Mankohaftung

Gericht

BAG


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

17. 09. 1998


Aktenzeichen

8 AZR 175/97


Leitsatz des Gerichts

  1. Der Arbeitnehmer ist regelmäßig nicht Besitzer der ihm zur Erfüllung seiner Arbeitsleistung überlassenen Sachen, sondern Besitzdiener i.S. von § 855 BGB. Zum Schadensersatz wegen Unmöglichkeit der Herausgabe der ihm zur Arbeitsleistung überlassenen Sachen gem. § 280 BGB ist der Arbeitnehmer nur dann verpflichtet, wenn er unmittelbaren Besitz an der Sache hatte. Unmittelbarer Besitz des Arbeitnehmers setzt zumindest den alleinigen Zugang zu der Sache und deren selbständige Verwaltung voraus. Dazu wird gehören, dass der Arbeitnehmer wirtschaftliche Überlegungen anzustellen und Entscheidungen über die Verwendung der Sache zu treffen hat (Fortführung von BAG, NZA 1997, 1279 = NJW 1998, 1011 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Mankohaftung).

  2. Die Grundsätze über die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung gelten auch, wenn der Arbeitnehmer wegen einer im Zusammenhang mit der Verwahrung und Verwaltung eines ihm überlassenen Waren- oder Kassenbestandes begangenen positiven Vertragsverletzung in Anspruch genommen wird. Dabei kann sich die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers bereits daraus ergeben, dass durch das Verhalten des Arbeitnehmers dem Arbeitgeber ein Schaden entstanden ist. Für den Grad des Verschuldens ist entscheidend, ob der Arbeitnehmer bezogen auf den Schadenserfolg vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat.

  3. Das Verschulden des Arbeitnehmers und insbesondere die den Grad des Verschuldens ausmachenden Tatsachen sind vom Arbeitgeber darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. § 282 BGB findet keine entsprechende Anwendung. Aufgrund einer gestuften Darlegungslast ist der Arbeitnehmer in der Regel gehalten, zu den schadensverursachenden Umständen vorzutragen, wenn er über die konkreten Umstände informiert ist.

  4. Eine vertragliche Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über die Haftung des Arbeitnehmers für einen eingetretenen Waren- oder Kassenfehlbestand (Mankohaftung) ist wegen Verstoßes gegen die einseitig zwingenden Grundsätze der beschränkten Arbeitnehmerhaftung unwirksam, wenn und soweit dem Arbeitnehmer kein gleichwertiger Ausgleich geleistet wird.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Parteien streiten über Entgeltabzüge zum Ausgleich von Kassendifferenzen und eine Abmahnung. Die Bekl. betreibt ein Spielcasino. Dort ist der Kl. als angelernter „Mitarbeiter Automatensaalservice„ tätig. Sein durchschnittliches Bruttogehalt betrug zuletzt 3500 DM monatlich. Dem Arbeitsverhältnis liegt der Arbeitsvertrag vom 25. 11. 1991 zugrunde. Danach ist der Kl. verpflichtet, „die ihm übertragenen Aufgaben gewissenhaft und nach besten Kräften zu erfüllen„. Er hat sich so zu verhalten, „wie es von einem Angestellten eines Spielcasinounternehmens erwartet wird; nähere Einzelheiten werden durch eine Arbeitsordnung bzw. Dienstanweisung geregelt„. § 6 der Vereinbarung lautet:

§ 6. Bis zum Abschluss tarifvertraglicher Regelungen und/oder Betriebsvereinbarungen gelten für das Arbeitsverhältnis die „Arbeitsbedingungen für Mitarbeiter der N-GmbH„, die mit Unterzeichnung des Anstellungsvertrags als verbindlich anerkannt und Vertragsbestandteil werden. Nach Abschluss tarifvertraglicher Regelungen und/oder Betriebsvereinbarungen werden diese in ihrer jeweils gültigen Fassung Vertragsbestandteil.

Die Bekl. hat Arbeitsbedingungen für ihre Mitarbeiter erstellt. Es gibt eine Kassenorganisationsanweisung vom 1. 3. 1991. Nach ihrem Vorspruch ist sie Bestandteil der „Arbeitsbedingung für die Mitarbeiter der N-GmbH im Sinne des Anstellungsvertrags„ und gilt für Arbeitnehmer, „die im Kassenbereich tätig sind und sich nicht mehr in der Ausbildung befinden„. Sie enthält Anweisungen zur Kassenführung und lautet auszugsweise:

1. Kassen Großes Spiel

1.1. Jeder Kassierer ist für seinen Kassenbestand (Bargeld, Scheck und Jetonbestand) selbst verantwortlich. Überschüsse und Mankos sind im Kassenabschluss auszuweisen; eine gegenseitige Verrechnung ist nicht zulässig. Überschüsse sind an die Gesellschaft abzuführen. Für entstandene Mankos haftet der Kassierer in voller Höhe. Ferner haftet der Kassierer für Verluste, die durch Annahme von Falschgeld oder gefälschten bzw. mit gefälschter Unterschrift versehenen Euro- und Reiseschecks entstehen, wenn die Fälschung als solche erkennbar war. Gleiches gilt bei Nichtbeachtung dieser Anweisung und der dazugehörigen Anlagen. Arbeiten mehrere Kassierer gleichzeitig mit einer Kasse, tragen sie gemeinsam die Verantwortung für die Vollständigkeit der im Kassenbestand ausgewiesenen Bestände. Eine Mankohaftung des Kassierers ist gegeben, wenn vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln, Dulden oder Unterlassen vorliegt. Verschuldensmaßstab ist § 276 BGB.

1.2. Getrennt abschließbare Jetonschränke und Fächer im Bargeldtresor stellen sicher, dass jeder Kassierer seine Kasse getrennt führen kann. Sie sind stets verschlossen zu halten und die Schlüssel in der Kassenbox zu verwahren. Die Türen zu den besetzten Kassenboxen sind stets geschlossen zu halten. Bei Abwesenheit des Kassierers ist die Kassenbox zu verschließen. Die Zugänge zum Kassenbereich sind stets verschlossen zu halten . . .

1.6. Durch seine Unterschrift unter den Kassenabschluss bestätigt der Kassierer die Vollständigkeit der Bargeld-, Scheck- und Jetonbestände sowie eventuelle Differenzen. Die rechnerische Richtigkeit ist vom Saalchef zu bestätigen.

1.7. Bei Schichtwechsel sind die Bestände sorgfältig zu prüfen und eventuelle Differenzen festzustellen. Fehlende oder mangelhafte Nachprüfung der Bestände geht zu Lasten des übernehmenden Kassierers. Für ein Manko, das nicht einem bestimmten Kassierer zugerechnet werden kann, trägt die Verantwortung derjenige, in dessen Kassenabschluss das Manko ausgewiesen ist . . .

2. Kassen Kleines Spiel

2.1. Die für die Spielkassen geltenden Bestimmungen sind sinngemäß auch für den Betrieb der Automatenkassen verbindlich . . .

Im Automatenspielsaal, wo der Kl. tätig ist, gibt es zwei verglaste Kassenräume, die aneinander angrenzen. In ihnen wird jeweils in zwei Schichten (Früh- und Spätschicht) gearbeitet. In einer Schicht steht der Kl. fünf Stunden an der Kasse. Es ist jeweils ein Kassierer pro Kasse tätig. Sie versorgen die Gäste mit Münzen und wechseln Münzen wieder zurück. Dafür steht jeweils eine Geldausgabe und eine Rückwechselmaschine zur Verfügung. Auch Gewinne über 400 DM werden gegen Quittung ausbezahlt. Dabei ist jeweils ein herbeigerufener Mitarbeiter der Finanzaufsicht anwesend. Gewinne unter 400 DM schütten die Automaten aus. Im Übrigen unterscheiden sich die Kassen in ihrer Funktion: Die Kasse 2 ist eine reine Wechselkasse. Gewinnauszahlungen werden durch Quittungen ersetzt. Unter Einschluss der Quittungen bleibt der Kassenbestand immer gleich. Bei Schichtende werden die Quittungen in die Kasse 1 übernommen und dafür aus der Kasse 1 Bargeld in die Kasse 2 überführt. Die Kasse 1 hat einen wechselnden Kassenbestand. Hier werden die Eintrittsgelder für den Automatenspielsaal und die Tronceinnahmen verbucht. Außerdem verändert sich der Bestand durch die Übernahme der cash-box-Zählung. Dabei geht es um Beträge, die jeden Morgen vom Saaldienst den Spielautomaten entnommen werden. Die Entnahmen werden in einem Zählraum von einem Finanzbeamten und einem Mitarbeiter der Bekl. mit Hilfe von Zählmaschinen gezählt. Sie werden in Säcke mit jeweils 2000 DM gefüllt. Die Säcke werden zugenäht, aber nicht plombiert. Die Anzahl der Säcke und ihr Bestand (Säcke für Münzen von 1 DM, 2 DM und 5 DM) werden in einem Zählprotokoll festgehalten.

Der überschießende Betrag wird einzeln gezählt und dokumentiert. Der Gesamtbestand wird in die Kasse 1 gebracht und vom Frühdienst in den Geldkoffer für die Bankabführung gepackt, soweit er nicht für die Kasse benötigt wird. Dabei zählt der Kassierer der Kasse 1 den überschießenden Betrag nach. Die in der Kasse 1 befindlichen Quittungen für Gewinnauszahlungen - auch die von Kasse 2 übernommenen - werden bei Beendigung der Spätschicht gegen Bargeld aus den Automaten ausgetauscht, also aus dem Bruttospielertrag ergänzt. Der Rest des Bruttospielertrages wird an die Bank abgegeben. Neben der Wechseltätigkeit hat der Kassierer die Aufgabe, bei Gewinnausschüttungen über 400 DM und bei Gerätefehlern das Finanzamt zu informieren. In den Kassenräumen befinden sich Telefonanschlüsse. Es gehen auch Anrufe ein. Zumindest dann, wenn ein Gast kein Kleingeld für das am Eingang des Saales befindliche Drehkreuz hat, obliegt es dem jeweiligen Kassierer in der Kasse 2, das Drehkreuz zu bedienen und dem Gast die Möglichkeit zu geben, an die Wechselkasse zu kommen. Bei Übernahme der Kassen und beim Tagesabschluss unterzeichnet der Kassierer jeweils den Vordruck „Abschluss der Automatenkasse„, der eine Spalte „Manko/Überschuss„ enthält. Im Idealfall enthält diese Spalte die Angabe „Null„. Gibt es hingegen Kassendifferenzen, unterzeichnet der Kassierer zusätzlich einen „Bericht über Kassendifferenzen„. Er bestätigt dabei ein auf ihn entfallendes Manko durch seine Unterschrift. Nach den vom Kl. unterzeichneten Berichten ergaben sich in den von ihm verwalteten Kassen folgende Fehlbestände:

11. 12. 1994 Kasse 2 1 DM
6. 10. 1994 Kasse 2 15 DM
14. 10. 1994 Kasse 1 99 DM
13. 1. 1995 Kasse 1 100 DM
21. 2. 1995 Kasse 1 97 DM
Zwischensumme 312 DM
19. 8. 1995 Kasse 1 502 DM
30. 8. 1995 Kasse 1 2 DM
1. 9. 1995 Kasse 1 8 DM
Zwischensumme 512 DM

Die Bekl. behielt von dem dem Kl. für Mai 1995 zustehenden Nettogehalt 312 DM und von dem Gehalt für Februar 1996 512 DM ein. Grundsätzlich macht die Bekl. keine Fehlbeträge geltend, wenn diese 10 DM monatlich nicht überschreiten. Die Bekl. erteilte dem Kl. unter dem 22. 11. 1995 folgende Abmahnung:

„Abmahnung: Sehr geehrter Herr A, Sie haben im II. Quartal 1995 wiederum ein Kassenmanko erwirtschaftet. Auf Grundlage der von Ihnen unterzeichneten Kassenabschlüsse und Mankoberichte ergibt sich für den genannten Zeitraum ein Mankobetrag von 512 DM, für den Sie allein verantwortlich gezeichnet haben. Sie haben damit Ihre arbeitsvertragliche Sorgfaltspflicht in der Führung der Kassenabläufe erheblich verletzt. Ihre Arbeitsweise stellt für mich eine grobe Verletzung Ihrer arbeitsvertraglichen Pflichten dar, die ich nicht gewillt bin, weiterhin zu dulden. Ich ermahne Sie hiermit nachdrücklich, zukünftig Ihre Kassentätigkeit entsprechend der Kassenorganisationsanweisung sehr sorgfältig auszuüben. Sollten Sie zukünftig wiederum gegen Ihre Arbeitspflichten verstoßen, müssen Sie mit der Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses rechnen.„

Der Kl. hat behauptet, ungeduldige Gäste würden häufig an die Glasscheibe klopfen und ihn beim Wechselvorgang stören. Ferner müsse er eine Personenkontrolle übernehmen. Personen, die sich selbst gesperrt hätten, dürften von ihm nicht in den Saal gelassen werden. Aus diesem Grunde gebe es im Tresorraum Bilder von gesperrten Personen. Unabhängig von diesen Störungen gebe es noch weitere Fehlerquellen. So sei nicht auszuschließen, dass die Säcke, die über die Kasse 2 abgerechnet würden, nicht den vollen Betrag von 2000 DM enthielten. Es habe mehrfach Diskrepanzen gegeben. Die Zählmaschinen, mit denen bei einem Rückwechsel der vom Gast abgegebene Betrag gezählt würde, seien fehlerhaft. Sie zeigten auf einem Display sowohl dem Gast als auch dem Kassierer den gezählten Betrag an. Der Kassierer könne aber nur ein Display sehen. Das sei nicht ausreichend, weil es schon zu unterschiedlichen - nicht näher aufklärbaren - Anzeigen gekommen sei. Die Maschinen würden nicht regelmäßig gewartet. Zu berücksichtigen sei, dass er stündlich Umsätze in Höhe von 31000 DM tätige. In der Zeit von 10.00 bis 12.30 Uhr sei jeweils nur ein Kassierer tätig, die stündlichen Umsätze würden sich in dieser Zeit entsprechend erhöhen. Er habe keine größeren Fehlbeträge als andere Kassierer. Seine Kollegen M und K hätten einzelne Fehlbestände von bis zu 1000 DM gehabt, der Kollege R habe einen Fehlbetrag von 500 DM gehabt. Der Kl. ist der Auffassung, er hafte nicht. Die Voraussetzungen einer Haftung im Arbeitsverhältnis lägen nicht vor. Er hat beantragt, die Bekl. zu verurteilen, die mit Schreiben vom 22. 11. 1995 ausgesprochene Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen und an ihn 824 DM netto nebst Zinsen zu zahlen. Die Bekl. hat vorgetragen, in den Monaten Oktober 1994 bis Juli 1996 habe der Kl. insgesamt einen Fehlbetrag von 930 DM gehabt. Das sei sehr hoch im Verhältnis zu seinen Kollegen, bei denen in diesem Zeitraum Beträge zwischen 0 und rund 2000 DM aufgelaufen seien.

Das ArbG hat der Klage stattgegeben. Das LAG hat die Berufung zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Bekl. ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Revision hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

A. Das LAG hat im Wesentlichen ausgeführt, der Kl. hafte nicht nach allgemeinen Grundsätzen.

Dem Kl. sei wegen der konkreten Umstände des Einzelfalles nicht die Beweislast dafür aufzubürden, dass er schuldlos gehandelt habe. Angesichts des auch nach dem Vortrag der Bekl. erheblichen Kassenumsatzes, könnten immer Fehler unterlaufen. Würde man dem Arbeitnehmer in einer solchen Situation die Beweislast auferlegen, haftete er praktisch immer. Dies widerspräche aber den Grundsätzen über den innerbetrieblichen Schadensausgleich. Die in der Kassenorganisationsanweisung enthaltene Regelung verstoße gegen Treu und Glauben und sei deshalb nach § 134 BGB unwirksam. Sie komme im Ergebnis einer vollständigen Gefährdungshaftung gleich. Das sei hier unzulässig, weil kein angemessenes Mankogeld gezahlt werde. Die Abmahnung sei zu entfernen, weil die Bekl. dem Kl. kein grobes Verschulden nachweisen könne.

B. Diese Ausführungen des LAG halten im Ergebnis und in Teilen der Begründung der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Dem Kl. stehen der geltend gemachte Lohnanspruch nach § 611 I BGB und der Zinsanspruch nach §§ 614 , 284 II , 288 I BGB zu. Seine Forderung ist nicht durch Aufrechnung erloschen, denn der Bekl. stehen die erhobenen Gegenansprüche nicht zu. Die Abmahnung ist dem Kl. zu Unrecht erteilt worden und deshalb aus der Personalakte zu entfernen.

I. Die Bekl. hat keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen vom Schuldner zu vertretender Unmöglichkeit der Herausgabe (§ 280 I BGB).

1. Der Arbeitnehmer schuldet die Leistung der versprochenen Dienste, nicht den Erfolg der Leistung. Das Risiko der Schlechtleistung trägt grundsätzlich der Arbeitgeber (BAG, AP Nr. 13 zu § 611 BGB Akkordlohn). Etwas anderes gilt in den Ausnahmefällen, in denen der Arbeitnehmer nach den Grundsätzen der Verwahrung oder des Auftrags zu behandeln ist. Dann gehört die Herausgabe des Erlangten zu den Leistungspflichten (§§ 667 und 695 BGB). Dieser Fall ist nur dann anzunehmen, wenn der Arbeitgeber eine Tatsachenlage geschaffen hat, nach der er nicht mehr Besitzer der Sache ist (BAG, NZA 1997, 1279 = NJW 1998, 1011 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Mankohaftung [unter III 1]). In der Regel ist der Arbeitnehmer nach der ausdrücklichen gesetzlichen Wertung nicht Besitzer der ihm zur Erfüllung seiner Arbeitsleistung überlassenen Sachen, sondern nur Besitzdiener (§ 855 BGB). Unmittelbarer Besitz des Arbeitnehmers setzt zumindest den alleinigen Zugang zu der Sache und deren selbständige Verwaltung voraus. Dazu wird gehören, dass der Arbeitnehmer wirtschaftliche Überlegungen anzustellen und Entscheidungen über die Verwendung der Sache zu treffen hat (BAG, NZA 1986, 23 = AP Nr. 87 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers [unter II]). Allein unter diesen Voraussetzungen hat der Arbeitnehmer einen eigenständigen Spielraum, der es rechtfertigt, ihm die Verantwortung für die Herausgabe der verwalteten Sache aufzuerlegen. In diesem Sinne wirtschaftlich tätig kann der Arbeitnehmer werden, wenn seine Tätigkeit von kaufmännischen Aufgaben geprägt ist; z.B. weil ihm eigene Vertriebsbemühungen obliegen oder er Preise - über deren bloße Berechnung hinaus - auch selbständig kalkulieren muss. Soweit sich aus früheren Entscheidungen ein weitergehender Begriff der selbständigen Tätigkeit ergibt, hält der nunmehr für Fragen der Haftung der Arbeitnehmer allein zuständige 8. Senat daran nicht fest.

2. Solche selbständigen Überlegungen waren dem Kl. nicht übertragen. Es war nicht seine Aufgabe, wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen, sondern Geld zu wechseln.

II. Der Kl. haftet nicht wegen positiver Vertragsverletzung.

1. Die Regeln über die positive Vertragsverletzung gelten auch im Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer haftet also für Schäden aus Vertragspflichtverletzungen, die er zu vertreten hat. Der Schuldner hat grundsätzlich Vorsatz und jede Fahrlässigkeit zu vertreten (§ 276 S. 1 BGB). Die Haftung ist jedoch durch die Grundsätze über die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung gemindert. Bei fahrlässigem Handeln haftet der Arbeitnehmer nur eingeschränkt (vgl. Großer Senat des BAG, BAGE 78, 56 [60, 67] = NZA 1994, 1083 = NJW 1995, 210 = AP Nr. 103 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers [unter C I 1 u. IV]), wenn es um Tätigkeiten geht, die durch den Betrieb veranlasst sind und aufgrund des Arbeitsverhältnisses geleistet werden. Eine Haftung bei leichter Fahrlässigkeit gibt es danach nicht. Bei normaler Fahrlässigkeit ist der Schaden zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu verteilen, wobei die Gesamtumstände von Schadensanlass und Schadensfolgen nach Billigkeitsgrundsätzen und Zumutbarkeitsgesichtspunkten gegeneinander abzuwägen sind. Zu diesen Gesichtspunkten gehören der Grad des dem Arbeitnehmer zur Last fallenden Verschuldens, die Gefahren der Arbeit, die Höhe des Schadens, ein vom Arbeitgeber einkalkuliertes oder durch Versicherung deckbares Risiko, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und die Höhe des Arbeitsentgelts in dem möglicherweise eine Risikoprämie enthalten ist. Ferner gehören hierzu die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers, die Dauer seiner Betriebszugehörigkeit, sein Lebensalter, seine Familienverhältnisse und sein bisheriges Verhalten. Bei grober Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer in aller Regel voll. Es sind auch insoweit Ausnahmen möglich, vor allem wenn ein Missverhältnis von Einkommen und Haftungsrisiko vorliegt (BAGE 63, 127 [131] = NZA 1990, 97 = NJW 1990, 468 = AP Nr. 97 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers [zu II 2]). Diese Einschränkungen der Arbeitnehmerhaftung folgen aus einer entsprechenden Anwendung des § 254 BGB (BAGE 78, 56 = NZA 1994, 1083 = NJW 1995, 210 = AP Nr. 103 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers). Diese Grundsätze gelten auch für die so genannte Mankohaftung.

2. Die Voraussetzungen einer Haftung des Kl. nach diesen Grundsätzen können nicht festgestellt werden.

a) Damit ein Arbeitnehmer aus positiver Vertragsverletzung haftet, muss aufgrund einer Pflichtverletzung des Arbeitnehmers ein Schaden des Arbeitgebers eingetreten sein und der Arbeitnehmer in einem Umfang schuldhaft gehandelt haben, der ganz oder teilweise seine Haftung begründet. Dabei ergibt sich die Pflichtverletzung bereits daraus, dass durch das Verhalten des Arbeitnehmers dem Arbeitgeber ein Schaden entstanden ist. Der Arbeitnehmer hat nämlich die Pflicht, den Arbeitgeber weder am Eigentum noch am Vermögen zu schädigen. Der Grad des Verschuldens bestimmt sich dann bezogen auf die Verletzung dieser Pflicht. Das heißt, bei der Feststellung des Grades der Fahrlässigkeit ist zu prüfen, in welchem Umfang der Arbeitnehmer bezogen auf den Schadenserfolg schuldhaft, also vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Kann der Arbeitnehmer bei angemessener Anspannung seiner Kräfte und Fähigkeiten den Schaden nicht vermeiden, hat er seine vertraglichen Pflichten erfüllt und eine objektive Pflichtverletzung scheidet aus.

b) Eine zumindest mit mittlerer Fahrlässigkeit begangene Pflichtverletzung des Kl. ist vom BerGer. nicht festgestellt worden.

aa) Es steht fest, dass in Kasse 2 auch an Tagen, an denen der Kl. diese allein und ohne Zugriffsmöglichkeiten Dritter verwaltete, ein Fehlbestand aufgetreten ist. Damit kann auf eine objektive Pflichtverletzung des Kl. geschlossen werden, denn durch den Kassenfehlbestand erwuchs der Bekl. ein Schaden an ihrem Eigentum. Da der Kl. alleinigen Zugriff auf die Kasse 2 hatte, kann dieser Schaden ausschließlich durch sein Verhalten verursacht worden sein. Folglich hat der Kl. gegen seine Pflicht verstoßen, jeden Schaden der Bekl. zu vermeiden. Dass diese ihm vertraglich auferlegte Pflicht seine Kräfte und Fähigkeiten überstiegen hätte, ist nicht dargelegt worden oder ersichtlich.

bb) Soweit es um die an der Kasse 1 entstandenen Fehlbeträge geht, könnte schon fraglich sein, ob hier eine Pflichtverletzung des Kl. feststeht. Zwischen den Parteien ist streitig geblieben, ob die dieser Kasse zugeführten Säcke wirklich den Geldbetrag enthielten, der ihnen rechnerisch jeweils zugeschrieben wurde. Auch nach dem Vortrag der Bekl. ist hier zumindest einmal ein Fehler aufgetreten; der Kl. hat weitere Fehler behauptet. Die weitere Aufklärung kann aber unterbleiben, weil jedenfalls aus anderen Gründen eine Haftung des Kl. ausscheidet.

c) Die Voraussetzungen dafür, dass der Kl. seine Pflicht, Kassenfehlbestände in den Kassen zu vermeiden, aufgrund eines Verschuldensgrades verletzt hätte, der seine Haftung begründete, sind nicht feststellbar. Die Bekl. ist ihrer diesbezüglichen Darlegungslast nicht nachgekommen.

aa) § 282 BGB findet keine entsprechende Anwendung. Nach dieser Vorschrift trifft den Schuldner die Beweislast, wenn unklar ist, ob er eine Unmöglichkeit zu vertreten hat oder nicht. Nach der Rechtsprechung des BGH (LM § 282 BGB Nr. 18 = AP Nr. 6 zu § 282 BGB [unter II 1]) ist § 282 BGB bei der Haftung für positive Vertragsverletzungen immer dann anwendbar, wenn die Schadensursache im Gefahrenbereich des Schuldners liegt. Dem hat sich das BAG in einem die Arbeitgeberhaftung betreffenden Fall angeschlossen (BAG, AP Nr. 7 zu § 282 BGB [unter 4]). Der 7. Senat des BAG hat (NZA 1985, 183 = NJW 1985, 219 = AP Nr. 1 zu § 11a TV AngBundespost [unter II 4]; BAG, Urt. v. 29. 8. 1984 - 7 AZR 572/81 unveröff.) § 282 BGB für einen Fall der Haftung für ein Kassendefizit entsprechend angewandt. Er hat dabei darauf abgestellt, dass der Arbeitnehmer bei der Kassenführung das gesamte Geschehen beherrsche und der Arbeitgeber praktisch keine Chance habe, einen Prozess zu gewinnen.

§ 282 BGB soll demjenigen, der beweisnäher ist und deshalb über ein Verschulden eher Auskunft geben kann, die Beweislast auferlegen (vgl. BAG, AP Nr. 20 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers [unter II 2]; BGHZ 4, 192 [195]). Diesem Grundgedanken der Vorschrift steht jedoch ein weiterer Gedanke gleichwertig zur Seite (vgl. Soergel/Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 282 Rdnr. 3; Emmerich, in: MünchKomm, 3. Aufl., § 282 Rdnr. 3): Die Bestimmung ist Ausdruck des vom Schuldner übernommenen Leistungsrisikos. Dieser Gedanke trifft auf die Arbeitnehmerhaftung nicht zu. Die Einschränkung der Arbeitnehmerhaftung beruht gerade auf der Überlegung, dass der Arbeitgeber wegen seiner Organisationsmöglichkeiten ein erhöhtes Risiko trägt. Dem widerspräche es, würde man über die Anwendung einer Beweislastregel einen Teil des Risikos wieder zurück auf den Arbeitnehmer verschieben. Deshalb darf § 282 BGB im Rahmen der Arbeitnehmerhaftung nicht angewendet werden. Die in einzelnen früheren Entscheidungen vertretene gegenteilige Ansicht wird aufgegeben (Klarstellung zum Urt. des Senats, NZA 1997, 1279 = NJW 1998, 1011 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Mankohaftung). Es verbleibt deshalb bei den allgemeinen Regeln über die Verteilung der Beweislast, wenn es um die Geltendmachung von Ansprüchen aus positiver Vertragsverletzung geht: Der Arbeitgeber trägt die Darlegungs- und Beweislast für den Verschuldensgrad des Arbeitnehmers (BAG, NZA 1997, 1279 = NJW 1998, 1011 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Mankohaftung [zu III 2]). Allerdings dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden, wenn das schädigende Ereignis näher am Arbeitnehmer als am Arbeitgeber gelegen hat. Der Arbeitnehmer hat sich im Sinne einer gestuften Darlegungslast substantiiert zu äußern. Vom Arbeitgeber vorgetragene Indizien, die auf ein haftungsbegründendes Verschulden des Arbeitnehmers hinweisen, sind sorgfältig zu würdigen. Auch die Tatsache, dass der Arbeitnehmer die alleinige Kontrolle über bestimmte Bereiche hatte, ist ein solches Indiz. Unterlässt es der Arbeitnehmer, sich zu den konkreten Umständen des Schadensfalles zu erklären, können daraus entsprechende Schlüsse gezogen werden. Bleibt streitig, ob bestimmte Indiztatsachen vorliegen oder nicht, geht dies zu Lasten des Arbeitgebers. Gleiches gilt für eventuelle Unklarheiten nach Abschluss der Würdigung aller Indizien und gegebenenfalls der erhobenen Beweise.

bb) Im vorliegenden Fall hat die Bekl. keine Indizien vorgetragen, die den Schluss auf eine zumindest mittlere Fahrlässigkeit des Kl. zulassen. Wie sowohl das ArbG als auch das LAG richtig herausgestellt haben, ist in Anbetracht der dem Kl. gestellten Arbeitsaufgabe nicht anzunehmen, dass die streitgegenständlichen Fehlbeträge bei Anspannung verkehrsüblicher Sorgfalt nicht entstanden wären. Angesichts der großen Zahl anfallender Geldwechselvorgänge mit kleinen Stückelungen der auszugebenden oder einzunehmenden Münzen sind Fehlleistungen nicht auszuschließen, die der leichten Fahrlässigkeit zuzurechnen sind. Wird von dem von der Bekl. vorgetragenen Geldumsatz ausgegangen, liegt der geltend gemachte Fehlbetrag im Bereich von 0,003% der im jeweiligen Zeitraum umgesetzten Beträge. Aus ihm kann also nicht auf eine Fahrlässigkeit geschlossen werden, die über eine leichte hinausginge.

III. Der Bekl. steht gegen den Kl. kein Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung wegen einer Verletzung ihres Eigentums zu (§ 823 I BGB). Auch insoweit sind die Grundsätze der Haftung im Arbeitsverhältnis anwendbar.

IV. Die Bekl. kann ihren Anspruch auch nicht aus einer besonderen vertraglichen Vereinbarung der Parteien herleiten.

1. Es kann dahingestellt bleiben, ob durch die vertragliche Vereinbarung der Parteien eine Haftung für Verschuldensgrade vorgesehen ist, bei denen der Arbeitnehmer nach allgemeinen Grundsätzen nicht oder nicht voll haftet, ob ihm über die allgemeine Pflicht, Schäden zu vermeiden, hinaus weitere Handlungspflichten auferlegt wurden, oder ob eine Erfolgshaftung für Verluste vereinbart wurde. In allen Fällen wäre die Vereinbarung unwirksam, weil sie die Haftung entgegen allgemeinen Grundsätzen zu Lasten des Kl. als Arbeitnehmer zu verschieben suchte. Die aus einer entsprechenden Anwendung von § 254 BGB folgenden Regeln über die Haftung im Arbeitsverhältnis sind einseitig zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht. Von ihnen kann weder einzel- noch kollektivvertraglich zu Lasten der Arbeitnehmer abgewichen werden. Eine unzulässige Abweichung wäre offensichtlich, wenn eine Haftung für jede Fahrlässigkeit oder sogar ohne Verschulden vereinbart würde. Eine Abweichung zu Lasten des Arbeitnehmers liegt aber auch vor, wenn dem Arbeitnehmer Verhaltenspflichten auferlegt werden, die dazu führen, dass der für eine Haftung erforderliche Verschuldensgrad sich nur noch auf die Verletzung der Verhaltenspflicht und nicht mehr auf die Schädigung und damit den Handlungserfolg bezieht.

2. Die Rechtsprechung hat allerdings Mankoabreden zugelassen, wenn diese eine angemessene Gegenleistung z.B. in Form eines Mankogeldes oder eines angemessen erhöhten Gehaltes vorsehen (BAG, RdA 1958, 38 = AP Nr. 4 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers [unter 1c]; BAG, RdA 1970, 222 = AP Nr. 54 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers [unter I 1a]; BAG, NJW 1974, 1155 = AP Nr. 67 zu § 626 BGB [unter III 2a] und BAG, NZA 1985, 183 = NJW 1985, 219 [unter I]). Sie hat weiter angenommen, dass eine solche Abrede nur für Bereiche zulässig sei, die der Arbeitnehmer kontrollieren könne. Derartige Mankoabreden können interessengerecht und wirksam sein. Sollen sie mit den Grundsätzen der privilegierten Arbeitnehmerhaftung vereinbar sein, müssen sie berechtigte Rechtspositionen der Arbeitgeberseite sichern und dürfen nicht zu einer ungerechtfertigten Verlagerung des dem Arbeitgeber zuzurechnenden Risikos führen. Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers ist in den Bereichen anzuerkennen, wo der Arbeitnehmer unbeobachteten Zugriff auf Geld oder andere Wertgegenstände des Arbeitgebers hat. Eine unzulässige Verlagerung des Arbeitgeberrisikos liegt aber vor, wenn entweder eine Mankovereinbarung für Bereiche getroffen wird, auf die neben dem Arbeitnehmer noch andere Personen Zugriff haben, oder keine angemessene Ausgleichszahlung gewährleistet wird.

Die Angemessenheit des Mankogeldes steht im Spannungsfeld zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen: Der Arbeitgeber ist daran interessiert, Fehlbeträge möglichst gering zu halten. Auf der anderen Seite hat der Arbeitnehmer ein Interesse daran, aus seinen Anstrengungen, die über die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit hinausgehen, Nutzen zu ziehen. Er muss deshalb die Chance erhalten, durch Aufmerksamkeit einen Überschuss zu erzielen. Da eine Mankoabrede notwendigerweise auch Sachverhalte erfasst, in denen der Arbeitnehmer nach allgemeinen Grundsätzen gar nicht (kein Verschulden oder leichte Fahrlässigkeit) oder nur anteilig (mittlere Fahrlässigkeit) haften würde, darf eine Haftung aufgrund besonderer vertraglicher Abrede die Summe der gezahlten Mankogelder nicht übersteigen. Dabei ergibt sich aus gesetzlichen Vorschriften kein Hinderungsgrund für die Vereinbarung mittel- oder langfristiger Ausgleichungszeiträume von z .B. einem Kalenderjahr. Ebenso wenig wäre es gesetzlich ausgeschlossen, Haftungsfälle wegen vorsätzlichen Verhaltens des Arbeitnehmers von der Anwendung der Mankoabrede auszunehmen. Soweit in früheren Entscheidungen Mankogeldvereinbarungen auch unter erweiterten Voraussetzungen zugelassen worden sind, wird hieran nicht festgehalten.

3. Die Vereinbarung der Parteien wird den danach zu stellenden Anforderungen nicht gerecht. Gegenüber der an sich gegebenen Rechtslage wird die Haftung des Kl. verschärft, ohne dass ein gleichwertiger Ausgleich geleistet wird. Der Verzicht auf ohnehin zweifelhafte Forderungen von bis zu 10 DM im Monat ist keine solche Gegenleistung.

V. Die Bekl. hat die Abmahnung vom 22. 11. 1995 in entsprechender Anwendung von §§ 1004 , 242 BGB aus der Personalakte des Kl. zu entfernen.

1. Personalakten müssen ein richtiges Bild des Arbeitnehmers vermitteln. Der Arbeitnehmer hat deshalb einen Anspruch darauf, dass Abmahnungen, die inhaltlich unzutreffende Äußerungen des Arbeitgebers enthalten, aus der Personalakte entfernt werden (BAGE 50, 202 [206ff.] = NZA 1986, 227 = NJW 1986, 1065 = AP Nr. 93 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht [unter I 3]).

2. Die Bekl. hat den Kl. nicht nur wegen seiner (unstreitigen) Kassenfehlbeträge abgemahnt, sie hat auch erklärt, darin sehe sie eine „grobe Verletzung„ der arbeitsvertraglichen Pflichten des Kl. Wie die Vorinstanzen zu Recht erkannt haben, berechtigen die von der Bekl. vorgetragenen Indizien nicht zu dieser Schlussfolgerung. Die somit inhaltlich unrichtige Abmahnung ist aus der Personalakte zu entfernen.

Vorinstanzen

LAG Berlin, 16 Sa 90/96, 16.1.1997

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht