Verwirkung der Leistungsfreiheit durch Versicherer
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
07. 06. 1989
Aktenzeichen
IVa ZR 101/88
Auch in einer Sachversicherung hat der Versicherungsnehmer nach Eintritt eines Schadensfalles keine vertraglichen Aufklärungsobliegenheiten mehr zu erfüllen, wenn der Versicherer eine Leistungsablehnung erklärt hat.
Die Inanspruchnahme von Leistungsfreiheit als Sanktion eines Versuches arglistiger Täuschung bei den Entschädigungsverhandlungen hat derjenige Versicherer verwirkt, der sich in einer diesem Tatbestand gleichwertigen oder gar schwererwiegenden Art und Weise verhält.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Parteien streiten darum, ob die Bekl. dem Kl. für Schäden, die anlässlich eines Brandes entstanden sind, der am 14. 3. 1978 auf dem Betriebsgelände des Kl. ausbrach, Leistungen aus einem zwischen ihnen abgeschlossenen Feuerversicherungs- und einem Feuer-Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrag zu gewähren hat. Von dem Vorwurf schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit einem Versicherungsbetrug ist der Kl. rechtskräftig freigesprochen worden, weil er für die am 14. 5. 1978 in Betracht kommende Tatzeit ein Alibi habe und weil ihm eine Anstiftung nicht mit der zu einer Verurteilung erforderlichen Sicherheit habe nachgewiesen werden können. Da Verhandlungen der Parteien über die zu leistende Entschädigung, die bis Anfang Januar 1982 geführt wurden, keine Einigung brachten, reichte der Kl. am 23. 3. 1982 eine Klage ein, mit der er eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 1113522 DM fordert und die Feststellung begehrt, dass die Bekl. ihm allen weiteren Schaden aus dem Brandereignis vom 14. 3. 1978 zu ersetzen habe. Die Bekl., die vor Klageerhebung keine Leistungsablehnungserklärung abgegeben hatte, reichte am 25. 10. 1982 ihren Klageabweisungsantrag ein.
Klage und Berufung des Kl. sind erfolglos geblieben. Die Revision des Kl. führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Auszüge aus den Gründen:
... Das Berufungsurteil, in dem die Bestätigung des landgerichtlichen Urteils allein darauf gestützt wird, dass der Kl. eine Obliegenheitsverletzung i. S. von § 16 AFB, § 14 FBUB, § 6 III VVG begangen habe, hält den Revisionsangriffen nicht stand.
1. a) Das BerGer. hat seiner Entscheidung folgenden für erwiesen erachteten Sachverhalt zugrundegelegt:
Am 13. 1. 1982 überredete der Kl. gegen Zusage einer Belohnung den ihm bekannten Zeugen G, der damals vorübergehend aus der Strafhaft entwichen war, in einer Anzeige, die der Zeuge bei der Polizei gegen eine andere Person zu erstatten beabsichtigte, auch S als den von ihm am 14. 3. 1978 auf dem Betriebsgelände des Kl. beobachteten Brandstifter zu bezichtigen. Dabei verabredeten der Kl. und der Zeuge, dass letzterer die Anzeige erst erstatten solle auf einen in allen Einzelheiten abgesprochenen, für Außenstehende verschlüsselten Abruf des Kl. Nachdem dieser Abruf Ende Dezember 1982 zur Kenntnis des wieder inhaftierten Zeugen G gelangt war, erstattete dieser am 7. 3. 1983 die verabredete Anzeige. Im Zuge der deswegen durchgeführten Vernehmungen schilderte er, S bei der Brandlegung auf dem Betriebsgelände des Kl. am 14. 3. 1978 beobachtet zu haben; er musste jedoch schließlich einräumen, damit nicht die Wahrheit gesagt zu haben, zumal er sich am 14. 3. 1978 nachweislich in Haft befunden hatte.
b) Das BerGer. ist zu der Überzeugung gelangt, der Kl. habe mit der Bezichtigung des S als des Brandstifters erreichen wollen, dass im vorliegenden Rechtsstreit die Frage einer von ihm begangenen oder veranlassten Brandstiftung erledigt würde und die Bekl. nicht länger aus diesem Grund die Leistung verweigere. Das Handeln des Zeugen G sei ihm als eigene Täuschungshandlung zuzurechnen, denn dieser habe auf Veranlassung und im Einverständnis mit dem Kl. gehandelt, der bezweckt habe, dass die Anzeige bei der Polizei zur Kenntnis der Bekl. gelange. Der Plan des Kl. habe sich nicht mehr im Vorbereitungsstadium befunden, als der Zeuge G seine Aussage widerrufen habe; dem Kl. sei daher eine Obliegenheitsverletzung gem. § 16 AFB, § 14 FBUB (in der damals geltenden Fassung) anzulasten.
2. Gegen diese Ausführungen bestehen in mehrfacher Hinsicht Bedenken.
a) Die ihm mit § 16 AFB, § 14 FBUB aufgegebenen Obliegenheiten hat ein Versicherungsnehmer zu erfüllen, solange er es mit einem Versicherer zu tun hat, der noch prüfungs- und damit verhandlungsbereit ist. Mit der endgültigen Leistungsablehnung enden, solange der Versicherer an ihr festhält, die Verhandlungen über eine Entschädigungsleistung des Versicherers, während deren Verlauf der Versicherer auf Angaben eines redlichen Versicherungsnehmers angewiesen ist. Nur bis zu seiner Erklärung, eine Leistung abzulehnen, besteht die besondere Schutzbedürftigkeit des Versicherers, der im Versicherungsrecht mit der dem übrigen Schuldrecht unbekannten Sanktion der Leistungsfreiheit für schuldhaft begangene Obliegenheitsverletzungen gem. § 6 III VVG Rechnung getragen werden darf.
Für die verschiedenen Arten der Haftpflichtversicherung (Kfz-Haftpflichtversicherung, private Haftpflichtversicherung, Berufshaftpflichtversicherung) liegt eine inzwischen drei Jahrzehnte umfassende Rechtsprechung des BGH dazu vor, dass der Versicherer nach Ablehnung seiner Deckung Leistungsfreiheit nicht mehr wegen schuldhafter Nichtbeobachtung von Obliegenheiten geltend machen kann, deren Erfüllung gerade dazu dienen soll, die Prüfung und gegebenenfalls die Erfüllung einer geschuldeten Leistung zu ermöglichen (vgl. BGH, NJW 1959, 1492 (unter 3) = LM § 4 AHaftpflichtVB Nr. 10 = VersR 1959, 499; VersR 1960, 505 (unter 1); VersR 1966, 625 (unter III); NJW 1967, 202 (unter III) = LM § 5 AHaftpflichtVB Nr. 3 = VersR 1967, 27; VersR 1970, 169 (170); NJW 1981, 1098 = (unter 4) = LM § 6 VVG Nr. 57 = VersR 1981, 321).
Der Grundsatz, dass vertragliche Obliegenheiten, die nach Eintritt des Versicherungsfalles zu erfüllen sind, um dem Versicherer die Prüfung seiner Verpflichtung zur Leistung zu ermöglichen und/oder zu erleichtern, dem Versicherungsnehmer unter der Sanktion der Leistungsfreiheit gem. § 6 III VVG nur von einem noch prüfungsbereiten Versicherer aufgegeben werden können, gilt nicht allein im Bereich der Haftpflichtversicherungen. Die Interessenlage ist die gleiche in Sachversicherungen, in denen der Versicherer ebenfalls für eine sachgerechte Regulierung auf die wahrheitsgemäßen Angaben eines redlichen Versicherungsnehmers angewiesen ist. Die auch hier bestehende Schutzbedürftigkeit des Versicherers rechtfertigt Versicherungsbestimmungen wie § 16 AFB und § 14 FBUB. Mit dem in diesen Versicherungsbestimmungen gewählten Wortlaut „bei den Verhandlungen über die Ermittlung der Entschädigung“ haben die Versicherer - in ausgewogener Wahrung der berechtigten Belange beider Vertragsseiten - die zulässige zeitliche Reichweite der nach Eintritt eines Versicherungsfalles zu erfüllenden „Aufklärungs-"Obliegenheit abgesteckt, deren Nichtbeachtung zu Leistungsfreiheit des Versicherers führen kann. Solange der Feuer- und Feuerbetriebsunterbrechungsversicherer, der es abgelehnt hat zu leisten, seinem Vertragspartner nicht unmissverständlich zu erkennen gibt, dass er wieder (etwa aufgrund nachträglich bekannt gewordener Umstände) in die Prüfung seiner Leistungspflicht eintreten und zu diesem Zweck die Verhandlungen über die Schadensregulierung erneut aufnehmen will, hat der Versicherungsnehmer ihm gegenüber keine Aufklärungsobliegenheiten bezüglich der zu leistenden Entschädigung zu erfüllen. Die Entscheidung des Versicherers ist gefallen und kann deshalb nicht länger vom Versicherungsnehmer beeinflusst werden. Soweit dieser in einem Prozess oder außerprozessual mit unlauteren Mitteln eine Änderung der Entscheidung ohne Verhandlungen mit seinem Versicherer zu erreichen versucht, räumt das Gesetz dem Versicherer die gleichen Befugnisse und Möglichkeiten ein wie jedem anderen Beteiligten eines schuldrechtlichen Vertrages, aber auch nicht mehr.
b) Im zu entscheidenden Fall hat die Bekl. vor Klageerhebung eine Leistungsablehnung nicht erklärt, sondern erst mit ihrem (uneingeschränkten) Klageabweisungsantrag. Wann dieser Schriftsatz zur Kenntnis des Kl. gelangt ist, ist nicht festgestellt; dieser Zeitpunkt ist indes auch nicht entscheidungserheblich. Die vertragliche Obliegenheitsgebundenheit des Versicherungsnehmers endet (unabhängig von der fortbestehenden Rechtspflicht, arglistige Täuschungen zu unterlassen) mit dem Zeitpunkt, zu dem der Versicherer seine Leistungsablehnungserklärung abgegeben hat. Hiermit ist seine Entscheidungsfindung nämlich abgeschlossen und seine Schutzbedürftigkeit entfallen. Verstöße des Versicherungsnehmers gegen das Wahrheitsgebot unterliegen von da an nicht mehr § 16 AFB, § 14 FBUB, sondern den allgemeinen Regelungen des Zivil- und Strafrechts (vgl. auch LG Hamm, VersR 1988, 1289).
Das hat für die Entscheidung deshalb Bedeutung, weil der Kl. nicht schon am 13. 1. 1982 bei seinem Gespräch mit dem Zeugen G eine Obliegenheitsverletzung im Sinne der genannten Bestimmungen begangen hat, sondern erst mit dem verabredeten, späteren Abruf. Solange hatte er es in der Hand, ob es zu einer Beschuldigung des S und damit zu einem Täuschungsversuch überhaupt kam, denn der Zeuge G musste sich nach dem Kl. richten, um Aussicht auf die versprochene Belohnung zu behalten. Eine Beschuldigung des S ohne den späteren Abruf des Kl. fassten der Kl. und der Zeuge G am 13. 1. 1982 überhaupt nicht ins Auge. Vielmehr sollte der Kl. bestimmen können, ob und wann es zu einer Anschuldigung des S komme.
Nach den Feststellungen des BerGer. hat der Zeuge G am 7. 3. 1983 erstmals seine Falschanschuldigung bezüglich des S vor der Polizei erhoben. Er hat bei einer späteren Vernehmung angegeben, am 26. 12. 1982 habe seine Mutter ihn in der Justizvollzugsanstalt G besucht und ihm auf Fragen berichtet, dass sie die Arbeitsstelle bei dem Kl. nicht erhalten habe. Dies sei das verabredete Zeichen für die Anzeigeerstattung gewesen. In den Entscheidungsgründen erörtert das BerGer. zwar, dass die Mutter des Zeugen G vor der Kriminalpolizei bestätigt habe, der Kl. sei bei der Zeugin K gewesen und habe ihr gesagt, er habe keine Stelle für Frau G, da er sie nicht kenne und zu ihrem Sohn nur brieflichen Kontakt habe. Einen Zeitpunkt dieses Besuches, mit dem der Kl. plangerecht seinen Tatbeitrag geleistet hatte, hat das BerGer. aber bislang nicht festgestellt. Es erscheint nicht fernliegend, dass der Besuch des Kl. nach dem 25. 10. 1982 erfolgt ist. Von der zeitlichen Reihenfolge der Leistungsablehnung der Bekl. und der über das bloße Vorbereitungsstadium hinausgehenden Anstiftungshandlung des Kl. hängt es aber ab, ob der Tatbestand der Verletzung einer Aufklärungsobliegenheit überhaupt in Betracht kommen kann.
3. Die Revision rügt mit Recht, auch im Falle einer rechtsfehlerfreien Bejahung einer schuldhaft i. S. von § 16 AFB, § 14 FBUB begangenen Obliegenheitsverletzung des Kl. werde die Klageabweisung nicht getragen von der Abwägung, auf die das BerGer. seine Ansicht gründe, die Berufung der Bekl. auf Leistungsfreiheit stelle trotz der Besonderheiten des Falles keine unzulässige Rechtsausübung dar.
Der Grundsatz von Treu und Glauben beherrscht das Versicherungsverhältnis stärker als viele andere Vertragsverhältnisse (BGHZ 40, 387 (388) = NJW 1964, 645 = LM § 242 (D ) BGB Nr. 49; Senat, NJW 1986, 1100 = LM § 16 AVB f. FeuerVers. Nr. 7 = VersR 1986, 77 (78) unter III 1)). Vertrauen, auf dem ein intaktes Versicherungsverhältnis aufbaut, kann nur aus der Redlichkeit beider Vertragspartner erwachsen. Nur der Bruch eines andernfalls intakt gebliebenen Vertrauensverhältnisses allein durch unredliches Verhalten des Versicherungsnehmers i. S. von § 6 III VVG rechtfertigt die dem allgemeinen Vertragsrecht unbekannte Sanktion völliger Leistungsfreiheit des Versicherers.
a) Das BerGer. meint, die Tatsache, dass die Bekl. mehreren Zeugen nicht unerhebliche Geldbeträge versprochen und zum Teil auch gezahlt habe, um durch deren Aussagen den Kl. im Strafverfahren der Brandstiftung zu überführen, rechtfertige es im Streitfall nicht, der Bekl. die Berufung auf Leistungsfreiheit zu verwehren. Sie habe den Kl. nicht treuwidrig zu einem arglistigen Vorgehen herausgefordert. Es möge dahinstehen, ob die Beeinflussung von Zeugen mittels „Schmiergeldes“ schon an sich in jedem Fall treuwidrig sei. Nachdem der Kl. von seinem Täuschungsversuch bereits rechtskräftig freigesprochen gewesen sei und sich damit herausgestellt gehabt habe, dass selbst die Zuwendung von Schmiergeldern an Zeugen nicht vermocht hatte, ihn zu überführen, habe kein dringender Anlass mehr bestanden, gerade wegen dieser Zeugenbeeinflussung nunmehr die Bekl. arglistig zu täuschen.
b) Bei diesen Überlegungen hat das BerGer. den von seinem Standpunkt aus (vgl. aber unten) ins Gewicht fallenden Umstand nicht berücksichtigt, dass die Bekl. keineswegs vorbehaltlos von den Zeugen abgerückt ist, die sie - nach der Unterstellung des BerGer. - zuvor mit erheblichen Geldbeträgen bestochen oder zu bestechen versucht hat, sondern dass sie mehrere von ihnen im anhängigen Verfahren als Zeugen benannt hat. Der Kl. mochte sich demnach durchaus weiterhin „herausgefordert“ fühlen.
c) Der Rechtsstandpunkt des BerGer. kann darüber hinaus schon im Ansatzpunkt nicht gebilligt werden. Selbst in besonders gelagerten Fällen muss es für einen Versicherer selbstverständlich sein, sich korrekt zu verhalten. Von dieser Richtschnur entfernt sich ein Versicherer nicht, wenn er eine Belohnung für Hinweise aussetzt, die zur weiteren Aufklärung führen. Die Bekl. sucht zwar geltend zu machen, sie habe nichts anderes getan, als Belohnungen auszuloben, wie dies in vielen Fällen auch seitens der offiziellen Strafverfolgungsbehörden geschehe.
Nach den Unterstellungen des BerGer. hat sie sich indessen folgendermaßen verhalten: Die Zeugin D ist, nachdem sie eine den Kl. entlastende Aussage vor der Polizei gemacht hatte, von dem Versicherungsagenten M aufgesucht worden mit dem Angebot von 50000 DM für einen Widerruf ihrer Aussage. Der Zeugin H wurde von dem Agenten M eine Belohnung für den Fall in Aussicht gestellt, dass sie eine der Bekl. günstige Aussage machen könne. Die zwei Zeugen G, die eidlich sogenannte Brandreden des Kl. bezeugt haben, waren im Ermittlungsverfahren nicht bereit, vor der zuständigen Polizeibehörde oder dem AG D. oder A. (letzteres war ihr Wohnsitzgericht) auszusagen. Sie flogen vielmehr mit dem Agenten M, der sich dazu die Ermittlungsakten verschafft hatte, nach M. Nachdem sie in der Direktion der Bekl. ihre Belohnung ausgehandelt hatten, machten sie Angaben vor dem AG M. und erhielten dafür 40000 DM ausbezahlt. Weitere 30000 DM sollten sie im „Erfolgsfall“, d. h. nach einer Verurteilung des Kl. erhalten. Ein Zeuge G hat im Strafverfahren eingeräumt, eine Falschaussage zu Lasten des Kl. gemacht zu haben. Er habe testen wollen, ob die Bekl. bereit sei, für belastende Aussagen zu zahlen. Tatsächlich erhielt er zur Überzeugung des Strafrichters 10000 DM ausbezahlt und weitere 10000 DM für den Fall versprochen, dass die Bekl. nicht leisten müsse. Der Kl. hatte darüber hinaus in seiner Berufungsbegründung geltend gemacht, aus seinen Strafakten ergebe sich auch, dass die Bekl. einer V 150000 DM für eine Aussage gegen ihn geboten habe und ausweislich... dieser Beiakten einer L Geld im Falle seiner Verurteilung für eine Zeugenaussage in Aussicht gestellt habe.
Für das Revisionsverfahren ist von der Berechtigung der Vorwürfe des Kl. auszugehen. Einem Versicherer, der sich in dieser Art und Weise im Stadium der strafrechtlichen Ermittlungen gegen seinen Versicherungsnehmer vergangen hat, ist im Rahmen von Entschädigungsverhandlungen die Berufung auf Leistungsfreiheit gem. § 16 AFB, 14 FBUB abgeschnitten. Dabei spielt es weder, wie das BerGer. meint, eine Rolle, dass es im Strafverfahren nicht zu einer Verurteilung des Versicherungsnehmers gekommen ist, noch ist es von Bedeutung, ob der Versicherer „angefangen“ hat und dass er für einen vorsätzlich herbeigeführten Versicherungsfall die Beweislast trägt. Die besondere Waffe voller Leistungsfreiheit als Sanktion eines Versuches arglistiger Täuschung bei den Entschädigungsverhandlungen kann derjenige Versicherer nicht mehr führen, der sich in einer diesem Tatbestand gleichwertigen oder gar schwerwiegenderen Art und Weise verhält. Hier bedarf es eines - zusätzlichen - Herausforderns des Versicherungsnehmers durch unverändertes Beharren auf dem einmal eingeschlagenen Weg oder eines zusätzlichen treuwidrigen Herausforderns falscher Angaben des Versicherungsnehmers nicht mehr. Auch wenn der Versicherer ausdrücklich von seinem bisherigen Vorgehen abrückt, ändert das nichts daran, dass (auch) er das vom Gesetzgeber und in den Versicherungsbedingungen vorausgesetzte gegenseitige Vertrauensverhältnis grundlegend und in ausgesprochen vorwerfbarer Weise zerstört und damit die Inanspruchnahme der Sanktion seiner Leistungsfreiheit verwirkt hat. Zu welchem Zeitpunkt (vor oder nach einer Obliegenheitsverletzung seines Vertragspartners) er dies getan hat, ist nicht ausschlaggebend.
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