Keine Pflicht des Notars zur Belehrung über die steuerlichen Folgen eines notariellen Geschäfts

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

21. 11. 1978


Aktenzeichen

VI ZR 227/77


Leitsatz des Gerichts

Zur Frage, ob ein Notar auf die Möglichkeit der Entstehung einer Grunderwerbsteuerpflicht hinweisen muss.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

a) § 17 BeurkG begründete für den beklagten Notar keine Pflicht zur Belehrung über die Entstehung von Grunderwerbsteuer und auch nicht - wie das Berufungsgericht meint - über die "Möglichkeit" der Entstehung einer Steuerpflicht.

aa) Ein Notar hat nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG die Parteien zwar über die rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren. Dazu gehören aber nicht, wie dies schon zu § 26 Satz 2 BNotO anerkannt war, die steuerlichen Folgen eines notariellen Geschäfts (vgl. Jansen, FGG, Bd. 3, 2. Aufl. § 19 BeurkG Rd. 2).

bb) Den Notaren obliegt zwar außerdem noch die allgemeine Betreuungspflicht gegenüber den Beteiligten notarieller Amtsgeschäfte (vgl. jetzt § 17 Abs. 1 Satz 2 BeurkG; früher Satz 1 § 26 BNotO - BGHZ 58, 343, 348 = DB 1972, 1527; Senatsurteil vom 20.9.1977 - VI ZR 180/76 = VersR 1978, 60, 61; vgl. auch Jansen, a.a.O. § 17 BeurkG Rdn. 9). Aber auch hieraus entstand für den Beklagten keine Pflicht, den Kläger darauf hinzuweisen, dass er bei Durchführung des Vertrages möglicherweise Grunderwerbsteuer zahlen müsse. Ein Notar ist hiernach - abgesehen von sonstigen Voraussetzungen - nur verpflichtet, einem Beteiligten weitere Aufklärung über Folgen seiner zu notariellem Protokoll gegebenen Erklärungen zu geben, wenn er auf Grund besonderer Umstände des Falles Anlass zu der Vermutung haben muss, diesem drohe ein "Schaden", weil er sich der Gefahr nicht bewusst ist (BGHZ 58, 343, 348). Die Grunderwerbsteuerpflicht bedeutet im Allgemeinen aber keine wirtschaftliche Gefahr, da jeder, der ein Grundstück als Eigentum erwirbt, weiß, dass dieser Vorgang grundsätzlich eine Steuerpflicht auslöst. Der Eintritt der Steuerpflicht verursacht bei den Steuerpflichtigen in aller Regel auch keinen "Schaden". Wohl kann es, wenn bei einer vom Notar vorgeschlagenen ungewöhnlichen Konstruktion eines Grundstückskaufvertrages ein unerfahrener Beteiligter nicht erkennt, dass durch die besondere Gestaltung des Vertrages eine Steuerpflicht begründet wird, erforderlich werden, dass der Notar wenigstens darauf hinweist, es sei möglicherweise eine Steuer erfallen. Dem steht nicht entgegen, dass er an sich nicht die Aufgabe eines Wirtschafts- und Steuerberaters hat (vgl. Senatsurteil vom 24.6.1975 - VI ZR 204/73 = DB 1975, 1792 = VersR 1975, 951 m. w. Nachw.). Ihn trifft deshalb hinsichtlich öffentlicher Abgaben keine allgemeine Belehrungspflicht (BGH, Urt. v. 26.3.1953 - III ZR 14/52 = LM DOfNot. § 38 Nr. 1 = DNotZ 1953, 492 m. Anm. Daimer). Die durch § 13 EStDV dem Notar auferlegte Verpflichtung, generell auf eine möglicherweise bestehende Pflicht zur Zahlung von Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer hinzuweisen (vgl. Knur, DNotZ, 1966, 707, 710; Kapp, BB 1971, 1394) kann als Ausnahmevorschrift ebenfalls nicht im Wege der Analogie auf andere Steuertatbestände, auch nicht auf die Grunderwerbsteuer, angewandt werden (vgl. OLG München, DNotZ 1973, 181, 182). Nur besondere Umstände können es einmal erfordern, dass der Notar einen Hinweis auf eine möglicherweise eintretende, von den Beteiligten aber nicht erwartete Pflicht zur Zahlung einer solchen Steuer gibt (vgl. RG DNotZ 1935, 310, 311).

Wenn hier das Berufungsgericht solche Umstände in der Konstruktion des vom Beklagten beurkundeten Vertrages, den es als "recht ungewöhnlich" bezeichnet, sieht, so vermag ihm der Senat darin allerdings nicht zu folgen. Bei diesem Vertrag handelt es sich um einen gewöhnlichen Grundstückskaufvertrag, wenn auch bei ihm, weil er unter einer Bedingung geschlossen war, im Hinblick auf § 925 Abs. 2 BGB die Auflassung fehlte. Kaufverträge ohne gleichzeitige Auflassung werden aber verhältnismäßig häufig von Notaren beurkundet, dies vor allem dann, wenn die verkauften Grundstücke noch vermessen werden müssen und deshalb noch nicht zweifelsfrei bezeichnet werden können. Das Besondere aller derartigen Verträge ist nur, dass der Käufer die Grunderwerbsteuer auch dann dem Finanzamt schuldet, wenn die Auflassung aus irgendwelchen Gründen später nicht erfolgt, ohne dass der Vertrag aufgehoben wird. Nur darin konnte in steuerlicher Beziehung für den Kläger im Zeitpunkt der Beurkundung eine "Gefahr" liegen.

Auch die beabsichtigte Weiterveräußerung der Grundstücke an ein zur Baufinanzgruppe gehörendes Unternehmen, vom Berufungsgericht als "Kettengeschäft" bezeichnet, war keine so ungewöhnliche Konstruktion, dass sie für den Beklagten gerade dem Kläger gegenüber eine besondere Hinweispflicht erzeugte. Daraus ergab sich zwar die Möglichkeit einer mehrfachen Entstehung der Grunderwerbsteuer. Das konnte aber für den Kläger, den auch das Berufungsgericht für einen erfahrenen Baukaufmann hält, nicht überraschend sein. Ob er alle Möglichkeiten der Grunderwerbsteuerbefreiung kannte, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.

Somit entstand für den Beklagten keine Pflicht zu einem Hinweis auf eine mögliche Grunderwerbsteuerpflicht. Noch viel weniger brauchte er sich auf Grund seiner allgemeinen Betreuungspflicht darum zu kümmern, ob der Freistellungsanspruch des Klägers gegen die Baufinanzgruppe, der nach Auffassung des Berufungsgerichts auch den Anspruch auf Ersatz anfallender Grunderwerbsteuer einschloss, zu verwirklichen war.

b) Nach § 19 BeurkG (früher § 34 BNotO) soll der Notar allerdings in den Fällen, in denen u. a. eine Eintragung im Grundbuch erst vorgenommen werden darf, wenn die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts vorliegt, die Beteiligten darauf hinweisen. Auch gegen diese Pflicht hat der Beklagte nicht verstoßen.

§ 19 BeurkG verpflichtet den Notar nämlich nicht, allgemein über die Entstehung von Grunderwerbsteuer zu belehren. Diese Vorschrift macht von dem Grundsatz, dass keine Belehrungspflicht über Steuern besteht, nur nach einer ganz bestimmten Richtung hin eine Ausnahme, indem der Notar hier verpflichtet wird, auf eine bestimmte Folge des Grunderwerbsteuerrechts hinzuweisen (vgl. BGH, Urt. v. 26.3.1953 - III ZR 14/52 = a.a.O. zu der ähnlichen Regelung in §§ 38, 39 DOfNot.). Weiter geht diese Verpflichtung aber nicht (vgl. Haug, DNotZ 1972, 388, 409 Fn. 114 und 453, 478 und Knur, a.a.O. S. 710). Sie schließt auch nicht die Belehrung über die "Möglichkeit" der Steuerpflicht ein; insbesondere verlangt sie vom Notar keine "Warnung".

Der ihm in § 19 BeurkG auferlegten Verpflichtung ist der Beklagte nachgekommen.

Rechtsgebiete

Anwalts-, Notar-, Steuerberater- und anderes Berufsrecht