Auskehrungsanspruch nach kroatischem Recht
Gericht
OLG Hamm
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
13. 03. 1998
Aktenzeichen
29 U 218/97
Ist durch eine in Deutschland abgeschlossene Hausratsversicherung Sondervermögen im Sinne des kroatischen Rechts versichert, kann der Ehegatte, der nur versicherte Person gewesen ist, den Auskehrungsanspruch aus dem versicherungsrechtlichen Treuhandverhältnis gegen den anderen Ehegatten als Versicherungsnehmer geltend machen.
Die Aufteilung von Sparverträgen, Auskehrung von Steuererstattungen und auch die Miteigentümeransprüche aus §§ 748 ff. BGB unterliegen auch dann kroatischem Recht, wenn die Rechte hier in Deutschland erworben wurden. Erforderlich ist in einem solchen Falle die gerichtliche Feststellung, wie groß der Anteil ist, und alsdann das Verlangen der Aufteilung im Gerichtsverfahren.
Auszüge aus den Gründen:
Die Kl. hat gegen den Bekl. einen Anspruch auf Zahlung von 9.991 DM. Der Bekl. hat an sie den Anteil der Versicherungsleistung auszukehren, der von der Versicherung als Entschädigung für die im Eigentum der Kl. stehenden Gegenstände gezahlt worden ist.
Dieser Anspruch der Kl. ergibt sich aus dem zwischen den Parteien bestehenden gesetzlichen - folglich allein deutschem Recht unterliegenden - Treuhandverhältnis, herrührend aus dem Auseinanderfallen von materieller Berechtigung (der Kl. als der Versicherten) und formeller Berechtigung (des Bekl. als des Versicherungsnehmers) (vgl. BGHZ 64, 260, 264; BGH, VersR 1991, 299, 300; OLG Köln, VersR 1990, 847, 848).
Der Versicherungsschutz erstreckte sich auf die hier in Rede stehenden Gegenstände. Gemäß § 1 III VHB 84, der laut Versicherungsschein maßgeblichen Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Hausratsversicherung, sind auch die in fremdem Eigentum stehenden Gegenstände versichert (vgl. Nr. 1 und 2 der Vorschrift).
Die hier in Rede stehenden Gegenstände standen im alleinigen Eigentum der Kl. Da die Parteien am 10. 8. 1983, also nach dem 9. 4. 1983, geheiratet haben, unterliegen die güterrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe dem kroatischen [kroat.] Recht. Gemäß Art. 15 I n.F. EGBGB i.V. mit Art. 14 I Nr. 1 EGBGB ist in erster Linie das Recht des Staates maßgebend, dem beide Ehegatten angehören, also das Recht Kroatiens. Das Recht Kroatiens sieht keine Rückverweisung auf das deutsche Recht oder eine Weiterverweisung auf das Recht eines anderen Staates vor. Dafür, dass die Parteien eine Rechtswahl bezüglich deutschen Güterrechts gemäß Art. 15 II EGBGB getroffen haben, ist nichts ersichtlich; zudem hätte es insoweit gemäß Art. 15 III i.V. mit Art. 14 IV EGBGB grundsätzlich der notariellen Beurkundung bedurft.
Das Güterrechtsstatut ist maßgeblich für die Frage, ob ein betreffender Gegenstand besonderen güterrechtlichen Regeln unterworfen ist. Dass der sachenrechtliche Erwerb möglicherweise nach deutschem Recht zu beurteilen ist, weil insoweit die lex rei sitae anzuwenden ist, ist insoweit ohne Belang (vgl. MünchKomm/Siehr, BGB, Art. 15 EGBGB Rz. 95; Palandt/Heldrich, BGB, Art. 15 EGBGB Rz. 25, jeweils m.w.N.). Die Frage, welche Eigentumsverhältnisse an den den Eheleuten gehörenden Gegenständen gelten, ist allein güterrechtlicher Art.
