Einwilligung in vorzeitige Darlehensablösung gegen Vorfälligkeitsentschädigung

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

01. 07. 1997


Aktenzeichen

XI ZR 267/96


Leitsatz des Gerichts

  1. Bei einem Festzinskredit mit vertraglich vereinbarter Laufzeit kann das Bedürfnis des Darlehensnehmers nach einer anderweitigen Verwertung des beliehenen Objekts eine Verpflichtung des Darlehensgebers begründen, in eine vorzeitige Darlehensablösung gegen angemessene Vorfälligkeitsentschädigung einzuwilligen. Das gilt insbesondere dann, wenn für eine beabsichtigte Grundstücksveräußerung eine Ablösung des Kredits und der damit zusammenhängenden grundpfandrechtlichen Belastung erforderlich ist.

  2. Die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung ist so zu bemessen, dass der Darlehensgeber durch die Kreditablösung im Ergebnis finanziell weder benachteiligt noch begünstigt wird. Ist der Darlehensgeber ein Kreditinstitut, so kann er seinen finanziellen Nachteil aus der Kreditablösung auf unterschiedliche Weise ermitteln. Ein zulässiger Berechnungsansatz ist der Vergleich zwischen dem Vertragszins und der Rendite fristenkongruenter Kapitalmarkttitel öffentlicher Schuldner.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Parteien streiten über die teilweise Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung, die die Kl. im Rahmen einer vorzeitigen Ablösung von zwei Darlehen an die beklagte Hypothekenbank gezahlt haben. Die Kl. hatten im Januar 1986 bei der Bekl. zwei durch Grundschulden gesicherte Tilgungsdarlehen über 190000 DM und über 85000 DM aufgenommen. Mit Wirkung vom 1. 1. 1991 hatten sie für eine Festschreibungszeit bis zum 1. 12. 2000 einen jährlichen Zinssatz von 9,35 % vereinbart. Für das Darlehen über 85000 DM war zusätzlich ein Verwaltungskostenbeitrag von jährlich 0,5 % des ursprünglichen Darlehensbetrages zu entrichten. Im Sommer 1993 wollten die Kl. wegen ihrer bevorstehenden Scheidung das beliehene Hausgrundstück verkaufen und deshalb die Darlehen und Grundschulden vorzeitig ablösen. Die Bekl. erklärte sich hiermit nur bei Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 18,38 % der jeweiligen Darlehensrestforderungen, die zum 1. 10. 1993 175663,26 DM bzw. 78856,08 DM betrugen, einverstanden, wobei sie ihrer Berechnung eine am Kapitalmarkt für festverzinsliche Wertpapiere erzielbare Rendite von 6,15 % zugrundelegte. Mit Schreiben vom 1. 10. 1993 willigten die Kl. in die Zahlung des von der Bekl. verlangten Betrages von insgesamt 46731,03 DM unter dem Vorbehalt einer Nachprüfung der Entschädigungshöhe ein. Mit Schreiben vom 18. 10. 1993 machte die Bekl. die Erteilung der Löschungsbewilligung von der vorbehaltlosen Zahlung abhängig. Daraufhin beglichen die Kl. den von der Bekl. geforderten Betrag. Mit der Klage haben die Kl. die teilweise Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 17254 DM verlangt.

