Nachweis eines Einbruchdiebstahls
Gericht
OLG Hamm
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
16. 12. 1987
Aktenzeichen
20 U 150/87
Zu den Anforderungen an den Nachweis eines bedingungsgemäß versicherten Einbruchdiebstahls.
Es ist ausreichend, wenn von mehreren möglichen Begehungsweisen die nicht versicherten ausgeschlossen werden (Nachschlüsseldiebstahl: Ausschluss der Verwendung von Originalschlüsseln und mit Wissen des Berechtigten hergestellter Nachschlüssel).
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Kl., die bei der Bekl. eine Hausratsversicherung abgeschlossen hat, der die VHB 84 zugrunde liegen, macht einen Anspruch aus einem Einbruchsdiebstahl geltend, den die Bekl. nicht für nachgewiesen ansieht, die einen Nachschlüsseldiebstahl für wahrscheinlich hält.
Das LG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Bekl. hatte keinen Erfolg.
Auszüge aus den Gründen:
... Der Kl. steht die der Höhe nach unstreitige Klageforderung zu. Es liegen genügend Beweisanzeichen vor, denen hinreichend deutlich das äußere Bild eines bedingungsgemäß versicherten Diebstahls entnommen werden kann (BGH, VersR 1987, 801).
Der Diebstahl aus der Wohnung der Kl. als solcher ist unstreitig. Die Voraussetzungen eines qualifizierten Diebstahls hat sie hinreichend bewiesen. Sie kann zwar einen unmittelbaren Beweis dafür, dass die Diebe mit einem Nachschlüssel in die Wohnung eingedrungen sind, nicht führen. Es genügt aber insoweit, wenn sie darlegt und beweist, dass die vorhandenen Originalschlüssel als Tatwerkzeug ausscheiden. Denn dann kann, da hier unstreitig ist, dass Fenster und Türen der Wohnung geschlossen waren, der Diebstahl nur in einer Art und Weise ausgeführt worden sein, der unter Versicherungsschutz fällt. Dieser Beweis ist hier erbracht:
Zunächst steht fest, dass lediglich drei Originalschlüssel vorhanden waren. Dies ergibt sich aus der vorgelegten Übergabeverhandlung des Bauträgers mit der Kl., aus deren glaubhaften Angaben sowie der Aussage des Zeugen F. Der Senat hat keinerlei Anlass zu der Annahme, die Bekl. behauptet das auch nicht, dass nachträglich weitere Schlüssel gefertigt worden sein könnten.
Der Schlüssel der Kl. scheidet als Tatwerkzeug von vornherein aus. Denn diese war vom 28. bis zum 29. 1. 1986 auf ihrer Arbeitstelle in J. bzw. in einem dort angemieteten Hotel, und die Kl. hat mit ihrem Schlüssel nach ihrer Rückkehr in ihre Wohnung diese geöffnet.
Im Ergebnis nichts anderes gilt für den Schlüssel, den der Zeuge F besitzt. Dieser hat glaubhaft angegeben, dass er mit dem ihm zur Verfügung stehenden Schlüssel noch am 28. 1. 1986 die Wohnung geöffnet habe und dass er denselben Schlüssel auch am 29. 1. 1986, nach Entdeckung des Diebstahls, noch bei sich gehabt habe. Dafür, dass der Zeuge zum Nachteil seiner Lebensgefährtin den Diebstahl verübt haben könnte, spricht nichts. Das wird auch von der Bekl. nicht behauptet. Soweit sie im Termin hat vortragen lassen, vielleicht sei dem Zeugen F von dem Dieb der Schlüssel zeitweilig aus der Tasche genommen und nach Verübung des Diebstahls wieder zugestellt worden, handelt es sich um reine Spekulation, die dass von der Kl. zu beweisende äußere Bild des versicherten Diebstahls nicht in Zweifel zu stellen geeignet ist. Ob die von der Bekl. insoweit ins Spiel gebrachte Variante nicht gem. § 5 If. VHB (Diebstahl mittels eines gestohlenen richtigen Schlüssels) versichert ist, kann deshalb offen bleiben.
Letztlich scheidet auch der dritte richtige Schlüssel als Tatwerkzeug aus. Denn dieser befand sich innerhalb der Wohnung in einem Schreibtisch. Dies hat nicht nur die Kl. glaubhaft angegeben; es ist auch von dem Zeugen F bestätigt worden. Soweit die Bekl. hat vortragen lassen, der Zeuge F sei deshalb unglaubwürdig, weil kaum anzunehmen sei, dass er solche Einzelheiten wisse, kann der Senat dem nicht folgen. Der Zeuge hat, nicht anders als die Kl., auch vor dem Senat einen guten Eindruck hinerlassen. Dass beide über den Schlüssel gesprochen haben, und dass der Zeuge diesen auch im Schreibtisch gesehen haben mag, liegt keineswegs fern, zumal der Zeuge als Architekt weiß, dass regelmäßig drei Schlüssel für eine Wohnungstür angefertigt und übergeben werden. Dass dieser Punkt jedenfalls bis zur Durchführung des Diebstahles unwichtig war, ändert nichts daran, dass es eher natürlich als fernliegend ist, dass der Zeuge Kenntnis über den Verbleib des dritten Schlüssels zu der Wohnung, in der er sich oft aufhielt, hat.
Scheiden bei einer derartigen Sachlage die Originalschlüssel als Diebstahlswerkzeug aus, hat die Kl. den ihr obliegenden Beweis für einen bedingungsgemäß versicherten Diebstahl erbracht. Da die Tür geschlossen war und die Benutzung der Originalschlüssel ausscheidet, müssen sich der oder die Täter entweder durch einen Einbruch (ohne dass sie festgestellte Spuren hinterließen) oder mit Hilfe von Nachschlüsseln oder anderen Schließwerkzeugen Zutritt verschafft haben. In allen diesen verbleibenden Fällen bleibt die Bekl. leistungspflichtig, so dass eine weitere Klärung, die auch nicht möglich erscheint, nicht notwendig ist.
Diese Schlussfolgerung entfällt auch nicht deshalb, weil es nicht gerade nahe liegen mag, dass, was die Kl. als Tatmodalität für denkbar hält, vor ihrem Einzug von einem Handwerker oder einer anderen Person ein Nachschlüssel gefertigt worden sein könnte. Denn die erhebliche Wahrscheinlichkeit für ein unredliches Verhalten der Kl. oder die Ausführung der Tat durch einfachen Diebstahl (BGH, VersR 1987, 801 (802)) hat die Bekl. nicht dargelegt, geschweige denn bewiesen. Ihre Meinung, eine nur 52 Quadratmeter große Wohnung sei für professionelle Diebe kein Beuteziel, überzeugt ebenso wenig wie die Ansicht, ein Dieb, der Nachschlüssel verwandte, hätte nicht abgeschlossen. Im übrigen stellt der Senat, wie oben dargelegt, keinen Nachschlüsseldiebstahl fest, sondern schließt nur die einzige in Betracht kommende nicht versicherte Begehungsweise aus.
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