Einschlägig sind insoweit Art. 276 ff. des Gesetzes Nr. 31 Pos. 1168 v. 27. 10. 1989 über die Ehe und über die Familienbeziehungen [kroat. EFG] (abgedruckt bei Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, "Kroatien", S. 33 f.). Gemäß Art. 276 kroat. EFG ist zwischen gemeinsamem und besonderem Vermögen der Ehegatten zu unterscheiden, also zwischen Gesamthandseigentum und Alleineigentum. Laut Art. 277 kroat. EFG ist Vermögen, das die Ehegatten während der Dauer der Ehegemeinschaft durch Arbeit erworben haben oder das aus diesem Vermögen hervorgeht, ihr gemeinsames Eigentum. Nach Art. 278 kroat. EFG bleibt Vermögen, das ein Ehegatte bei der Eheschließung besitzt, sein Vermögen (Abs. I). Vermögen, das ein Ehegatte im Laufe der Ehegemeinschaft auf einer anderen als der in Art. 277 kroat. EFG benannten Grundlage auf gesetzlich genehmigte Weise (durch Erbschaft, Schenkung u.ä.) erwirkt, ist sein besonderes Vermögen (Abs. II). Bei den entwendeten Schmuckstücken handelte es sich hinsichtlich eines Ringes und einem Paar Ohrstecker nach Darstellung der Kl. um Gegenstände, die ihr schon vor Eheschließung gehörten; sie unterfallen dann Art. 278 I kroat. EFG und standen danach in ihrem alleinigen Eigentum. Nach den Angaben des Bekl. im Senatstermin handelt es sich bei sämtlichen Schmuckstücken um seine Geschenke an die Kl., also um deren Alleineigentum gemäß Art. 278 II kroat. EFG.
Der von den Parteien geltend gemachte und von der Versicherung gezahlte Entschädigungsbetrag beläuft sich für den Schmuck auf insgesamt (zumindest) 9.241 DM. Hinzu kommen der Betrag von 598 DM für die Damenlederjacke und 350 DM für die Geldbörse mit Inhalt. Insoweit handelte es sich um Gegenstände, die nur zum Gebrauch eines der Ehegatten, nämlich der Kl., dienten. Solche Gegenstände zählen auch dann zum Sondervermögen, wenn sie in der Ehe erworben worden sind, soweit ihr Wert ein gewisses Maß nicht übersteigt (Cigoj/Firsching, Jugoslawisches Familienrecht, S. 27), was hier ersichtlich nicht der Fall ist. Der sich danach errechnende Gesamtbetrag übersteigt den vom LG insoweit ausgeurteilten Betrag von 9.991 DM; das landgerichtliche Urteil ist indes insoweit nicht angegriffen worden.
Einen Anspruch auf Auszahlung der Hälfte des Sparbetrags von 8.000 DM, also von 4.000 DM, hat die Kl. jedenfalls derzeit nicht. Bei dem Guthaben, das auf das Konto des Bekl. geflossen ist, handelt es sich gemäß Art. 277 kroat. EFG um Vermögen, das die Parteien während der Dauer der Ehegemeinschaft durch Arbeit erworben haben, somit um gemeinschaftliches [gem.] Vermögen. Seine anteilige Berechnung an Teilen des gem. Vermögens kann der Mitberechtigte nicht ohne weiteres mit Hilfe eines Zahlungsanspruchs geltend machen; vielmehr ist eine Aufteilung vorzunehmen. Eine einvernehmliche Aufteilung dieses Teiles des Vermögens, die gemäß Art. 284 I kroat. EFG grundsätzlich möglich ist, ist nicht vorgenommen worden; der Bekl. hat seinen Vortrag hierzu trotz entsprechenden Hinweises nicht näher substantiiert, die Kl. hat eine Aufteilung in Abrede gestellt. Dies hat zur Folge, dass eine Aufteilung des Vermögens gemäß Art. 285, 286 kroat. EFG nur in der Weise geschehen kann, dass die gerichtliche Feststellung, wie groß der Anteil ist, und alsdann die Aufteilung verlangt wird. Eine solche Vermögensverteilung haben indes weder die Kl. noch der Bekl. im vorliegenden Rechtsstreit verlangt; sie muss deshalb einer späteren Auseinandersetzung vorbehalten bleiben.
Die vom Bekl. erklärte Aufrechnung bleibt insgesamt ohne Erfolg. Bei der auf das Konto der Kl. geflossenen Steuererstattung handelt es sich ebenfalls um durch Arbeit erzieltes Einkommen, also um gem. Vermögen; auch insoweit hat die Aufteilung nach den genannten Vorschriften des kroat. Rechts zu erfolgen, so dass es derzeit an einem fälligen Anspruch fehlt.
Der Bekl. hat auch keine fälligen Erstattungsansprüche wegen der von ihm getragenen Kosten im Zusammenhang mit der Finanzierung und Unterhaltung des im Miteigentum der Parteien stehenden Hausgrundstücks, also bezüglich der Darlehensrückzahlungen an die Bausparkasse, der Erbbauzinsen, der Grundbesitzabgaben und der Heizkosten. Auch insoweit ist das kroat. Güterrecht maßgebend. Daraus, dass die Parteien ein in Deutschland gelegenes Grundstück erworben haben und der Kaufvertrag - soweit ersichtlich - deutschem Recht unterlag, lässt sich keine Rechtswahl bezüglich des Güterrechts entnehmen (vgl. LG Augsburg, MittBayNot 1995, 233); es hätte insoweit einer ausdrücklichen notariell beurkundeten Vereinbarung bedurft (vgl. Palandt/Heldrich, Art. 15 EGBGB Rz. 23). Dass die Eintragung ins Grundbuch entgegen § 47 GBO nicht unter Bezeichnung des Gesamthandsverhältnisses nach kroat. Güterrecht erfolgt ist, ist ebenfalls ohne Belang. Nach Art. 296 kroat. EFG hat ein Ehegatte dann, wenn wegen der Begleichung der gemeinsamen Verpflichtungen aus seinem Teil am gemeinsamen Vermögen mehr kassiert worden ist als sein Teil der Schuld betrug, gegenüber dem anderen Ehegatten ein Recht auf Rückerstattung dieses Betrages aus dessen Teil am gemeinsamen Vermögen. Ob und ggf. in welchem Umfang daraus Ausgleichsansprüche des Bekl. herzuleiten sind, kann indes nur im Zuge der Teilung des Vermögens, also im Rahmen einer Gesamtabrechnung ermittelt werden. Ein Anspruch auf Rückerstattung aus dem Teil des Vermögens des anderen setzt notwendigerweise die Teilung des gemeinsamen Vermögens voraus.
Der Bekl. kann schließlich auch nicht mit einem Anspruch auf Erstattung der hälftigen Anwaltskosten von 279,62 DM aufrechnen. Ein solcher Anspruch besteht unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt, ergibt sich insbesondere auch nicht aus den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 670, 683, 677 BGB. Für die Einschaltung eines Anwalts bestand keinerlei Notwendigkeit. Die Versicherung hatte den Bekl. lediglich um die Beantwortung einiger Fragen tatsächlicher und nicht rechtlicher Art gebeten. Die Beantwortung dieser Fragen durch einen Rechtsanwalt war offensichtlich nicht erforderlich. Der Bekl. hat die Kosten folglich in vollem Umfang allein zu tragen.
Da die Kl., wie aus den vorstehenden Ausführungen folgt, keinen über 9.991 DM hinausgehenden Anspruch hat, ist ihre zulässige Anschlussberufung nicht begründet; die Berufung war insoweit gemäß § 542 II S. 2 ZPO zurückzuweisen.
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