Einseitiger „Radikalbeschnitt“ einer Grenzhecke im Schadensersatzrecht

Gericht

OLG Köln


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

13. 11. 1998


Aktenzeichen

20 U 66/98


Leitsatz des Gerichts

Dem Eigentümer steht wegen Beschädigung seiner Hecke kein nach den Grundsätzen der Naturalrestitution (§249 BGB) bemessener Schadensersatzanspruch zu, wenn die Wiederherstellung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist. Dies gilt insbesondere, wenn die Beschädigung nicht zur Zerstörung der Pflanzen geführt hat und sich weitestgehend wieder auswächst.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Hausgrundstücke der Parteien haben im Bereich ihrer rückwärtigen, als Gärten gestalteten Grundstücksflächen teilweise eine gemeinschaftliche Grenze. Parallel zu dieser hat der Kl. auf seinem Grundstück 1982 eine Thuja-Hecke gepflanzt, die im Frühjahr 1997 eine Höhe von ca. 2,50 m erreicht hatte. Mit der Behauptung, der Bekl. habe diese Thuja-Hecke, insgesamt vierzehn Pflanzen, senkrecht, unmittelbar am Stamm entlang vom Boden bis zur Spitze hin radikal beschnitten, verlangt der Kl. vom Bekl. für die Entfernung der vorhandenen Heckenpflanzen und die Neuanpflanzung von vierzehn hochwüchsigen Pflanzen (2,25 - 2,50 m) insgesamt 11201 DM.

Das LG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Bekl. hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe


Aus den Gründen:

Dieser nach den Grundsätzen der Naturalrestitution (§ 249BGB) bemessene Schadensersatzanspruch steht dem Kl. nicht zu. Der Klageanspruch stützt sich, ungeachtet der rechtlichen Einordnung der Heckenpflanzen, auf deren Beschädigung und die Neuanpflanzung eines vergleichbaren Heckengehölzes. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass es sich bei den radikal beschnittenen Heckenpflanzen um wesentliche Bestandteile des Grundstücks handelt (§ 94 BGB). Diese rechtliche Einordnung verbietet für die hier entscheidende Frage des Schadensersatzes eine isolierte auf die Pflanzen beschränkte Bewertung deren Beschädigung und/oder Zerstörung. Als wesentliche Bestandteile des § 94 BGB stellen die Heckenpflanzen lediglich einen wertbildenden Faktor des Grundstücks dar, auf dem sie wachsen. Werden die He-ckenpflanzen zerstört oder - wie hier - beschädigt, so wird der rechtlichen Zuordnung des § 94GB entsprechend in die Substanz des Grundstücks eingegriffen. Danach wäre der Bekl., wenn die Behauptung des Kl. zuträfe, zwar zum Ersatz des durch die Beschädigung der Hecken entstandenen Schadens verpflichtet. Diese begründet indes keinen Anspruch auf Naturalrestitution.

Die Vorschrift des § 251 II BGB enthält nämlich unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit eine Begrenzung der Schadensersatzpflicht. Wenn die im Rahmen des Schadensersatzes zu leistende Wiederherstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist, kann sich der Schadensersatzpflichtige darauf beschränken, dem Kl. lediglich seine Werteinbuße zu entschädigen. Da auch der Geldanspruch nach §249 S. 2 BGB seinem Wesen nach nur ein modifizierter Herstellungsanspruch ist, ist auch er unter den Voraussetzungen des § 251 II BGB begrenzt . Danach beschränkt sich der Wertersatz darauf, in welchem Umfang der Wert des Grundstücks des Kl. durch die von ihm geltend gemachte rechtswidrige Beschneidung der Hecke beeinträchtigt worden ist.

Eine den Verkehrswert des Grundstücks betreffende Einbuße ist allerdings nicht feststellbar und auch vom Kl. anläßlich der Erörterung in der mündlichen Verhandlung nicht geltend gemacht worden. Durch die radikale Beschneidung der Hecke ist deren Lebensfähigkeit und Fortentwicklung nicht beeinträchtigt. Auch hierzu hat die Erörterung in der mündlichen Verhandlung keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben. Die vom Kl. geltend gemachten Nachteile bestehen lediglich in einer fotografisch dokumentierten Einbuße der Blickdichte. Zwar mag es sein, daß der Kl. und/oder seine Familienangehörigen möglicherweise in besonderem Maße bestrebt sind, Einblicke in ihren Garten und auf ihre Terrasse zu vermeiden, um sich, wie der Kl. in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, der Neugierde des Bekl. zu erwehren. Dies ändert aber an den genannten rechtlichen Voraussetzungen für den verfolgten Schadensersatzanspruch nichts.

Die Hecke ist nicht zerstört, sondern lediglich unsachgemäß beschnitten. Zwar zeigen Fotografien, dass eine der Funktionen der Hecke, einen Sichtschutz zu bilden, vorübergehend beeinträchtigt ist. Dies wird sich im weiteren Verlauf auch auf der radikal beschnittenen Seite wieder verbessern. Richtig ist zwar, dass die dort bis hinter das Grün beschnittenen Äste nicht mehr ausschlagen werden. Dafür werden sich aber aus dem Stamm neue Triebe bilden. Dabei ist auch nicht zu übersehen, daß die Kronen der Pflanzen von der radikalen Beschneidung verschont geblieben sind.

Nach allem ist der Klageanspruch nicht begründet. Zwar ist nicht zu übersehen, dass, wenn die Behauptung des Kl. zuträfe, der Eingriff des Bekl. rechtswidrig wäre. Gleichwohl handelte es sich um einen Fall unbefugten Beschneidens von Pflanzen, als deren Folge sich i.d.R. ein Schaden nicht feststellen läßt (Palandt/Heinrichs, § 249 Rdnr. 27).

Rechtsgebiete

Nachbarrecht; Garten- und Nachbarrecht