss.

3. Der Schadensersatzanspruch des Kl. ist auch nicht verjährt. Das Schwimmbecken ist, entgegen der von der Revisionserwiderung vertretenen Auffassung, ein Bauwerk im Sinne der Rechtsprechung des Senats zu § 638 BGB (NJW 1983, 567). Die Verbindung des Schwimmbads mit dem Grundstück, wie sie hier durch Mauerwerk hergestellt wurde, ist zumindest nicht anders zu beurteilen als die Verwendung eines Magerbetonkranzes (dazu Senat, NJW 1983, 567).

Rechtsgebiete

Werkvertragsrecht