Übertragung eines Kfz-Stellplatzes ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Beschluss über weitere Beschwerde


Datum

24. 11. 1978


Aktenzeichen

V ZB 11/77


Leitsatz des Gerichts

Die Übertragung des zu einem bestimmten Wohnungseigentum gehörigen, im Wohnungsgrundbuch eingetragenen Rechts zur dauernden, ausschließlichen Benutzung eines nicht unter § 3 II 2 WEG fallenden - Kfz-Stellplatzes auf den Eigentümer eines anderen Wohnungseigentums derselben Wohnungseigentümergemeinschaft bedarf nach dem Gesetz nicht der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Bet. zu 1 sind Eigentümer der Wohnungen F 5 und F 6 einer Eigentumswohnanlage; die Bet. zu 2, die ursprünglich Grundstückseigentümerin war, ist Eigentümerin der Wohnung F 1. Zu der Anlage gehört eine im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Hoffläche, die in Kfz-Abstellplätze unterteilt ist. Das Wohnungseigentum war durch Teilungserklärung der Bet. zu 2 begründet worden. In § 19 dieser Teilungserklärung wird "der Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums an den Kfz-Abstellplätzen im Freien ... gem. § 15 WEG ... (dahin) geregelt", dass die Grundstückseigentümerin bestimme, "welcher Kfz-Abstellplatz jeweils einem bestimmten Wohnungseigentümer zur dauernden und ausschließlichen Benützung zugeordnet" werde. § 20 der Teilungserklärung enthält die Eintragungsbewilligung. Mit Nachtrag hat die Bet. zu 2 u. a. den Abstellplatz Nr. 5 der Wohnung F 5 und den Abstellplatz Nr. 6 der Wohnung F 6 zugeordnet, und auch insoweit Eintragung bewilligt. Die Einträge in den jeweiligen Wohnungsgrundbüchern nehmen "wegen des Gegenstands und des Inhalts des Sondereigentums" ergänzend auf die Eintragungsbewilligung mit Nachtrag Bezug. Später vereinbarten die Bet. die Übertragung der Benutzungsrechte an den Abstellplätzen Nrn. 5 und 6 auf die Bet. zu 2 und ordneten diese Plätze der Eigentumswohnung F 1 zu. Gleichzeitig bewilligten und beantragten sie die entsprechende Eintragung in das Grundbuch. Auf den vom Urkundsnotar gestellten Eintragungsantrag hat der Rechtspfleger mit Zwischenverfügung den Nachweis der Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer verlangt. Die von der Bet. zu 2 eingelegte Erinnerung ist erfolglos geblieben. Das LG hat das ihm als Beschwerde vorgelegte Rechtsmittel zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Bet. zu 2. Das BayObLG möchte die weitere Beschwerde zurückweisen., sieht sich aber daran gehindert durch den Beschluss des OLG Hamburg, Rpfleger 1976, 215, und hat sie deshalb dem BGH vorgelegt. Die weitere Beschwerde war zulässig und begründet.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

... II. Die Voraussetzungen für die Vorlegung der weiteren Beschwerde an den BGH nach § 79 II GBO sind gegeben. Nach Auffassung des BayObLG kann ein im Wege der Gebrauchsregelung geschaffenes und als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragenes Nutzungsrecht an Kfz-Abstellplätzen, die auf gemeinschaftlichem Eigentum angelegt sind, nicht ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer von dem Begünstigten auf einen anderen Wohnungseigentümer übertragen werden. Im Gegensatz hierzu hält das OLG Hamburg in der angeführten Entscheidung eine solche Zustimmung für nicht erforderlich. Damit will das vorlegende Gericht bei Auslegung der das Grundbuchrecht betreffenden (vgl. RGZ 146, 308 [311]) Vorschriften der §§ 5, 10 WEG von der auf weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung des OLG Hamburg abweichen. Dass es sich im vorliegenden Fall um Abstellplätze handelt, die im Freien angelegt sind, während Gegenstand der Entscheidung des OLG Hamburg ein Abstellplatz in einer Tiefgarage war, ist für die Rechtsfrage unerheblich (auch in dem der Entscheidung des OLG Hamburg zugrundeliegenden Fall handelt es sich nicht etwa um - auf der Grundlage des § 3 II 2 WEG begründetes - Sondereigentum an dem Stellplatz).

III. Die weitere Beschwerde ist zulässig und begründet.

1. Ohne Rechtsirrtum geht das vorlegende Gericht davon aus, dass eine im Rahmen der Vorratsteilung nach § 8 WEG vom Eigentümer des Gesamtgrundstücks getroffene Regelung über die Benutzung von Kfz-Abstellplätzen auf dem gemeinschaftlichen Grundstück einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer über den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums i. S. des § 15 I WEG gleichzusetzen ist (BGHZ 37, 203 = NJW 1962, 1613; BayObLGZ 1974, 217 = Rpfleger 1974, 314; Weitnauer, Rpfleger 1976, 341).

2. Die Frage der Übertragung eines durch Gebrauchsregelung i. S. des § 15 WEG für einen Wohnungseigentümer geschaffenen Nutzungsrechts - nach verbreiteter und auch im folgenden verwendeter Terminologie als Sondernutzungsrecht bezeichnet -, das im Grundbuch eingetragen ist, ist bisher hauptsächlich im Hinblick auf den auch hier vorliegenden Fall der Übertragung eines solchen Nutzungsrechts an einem im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Kfz-Abstellplatz erörtert worden. Sie wird in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beurteilt.

Zwar besteht Übereinstimmung dahin, dass ein solches Sondernutzungsrecht - ohne das Sondereigentum, dem es zugeordnet ist - nur auf ein Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft und nicht etwa auch auf einen außenstehenden Dritten übertragen werden kann. Im übrigen aber halten, jedenfalls für die "dingliche", d.h. die im Grundbuch zu vermerkende, Übertragung außer dem vorlegenden Gericht auch das LG Hamburg (Rpfleger 1975, 366) sowie Noack (Rpfleger 1976, 196f.) die Zustimmung sämtlicher zu der Gemeinschaft gehörender Wohnungseigentümer für erforderlich; für entbehrlich erachten dagegen eine solche Zustimmung - teilweise unter starker Betonung praktischer Bedürfnisse - außer, wie bereits erwähnt, dem OLG Hamburg das LG Mannheim, Rpfleger 1976, 316; Weitnauer, Rpfleger 1976, 342; Röll, MittBayNot 1977, 224; Merle, Rpfleger 1978, 86.

3. Nach Auffassung des erkennenden Senats kann ein einem bestimmten Wohnungseigentum zugeordnetes, im Grundbuch vermerktes Sondernutzungsrecht an einem Teil des gemeinschaftlichen Eigentums - hier also an einem Kfz-Abstellplatz - durch Vereinbarung der unmittelbar Beteiligten dem Recht eines anderen Wohnungseigentümers derselben Gemeinschaft zugeordnet werden, ohne dass es dazu nach dem Gesetz der Zustimmung der übrigen zu der Gemeinschaft gehörenden Wohnungseigentümer bedürfte. Dies lässt sich allerdings - entgegen LG Mannheim, Rpfleger 1976, 316, und Weitnauer, Rpfleger 1976, 341 - nicht damit begründen, dass durch die Gebrauchsregelung nur ein schuldrechtlicher Anspruch des begünstigten Wohnungseigentümers gegen die anderen Wohnungseigentümer auf Überlassung des ausschließlichen Gebrauchs an dem Abstellplatz begründet werde, für dessen Übertragung daher schuldrechtliche Grundsätze maßgebend seien mit der Folge, dass der Anspruch nach § 398 BGB abtretbar sei (wobei lediglich die aus § 399 BGB hergeleitete Einschränkung gemacht wird, dass der Abtretungsempfänger auch Mitglied der Eigentümergemeinschaft sein müsse), Denn jedenfalls mit der Eintragung des Sondernutzungsrechts ins Grundbuch handelt es sich nicht mehr um einen lediglich schuldrechtlichen Anspruch. Der Inhalt der Gebrauchsregelung - hier also Anspruch des begünstigten Wohnungseigentümers auf Überlassung des Abstellplatzes zum alleinigen Gebrauch und Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer von der Nutzung dieser Grundstücksfläche - ist nach §§ 15 I, 5 IV, 10 I WEG durch die Eintragung im Grundbuch zum Inhalt des Sondereigentums geworden und hat damit - ohne ein selbständiges dingliches Recht zu sein - dingliche Wirkung erlangt (BGHZ 37, 203 [206 = NJW 1962, 1613; BayObLGZ 1974,217; auch OLG Hamburg, Rpfleger 1975, 366).

Dass das Sondernutzungsrecht Inhalt des Sondereigentums ist, spricht, von der Rechtsstellung des bisher begünstigten Wohnungseigentümers sowie des Erwerbers her gesehen, jedoch auch nicht gegen einen Übergang des Nutzungsrechts aufgrund Vereinbarung lediglich zwischen diesen beiden Beteiligten. Ein solcher Übergang ist als eine Inhaltsänderung des Sondereigentums und damit des Wohnungseigentums der beiden Beteiligten anzusehen; § 877 BGB setzt aber die grundsätzliche Zulässigkeit der Änderung des Inhalts eines Rechts an einem Grundstück voraus. Dass für das Wohnungseigentum etwas anderes gelten sollte, ist nicht ersichtlich (ebenso Merle, Rpfleger 1978, 86). Lediglich der Übertragung des Sondernutzungsrechts auf einen außerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft stehenden Dritten stünde der in § 6 WEG niedergelegte Grundsatz der zwingenden Verbindung des Sondereigentums mit einem Miteigentumsanteil entgegen. Wenn allerdings eine Übertragung des Sondernutzungsrechts den Inhalt des Sondereigentums und des Wohnungseigentums auch aller anderen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft ändern würde, wäre nach allgemeinen Grundsätzen (§§ 877, 873 BGB) auch deren Mitwirkung, zumindest in Form der Zustimmung, erforderlich. Der erkennende Senat hält jedoch die Betrachtungsweise für gerechtfertigt, dass zum Inhalt des Sondereigentums derjenigen Wohnungseigentümer, denen durch Gebrauchsregelung hinsichtlich eines bestimmten Abstellplatzes das Recht zum Mitgebrauch entzogen wird, nur dieser Ausschluss der eigenen Berechtigung wird, nicht aber auch die Zuordnung des Nutzungsrechts an dem Abstellplatz zu einem bestimmten Wohnungseigentum. (Ob bei der Beschaffung der Gebrauchsregelung die Beteiligten eine freie Übertragbarkeit des Benutzungsrechts beabsichtigten, ist dabei nicht erheblich.) Denn in dem Ausschluss der eigenen Berechtigung liegt der das dingliche Recht der Betroffenen berührende Gehalt der Gebrauchsregelung, während die Zuordnung der Nutzungsbefugnis zu einem bestimmten Wohnungseigentum ohne unmittelbare Auswirkung auf die rechtliche Stellung der übrigen Wohnungseigentümer ist. Vom Boden dieser Rechtsauffassung aus werden durch eine Übertragung des Sondernutzungsrechts von seiten des begünstigten Wohnungseigentümers auf einen anderen Wohnungseigentümer die Rechte der übrigen Wohnungseigentümer nicht berührt; gem. §§ 877, 873 BGB ist deren Beteiligung daher nicht erforderlich. Ebenso wenig ist eine solche Beteiligung (durch Zustimmung oder in sonstiger Form) unter dem Gesichtspunkt des im Wohnungseigentum neben dem gemeinschaftlichen Eigentum und dem Sondereigentum enthaltenen mitgliedschaftsrechtlichen Elements (s. dazu insb. Bärmann, Einl. Rdnrn. 192ff.; vgl. auch Merle, Rpfleger 1978, 86) geboten. Mit der durch die Benutzungsregelung bewirkten, ohne Mitwirkung des begünstigten Wohnungseigentümers nicht wieder rückgängig zu machenden Ausschließung aller anderen Wohnungseigentümer von der Benutzung des betreffenden Grundstücksteiles ist diese Nutzungsbefugnis bereits so nachhaltig aus der Gesamtberechtigung (zwar nicht hinsichtlich des nach wie vor bestehenden Miteigentums, aber hinsichtlich des Rechts zum Mitgebrauch) herausgelöst worden, dass es auch unter Berücksichtigung der mitgliedschaftsrechtlichen Bindung nicht maßgebend darauf ankommen kann, welchem Wohnungseigentümer die Nutzungsberechtigung zugeordnet ist (im Ergebnis ebenso Merle, Rpfleger 1978, 86). Ein schutzwürdiges Interesse daran, dass nur ein der Person nach bestimmter Wohnungseigentümer die Nutzungsbefugnis innehabe, kann schon deshalb nicht anerkannt werden, weil durch eine Veräußerung des Wohnungseigentums im ganzen ohnehin ein Wechsel in der Person auch des Nutzungsberechtigten eintreten kann, ohne dass die übrigen Wohnungseigentümer dies verhindern könnten. Etwas anderes würde dann gelten, wenn, wie es für zulässig zu erachten ist (vgl. BGHZ 37, 203 = NJW 1962, 1613; BGHZ 49, 250 = NJW 1968, 499), bei Schaffung der Gebrauchsregelung in entsprechender Anwendung des § 12 WEG die Übertragung eines Sondernutzungsrechts von der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer oder eines Dritten, etwa des Verwalters, abhängig gemacht worden wäre. Dies ist hier nicht geschehen.

IV. Nach alledem war auf die weitere Beschwerde der Bet. zu 2 der angefochtene Beschluss des LG aufzuheben und das Grundbuchamt anzuweisen, von seinen Bedenken gegen die Eintragung der neuen Zuordnung der Abstellplätze Nrn. 5 und 6 abzusehen.

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht