Keine Änderungen der Arbeitsvertragsinhalte durch Betriebsvereinbarung

Gericht

BAG 1. Senat


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

21. 09. 1989


Aktenzeichen

1 AZR 454/88


Leitsatz des Gerichts

  1. Soweit es sich nicht um arbeitsvertragliche Ansprüche auf Sozialleistungen handelt, die auf einer arbeitsvertraglichen Einheitsregelung, einer Gesamtzusage oder einer betrieblichen Übung beruhen, kommt einer Betriebsvereinbarung gegenüber arbeitsvertraglichen Vereinbarungen keine ablösende Wirkung in dem Sinne zu, dass die Normen der Betriebsvereinbarung an die Stelle der vertraglichen Vereinbarung treten. Durch eine Betriebsvereinbarung kann der Inhalt des Arbeitsvertrages nicht geändert werden.

  2. Soweit Normen einer Betriebsvereinbarung für den Arbeitnehmer günstiger sind als die arbeitsvertragliche Vereinbarung, verdrängen sie diese lediglich für die Dauer ihrer Wirkung, machen diese aber nicht nichtig.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Parteien streiten darum, ob auf das Arbeitsverhältnis des Kl., wie vereinbart, nach wie vor die TVe für die Metallindustrie NRW Anwendung finden oder ob aufgrund einer Betriebsvereinbarung (BV) das Arbeitsverhältnis sich nunmehr nach den TVen für den öffentl. Dienst bestimmt.

Die Bekl. betreibt in der Rechtsform einer GmbH eine Krankenanstalt, die vor Gründung der Bekl. als Betriebsteil der F. K. GmbH geführt wurde. Mit Rücksicht auf diese Herkunft wendete die Bekl. auf die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer die TVe für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie in NRW in ihrer jeweiligen Fassung (künftig nur Metalltarifverträge) an. Insoweit heißt es in einer Betriebsvereinbarung vom 23. 12. 1965 (im folgenden nur BV 65):

"Es wird festgestellt, dass die Arbeitsverträge mit den Krankenschwestern einer freien Vereinbarung unterliegen. Die Geschäftsführung der K. Krankenanstalten GmbH und der Betriebsräte sind sich darüber einig, dass die Gehälter die Mindestsätze des BAT nicht unterschreiten.

Die übrigen Arbeitsbedingungen, soweit sie nicht bereits einzelvertragl. geregelt sind, lehnen sich an die tarifl. Bestimmungen der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie von NRW an."

Der Kl. ist seit dem 1. 4. 1978 bei der Bekl. zunächst als Fahrer, später im Etagendienst als Arbeiter beschäftigt. In seinem Arbeitsvertrag vom 7. 3. 1978 heißt es u. a.:

"2. Für das Arbeitsverhältnis gelten die Bestimmungen der TVe für die Arbeiter in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie NRW.

3. Die Entlohnung richtet sich nach der jeweiligen Tätigkeit und den entsprechenden tarifl. Bestimmungen. Sie entspricht zur Zeit der Lohngruppe 5

...

Hiernach ergibt sich bei einer monatl. Arbeitszeit von 195 Stunden einschließlich. der Zuschläge ein Bruttolohn von 1876,- DM. Die über 195 Stunden verfahrenen Stunden werden gesondert vergütet.

...

5. Für die Kündigung des Arbeitsvertrages gelten beiderseits die tarifl. Bestimmungen. ...

6. Im übrigen gelten für das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen der im Personalbüro zur Einsichtnahme ausliegenden Arbeitsordnung.

...

10. Nebenabreden, die in diesem Schreiben nicht wiederholt sind, haben keine Gültigkeit. ..."

In Abänderung dieses Vertrages vereinbarten die Parteien am 4. 9. 1980:

"1. Sie werden als Mitarbeiter für den Etagendienst beschäftigt.

2. Die regelmäßige wöchentl. Arbeitszeit beträgt 40 Stunden. Die darüber hinaus geleisteten Stunden werden gesondert vergütet.

...

5. Im übrigen behält der Arbeitsvertrag vom 7. 3. 1978 weiterhin Gültigkeit."

In der Folgezeit - etwa ab 1980 - ging die Bekl. dazu über, mit neu eingestellten Arbeitnehmern im Arbeitsvertrag die Anwendung des BAT für den Bereich der kommunalen Arbeitsgeberverbände bzw. des BMT-G zu vereinbaren. Im Hinblick darauf schlossen die Betriebspartner am 12. 9. 1985 und 31. 1. 1986 je eine BV, in denen es weitgehend gleichlautend u. a. heißt: "Im Hinblick auf die mit der weit überwiegenden Zahl der Mitarbeiter ... getroffene dienstvertragl. Vereinbarung über die sinngemäße Anwendung ... (des BAT) ... besteht Einverständnis darüber, dass

1. a) für die bereits tätigen sowie alle neu einzustellenden Angestellten/Arbeiter...

b) für die bereits tätigen sowie alle neu einzustellenden Praktikanten

c) für die Lernschwestern/Pfleger die jeweils in den Anlagen genannten Vorschriften gelten sollen.

2. ...

3. Ziff. 1 und 2 dieser Betriebsvereinbarungen treffen nicht auf diejenigen Mitarbeiter zu, mit denen einzelvertragl. die Anwendung ... (der MetallTVe)... vereinbart wurde."

Unter den am 31. 10. 1986 bei der Bekl. beschäftigten 994 Arbeitnehmern befanden sich noch 186 Arbeitnehmer, mit denen einzelvertragl. die Anwendung der MetallTVe vereinbart war.

Am 16./22. 10. 1986 schlossen die Betriebspartner die hier strittige BV, in der es - soweit hier von Interesse - heißt:

"Die ab 1. 1. 1986 gültige BundespflegesatzVO fordert die Vergleichbarkeit der Krankenhäuser untereinander hinsichtl. der Leistungen und Kosten. Um diesem Anliegen auch bei denjenigen Mitarbeitern Rechnung zu tragen, für die noch einzelvertragl. die MetallTVe gelten, schließen Geschäftsführung und Betriebsrat folgende BV:

1. Ab 1. 1. 1987 finden für den obengenannten Mitarbeiterkreis Regelungen in Anlehnung an Bestimmungen des ... BAT bzw. des ... BMT-G Anwendung. Im einzelnen gelten insoweit die am 12. 9. 1985 bzw. 21. 1. 1986 abgeschlossenen BVen.

2. Jeder Mitarbeiter nach Ziff. 1 wird in die nach den tarifvertragl. Anforderungen des BAT bzw. BMT-G vorgesehene Gehalts- bzw. Lohngruppe... eingestuft; ...

Ist das Monatsgehalt (Grundvergütung + Allgemeine Zulage + Ortszuschlag) bzw. Monatslohn (Grundvergütung + Allgemeine Zulage + ggf. Sozialzuschlag) niedriger als das derzeitige Monatsgehalt bzw. der derzeitige Monatslohn (Tarifgehalt/-lohn + Leistungszulage + ggf. übertarifl. oder sonstige monatl. gezahlte Zulage), wird die Differenz durch die Umstellungszulage I ausgeglichen.

Die ... Umstellungszulage wird bei zukünftigen Alterssprüngen innerhalb einer Tarifgruppe oder bei Höhergruppierungen voll angerechnet.

