Schuldentilgung nach Trennung

Gericht

OLG Köln


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

11. 10. 1991


Aktenzeichen

3 U 60/91


Leitsatz des Gerichts

Haben Eheleute für ein Hausgrundstück, das im Alleineigentum eines Ehegatten steht, gemeinsam Verbindlichkeiten aufgenommen, so ist der Alleineigentümer-Ehegatte (nach Trennung der Ehegatten) im Innenverhältnis allein zur Schuldentilgung verpflichtet.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung des Bekl. hat in der Sache im wesentlichen Erfolg.

Der Kl. stehen gegen den Bekl. keine Ausgleichsansprüche nach § 426 I S. 1 BGB bezüglich der von ihr geleisteten Aufwendungen zur Tilgung der bei der R.-Bank und der L.-Bausparkasse aufgenommenen Darlehen zu. Hingegen kann der Bekl. von der Kl. vom Zeitpunkt der Trennung der Parteien an in voller Höhe Ersatz seiner Zahlungen sowie Freistellung von den Verbindlichkeiten gegenüber der R.-Bank verlangen. Der Senat vermag sich der Auffassung des LG nicht anzuschließen, wonach die Kl. die Aufwendungen für das Hausgrundstück nur für die Zeit ihrer alleinigen Nutzung allein tragen und eine anteilige Zahlungsverpflichtung des Bekl. nach dem Verkauf des Hauses durch die Kl. Wiederaufleben soll. Vielmehr hat die Kl. seit dem Zeitpunkt der Trennung der Parteien die Verbindlichkeiten aus dem zur Finanzierung des Hauskaufs gemeinsam aufgenommenen Darlehen allein zu tragen, da sie Alleineigentümerin des Grundstücks war.

Die in § 426 I S. 1 BGB vorgesehene Haftung zu gleichen Teilen ist eine bloße Hilfsregel für den Fall, dass jeder andere Verteilungsmaßstab fehlt. Eine abweichende Bestimmung kann sich aus dem Gesetz, einer Vereinbarung, dem Inhalt und Zweck des Rechtsverhältnisses oder der Natur der Sache, mithin aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens, ergeben (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 50. Aufl., § 426 Rz. 7, 8; BGH, FamRZ 1983, 795, 796).

So kann bei einem von den Ehegatten aufgenommenen Darlehen im Innenverhältnis nur der eine belastet sein, wenn das Darlehen allein in seinem Interesse aufgenommen wurde oder nur ihm zur Verfügung stand (vgl. Kotzur, NJW 1989, 817, 818). Ähnlich hat auch der BGH (NJW 1986, 1491, 1492) entschieden. In dem zugrundeliegenden Fall hatte sich der Kl. bei der Aufnahme eines Darlehens mitverpflichtet, das für die Altbausanierung eines im Miteigentum seiner Ehefrau und deren Schwester stehenden Hauses bestimmt war; der BGH hat hier ausgesprochen, der Kl. sei im Innenverhältnis nicht verpflichtet, einen Teil der gemeinsamen Schuld zu tragen, da insoweit ein anderes bestimmt sei: aus der Zweckbestimmung des Darlehens ergebe sich, dass im Innenverhältnis nur die Ehefrau und deren Schwester je zur Hälfte verpflichtet sein sollten, da ihnen die Darlehensvaluta allein zugute gekommen sei.

In einem weiteren Urteil (FamRZ 1989, 835 = NJW 1989, 1920 f.) hat der BGH entschieden, ein Ehegatte, der dem anderen die Aufnahme von Bankkredit für dessen Gewerbebetrieb durch Übernahme der persönlichen Haftung oder Einräumung dinglicher Sicherheiten ermöglicht habe, könne nach dem Scheitern der Ehe Befreiung von der Verbindlichkeit nach Auftragsrecht gemäß §§ 670, 257 BGB verlangen.

Auch das OLG Köln (FamRZ 1988, 287) nimmt eine andere Bestimmung i. S. des § 426 I BGB an, wenn das Darlehen vereinbarungsgemäß allein dem einen Ehegatten zur Verfügung gestanden hat.

Das OLG Hamm (FamRZ 1988, 620) hat in einem Fall, in dem die Eheleute gemeinsam ein Darlehen aufgenommen hatten, um den Bau eines Familienwohnheims auf dem Grundstück des Ehemanns zu finanzieren, entschieden, die Eheleute hafteten bis zur Trennung zu gleichen Teilen; nach der Trennung liege es nahe, den Ehemann allein für die Rückführung der Kredite aufkommen zu lassen, da der Kreditbetrag in seinem Vermögen verblieben sei.

Demgegenüber hat der BGH in seiner Entscheidung FamRZ 1987, 1239 = NJW 1988, 133 eine Ausgleichspflicht des Ehemannes bezüglich eines Darlehens bejaht, das teilweise für den Umbau eines allein der Ehefrau gehörenden Hauses benutzt worden war. In diesem Fall war der Umbau aber auch dem Ehemann zugute gekommen, weil er 13 Jahre lang in dem umgebauten Haus gewohnt hatte. Da die Wertsteigerung des Hauses zudem geringfügig war, sah der BGH für die Zeit nach der Trennung der Ehegatten keinen Anlass für eine von der Grundregel des § 426 I BGB abweichende Regelung.

Nach Auffassung des Senats entspricht es dem Inhalt und Zweck des Rechtsverhältnisses, im Innen Verhältnis grundsätzlich eine alleinige Verpflichtung zur Schuldentilgung desjenigen Ehegatten anzunehmen, für dessen Haus ein Darlehen gemeinschaftlich aufgenommen worden ist. Während intakter Ehe wird diese Regelung von der konkreten Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft überlagert, etwa in der Weise, dass nur der Alleinverdiener oder beide Ehegatten entsprechend ihren Einkünften das Darlehen zurückführen. Für die Zeit nach der Trennung muss jedoch der Eigentümer des Hauses die Lasten tragen; denn nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft besteht im allgemeinen kein Grund mehr für einen Ehegatten, dem anderen eine weitere Vermögensmehrung zukommen zu lassen (vgl. BGH, FamRZ 1983, 796). Diese Änderung tritt mit der Trennung von selbst ein; es ist nicht etwa erforderlich, dass der Ehegatte einen Anspruch auf Neuregelung geltend macht, denn § 745 II BGB gilt nur für die Gemeinschaft; hier aber steht das Haus im Alleineigentum eines Ehegatten.

Eine anteilige Haftung beider Ehegatten auch für die Zeit nach der Trennung käme allenfalls unter der Voraussetzung in Betracht, dass alleiniger Zweck der Darlehensaufnahme die Schaffung eines Familienwohnheims war. Dann wäre es aber folgerichtig gewesen, dass beide Ehegatten zu je 1/2 Miteigentum an dem Hausgrundstück erworben hätten. Dass die Kl. nach den getroffenen Vereinbarungen Alleineigentümerin geworden ist, kann nur den Grund gehabt haben, dass das Haus unabhängig vom Bestehen der Ehe in ihrem Vermögen verbleiben sollte. Dies ergibt sich insbesondere aus dem von der Kl. behaupteten Zweck, für den Fall des Vorversterbens des Bekl. Erbauseinandersetzungen mit Kindern aus dessen erster Ehe zu vermeiden. Die Kl. hat sich nach der Trennung der Parteien auch entsprechend ihrer dinglichen Rechtsposition verhalten: Sie hat das Haus zunächst allein bewohnt und es sodann ohne Beteiligung des Bekl. allein veräußert.

...

Nach alledem stehen der Kl. für die Zeit seit der Trennung der Parteien im Juli 1988 keine Ausgleichsansprüche zu, während der Bekl. seine Aufwendungen voll ersetzt verlangen kann. Diese betragen unstreitig insgesamt 24 590,85 DM.

Rechtsgebiete

Schuldrecht; Ehe- und Familienrecht