Das LG, dessen Urteil in WM 1996, 577, veröffentlicht worden ist, hat der Klage in Höhe von 7767,60 DM nebst Zinsen stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Bekl. hat das OLG, dessen Urteil in WM 1997, 522, abgedruckt ist, die Klage insgesamt abgewiesen; die Anschlussberufung der Kl., mit der sie unter Zugrundelegung eines Wiederanlagezinssatzes von 7,34 % die Zahlung weiterer 5633 DM begehrt haben, ist zurückgewiesen worden. Die – zugelassene – Revision der Kl. führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das BerGer.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Das BerGer. hat einen Rückzahlungsanspruch der Kl. verneint. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Den Kl. stehe ein Rückzahlungsanspruch aus § 812 I BGB nicht zu, da die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung nicht ohne Rechtsgrund erfolgt sei. Zwischen den Parteien sei insoweit im Hinblick auf die vorzeitige Ablösung der beiden Darlehen eine Aufhebungsvereinbarung zustande gekommen, die auch eine Einigung über die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung enthalte; das entsprechende Angebot der Bekl. vom 18. 10. 1993 hätten die Kl. durch die Zahlung der geforderten Beträge konkludent angenommen, ohne einen erneuten Vorbehalt erklärt zu haben. Gegen die Wirksamkeit dieser Vereinbarung könnten die Kl. nicht einwenden, dass ihnen ein Recht zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung der Darlehensverträge oder ein Anspruch gegen die Bekl. auf Vertragsbeendigung gegen Ersatz des Erfüllungsschadens zugestanden habe. Die Frage einer vorzeitigen Vertragsbeendigung und des dafür zu entrichtenden Preises sei vielmehr der freien Vereinbarung der Parteien überlassen gewesen. Die Aufhebungsvereinbarung sei auch nicht gem. § 138 I BGB nichtig, da die Vorfälligkeitsentschädigung ihrer Höhe nach nicht sittenwidrig sei. Der durch die vorzeitige Darlehensablösung bei der Bekl. eingetretene Schaden belaufe sich unter Zugrundelegung eines Wiederanlagezinssatzes für Hypothekendarlehen im Oktober 1993 von 7,34 % und einer der Bekl. zustehenden Netto–Zinsmarge in Höhe von 0,5 % auf (abgezinst) 40984,02 DM; ferner habe die Bekl. noch einen Anspruch von 0,8 % des abzulösenden Darlehenskapitals zum Ausgleich des Verwaltungsmehraufwandes und eines Zinsausfallrisikos für die Zeit zwischen Eingang des Ablösebetrages und Wiederanlage. Die tatsächlich verlangte Entschädigung übersteige diesen Betrag um lediglich 8,6 % und rechtfertige deshalb den Vorwurf der Sittenwidrigkeit jedenfalls nicht in subjektiver Hinsicht.

II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

1. Dem BerGer. ist allerdings darin zu folgen, dass die beiden Darlehensverträge nicht durch eine einseitige Erklärung der Kl. vorzeitig beendet werden konnten. Mit der Festzinsbindung hatten die Parteien das Recht zur ordentlichen Kündigung bis zum 31. 12. 2000 wirksam abbedungen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Regelung des § 247 I BGB a.F., da das aus dieser Vorschrift folgende Kündigungsrecht in Nr. 4.2 der beiden Darlehensurkunden wirksam ausgeschlossen worden ist. Die Darlehen gehörten nämlich nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des BerGer. zu einer Deckungsmasse für Schuldverschreibungen (§ 247 II 2 BGB a.F.). Da der Grund für den Wunsch nach einer vorzeitigen Darlehensablösung in der Person der Kl. lag, hatten sie auch kein Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund. Denn die (weitere) Verwendbarkeit des Darlehens fällt allein in den Risikobereich des Darlehensnehmers (vgl. BGH, LM § 9 (Bl) AGBG Nr. 26); Senat, LM H. 2/1992 § 252 BGB Nr. 47 = WM 1991, 760 (761)). Daher scheidet auch eine Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage aus (vgl. BGH, NJW-RR 1986, 467).

2. Unzutreffend ist dagegen die Ansicht des BerGer., die Kl. seien nicht berechtigt gewesen, von der Bekl. die Einwilligung in die vorzeitige Ablösung der beiden Darlehen gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung zu verlangen.

a) Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Darlehensnehmer bei einem Festzinskredit gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung eine vorzeitige Kreditabwicklung verlangen kann, ist in Instanzrechtsprechung und Literatur umstritten. Der BGH hat sich hierzu noch nicht geäußert; er hat lediglich ausgesprochen, dass der Darlehensgeber nicht verpflichtet ist, ohne Vorfälligkeitsentschädigung in die Auflösung des Darlehensvertrages einzuwilligen (LM § 247 BGB; Senat, LM H. 2/1997 § 157 (F) BGB Nr. 28 = WM 1996, 2047 (2048); zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ 133, 355).

b) Eine Auffassung in Rechtsprechung und Literatur verneint unter Berufung auf den Grundsatz der Vertragstreue einen Anspruch des Darlehensnehmers auf vorzeitige Auflösung des Kreditvertrages; vielmehr unterlägen die Modalitäten eines Aufhebungsvertrages der freien Vereinbarung der Parteien und seien lediglich am Maßstab der Sittenwidrigkeit gem. § 138 BGB zu prüfen (OLG Karlsruhe, WM 1997, 520; Bellinger/Kerl, HypothekenbankG, 4. Aufl., Vorb. §§ 14–21a Rdnr. 26; Bruchner, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts–Hdb., § 78 Rdnr. 101; Canaris, in: Vorzeitige Beendigung von Finanzierungen, S. 7ff.; Eckert, WuB I E 1.–4.95; Hammen/Dischinger, WuB I E 3.–3.96; Rehbein, WuB I E 3.–1.96; v. Rottenburg, in: v. Westphalen/Emmerich/v. Rottenburg, VerbKrG, 2. Aufl., § 4 Rdnr. 96; Staudinger/Hopt/Mülbert, BGB, 12. Aufl., § 609 Rdnr. 54; W. Weber, NJW 1995, 2951 (2952f.); Zoller/v. Aulock, WuB I E 3.–9.96). Zum Teil wird dabei offengelassen, ob in extrem gelagerten Ausnahmefällen dem Darlehensnehmer aus dem Gebot von Treu und Glauben nicht doch ein Anspruch auf vorzeitige Vertragsauflösung zusteht (vgl. Bellinger/Kerl, Buchner und Rehbein jeweils wie oben; Canaris, S. 36ff.; W. Weber, NJW 1995, 2951 (2952)).

c) Die Gegenansicht, auf die sich auch die Revision stützt, billigt dem Darlehensnehmer dagegen unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Auflösung des Darlehensvertrages gegen Zahlung einer unter Schadensersatzgesichtspunkten zu bemessenden Vorfälligkeitsentschädigung zu und führt dabei insbesondere Fallkonstellationen wie den beabsichtigten Verkauf des beliehenen Objekts auf. Der Anspruch auf Vertragsaufhebung wird teilweise aus dem auch für den Darlehensvertrag geltenden Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme bzw. allgemein aus Treu und Glauben hergeleitet (vgl. LG Hannover, WM 1995, 192, 193; LG Karlsruhe, WM 1996, 574 (575); Nobbe, Neue höchstrichterliche Rechtsprechung zum BankR, 6. Aufl., Rdnr. 839; Wenzel, in: Metz/Wenzel, Vorfälligkeitsentschädigung, Rdnr. 228, und in WM 1995, 1433 (1436)).

d) Der erkennende Senat stimmt mit dieser Auffassung darin überein, dass ein Anspruch des Darlehensnehmers auf vorzeitige Ablösung des Darlehens jedenfalls für den Fall einer anderweitigen Verwertung des beliehenen Objekts gegeben sein kann. Er sieht darin jedoch – im Gegensatz zu der genannten Auffassung – einen Anspruch nicht auf Vertragsaufhebung oder Vertragsauflösung, sondern nur auf eine Modifizierung des Vertragsinhalts ohne Reduzierung des Leistungsumfangs.

Tritt der Kreditnehmer an den Darlehensgeber mit dem Wunsch nach einer vorzeitigen Kreditabwicklung gegen Zahlung einer angemessenen Vorfälligkeitsentschädigung heran, so hat dieses Begehren nicht eine Beseitigung der vertraglichen Bindung, sondern letztlich nur eine vorzeitige Erbringung der geschuldeten Leistung zum Ziel. Der Darlehensgeber soll durch die vorzeitige Rückzahlung des Darlehenskapitals und die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung im wirtschaftlichen Ergebnis so gestellt werden, wie er stünde, wenn das Darlehen für den ursprünglich vereinbarten Festschreibungszeitraum fortgeführt und mit Zinsen bedient worden wäre. Die vom Kreditnehmer in solchen Fällen angestrebte Änderung des Kreditvertrages erschöpft sich somit letztlich in der Beseitigung der vertraglichen – zeitlich begrenzten – Erfüllungssperre, d.h. in einer Vorverlegung des Erfüllungszeitpunktes.

Der Darlehensgeber braucht sich gleichwohl nicht ohne weiteres auf eine solche Modifizierung des Vertragsinhalts einzulassen. Er hat grundsätzlich einen Anspruch auf die unveränderte Einhaltung der eingegangenen Vertragspflichten. Der Tilgungs– und Verzinsungsplan jedes Kreditvertrages ist Bestandteil seiner geschäftlichen Kalkulation, deren Störung er ohne berechtigten Grund nicht hinzunehmen braucht. Hierfür spricht auch der in der Aufhebung des § 247 BGB a.F. zum Ausdruck gebrachte Wille des Gesetzgebers, mittel– und langfristige festverzinsliche Kredite wegen ihrer laufzeit– und zinskongruenten Refinanzierung vor einer vorzeitigen Kündigung durch den Darlehensnehmer zu schützen (vgl. BT–Dr 10/4741, S. 20ff.).

Der Grundsatz der Vertragstreue erfährt jedoch bei Dauerschuldverhältnissen dann Ausnahmen, wenn berechtigte Interessen eines Vertragsteils dies gebieten. Dürfte der Darlehensgeber den Kreditnehmer auch bei einem beabsichtigten Verkauf des beliehenen Objekts an der unveränderten Durchführung des Darlehensvertrages festhalten, könnte er den Verkauf vereiteln. Dem Kreditnehmer wäre dadurch die anderweitige Verwertung des belasteten Gegenstands faktisch unmöglich gemacht. Darin läge ein Eingriff in die wirtschaftliche Handlungsfreiheit des Kreditnehmers, die das Gesetz – wie § 1136 BGB zeigt – gerade auch bei der grundpfandrechtlichen Belastung von Grundstücken gewahrt wissen will (vgl. BGHZ 76, 371 (373)). Dem Kreditgeber ist in derartigen Fällen eine vorzeitige Kreditabwicklung auch zumutbar, wenn er dadurch keinen finanziellen Nachteil erleidet. Da der Anspruch des Kreditnehmers auf eine vorzeitige Kreditabwicklung seine Rechtfertigung in der Erhaltung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit findet, kommt es auf den Beweggrund für den Verkauf des beliehenen Objekts nicht an. Der Anspruch besteht daher bei einem Verkauf aus privaten Gründen (z.B. Ehescheidung, Krankheit, Arbeitslosigkeit, Überschuldung, Umzug) ebenso wie bei der Wahrnehmung einer günstigen Verkaufsgelegenheit (so ausdrücklich Nobbe, Rdnr. 839; a.A. Wenzel, in: Metz/Wenzel, Rdnr. 230).

3. a) Da den Kl. somit ein Anspruch auf Einwilligung in die vorzeitige Kreditabwicklung gegen eine die Interessen der Bekl. wahrende Vorfälligkeitsentschädigung zustand, durfte die Bekl. für ihre Zustimmung entgegen der Ansicht des BerGer. nicht jeden beliebigen „Preis“ bis zur Grenze des § 138 BGB verlangen. Sie konnte vielmehr nur den Ausgleich der Nachteile beanspruchen, die ihr durch die vorzeitige Kreditablösung entstanden.

b) Sollte die Vorfälligkeitsentschädigung, die die Bekl. von den Kl. erhalten hat, die für sie mit der vorzeitigen Darlehensabwicklung verbundenen Nachteile überstiegen haben, so wäre die Bekl. um den Differenzbetrag ungerechtfertigt bereichert und insoweit zur Rückzahlung verpflichtet. Die Vereinbarungen der Parteien über die vorzeitige Kreditabwicklung könnte sie entgegen der Ansicht des BerGer. insoweit nicht als Rechtsgrund für die empfangene Zahlung in Anspruch nehmen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dem BerGer. darin zu folgen ist, dass die Kl. ihren Vorbehalt gegen die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung zuletzt nicht mehr aufrechterhalten haben. Auch wenn die Bekl. eine Aufgabe des Vorbehalts und damit eine die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung umfassende Vereinbarung der Parteien durchgesetzt haben sollte, könnte sie sich darauf nämlich dann nicht berufen, wenn sie auf diese Weise eine überhöhte Vorfälligkeitsentschädigung erzwungen und so ihrer Vertragspflicht zur Einwilligung in die Kreditablösung gegen angemessene Entschädigung zuwider gehandelt hätte.

4. Auf der Grundlage des gegenwärtigen Sach– und Streitstands lässt sich nicht feststellen, ob die Kl. mit den von ihnen gezahlten 46731,03 DM mehr als die der Bekl. zustehende Vorfälligkeitsentschädigung geleistet haben und wie hoch der Differenzbetrag gegebenenfalls ist. Das BerGer. hat einen Schaden der Bekl. aus der vorzeitigen Ablösung der beiden Darlehen in Höhe von insgesamt 43024,02 DM errechnet. Legt man diesen Betrag zugrunde, so ergibt sich entgegen der Ansicht des BerGer. ein Rückzahlungsanspruch der Kl., allerdings nur in Höhe von 3707,01 DM. Die Berechnung des BerGer. wird jedoch nicht nur von der Revision angegriffen. Sie enthält in ihren Grundlagen auch eine Unrichtigkeit zum Nachteil der Bekl.

a) Eine Bank kann den finanziellen Nachteil, der ihr durch die vorzeitige Ablösung eines Darlehens entsteht, auf unterschiedliche Weise berechnen. Insoweit gilt im Grundsatz dasselbe wie für die Berechnung des Nichterfüllungsschadens in Fällen eines anfänglichen Scheiterns des Darlehensvertrags durch Nichtabnahme des Kredits (vgl. dazu Senat, NJW 1991, 1817 = LM H. 2/1992 § 252 BGB Nr. 47 = WM 1991, 760).

b) Dem BerGer. ist im Ausgangspunkt darin zuzustimmen, dass eine kreditgebende Bank bei vorzeitiger Darlehensrückzahlung grundsätzlich den Ausgleich sowohl eines Zinsmargenschadens als auch eines etwaigen Zinsverschlechterungsschadens verlangen kann (Senat, LM H. 2/1992 § 252 BGB Nr. 47; LM H. 2/1997 § 157 (F) BGB Nr. 18)

aa) Der Zinsmargenschaden entspricht dem entgangenen Nettogewinn aus dem vorzeitig abgelösten Darlehen. Bei seiner Bemessung ist von der Differenz zwischen den vereinbarten Darlehenszinsen und den Refinanzierungskosten der Bank auszugehen. Diese Differenz ist um Beträge für das entfallende Risiko aus dem abgelösten Darlehen (sogenannte Risikoprämie) und – sofern die Bank nicht neben den Darlehenszinsen noch laufzeitabhängige Sondergebühren verlangt – für die Verwaltungskosten während der Darlehenslaufzeit zu kürzen.

Das BerGer. verdient entgegen der Ansicht der Revision auch darin Zustimmung, dass den Stimmen im Schrifttum (Reifner, VuR 1996, 315 (316); Wehrt, ZIP 1997, 481 (485)) nicht gefolgt werden kann, die einen Ersatz des Zinsmargenschadens mit der Begründung ablehnen, jede Kreditablösung führe zu einer neuen Kreditaufnahme (in der Regel des Grundstückskäufers) bei derselben oder einer anderen Bank und im Gesamtsystem bleibe die Summe der Hypothekarkredite unverändert. Die Schadensberechnung hat vielmehr auf das konkrete Vertragsverhältnis abzustellen. Ein Ersatzgeschäft muss die Bank sich grundsätzlich nicht anrechnen lassen (vgl. BGHZ 62, 103 (105ff)). Das gilt erst recht, wenn das Ersatzgeschäft nicht von ihr, sondern von einer anderen Bank gemacht worden ist.

Die genaue Berechnung des Zinsmargenschadens kann auf Schwierigkeiten stoßen und die Offenlegung interner Betriebsdaten erfordern. Dem Senat erscheint es dabei im Rahmen des § 252 BGB erlaubt und angemessen, auf eine genaue Aufklärung zu verzichten, soweit die Ersatzforderung der Bank sich auf den bei Banken gleichen Typs üblichen Durchschnittsgewinn beschränkt (Senat, LM H. 2/1992 § 252 BGB Nr. 47). Dabei ist es auch zulässig, von den Möglichkeiten des § 287 ZPO Gebrauch zu machen und – wie das BerGer. es getan hat – auf der Grundlage statistischer Angaben in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank die maßgebenden Berechnungsfaktoren im Wege der Schätzung zu ermitteln.

bb) Ein über den Zinsmargenschaden hinausgehender Zinsverschlechterungsschaden entsteht, wenn die Bank das vorzeitig zurückerhaltene Darlehenskapital für die Restlaufzeit des abgelösten Darlehens nur zu einem niedrigeren als dem Vertragszins wieder ausleihen kann. Dieser Schaden ist auf der Grundlage der Differenz zwischen dem Vertragszins und dem Wiederausleihezins zu berechnen.

cc) Sowohl hinsichtlich des Zinsmargenschadens als auch bei einem etwaigen Zinsverschlechterungsschaden sind die Schadensbeträge, die sich für die Gesamtdauer der rechtlich geschützten Zinserwartung ergeben, auf den Zeitpunkt der Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung abzuzinsen (Senat, WM 1991, 761 (762)). Dabei ist, wie das BerGer. zutreffend dargelegt hat, ein Zinssatz in gleicher Höhe wie der aktive Wiederanlagezins zugrundezulegen.