Die nach dem 31. 12. 1990 noch vorhandene Umstellungszulage I wird als übertarifl. Zulage geführt und kann ab diesem Zeitpunkt - zusätzl. zu den bereits genannten Anrechnungsmöglichkeiten - auf die zur Zeit jährl. Tariferhöhungen ganz oder teilweise angerechnet werden. Im Falle einer solchen Anrechnung erfolgt diese für alle Mitarbeiter zum gleichen Zeitpunkt und in gleicher Höhe; sie kann nur erfolgen unter Mitwirkung des Betriebsrats.

Eine solche Anrechnung von Tariferhöhungen erfolgt nicht bei Mitarbeitern, die am 1. 1. 1987 50 Jahre alt und länger als 20 Jahre bei K. tätig sind.

3. Das Urlaubsgeld wird für alle Mitarbeiter nach Ziff. 1 mit 1,44 % je Urlaubstag ... errechnet und festgeschrieben. Auf diese festgeschriebene Umstellungszulage II wird das jeweils nach dem BAT bzw. BMT-G zu zahlende Urlaubsgeld... angerechnet.

4. Die Dauer des Erholungsurlaubs für Mitarbeiter unter 40 Jahre bleibt unverändert 30 Tage; Erhöhungen des Erholungsurlaubs für diesen Mitarbeiterkreis ab 1. 1. 1987 werden angerechnet.

5. ...

6. ..."

Am 31. 10. 1986 schrieb die Bekl. an den Kl. - und die anderen betroffenen Mitarbeiter - wie folgt:

"Durch die am 16. 10. 1986 abgeschlossene Betriebsvereinbarung wurden für alle Mitarbeiter im Lohnverhältnis, für die noch einzelvertragl. der... MetallTV...gilt, Regelungen in Anlehnung an Bestimmungen des...BMT-G... vereinbart;...

Hiernach ergeben sich u. a. folgende Änderungen:

1. Ab 1. 1. 1987 finden auch für Sie Regelungen in Anlehnung an den BMT-G...Anwendung.

2. Ihre Arbeitszeit beträgt z. Z. 40 Stunden pro Woche.

3. Ihr monatl. Bruttolohn setzt sich nach BMT-G IV/5 wie folgt zusammen:

Grundvergütung 2309,18 DM
Allgemeine Zulage 67, -- DM
Umstellungszulage I 59,10 DM
----------
Insgesamt 2435,28 DM

...

6. Wir zahlen Ihnen zusätzl. zu dem tarifl. Urlaubsgeld (z. Z. 450,- DM/Jahr) eine Umstellungszulage II in Höhe von z. Z. 1100,- DM/Jahr....

7. Nach dem z. Z. gültigen TV über eine Zuwendung für Arbeiter zahlen wir Ihnen...einen Betrag in Höhe eines sog. 13. Monatslohnes. ..."

Der Kl. hat der von der Bekl. mitgeteilten Änderung des Arbeitsvertrages widersprochen. Für den Fall, dass darin eine Änderungskündigung zu sehen sei, hat er diese unter Vorbehalt angenommen. Die Bekl. hat mit Schreiben vom 18. 11. 1986 erklärt, dass in dem Schreiben vom 31. 10. 1986 keine Änderungskündigung zu sehen sei. Erst am 19. 12. 1986 hat sie gegenüber dem Kl. und weiteren Arbeitnehmern vorsorgl. eine Änderungskündigung ausgesprochen, gegen die die Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhoben haben. Die Verfahren sind mit Rücksicht auf den vorliegenden Rechtsstreit ausgesetzt.

Der Kl. ist der Ansicht, dass der Inhalt seines folgenden nur BV 86) nicht habe geändert werden können. Auf sein Arbeitsverhältnis seien nach wie vor die MetallTVe anzuwenden. Die Betriebsvereinbarung 86 sei unwirksam, sie verstoße gegen § 77 Abs. 3 und § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG. Sie könne auch nicht als umstrukturierende Betriebsvereinbarung im Sinne der Entscheidung des Großen Senats des BAG vom 16. 9. 1986 angesehen werden. Die Betriebsvereinbarung 86 stelle die davon betroffenen Arbeitnehmer insgesamt schlechter als zuvor. Die Betriebsvereinbarung 86 bezwecke Einsparungen an Lohnkosten zu Lasten der betroffenen Arbeitnehmer. Auch er selbst werde durch die Anwendung des BMT-G schlechter gestellt. Von 1986 bis 1990 erleide er ohne Berücksichtigung der geleisteten Überstunden einen Verlust von 11000,- DM, bei Berücksichtigung der Überstunden einen solchen von rd. 32000,- DM. Die in der Betriebsvereinbarung 86 vorgesehene Umstellungszulage ändere daran nichts, da diese später angerechnet werden könne. Der Kl. hat daher im vorliegenden Verfahren beantragt festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis trotz der von der Bekl. mit Schreiben vom 31. 10. 1986 zum 1. 1. 1987 angekündigten Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen über den 1. 1. 1987 hinaus unverändert fortgilt.

Die Bekl. hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, der einzelvertragl. Anspruch des Kl. auf Anwendung der MetallTVe sei durch die Betriebsvereinbarung 86 wirksam abgelöst worden. § 77 Abs. 3 BetrVG stehe dieser Betriebsvereinbarung nicht entgegen. Die Betriebsvereinbarung 86 erweise sich als umstrukturierende Betriebsvereinbarung, die insgesamt für die Arbeitnehmer günstiger sei. Die Umstellung in den anzuwendenden TVen führe nicht zu einer Einsparung von Personalkosten, vielmehr zu höheren Personalkosten von fast 100000,- DM jährlich. Die Anwendung des BAT bzw. des BMT-G führe für etwa die Hälfte aller betroffenen Arbeitnehmer zu einer Erhöhung der Gehälter bzw. der Löhne. Für die übrigen Arbeitnehmer sei die Differenz durch die Umstellungszulage I ausgeglichen.

Trotz der Erhöhung der Personalkosten bei Anwendung des BAT bzw. des BMT-G sei diese Umstellung geboten. Ihre Personalkosten müsse sie aus den vereinnahmten Pflegesätzen decken. Von der Arbeitsgemeinschaft der E. Krankenkassen werde jedoch nach der BundespflegesatzVO nur derjenige Teil der Personalkosten anerkannt, der mit den Personalkosten anderer Krankenhäuser vergleichbar sei. Dabei orientiere sich die Arbeitsgemeinschaft der E. Krankenkassen an den Personalkosten, die bei Anwendung des BAT bzw. des BMT-G entstehen. Mehrkosten aufgrund der Anwendung der MetallTVe würden bei der Festsetzung der Pflegesätze nicht anerkannt, Minderkosten gleichwohl nicht zu ihren Gunsten berücksichtigt. So seien seit 1982 jährl. etwa eine Million DM an Personalkosten durch die festgesetzten Pflegesätze nicht gedeckt worden. Die nunmehr bei Anwendung des BAT bzw. des BMT-G entstehenden Personalkosten würden jedoch, obwohl sie höher seien, bei der Festsetzung der Pflegesätze anerkannt.

Die Parteien haben umfangreiche Berechnungen über die Auswirkungen der Umstellung zu den Akten gereicht, nicht nur für die Person des Kl., sondern auch hinsichtl. aller betroffenen Arbeitnehmer. Die vom Kl. vorgelegten Berechnungen führen zu dem Ergebnis, dass die in die Berechnung einbezogenen Arbeitnehmer, auch der Kl., durch die Umstellung schlechter gestellt würden, während die Berechnungen der Bekl. zu einem gegenteiligen Ergebnis führen. Für die Richtigkeit ihrer Berechnungen haben die Parteien jeweils Beweis angetreten. In der mündl. Verhandlung vor dem LAG ist von den Parteien streitlos gestellt worden, dass das Jahreseinkommen des Kl. im Jahre 1987 auf der Grundlage des BMT-G um rd. 1200,- DM höher lag als das auf der Grundlage der MetallTVe errechnete Jahreseinkommen.

Das ArbG hat der Klage stattgegeben; das LAG hat sie abgewiesen. Die Revision des Kl. hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Durch die Betriebsvereinbarung 86 konnte der Arbeitsvertrag des Kl., nach dem auf sein Arbeitsverhältnis die MetallTVe Anwendung finden sollen, nicht dahin abgeändert werden, dass an die Stelle der MetallTVe der BMT-G tritt.

I. 1. Das LAG hat in der vertragl. Vereinbarung, dass auf das Arbeitsverhältnis die MetallTVe Anwendung finden, eine sog. arbeitsvertragl. Einheitsregelung gesehen, da die Bekl. etwa bis zum Jahre 1980 eine solche Vereinbarung mit allen vergleichbaren Arbeitnehmern formularmäßig getroffen habe. Auf eine solche arbeitsvertragl. Einheitsregelung seien die Grundsätze aus der Entscheidung des Großen Senats vom 16. 9. 1986 anzuwenden, wonach die auf einer arbeitsvertragl. Einheitsregelung beruhenden vertragl. Ansprüche durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung abgelöst werden können, wenn diese bei kollektiver Betrachtung insgesamt nicht ungünstiger sei. Ob das der Fall sei, sei unerhebl., da bereits ein individueller Günstigkeitsvergleich ergebe, dass sich die Arbeitsbedingungen des Kl. durch die Betriebsvereinbarung 86 verbessert hätten.

Das LAG hat weiter die Ansicht vertreten, der Arbeitsvertrag des Kl. enthalte einen stillschweigenden Änderungsvorbehalt zugunsten späterer BVen. Dem Kl. habe erkennbar sein müssen, dass die Anwendung der MetallTVe für ihn als Arbeitnehmer der Bekl. schlechthin und nicht individuell wegen persönl. Umstände oder besonderer Verdienste vereinbart werde.

2. Diese Begründung des LAG ist rechtsfehlerhaft.

a) Wenn das LAG in der Betriebsvereinbarung 86 eine umstrukturierende Betriebsvereinbarung im Sinne der Entscheidung des Großen Senats sieht, dann durfte es nicht dahingestellt bleiben lassen, ob diese Betriebsvereinbarung bei kollektiver Betrachtung insgesamt für die Arbeitnehmer nicht ungünstiger sei, und allein darauf abstellen, dass der Kl. sich im Jahre 1987 bei Anwendung der TVe für den öffentl. Dienst besser gestanden hat. Eine Betriebsvereinbarung vermag vertragl. Ansprüche der Arbeitnehmer, die auf einer Gesamtzusage, einer arbeitsvertragl. Einheitsregelung oder einer betriebl. Übung beruhen, nur dann zu modifizieren, wenn sie bei kollektiver Betrachtung insgesamt nicht ungünstiger ist als die bisherige Regelung. Dass sie für einzelne Arbeitnehmer Vorteile bringt, reicht nicht aus. Die Nachteile für andere betroffene Arbeitnehmer müssen in die vergleichende Betrachtung einbezogen werden. Darüber hinaus erscheint auch zweifelhaft, ob die Anwendung der MetallTVe überhaupt auf einer vertragl. Einheitsregelung beruht.

b) Zu Unrecht entnimmt das LAG auch der Vereinbarung der Parteien, dass auf das Arbeitsverhältnis des Kl. die MetallTVe Anwendung finden sollen, einen stillschweigend vereinbarten Vorbehalt, dass diese Abrede durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung geändert werden könne. Das LAG hat dies damit begründet, dass es sich bei der in einem Formulararbeitsvertrag festgeschriebenen generellen Anwendung der MetallTVe um einen stillschweigenden Änderungsvorbehalt durch eine spätere Betriebsvereinbarung handele. Dem Kl. sei erkennbar gewesen, dass diese Regelung nicht für ihn persönl. und unter Berücksichtigung persönl. Umstände vereinbart worden sei, sondern für alle Arbeitnehmer gelte.

Diese Begründung trägt die Annahme eines Änderungsvorbehaltes nicht. Es mag durchaus zutreffen, dass dem Kl. bewusst war, dass nicht nur mit ihm, sondern mit allen Arbeitnehmern die Anwendung der MetallTVe vereinbart wurde. Der Grund dafür lag auf der Hand. Die von der Bekl. betriebenen Krankenanstalten waren als "K. Krankenanstalten" bekannt und früher sogar ledigl. ein Betriebsteil der F. K. AG. Von daher lag es nur nahe und war es jedem Bewerber um einen Arbeitsplatz jedenfalls verständl., dass die Bekl. ihre Zugehörigkeit oder jedenfalls historische Bindung an die K.-Werke auch dadurch zum Ausdruck bringen wollte, dass sie die TVe für die Metallindustrie auf die Arbeitsverhältnisse ihrer Arbeitnehmer zur Anwendung brachte. Daraus allein kann aber nicht hergeleitet werden, dass dem Kl. auch erkennbar sein musste, dass die Bekl. sich eine spätere Änderung dieser Handhabung durch Betriebsvereinbarung vorbehalten wollte. Dies geht um so weniger, als die Bekl. im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages mit dem Kl. schon rechtl. selbständig war. Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis zu einer Zeit begründeten, als die Krankenanstalten noch Betriebsteil der K.-Werke waren, mussten vielleicht damit rechnen, dass die Anwendung der MetallTVe enden würde, wenn die Bekl. aus diesem Verband ausschied und ein rechtl. selbständiges Unternehmen wurde, das allein Krankenanstalten betrieb. Das ist hier nicht zu entscheiden Als der Kl. und mit ihm viele andere Arbeitnehmer ihre Arbeitsverträge mit der Bekl. schlossen, war diese bereits lange Zeit rechtl. selbständig. Von daher bestand in den 70er Jahren kein Anlass für die Annahme, die Bekl. wolle sich eine Änderung dieses Zustandes durch eine spätere Betriebsvereinbarung vorbehalten. Eine wirksame Änderung des Arbeitsvertrages des Kl. durch die Betriebsvereinbarung 86 aufgrund eines vereinbarten Änderungsvorbehaltes scheidet daher aus. Die Entscheidung des LAG ist daher aufzuheben. Sie stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Der Senat kann jedoch in der Sache abschließend entscheiden.

II. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nicht die Frage, ob dem Kl. aufgrund der seiner Ansicht nach sein Arbeitsverhältnis bestimmenden MetallTVe ein bestimmter Anspruch zusteht. Die Parteien streiten vielmehr um die Frage, ob die Betriebsvereinbarung 86 den Inhalt des Arbeitsvertrages des Kl. dahin geändert hat, dass auf das Arbeitsverhältnis des Kl. jedenfalls nicht mehr die MetallTVe Anwendung finden sollen. Das kommt zwar nicht im Antrag des Kl., wohl aber in der Begründung seiner Klage deutl. zum Ausdruck. Nach dem Wortlaut des Antrages begehrt der Kl. die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis trotz der Betriebsvereinbarung 86 unverändert fortbesteht. Dieser Antrag könnte unbegründet sein. Geht man davon aus, dass die Betriebsvereinbarung 86 wirksam ist, dann wirken ihre Bestimmungen nach § 77 Abs. 4 BetrVG unmittelbar normativ auch auf das Arbeitsverhältnis des Kl. ein und verändern die Rechtsstellung des Kl. in diesem Arbeitsverhältnis, etwa indem sie dem Kl. Ansprüche einräumen, die er zuvor aufgrund seines Arbeitsvertrages noch nicht hatte. Dem Kl. - und auch der Bekl. - geht es jedoch nicht darum, ob durch die Betriebsvereinbarung 86 irgendeine Änderung im Arbeitsverhältnis des Kl. eingetreten ist, sondern ausschließl. darum, ob die im Arbeitsvertrag des Kl. vom 7. 3. 1978 enthaltene Vereinbarung, dass auf sein Arbeitsverhältnis die MetallTVe Anwendung finden, durch die Betriebsvereinbarung 86 beseitigt, aufgehoben, worden ist mit der Folge, dass sich der Kl. zu keiner Zeit mehr auf Rechte und Ansprüche berufen kann, die sich allein aus den MetallTVen ergeben. Die Bekl. wollte mit der Betriebsvereinbarung 86 den betroffenen Arbeitnehmern insgesamt nicht nur bessere Arbeitsbedingungen bieten, sondern sie wollte mit dieser Betriebsvereinbarung die Arbeitsverträge dieser betroffenen Arbeitnehmer inhaltlich ändern. Das machen auch die später von ihr vorsorgl. ausgesprochenen Änderungs-Kündigungen gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern, die sich mit einer Änderung nicht einverstanden erklärt haben, deutlich. Auch der Kl. wehrt sich trotz der 1987 unstreitig eingetretenen Erhöhung seiner Jahresbezüge gegen eine Änderung seines Arbeitsvertrages, weil er befürchtet, dass sich künftig seine allein auf dem BMT-G beruhende Rechtsstellung gegenüber derjenigen Rechtsstellung verschlechtern wird, die sich für ihn ergibt, wenn auf sein Arbeitsverhältnis weiter die MetallTVe Anwendung finden. Gerade deshalb will er festgestellt wissen, dass die MetallTVe nach wie vor auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden und ihm die sich daraus ergebenden Ansprüche zustehen.

Mit seinem Antrag begehrt der Kl. daher die Feststellung, dass der Inhalt seines Arbeitsvertrages, wonach auf sein Arbeitsverhältnis die MetallTVe Anwendung finden, durch die Betriebsvereinbarung 86 nicht geändert worden ist. Dass dies der eigentl. Streit der Parteien ist, haben diese in der Anhörung vor dem Senat auch bestätigt.

III. Damit hat der Senat die Frage zu entscheiden, ob durch eine Betriebsvereinbarung der Arbeitsvertrag - nicht das Arbeitsverhältnis - der betroffenen Arbeitnehmer inhaltlich geändert werden kann mit der Folge, dass einzelvertragl. begründete Ansprüche und Rechte auf Dauer ganz entfallen oder inhaltl. verändert werden. Das ist eine andere, jedenfalls eine umfassendere Fragestellung als die, über die der Große Senat in seinem Beschluss vom 16. 9. 1986 (BAG 53, 42 = AP Nr. 17 zu § 77 BetrVG1972) zu entscheiden hatte und entschieden hat.

1. Der Große Senat hat diese Frage für die ihm zur Entscheidung vorgelegten Fallgestaltungen entschieden. In seinen Gründen heißt es unter C II 4 c:

"Werden vertragl. Einheitsregelungen durch (eine) nachfolgende Betriebsvereinbarung (die insgesamt bei kollektiver Betrachtung nicht ungünstiger ist) umgestaltet, wird die Verantwortung des Betriebsrats für die innerbetriebl. Lohngerechtigkeit offen ausgewiesen. Die Ansprüche der Arbeitnehmer, die zuvor auf vertraglicher Grundlage beruhten, ergeben sich nun aus der BV. Arbeitgeber und Betriebsrat können gemeinsam das Leistungssystem an veränderte Rahmenbedingungen anpassen und die abgeschlossene Betriebsvereinbarung durch neue Betriebsvereinbarungen - innerhalb der allgemeinen Grenzen des Bestandsschutzes - abändern."

Damit erkennt der Große Senat einer umstrukturierenden Betriebsvereinbarung jedenfalls gegenüber Ansprüchen, die auf einer arbeitsvertragl. Einheitsregelung, Gesamtzusage oder betriebl. Übung beruhen, eine ablösende Wirkung zu. Die umstrukturierende Betriebsvereinbarung tauscht die Anspruchsgrundlagen aus. An die Stelle einer vertragl. Anspruchsgrundlage tritt die Anspruchsgrundlage BV. Für das Verhältnis dieser Betriebsvereinbarung zu einer nachfolgenden Betriebsvereinbarung gilt nun das Ordnungsprinzip mit der Folge, dass die spätere (zweite) Betriebsvereinbarung die jetzt auf der ersten (umstrukturierenden) Betriebsvereinbarung beruhenden Ansprüche nunmehr auch insgesamt verschlechtern oder ganz in Wegfall bringen kann. Ebenso können bei dieser Betrachtungsweise die jetzt nur auf der Betriebsvereinbarung beruhenden Ansprüche schon mit Wegfall der Betriebsvereinbarung etwa durch eine Kündigung entfallen, sofern nicht ausnahmsweise eine Nachwirkung eintritt.

Wenn nach dem Großen Senat schon einer umstrukturierenden Betriebsvereinbarung eine solche ablösende Wirkung zukommt, dann muss dies erst recht für eine Betriebsvereinbarung gelten, die bei kollektiver Betrachtung insgesamt, aber auch für jeden einzelnen Arbeitnehmer, günstiger ist. Auch diese tauscht dann die Anspruchsgrundlage aus. Die Ansprüche der Arbeitnehmer, die jetzt allerdings höher sind als früher, beruhen nur noch auf der Betriebsvereinbarung mit der Folge, dass sie mit Beendigung dieser Betriebsvereinbarung in Wegfall kommen.

Der Große Senat hat gerade diesen Teil seiner Entscheidung nicht näher begründet. Es fehlt an einer Erklärung dafür, warum ein Arbeitnehmer, der einen vertragl. Anspruch auf ein Weihnachtsgeld von 500,- DM hat und dem später durch Betriebsvereinbarungen in Weihnachtsgeld von 1000,- DM eingeräumt wird, bei Wegfall dieser Betriebsvereinbarung keinen Anspruch auf ein Weihnachtsgeld mehr haben soll. Das aber ist die Folge der vom Großen Senat bejahten ablösenden Wirkung einer umstrukturierenden BV.

2. Ob der Entscheidung des Großen Senats insoweit zu folgen ist und ob den Entscheidungsgründen eine so weitgehende Schlussfolgerung zu entnehmen ist, kann hier dahingestellt bleiben. Der Senat ist an die Entscheidung des Großen Senats nur gebunden, wenn deren Grundsätze auch auf die vorliegende Fallgestaltung zur Anwendung kommen müssen. Das ist jedoch nicht der Fall.

a) Die vom Großen Senat bejahte ablösende Wirkung einer umstrukturierenden Betriebsvereinbarung bezieht sich nur auf vertragl. begründete Ansprüche der Arbeitnehmer auf Sozialleistungen, die auf eine vom Arbeitgeber gesetzte Einheitsregelung oder eine Gesamtzusage zurückgehen (C der Gründe). Diese den einzelnen Arbeitnehmern zukommenden (Sozial-) Leistungen bilden untereinander ein Bezugssystem. Dieses Bezugssystem beruht auf zwei Grundentscheidungen, die der Einzelregelung vorangehen müssen: Der Entscheidung über die Höhe der einzusetzenden finanziellen Mittel und die Bestimmung der Verteilungsgrundsätze. Beide Grundentscheidungen sind nur in einem geschlossenen Regelungssystem erreichbar und müssen notwendigerweise verfehlt werden, wenn nur noch einzelne Ansprüche der begünstigten Arbeitnehmer isoliert betrachtet werden (C II 1 der Gründe).

Durch eine umstrukturierende Betriebsvereinbarung werden daher nach der Entscheidung des Großen Senats nur solche einzelvertragl. Ansprüche der Arbeitnehmer abgelöst, die in einem solchen Bezugssystem zueinander stehen und damit einen kollektiven Bezug zueinander aufweisen. Nur für solche Ansprüche kann von einem Dotierungsrahmen gesprochen werden, nur für diese stellt sich die Frage, wie die durch den Dotierungsrahmen vorgegebenen finanziellen Mittel verteilt werden.

b) Auf solche arbeitsvertragl. Ansprüche auf Sozialleistungen bezieht sich die Vereinbarung im Arbeitsvertrag des Kl., wonach auf sein Arbeitsverhältnis die TVe der Metallindustrie Anwendung finden, nicht. Mit dieser Vereinbarung werden vielmehr Ansprüche des Kl. auf das eigentliche Arbeitsentgelt als Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung, Ansprüche auf Bezahlung von Mehrarbeit, Nachtarbeit und Feiertagsarbeit, Ansprüche auf Urlaub und Urlaubsvergütung, Ansprüche auf Fortzahlung des Lohnes bei Arbeitsverhinderung und andere Fragen geregelt, die den Inhalt des Arbeitsverhältnis bestimmen, wie die Dauer der wöchentl. Arbeitszeit oder die Kündigungsfristen. Eine solche Vereinbarung hat einen anderen Inhalt und andere Ansprüche zum Gegenstand als eine arbeitsvertragl. Einheitsregelung, die Ansprüche auf (Sozial-) Leistungen begründet, die in einem Bezugssystem zu gleichartigen Ansprüche anderer Arbeitnehmer stehen. Für die durch die Vereinbarung begründeten Ansprüche, dass auf das Arbeitsverhältnis die MetallTVe Anwendung finden, lässt sich ein solches Bezugssystem nicht feststellen. Sie werden nicht aus einer vorgegebenen Finanzierungsmasse befriedigt, die nach bestimmten Verteilungsgrundsätzen zu verteilen ist. Für sie kommt ein kollektiver Günstigkeitsvergleich nicht in Betracht.

Auch der Umstand, dass die Bekl. mit einer Vielzahl von Arbeitnehmern insoweit gleichlautende Arbeitsverträge abgeschlossen hat, macht die aus der Anwendung der MetallTVe sich ergebenden Ansprüche nicht zu Ansprüchen, die auf einer arbeitsvertragl. Einheitsregelung im Sinne der Entscheidung des Großen Senats beruhen.

Bezieht sich damit die Entscheidung des Großen Senats nicht ausdrückl. auch auf arbeitsvertragl. Ansprüche, die keine in einem Bezugssystem zueinanderstehenden Sozialleistungen zum Inhalt haben, so kann auch sonst nicht angenommen werden, der Große Senat habe mit seiner Entscheidung für alle Fallgestaltungen aussprechen wollen, dass Betriebsvereinbarungen jedenfalls dann, wenn sie bei kollektiver Betrachtung nicht ungünstiger sind, arbeitsvertragl. Vereinbarungen ablösen und an deren Stelle treten können. Die Begründung des Großen Senats für seine Ansicht passt für die vorliegende Fallgestaltung nicht. Es ist kein Grund ersichtl., warum die Lohnabrede eines Arbeitnehmers zu seinen Ungunsten soll abgeändert werden können, nur weil ein anderer Arbeitnehmer dafür einen höheren Lohn erhält. Damit hindert die Entscheidung des Großen Senats den Senat nicht, die Frage nach einer ablösenden Wirkung von Betriebsvereinbarung hinsichtlich arbeitsvertragl. Abreden, die keine Sozialleistungen im dargelegten Sinne zum Inhalt haben, auch verneinend zu beantworten.

IV. Außerhalb der vom Großen Senat entschiedenen Fallgestaltungen kommt Betriebsvereinbarungen keine ablösende, d. h. die vertragl. Anspruchsgrundlage auswechselnde Wirkung zu.

1. Der Große Senat hat bei seiner Begründung darauf abgestellt, dass Betriebsvereinbarungen nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ebenso wie TVe nach § 4 Abs. 1 TVG unmittelbare und zwingende Wirkung haben. Das gilt jedenfalls für den normativen Teil von TVen und BVen. Um eine solche normative Betriebsvereinbarung handelt es sich bei der Betriebsvereinbarung 86.

a) "Unmittelbare Wirkung" einer Betriebsvereinbarung oder eines TV bedeutet, dass die Bestimmungen des normativen Teils der Betriebsvereinbarung oder des TV - wie anderes objektives Recht auch - den Inhalt der Arbeitsverhältnisse unmittelbar (automatisch) gestalten, ohne dass es auf die Billigung oder Kenntnis der Vertragsparteien ankommt. Es bedarf dazu keiner Anerkennung, Unterwerfung oder Übernahme dieser Normen durch die Parteien des Einzelarbeitsvertrages (Großer Senat, aaO, zu [II 2 b der Gründe]). Das bedeutet zunächst nur, dass das Arbeitsverhältnis auch durch die Normen der Betriebsvereinbarung oder des TV gestaltet wird, diese Normen also neben die anderen das Arbeitsverhältnis gestaltenden Normen, wie der Arbeitsvertrag oder das Gesetz, treten. Über das weitere Schicksal dieser anderen Normen besagt die unmittelbare Wirkung der Normen eines TV oder einer Betriebsvereinbarung nichts.

b) Die Frage nach dem Zurücktreten einer Norm stellt sich erst, wenn Normen unterschiedl. Rangstufe den gleichen Gegenstand regeln, also eine Normenkollision vorliegt.

Auf diesen Fall einer Normenkollision bezieht sich die "zwingende Wirkung" eines TV oder einer BV. Sie besagt, dass die Parteien des Arbeitsvertrages nichts vereinbaren können, was gegen den TV oder die Betriebsvereinbarung verstößt. Inhaltsnormen einer Betriebsvereinbarung oder eines TV müssen sich gegenüber allen vertragl. Abreden durchsetzen (Großer Senat, aaO, zu C II 2 b der Gründe).

Von diesem Grundsatz macht § 4 Abs. 3 TVG jedoch eine Ausnahme für solche einzelvertragl. Abmachungen, die eine Abweichung von der tarifl. Norm zugunsten des Arbeitnehmers zum Inhalt haben. Für die Betriebsvereinbarung hat der Große Senat entschieden, dass auch ihr gegenüber das Günstigkeitsprinzip gilt, eine Betriebsvereinbarung also einer einzelvertragl. Vereinbarung nicht entgegensteht, die zwar von der Betriebsvereinbarung abweicht, für den Arbeitnehmer jedoch günstiger ist.

2. Mit dieser gesetzl. Regelung ist jedoch nichts darüber gesagt, was mit der jeweils ungünstigeren Regelung geschieht. Ist diese nichtig oder tritt sie ledigl. zurück, bleibt aber latent bestehen?

a) Ist eine einzelvertragl. Vereinbarung günstiger als die Regelung einer Betriebsvereinbarung oder eines TV, so ist dies für den rechtl. Bestand des TV oder der Betriebsvereinbarung ohne Bedeutung. Beide Ansprüche des Arbeitnehmers, der aus dem Arbeitsvertrag und der aus dem TV oder der BV, stehen nebeneinander, der Arbeitnehmer kann den für ihn günstigeren Anspruch geltend machen. Das wird von praktischer Bedeutung, wenn der Arbeitnehmer auf seinen Anspruch - etwa in einer Ausgleichsquittung - verzichtet. Hinsichtl. des durch TV oder Betriebsvereinbarung begründeten Anspruchs ist dieser Verzicht nach § 4 Abs. 4 Satz 1 TVG bzw. nach § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG nichtig, wenn nicht der Betriebsrat oder die TV-Parteien dem Verzicht zugestimmt haben. Den tarifl. Anspruch kann der Arbeitnehmer daher noch geltend machen, auf den überschießenden Teil seines arbeitsvertragl. Anspruchs hat er wirksam verzichtet.

Nicht so eindeutig ist die Rechtslage im umgekehrten Falle, wenn die arbeitsvertragl. Vereinbarung ungünstiger ist als die Regelung des TV oder der BV.

Aufgrund der unmittelbaren und zwingenden Wirkung steht dem Arbeitnehmer der günstigere Anspruch aus dem TV oder der Betriebsvereinbarung zu. Deren Normen müssen sich gegenüber der ungünstigeren vertragl. Abrede durchsetzen, wie es der Große Senat formuliert hat.

Damit ist aber noch nichts darüber gesagt, ob die vertragl. Abrede nichtig ist oder ob ihr nur gegenüber der günstigeren Norm keine Wirkung zukommt. Diese Frage wird in dem Moment von Bedeutung, in dem die zwingende Wirkung des TV oder der Betriebsvereinbarung entfällt. Zu entscheiden ist, ob dann die ungünstigere vertragl. Abrede wieder auflebt oder ob zunächst ein durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung oder TV ungeregelter Raum entsteht, der allenfalls noch gesetzl. geregelt ist. Wird mit einem Arbeitnehmer ein Monatsgehalt von 2000,- DM vereinbart, und wird das Arbeitsverhältnis später von zwingenden tarifl. Normen erfasst, die ein Monatsgehalt von 2200,- DM vorsehen, und wird der TV gekündigt, so stellt sich die Frage, ob von diesem Zeitpunkt an die einzelvertragl. Vereinbarung eines Gehalts von 2000,- DM wieder auflebt oder ob diese aufgrund der zwingenden Wirkung des TV nichtig geworden ist mit der Folge, dass sie nicht mehr existiert.

b) Für das Verhältnis Arbeitsvertrag/TV ist diese Frage scheinbar durch die in § 4 Abs. 5 TVG angeordnete Nachwirkung des TV geregelt. Danach gelten nach Ablauf eines TV seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Eine solche andere Abmachung kann auch eine einzelvertragl. Vereinbarung sein. Umstritten ist dabei ledigl., ob eine solche einzelvertragl. Abmachung schon vor dem Ende der zwingenden Wirkung des TV getroffen werden kann. Die Stellungnahme in der Lit. dazu ist nicht einheitl. Nach Wiedemann/Stumpf (TVG, 5. Aufl., § 4 Rz. 196) kann eine Nachwirkung durch vorhergehende Vereinbarung ausgeschlossen werden. Eine vorhergehende tarifwidrige Abmachung allein genüge jedoch nicht, diese sei im Zweifel endgültig unwirksam. Auf der anderen Seite heißt es in Rz. 201, aaO, es sei eine Frage der Auslegung sowohl des TV als auch des Einzelarbeitsvertrages, ob die vorher getroffene, später tarifwidrig gewordene Abmachung bestehen bleiben soll oder nichtig ist. Der TV wolle im Zweifel eine tarifwidrige Abmachung nur verdrängen. Gleichwohl sei die vertragl. Vereinbarung im Zweifel nichtig. Die Parteien seien sich regelmäßig latent fortbestehender Zusagen nicht bewusst. Sie könnten aber das Fortbestehen der tarifwidrigen Vereinbarung vereinbaren, was jedoch nicht ausdrückl. geschehen müsse. Auch der Zweck der in § 4 Abs. 5 TVG angeordneten Nachwirkung spreche für eine Nichtigkeit früherer tarifwidriger Vereinbarungen, weil das Wiederaufleben latent fortbestehender Vereinbarungen den Fortbestand der nachwirkenden tarifl. Ordnung mehr gefährde, als wenn diese erst durch neue vertragl. Vereinbarungen abgeändert werden könne. Hagemeier/Kempen/Zachert/Zilius (TVG, § 4 Rz. 12) vertreten uneingeschränkt die Ansicht, dass die tarifl. Normen ungünstigere einzelvertragl. Abreden im Zweifel ledigl. auf Zeit verdrängen, ohne sie endgültig zu vernichten, so dass diese beim Wegfall der zwingenden Wirkung wieder aufleben.

2. Bei der Beantwortung dieser Frage muss nach dem Inhalt der jeweiligen einzelvertragl. Vereinbarung unterschieden werden. Eine Vereinbarung des Inhalts, dass zwingende tarifvertragl. Bestimmungen keine Anwendung finden sollen, ist sicherl. nichtig. Werden aber durch die arbeitsvertragl. Vereinbarung dem Arbeitnehmer Ansprüche eingeräumt, so sollen diese dem Arbeitnehmer grundsätzlich zustehen. Es ist dies gewissermaßen der vereinbarte Mindeststandard für den Arbeitnehmer. Wird dieser auch entgegen dem Willen der Arbeitsvertragsparteien von außen - normativ - durch eine zwingende tarifl. Regelung erhöht, so spricht nichts dafür, dass auch der einmal vereinbarte Mindeststandard nicht mehr gelten soll, wenn die zwingende Wirkung der Tarifnorm wegfällt. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Parteien bei Abschluss der vertragl. Vereinbarung das Eingreifen zwingender tarifl. Regelungen überhaupt nicht in Betracht gezogen haben.

3. Spricht damit schon viel dafür, dass bei Beendigung der zwingenden Wirkung eines TV eine frühere vertragl. Vereinbarung wieder auflebt und damit die Nachwirkung der Tarifnorm beendet - was hier nicht zu entscheiden ist -, so gilt dies erst recht im Verhältnis einer vertragl. Vereinbarung zu Normen einer nachfolgenden BV. Diejenigen Überlegungen, die für das Verhältnis Arbeitsvertrag/TV noch dafür sprechen können, dass eine tarifwidrige Vereinbarung aufgrund der zwingenden Wirkung des nachfolgenden TV endgültig nichtig wird, nämlich die nachwirkende tarifl. Ordnung nicht durch das Wiederaufleben früherer vertragl. Vereinbarungen zu stören, treffen für das Verhältnis Arbeitsvertrag/Betriebsvereinbarung nicht zu. Betriebsvereinbarungen wirken anders als TVe nicht stets nach, sondern nur in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen den Betriebspartnern ersetzen kann (§ 77 Abs. 6 BetrVG). BVen, die dem Arbeitnehmer Ansprüche auf geldwerte Leistungen einräumen, sind jedenfalls insoweit regelmäßig freiwillige BVen, weil das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats insbesondere nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 und 11 BetrVG sich nicht auf die Gewährung solcher Leistungen, sondern nur auf deren nähere Ausgestaltung erstreckt. So hat der 3. Senat entschieden, dass eine Betriebsvereinbarung über eine betriebl. Altersversorgung nicht nach § 77 Abs. 6 BetrVG nachwirkt (Urt. vom 18. 4. 1989 - 3 AZR 688/87 - AP Nr. 2 zu § 1 BetrAVG Betriebsvereinbarung); und der 8. Senat hat ausgesprochen, dass eine Betriebsvereinbarung über ein betriebl. Urlaubsgeld nicht nachwirkt (Urt. vom 9. 2. 1989 - 8 AZR 310/87 - AP Nr. 40 zu § 77 BetrVG1972). Mit dem Ende einer BV, der keine Nachwirkung zukommt, fallen die durch die Betriebsvereinbarung begründeten Ansprüche weg. Hat diese Betriebsvereinbarung frühere, dem Arbeitnehmer ungünstigere Vereinbarungen unwirksam gemacht, diese nicht nur verdrängt, sondern abgelöst, so stehen dem Arbeitnehmer von dem Moment an überhaupt keine Ansprüche mehr zu, sofern sich solche nicht aus einer gesetzl. Regelung ergeben. Geht man davon aus, dass die vertragl. Vereinbarung der Mindeststandard für den Arbeitnehmer sein soll und dass auch die spätere, günstigere Betriebsvereinbarung ebenfalls nur Mindestnormen setzt, so folgt zunächst aus der Natur der Betriebsvereinbarung nichts dafür, dass diese entgegenstehende schlechtere vertragl. Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien nichtig macht, diese vielmehr ebenso wie der TV nur für die Dauer ihrer zwingenden Wirkung verdrängen will. Auch die Arbeitsvertragsparteien werden regelmäßig nicht davon ausgehen, dass dieser Mindeststandard durch eine spätere günstigere Vereinbarung auf Dauer vernichtet werden soll, zumal für Betriebsvereinbarungen über Angelegenheiten der freiwilligen Mitbestimmung regelmäßig nicht davon ausgegangen werden kann, dass diese bei einer Beendigung alsbald durch eine neue Betriebsvereinbarung abgelöst werden. Auch die weitere Überlegung von Wiedemann/Stumpf (aaO, Rz. 201), die Parteien dächten regelmäßig nicht daran, eine ledigl. latent fortbestehende Vereinbarung veränderten Verhältnissen anzupassen, so dass bei Beendigung der zwingenden Wirkung des TV eine nicht mehr angemessene vertragl. Vereinbarung gelte, deren Abänderung der Arbeitnehmer gegen den Willen des Arbeitgebers nicht erreichen könne, trifft hier nicht zu. Ist die vertragl. Vereinbarung nichtig, so hat der Arbeitnehmer bei Beendigung der zwingenden Wirkung der Betriebsvereinbarung mangels deren Nachwirkung überhaupt keinen Anspruch mehr, sofern sich ein solcher nicht aus einer gesetzl. Regelung ergibt.

4. Macht damit eine nachfolgende Betriebsvereinbarung eine früher abgeschlossene arbeitsvertragl. Vereinbarung, die ungünstiger als die Betriebsvereinbarung ist, nicht nichtig, sondern lässt sie (latent) bestehen, so fehlt es an jeder in der gesetzl. Regelung über die Wirkungen einer Betriebsvereinbarung liegenden Grundlage für die Annahme, eine nachfolgende günstigere Betriebsvereinbarung trete an die Stelle der früheren ungünstigeren arbeitsvertragl. Vereinbarung und löse diese ab. Betriebsvereinbarungen über materielle Arbeitsbedingungen kommt daher hinsichtl. früherer ungünstigerer arbeitsvertragl. Vereinbarungen keine ablösende Wirkung zu, sofern es sich nicht um arbeitsvertragl. Ansprüche auf Sozialleistungen im Sinne der Entscheidung des Großen Senats handelt, die auf einer arbeitsvertragl. Einheitsregelung beruhen.

Damit ist die Vereinbarung der Parteien in ihrem Arbeitsvertrag vom 7. 3. 1978, wonach auf das Arbeitsverhältnis des Kl. die MetallTVe Anwendung finden, allein durch den Abschluss der Betriebsvereinbarung 86 nicht geändert worden.

V. Das LAG hat den Vortrag der Bekl. nicht gewürdigt, schon durch die Betriebsvereinbarung 65 sei mit dem Betriebsrat vereinbart worden, dass die übrigen Arbeitsbedingungen - außer der der Krankenschwestern - sich an die tarifl. Bestimmungen der MetallTVe anlehnen.

Diese Betriebsvereinbarung legt die Annahme nahe, die Anwendung der TVe für die Metallindustrie auf das Arbeitsverhältnis des Kl. und der übrigen Arbeitnehmer beruhe nicht auf einer arbeitsvertragl. Vereinbarung, sondern allein auf der Betriebsvereinbarung 65. In diesem Fall könnte diese auf der Betriebsvereinbarung 65 beruhende Regelung durch eine spätere BV, also auch die Betriebsvereinbarung 86, abgelöst werden, auch wenn die spätere Betriebsvereinbarung sich als für die Arbeitnehmer ungünstiger darstellt. Im Verhältnis einer Betriebsvereinbarung zu einer nachfolgenden Betriebsvereinbarung gilt nicht das Günstigkeitsprinzip, sondern das Ordnungsprinzip. Diese Annahme ist jedoch nicht begründet.

1. Es erscheint zunächst schon fraglich, ob die Betriebsvereinbarung 65 eine normative Regelung des Inhalts enthält, dass auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer der Bekl. - mit Ausnahme der Krankenschwestern - die TVe der Metallindustrie Anwendung finden. Die Betriebsvereinbarung enthält in ihrem wesentl. Inhalt nicht Vereinbarungen der Betriebspartner, sondern jedenfalls dem Wortlaut nach ledigl. Feststellungen. Sie beginnt damit, dass festgestellt wird, dass die Arbeitsverträge der Krankenschwestern einer freien Vereinbarung unterliegen. "Einig" sind sich Geschäftsführung und Betriebsrat nur darüber, dass die Gehälter die Mindestsätze des BAT nicht überschreiten. Hinsichtl. der übrigen Arbeitsbedingungen heißt es ledigl., dass diese sich an die TVe für die Metallindustrie anlehnen. Auch das ist dem Wortlaut nach mehr eine Feststellung als eine Vereinbarung. Aber auch wenn man insoweit von einer Vereinbarung ausgeht, ist dieser doch ledigl. die Verpflichtung der Bekl. zu entnehmen, dass sich die Arbeitsbedingungen der übrigen Arbeitnehmer an die TVe der Metallindustrie anlehnen müssen. Die Bekl. hat sich damit nur verpflichtet, entsprechende Arbeitsverträge abzuschließen. Insoweit kommt der Betriebsvereinbarung dann ledigl. schuldrechtl. Wirkung zu. Gegen die Annahme einer normativen Wirkung spricht darüber hinaus die Unbestimmtheit der BV. Ein bloßes Anlehnen an die TVe der Metallindustrie besagt noch nicht, welche Bestimmungen dieser TVe im einzelnen vollständig, teilweise oder nur entsprechend auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden sollen.

2. In den Arbeitsverträgen hat die Bekl. einheitl. ohne Hinweis auf diese Betriebsvereinbarung vereinbart, dass auf das Arbeitsverhältnis die TVe für die Metallindustrie Anwendung finden. Mit den Arbeitnehmern ist also nicht nur eine sich an die tarifl. Regelung anlehnende arbeitsvertragl. Vereinbarung getroffen worden, vielmehr ist deren uneingeschränkte Anwendung vereinbart worden, soweit nicht der Arbeitsvertrag selbst Abweichungen enthält. Das ist jedoch allenfalls hinsichtl. der wöchentl. Arbeitszeit und der Vereinbarung einer Vertragsstrafe für einen Vertragsbruch der Fall.

Damit kommt der arbeitsvertragl. Vereinbarung nicht ledigl. eine deklaratorische Wirkung zu in dem Sinne, dass auf die Regelung der Betriebsvereinbarung 65 verwiesen wird; die arbeitsvertragl. Vereinbarung hat vielmehr eigenständige, anspruchsbegründende Wirkung. Davon, dass die Betriebsvereinbarung 65 nicht schon normativ das Recht der Arbeitnehmer begründete, entsprechend den TVen für die Metallindustrie behandelt zu werden, ist auch die Bekl. ausgegangen. Sie hat ab Beginn der 80er Jahre mit neu eingestellten Arbeitnehmern nicht mehr die Anwendung der MetallTVe, sondern des BAT bzw. des BMT-G vereinbart. Dass dies mit dem Betriebsrat in Abänderung der Betriebsvereinbarung 65 irgendwann vereinbart worden ist, ist nicht vorgetragen worden. Die Betriebsvereinbarungen vom 12. 9. 1985 und 31. 1. 1986 beginnen ebenfalls schlicht mit der Feststellung eines tatsächl. Zustandes, nämlich im Hinblick auf "die mit der weit überwiegenden Zahl der Mitarbeiter getroffene dienstvertragl. Vereinbarung über die sinngemäße Anwendung des BAT bzw. der BMT-G". Erst im Hinblick auf diesen festgestellten Zustand treffen die genannten Betriebsvereinbarungen eine Regelung für die Zukunft, nämlich, welche TV im einzelnen Anwendung finden sollen.

3. Schließl. macht auch das Vorbringen der Bekl. in diesem Verfahren deutlich, dass sie selbst davon ausgegangen ist, dass die Anwendung der TVe für die Metallindustrie Inhalt des mit dem Kl. und den anderen Arbeitnehmer abgeschlossenen Arbeitsvertrages ist. Ihre gesamte Argumentation baut auf der Ansicht auf, dass die Betriebsvereinbarung 86 eine für die Arbeitnehmer günstigere, zumindest aber bei kollektiver Betrachtung insgesamt nicht ungünstigere Betriebsvereinbarung sei, durch die nach der Entscheidung des Großen Senats die Arbeitsverträge der Arbeitnehmer inhaltlich hätten geändert werden können. Erstmals mit der Berufungsbegründung hat die Bekl. auf die Betriebsvereinbarung 65 verwiesen, mit dieser aber ledigl. den kollektiven Bezug der vertragl. Regelung begründet, ohne in diesem Zusammenhang selbst zu behaupten, schon aufgrund der Betriebsvereinbarung 65 seien auf die Arbeitsverhältnisse die TVe der Metallindustrie unmittelbar anzuwenden gewesen.

Damit verbleibt es dabei, dass durch die Betriebsvereinbarung 86 der Inhalt des Arbeitsvertrages nicht geändert werden konnte. Inhalt des Arbeitsvertrages des Kl. ist nach wie vor die Vereinbarung, dass auf sein Arbeitsverhältnis die TVe für die Metallindustrie Anwendung finden.

VI. Den Inhalt der Arbeitsverträge kann die Bekl. nur mit individualrechtl. Mitteln ändern. Sie kann Änderungsverträge abschließen oder durch Änderungskündigung eine Änderung der Arbeitsverträge herbeizuführen versuchen. Das hat die Bekl. zwischenzeitlich vorsorgl. getan. Über die soziale Rechtfertigung dieser Änderungskündigung ist im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.

1. Für die Wirksamkeit der Änderungskündigungen und -vereinbarungen kann es auf die Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung 86 ankommen. Die Änderung der Arbeitsverträge dahin, dass an die Stelle der TVe für die Metallindustrie der BAT und der BMT-G und die diese ergänzenden TVe treten, hat auch eine Änderung der betriebl. Lohngestaltung zum Inhalt, die nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG der Mitbestimmung unterliegt. Die Frage, nach welcher Lohngruppen- oder Gehaltsgruppenordnung Arbeitnehmer zu vergüten sind, ist eine Frage der betriebl. Lohngestaltung (Beschluss des Senats vom 27. 1. 1987 - BAG 54, 147 = AP Nr. 42 zu § 99 BetrVG1972). Dieses Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist im vorliegendem Falle nicht ausgeschlossen, da es mangels Tarifbindung der Bekl. an einer tariflichen Regelung dieser Frage fehlt.

Eine Änderungskündigung mit dem Ziel, die Arbeitsverträge der Arbeitnehmer dahin zu ändern, dass eine andere Lohn- oder Gehaltsgruppenordnung maßgebend sein soll, ist unwirksam, wenn hinsichtl. dieser Änderung mit dem Betriebsrat nicht zuvor eine Einigung erzielt worden ist oder ein Spruch der Einigungsstelle diese Einigung ersetzt hat (Beschluss des Senats vom 31. 1. 1984 - BAG 45, 91 = AP Nr. 15 zu § 87 BetrVG1972 Lohngestaltung). Mit der Betriebsvereinbarung 86 hat der Betriebsrat der beabsichtigten Änderung der Gehalts- und Lohnordnung zugestimmt. Betriebsverfassungsrechtl. ist die Bekl. daher befugt, durch Änderungsverträge oder auf dem Weg über eine Änderungskündigung die Arbeitsverträge der betroffenen Arbeitnehmer entsprechend zu ändern.

2. Die Betriebsvereinbarung 86 ist auch wirksam. Das hat das LAG zutreffend erkannt. § 77 Abs. 3 BetrVG steht einer Betriebsvereinbarung nicht entgegen, durch die die Anwendung des BAT und des BMT-G auf die Arbeitsverhältnisse vereinbart wird. Für den Bereich der privaten Krankenanstalten in NRW fehlt es an einer auch nur üblichen tarifl. Regelung der Arbeitsbedingungen der hier beschäftigten Arbeitnehmer. Dass für Krankenanstalten in öffentlich-rechtl. Trägerschaft die Arbeitsbedingungen tarifl. geregelt sind, begründet für die Betriebsvereinbarung 86 keine Sperre nach § 77 Abs. 3 BetrVG (Beschluss des Senats vom 27. 1. 1987 - BAG 54, 147 = AP Nr. 42 zu § 99 BetrVG1972).

3. Die Feststellung, dass durch die Betriebsvereinbarung 86 der Inhalt des Arbeitsvertrages des Kl. nicht geändert worden ist, besagt nicht, dass diese Betriebsvereinbarung für das Arbeitsverhältnis des Kl. ohne Bedeutung ist. Diese Betriebsvereinbarung ist wirksam. Sie wirkt daher normativ auch auf das Arbeitsverhältnis des Kl. ein. Soweit sie für den Kl. Ansprüche begründet, die über diejenigen Ansprüche hinausgehen, die ihm aufgrund seines Arbeitsvertrages zustehen, kann der Kl. diese Ansprüche geltend machen. Darauf, ob er sich auch mit der Änderung seines Arbeitsvertrages einverstanden erklärt hat, kommt es dafür nicht an.

Vorinstanzen

LAG Düsseldorf

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht