Laufbahnaufstieg in den höheren Dienst
Gericht
OVG Koblenz
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
28. 10. 1994
Aktenzeichen
2 A 10563/94
Ein Beamter des gehobenen Dienstes kann grundsätzlich nicht als "anderer Bewerber" in eine Laufbahn des höheren Dienstes aufsteigen.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Der im Jahr 1943 geborene Kl. hat in der Laufbahn des gehobenen Dienstes das Amt eines Sonderschuloberlehrers (Besoldungsgruppe A 14) bei dem Institut für Hörsprachbehinderte inne. Das Institut ist eine Sonderschule mit angegliedertem berufsbildenden Zweig; in diesem Bereich werden auch Lehrkräfte der Laufbahn des Lehramts an berufsbildenden Sonderschulen eingesetzt, die dem höheren Dienst zugeordnet sind. Der Kl. hatte sich seit Jahren vergeblich um einen Aufstieg in den höheren Dienst bemüht. Mit der Klage begehrt er, den Bekl. zu verpflichten, ihn als "anderen Bewerber" in den höheren Dienst aufzunehmen. Der laufbahnrechtlich vorgesehene Weg über eine Lehreraufstiegsprüfung sei ihm wegen seines fortgeschrittenen Lebensalters und der Minderung seiner Erwerbsfähigkeit um 50 % nicht mehr zumutbar. In anderen Bundesländern seien an entsprechenden Schuleinrichtungen Lehrer mit vergleichbarer Ausbildung als Studienräte eingestuft.
Klage und Berufung blieben erfolglos.
Auszüge aus den Gründen:
Gem. § 9 I Nr. 4 lit. b RhPfBG darf als anderer Bewerber in das Beamtenverhältnis berufen werden, wer die erforderliche Befähigung durch Lebens- und Berufserfahrung innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes erworben hat. Dies gilt nicht für Laufbahnen, für die eine bestimmte Vorbildung, Ausbildung oder Prüfung durch Gesetz oder Verordnung vorgeschrieben ist. Nach § 29 RhPfBG darf von anderen Bewerbern die für die Laufbahnen vorgeschriebene Vorbildung und Ausbildung nicht gefordert werden; ihre Befähigung ist durch den Landespersonalausschuss festzustellen. Diese Vorschriften sind auf den Streitfall nicht anwendbar.
Zwar hat der Kl. darin Recht, dass Laufbahnbewerber nur derjenige ist, der die laufbahnrechtlich vorgeschriebene Vorbildung besitzt und die Befähigung für die Laufbahn auf dem dafür vorgeschriebenen Weg erwirbt, während jeder, der nicht Laufbahnbewerber in diesem Sinne ist, anderer Bewerber ist (GKÖD, § 7 GKÖD 23). Er verkennt aber, dass § 9 I RhPfBG schon seinem Wortlaut nach nur für die Berufung in das Beamtenverhältnis, also für dessen Begründung, aber grundsätzlich nicht für die Verleihung eines anderen Amtes gilt (OVG Münster, NVwZ-RR 1990, 425; Plog/Wiedow/Beck/Lemhöfer, BBG, § 7 Rdnr. 2). Auch Sinn und Zweck der Vorschriften über andere Bewerber streiten für diese Auslegung. Die Regelungen sollen dazu dienen, Fachkräften, die ihre Befähigung auf einem anderen Weg als dem eines Laufbahnbewerbers erworben haben, im Interesse der Verwaltung den Weg in eine Beamtenlaufbahn zu eröffnen. Der Umstand, dass auch eine "innerhalb des öffentlichen Dienstes" erworbene Lebens- und Berufserfahrung ausreicht, um jemanden in das Beamtenverhältnis berufen zu können, widerlegt den hier vertretenen Standpunkt nicht. Der Sinn dieser Klausel liegt ersichtlich darin, Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes, d.h. Angestellten und Arbeitern, eine Übernahme in das Beamtenverhältnis zu ermöglichen. Schließlich wird die Auffassung, dass das "Berufen" in das Beamtenverhältnis hier im rechtstechnischen Sinne zu verstehen ist, auch dadurch bestätigt, dass § 30 I RhPfBG für andere Bewerber zwingend eine Probezeit vorschreibt, die durch den Landespersonalausschuss zwar abgekürzt, von der aber nicht gänzlich abgesehen werden kann. Das Gesetz will aber nicht einem auf Lebenszeit ernannten Beamten einen Aufstiegsweg zur Verfügung stellen, durch den er für die Dauer der festgesetzten Probezeit in den unsicheren Status eines Beamten auf Probe zurückversetzt werden müsste (eingehend zum Ganzen: OVG Münster, NVwZ-RR 1990, 425).
Sprechen schon die vorstehenden Überlegungen dafür, § 9 I Nr. 4 lit. b i.V. mit § 29 RhPfBG nicht auf Fälle anzuwenden, in denen ein Laufbahnanstieg oder Laufbahnwechsel in Rede steht, so muss es bei diesem Ergebnis jedenfalls dann sein Bewenden haben, wenn das Laufbahnrecht hierfür bestimmte zwingende Anforderungen stellt, die der Bewerber nicht erfüllt. Denn eine Umgehung der Laufbahnvorschriften wird vom Normzweck der Regelungen über andere Bewerber keinesfalls gedeckt. Um eine derartige Fallgestaltung geht es hier. Zwar mag das Argument des VG, § 21 II VGPfBG sei in bezug auf den Streitfall als abschließende Spezialregelung zu verstehen, angreifbar sein: § 21 II RhPfBG betrifft den Aufstieg von einer Laufbahn in die nächsthöhere Laufbahn derselben Fachrichtung, wenn der Bewerber die Eingangsvoraussetzungen für diese Laufbahn nicht erfüllt, und schreibt hierfür regelmäßig eine Aufstiegsprüfung vor. Richtigerweise strebt der Kl. jedoch einen Wechsel der Fachrichtung vom Lehramt an Sonderschulen (§ 47 RhPfLaufbahnVO) zum Lehramt an berufsbildenden Sonderschulen (§ 66 RhPfLaufbahnVO) an (zur laufbahnrechtlichen Bedeutung des "Lehramts" im Schulbereich s. auch Weiß/Niedermaier/Summer, BayBG, Art. 20 Anm. 1 a.E.; Art. 21 Anm. 15b). Am Ergebnis ändert dies jedoch nichts. Denn entscheidend ist, dass der hier in Rede stehende Laufbahnwechsel in § 127 RhPfLaufbahnVO speziell geregelt ist. Danach kann für das Lehramt an berufsbildenden Schulen ohne Ableistung eines Vorbereitungsdienstes und einer zusätzlichen Probezeit zum Studienrat ernannt werden, wer die Erste und Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Sonderschulen bestanden hat, danach mindestens fünf Jahre im Schuldienst tätig gewesen ist und (von hier nicht einschlägigen Varianten abgesehen) die Prüfung von Sonderschullehrern für das angestrebte Lehramt bestanden hat. Dementsprechend sieht die Lehrer-Aufstiegsprüfungsordnung i.d.F. vom 3. 9. 1984 (GVBl S. 188) u.a. die Prüfung von Sonderschullehrern für das Lehramt im höheren Dienst an berufsbildenden Schulen vor (§ 1 I Nr. 1 lit. b). Die zuletzt genannte Voraussetzung erfüllt der Kl. nicht; solange er die Prüfung nicht absolviert hat, kann seinem Begehren nicht entsprochen werden.
Wie bereits das VG zutreffend ausgeführt hat, lässt sich ein günstigeres Ergebnis auch nicht auf den Gleichbehandlungsgrundsatz stützen; dem ist auch aus der Sicht des erkennenden Senatsnichts hinzuzufügen.
Soweit der Kl. schließlich meint, der Bekl. habe die Fürsorgepflicht verletzt und sei deshalb im Wege des Schadensersatzes durch Naturalrestitution gehalten, ihn in den höheren Dienst zu übernehmen, dringt er ebenfalls nicht durch. Ein solcher Anspruch scheitert bereits daran, dass auf dem Gebiet des allgemeinen Verwaltungsrechts unrechtmäßiges Verwaltungshandeln oder -unterlassen nur im Rahmen eines zulässigen Verwaltungshandelns ausgeglichen werden kann (s. allg. BVerwGE 79, 192 (194); speziell für das öffentliche Dienstrecht: BVerwG, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 160; BayVBl 1987, 541; zur abweichenden Rechtsprechung der Sozialgerichte s. nur Wallerath, DÖV 1987, 505). Im vorliegenden Fall ist keine Rechtsvorschrift ersichtlich, die dem Bekl. - und sei es auch nur in Härtefällen - erlaubt, von dem Erfordernis einer Aufstiegsprüfung abzusehen.
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