Klage gegen Umlagebeitragsbescheid der IHK

Gericht

OVG Münster


Art der Entscheidung

Berufungsbeschluss


Datum

08. 08. 2001


Aktenzeichen

4 A 4074/00


Leitsatz des Gerichts

Der Beitragsbescheid einer IHK, mit dem die Umlage festgesetzt wird, stellt in Bezug auf den zu Grunde liegenden Gewerbebesteuermessbescheid als Grundlagenbescheid einen Folgebescheid dar. Eine Klage gegen den Umlagebeitragsbescheid bzw. ein Aussetzungsantrag allein mit der Begründung, die Festsetzung des Messbetrags sei unzutreffend, ist unzulässig.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl. wandte sich gegen ihre Heranziehung durch die bekl. IHK zu Kammerumlagen in bestimmter Höhe, weil sie - wie sich später herausstellte, zu Recht - der Auffassung war, die der Umlagefestsetzung zu Grunde liegenden Gewerbesteuermessbeträge des Finanzamts seien unzutreffend. Nachdem im Laufe des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens - die Bekl. hatte zwischenzeitlich die streitigen Beiträge zwangsweise beitreiben lassen - die Gewerbesteuermessbeträge herabgesetzt und die Bekl. entsprechend den geänderten Festsetzungen die Beitragshöhe der Umlagen angepasst hatte, wollte die Kl. mit ihrer Fortsetzungsfeststellungsklage die Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Umlagefestsetzungsbescheides festgestellt wissen.

Das VG gab der Klage statt. Die Berufung der Bekl. hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Entgegen der Auffassung des VG hat die Fortsetzungsfeststellungsklage bereits deshalb keinen Erfolg, weil sie unzulässig ist.

Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist unzulässig, weil die ursprünglich erhobene Anfechtungsklage unzulässig war. Neben der besonderen Zulässigkeitsvoraussetzung des Feststellungsinteresses nach § 113 I 4 VwGO müssen bis zum Zeitpunkt der Erledigung alle übrigen für eine Anfechtungsklage notwendigen Sachurteilsvoraussetzungen vorgelegen haben. Ein Ziel, das mit der Anfechtungsklage nicht erreicht werden kann, ist auch mit der aus ihr hervorgegangenen Fortsetzungsfeststellungsklage nicht mehr zu verwirklichen. Nach § 3 III 1 IHKG in der bis 1994 geltenden Fassung wurde die Umlage auf der Grundlage der festgesetzten Gewerbesteuermessbeträge erhoben. Entsprechendes gilt nach § 3 III 3 IHKG in der nachfolgenden Fassung bzw. nach § 3 III 5 IHKG in der heute geltenden Fassung. Damit ist der Sache nach der die Umlage festsetzende Bescheid ein Folgebescheid zu dem einen Grundlagenbescheid darstellenden Gewerbesteuermessbescheid.

Zwischen Grundlagen- und Folgebescheid besteht also Akzessorietät (vgl. hierzu auch VG Karlsruhe, GewArch 1971, 186 [187]), so dass die Regelungen der §§ 175 I 1 Nr. 1, 182 I und 184 AO 1977 entsprechend anzuwenden sind.

Diese Akzessorietät zwischen Grundlagen- und Folgebescheid greift § 6 IV der Beitragsordnung der Bekl. auf. Nach den Sätzen 1 und 2 dieser Vorschrift erlässt die Kammer einen Berichtigungsbescheid, wenn sich die Bemessungsgrundlage nach Erteilung des Beitragsbescheids ändert. Zu viel gezahlte Beiträge werden danach erstattet, zu wenig erhobene Beiträge nachgefordert. Bei dieser Sachlage zieht eine Änderung der Gewerbesteuermessbeträge durch das Finanzamt oder auf Grund einer Entscheidung des Finanzgerichts „automatisch“ - also ohne dass es eines Antrags bedarf - auch eine entsprechende Änderung der Festsetzung der Kammerumlage ungeachtet einer etwaigen Bestandskraft eines früheren Bescheids nach sich (vgl. § 175 I 1 AO 1977).

Daraus folgt in prozessualer Hinsicht: Einwendungen gegen die Festsetzung der Umlage im Folgebescheid mit der Behauptung, die entsprechende Festsetzung im Grundlagenbescheid sei zu Unrecht erfolgt, sind wegen der Verbindlichkeit dieser Festsetzung für den Folgebescheid im Anfechtungsverfahren gegen den Folgebescheid unbeachtlich (vgl. BVerwG, Buchholz 401.0 § 184 AO Nr. 2 = BayVBl 1999, 88; u. Hinw. auf BFHE 142, 544; vgl. auch die Regelung des § 351 II AO 1977).

Dies lässt nach Auffassung des Senats das Rechtschutzbedürfnis entfallen (vgl. in diesem Zusammenhang auch BFH, StuB 2000, 46), der unter Verweis auf die Vorschriften der § 42 FGO und § 351 II AO 1977 die Klagebefugnis verneint, so dass es an einer Sachentscheidungsvoraussetzung fehlt. Somit war der zur Begründung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide erhobene Einwand der Unrichtigkeit der Gewerbesteuermessbeträge, der allein Grund für die Fortführung der Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage ist, von vornherein im Rahmen der ursprünglich erhobenen Anfechtungsklage unbeachtlich. Dem Argument der Kl., es habe der Erhebung einer Anfechtungsklage schon deshalb bedurft, um einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 V VwGO stellen zu können, ist entgegen zu halten, dass nach den vorstehenden Ausführungen zum Verhältnis zwischen Grundlagen- und Folgebescheid auch ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Folgebescheids, der mit Einwendungen gegen die Richtigkeit der für den Folgebescheid bindenden Feststellungen im Grundlagenbescheid begründet wird, unzulässig ist (vgl. BFH, BStBl 1988 II, 240).

Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen hat die Fortsetzungsfeststellungsklage auch aus zwei weiteren selbstständig tragenden Gründen keinen Erfolg.

Es fehlt an dem erforderlichen besonderen Feststellungsinteresse. Die Kl. begründet dieses damit, die Bekl. habe den Beitragsbescheid in Kenntnis der künftigen Änderung der Grundlagenbescheide vorzeitig und damit rechtswidrig vollzogen mit der Folge, dass ihr Zinsaufwendungen entstanden seien, die sie im Wege des Schadensersatzanspruchs geltend machen wolle. Diese Argumentation gründet aber nicht auf der Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheids, die sie festgestellt wissen will, sondern betrifft die Frage, ob die Bekl. vor Eintritt der Bestandskraft des Grundsteuermessbescheids aus ihrem Beitragsbescheid vollstrecken lassen durfte (vgl. dazu § 361 I 2 AO 1977). Deshalb ist hier nicht weiter zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Vollziehung der Gewerbesteuermessbescheide vor dem Vollzug des Beitragsbescheids ausgesetzt war, was einer Vollstreckung ganz oder teilweise entgegengestanden hätte (§ 361 III 1 AO 1977), und ob die Bekl. davon überhaupt Kenntnis hatte oder hätte haben können. Im vorliegenden Verfahren ist allein entscheidungserheblich, ob die Bekl. den Beitragsbescheid erlassen durfte. Dies ist der Fall (vgl. dazu § 69 II 5 FGO, § 361 III 2 AO 1977; ferner § 3 VIII IHKG i.V. mit § 171 X AO 1977 - zur Anwendbarkeit dieser Vorschrift vgl. VG Karlsruhe, 0GewArch 1988, 298, wonach die IHK gehalten ist, innerhalb einer bestimmten Frist den Folgebescheid zu erlassen; vgl. dazu Frentzel/Jäkel/Junge, § 3 Rdnr. 151).

Daraus und aus den Ausführungen zum Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid folgt zugleich, dass der Beitragsbescheid der Bekl. weder im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig gewesen noch zu einem späteren Zeitpunkt rechtswidrig geworden ist, sondern dass nach der Änderung der Grundlagenbescheide lediglich eine geänderte Festsetzung zu erfolgen hatte. Somit hätte die Fortsetzungsfeststellungsklage mangels Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beitragsbescheides auch in der Sache keinen Erfolg.

Rechtsgebiete

Verwaltungsrecht