c) Häufig wird es einer Bank nicht möglich oder nicht zumutbar sein, durch eine vorzeitige Darlehensablösung frei gewordene Mittel laufzeitkongruent wieder in gleichartigen Darlehen anzulegen. In solchen Fällen liegt eine Anlage auf dem allgemeinen Kapitalmarkt nahe. Das gilt insbesondere bei Hypothekenbanken, für die § 6 HypBankG die ständige Deckung umlaufender Pfandbriefe vorschreibt und § 6 IV 1 Nr. 1 i.V. mit § 5 III Nr. 3 Buchst. b HypBankG den Ersatz weggefallener ordentlicher Deckung durch eine sogenannte Ersatzdeckung, unter anderem in Gestalt von Kapitalmarktforderungen gegen öffentliche Schuldner, erlaubt. Darüber hinaus muss aber allen Banken gestattet sein, ihren Nichterfüllungsschaden auf der Grundlage einer laufzeitkongruenten Wiederanlage der freigewordenen Beträge in sicheren Kapitalmarkttiteln zu berechnen (OLG Hamm, WM 1996, 569 (572); OLG Karlsruhe, WM 1996, 572 (573f.); 1997, 520 (521); OLG Oldenburg, WM 1996, 1955 (1956); Canaris, S. 33; Metz, in: Metz/Wenzel, Rdnr. 130, und in ZBB 1994, 205 (213); Wenzel, in: Metz/Wenzel, Rdnrn. 292ff.). Nur eine solche Anlage ist ihnen zumutbar, zumal die Wiederanlage durch vorzeitige Darlehensablösungen frei werdender Mittel in gleichartigen Darlehen in aller Regel zu Lasten ihres sonstigen Neugeschäfts ginge (Canaris und Metz, jeweils wie oben).

Wählt eine Bank diese Berechnungsmethode, so ist der Ausgangspunkt für die Ermittlung ihres finanziellen Nachteils aus der vorzeitigen Darlehensablösung die Differenz zwischen dem Vertragszins und der Rendite von Kapitalmarkttiteln öffentlicher Schuldner mit einer Laufzeit, die der Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens entspricht. Damit verschafft die Bank sich allerdings eine besonders günstige Ausgangsgröße für die Berechnung ihres Zinsverschlechterungsschadens, die den ihr zustehenden Gewinn voll abdeckt und die gesonderte Zubilligung eines Zinsmargenschadens unangemessen erscheinen lässt (Metz, in: Metz/Wenzel, Rdnr. 137). Die Differenz zwischen dem Vertragszins des abzulösenden Darlehens und der Kapitalmarktrendite ist um angemessene Beträge sowohl für ersparte Verwaltungsaufwendungen als auch für das entfallende Risiko des abzulösenden Darlehens zu kürzen. Die auf der Grundlage der so zu ermittelnden Nettozinsverschlechterungsrate für die Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens sich ergebenden Zinseinbußen müssen sodann auf den Zeitpunkt der Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung abgezinst werden. Dabei ist auch hier der aktive Wiederanlagezins, das heißt die Rendite laufzeitkongruenter Kapitalmarkttitel öffentlicher Schuldner, zugrundezulegen.

d) Daneben kann die Bank ein angemessenes Entgelt für den mit der vorzeitigen Ablösung des Darlehens verbundenen Verwaltungsaufwand verlangen. Da dieser Aufwand sich kaum exakt berechnen lassen dürfte, ist seine Ermittlung im Wege der Schätzung zulässig. Dabei erscheint es jedoch entgegen der Ansicht des BerGer. nicht sachgerecht, als Ansatzpunkt für die Bemessung des Aufwands einen bestimmten Prozentsatz der Darlehenssumme zu wählen.

5. Im vorliegenden Fall hat die Bekl. ihren Nachteil aus der vorzeitigen Ablösung der beiden Darlehen auf der Grundlage einer fristenkongruenten Kapitalmarktanlage berechnet. Das BerGer. ist dem zu Unrecht schon im Ausgangspunkt nicht gefolgt und hat statt dessen auf eine Wiederanlage in grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen abgestellt. Es ist daher eine Ermittlung des Schadens der Bekl. auf der Grundlage einer fristenkongruenten Kapitalmarktanlage unter Beachtung der vorstehend dargelegten Grundsätze erforderlich.

Rechtsgebiete

Bank-, Finanz- und Kapitalanlagerecht