Höhe und Dauer der Ersatzpflicht für ungewolltes Kind

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

18. 03. 1980


Aktenzeichen

VI ZR 247/78


Leitsatz des Gerichts

  1. Führt ein Fehler des Arztes bei der aus Gründen der Familienplanung gewünschten Sterilisation einer Ehefrau zur Geburt eines Kindes, dann können sich daraus auch Ersatzansprüche des dadurch mit Unterhaltspflichten belasteten Ehemannes ohne Rücksicht darauf ergeben, ob er am Arztvertrag beteiligt war.

  2. Grundsätze für Höhe und Dauer des Schadensersatzanspruchs der Eltern wegen Unterhaltsbelastung durch ein ungewolltes eheliches Kind (Anlehnung an die Sätze der Regelbedarfsverordnung; Berechnung des Ersatzanspruchs von Vater und Mutter).

  3. Die Herbeiführung einer ungewollten Schwangerschaft bei einer Frau (hier durch fehlerhaften Sterilisationseingriff) stellt eine Körperverletzung i. S. des § 823 I BGB dar.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die kl. Eheleute verlangen von der bekl. Stadtgemeinde als Krankenhausträgerin Schadensersatz, weil eine Sterilisation der Ehefrau misslungen ist und es deshalb zur Geburt eines weiteren ehelichen Kindes kam. Die Kl. haben im Jahre 1964 geheiratet. Der Zweitkl. ist Arbeiter. Sein Monatsverdienst wurde im landgerichtlichen Urteil vom 18. 11. 1976 mit 1100 DM festgestellt. Die Erstkl. ist nur als Hausfrau tätig. Als die im Jahre 1940 geborene Erstkl. im Jahre 1974 mit dem sechsten Kind schwanger war, beschlossen die Eheleute, anlässlich der bevorstehenden Geburt eine Sterilisation der Erstkl. durch Ligatur der Eileiter zu veranlassen. Dieser Eingriff wurde im Dezember 1974 in dem von der Bekl. getragenen Krankenhaus durch den dort angestellten Arzt Dr. J durchgeführt. Er durchtrennte jedoch statt des rechten Eileiters das Mutterband, so dass die Erstkl. empfängnisfähig blieb und am 26. 2. 1976 ein siebentes eheliches Kind gebar. Das dritte der vorhandenen Kinder war allerdings im Juni 1975 verstorben. Im Anschluss an diese letzte Geburt wurde bei der Erstkl. ein erneuter Sterilisationseingriff vorgenommen. Mit ihrer Klage verlangen die Kl. Zahlung von monatlich 230 DM als Ersatz für ihre durch die Geburt des planwidrig geborenen Kindes entstandene Unterhaltslast; außerdem begehrt die Kl. ein Schmerzensgeld.

Das LG (NJW 1977, 340) hat der Klage im wesentlichen stattgegeben, wobei es davon ausging, dass die Bekl. dem kl. Ehemann monatlich 85 DM (unter Berücksichtigung des anfallenden Kindergeldes) schulde und der kl. Ehefrau weitere 135 DM mtl. Ferner hat es der Ehefrau ein. Schmerzensgeld in Höhe von 1000 DM zugesprochen. Auf die Berufung der Bekl. hat das OLG (NJW 1979, 599) den als Unterhaltsschaden geltend gemachten Anspruch auf monatlich je 75 DM herabgesetzt, den Schmerzensgeldanspruch der Erstkl. ganz abgewiesen, im übrigen aber die Berufung zurückgewiesen. Die Revision der Erstkl., mit der sie sich gegen die Abweisung des Schmerzensgeldanspruchs wendet, hatte Erfolg. Die Revision der Bekl. blieb erfolglos.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

1. Die Revision der Erstkl.

Dieses Rechtsmittel wendet sich nur dagegen, dass das BerGer. das vom Erstrichter in Höhe von 1000 DM zugesprochene Schmerzensgeld abgewiesen hat. Die Revision hat Erfolg.

1. Ohne ersichtlichen Rechtsirrtum stellt das BerGer. fest, dass dem im Krankenhaus der Bekl. tätigen Arzt Dr. J ein Kunstfehler unterlaufen ist, indem er bei dem Sterilisationseingriff das Mutterband mit dem Eileiter verwechselt hat. Dies gereicht ihm nach Auffassung des BerGer. jedenfalls deshalb zum Verschulden, weil er es angesichts des von ihm als schwierig bezeichneten vaginalen Eingriffs unterlassen hat, sich durch eine anschließende histologische Untersuchung über die sachgemäße Durchführung seines Eingriffs zu vergewissern (vgl. dazu OLG Celle, VersR 1978, 924 [925]). Auch die Revision der Bekl. hat insoweit nichts erinnert. Es ist also mit dem BerGer. von einer schuldhaften Fehlleistung des Dr. J auszugehen. Dieses Versagen ihres Verrichtungsgehilfen muss sich die Bekl., falls diesem eine Körperverletzung der Kl. nach § 823 I BGB zur Last fällt, gem. § 831 BGB zurechnen lassen. Sie hat einen Entlastungsbeweis hinsichtlich jenes Arztes, der sich als Zeuge selbst als damals in dem von ihm als schwierig empfundenen Eingriff wenig geübt bezeichnet hat, nicht angetreten.

2. Der Verlauf der Ereignisse rechtfertigt auch entgegen der Ansicht des BerGer. den erhobenen Schmerzensgeldanspruch (§§ 823, 847 BGB).

a) Allerdings kann hier die versehentliche Durchtrennung des Mutterbandes außer Betracht bleiben. Sie stellte zwar eine Körperverletzung dar, doch erfordert insoweit die Billigkeit keine Entschädigung, da das Band weitgehend funktionslos ist und seine Beschädigung keine erfassbaren Schmerzen verursacht hat.

b) Dagegen ist eine Körperverletzung der Kl. schon darin zu erblicken, dass sie sich infolge der Fahrlässigkeit des Bekl. zweimal einem Sterilisationseingriff hat unterziehen müssen, während bei ordnungsmäßigem Vorgehen ein einziger genügt hätte.

c) Der erkennende Senat ist aber vor allem entgegen dem BerGer. der Ansicht, dass die Herbeiführung einer Schwangerschaft und Geburt gegen den Willen der betroffenen Frau, auch wenn es sich um einen normalen physiologischen Ablauf ohne Komplikationen handelte, als Körperverletzung ein Schmerzensgeld rechtfertigen kann. Eine Verletzung des Körpers, die § 823 I BGB ausdrücklich neben der Verletzung der Gesundheit erwähnt, muss nämlich im zivilrechtlichen Sinne schon in jedem unbefugten Eingriff in die Integrität der körperlichen Befindlichkeit erblickt werden, da anders das Recht am eigenen Körper als gesetzlich ausgeformter Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht angemessen geschützt wäre. Dass möglicherweise aus strafrechtlicher Sicht etwas anderes gilt, steht dem nicht entgegen. Angesichts dieser Grundsätze mag sich schon fragen, ob nicht bereits das fahrlässig-pflichtwidrige Nicht-Unterbinden des einen Eileiters als Körperverletzung zu werten ist, weil es die körperliche Befindlichkeit der Kl. ohne ihr Wissen in gefährlicher Weise anders gestaltete als es ihrem Willen entsprach. Nähme man dies an, so würde sich die Schwangerschaft schon als ein Folgeschaden jenes haftungsbegründenden Verhaltens darstellen. Die Frage braucht aber nicht entschieden zu werden. Wenn man sie verneinen wollte, müsste nämlich auch die normal verlaufene Schwangerschaft und Geburt mit ihren für die Betroffene nicht unerheblichen Beschwerden unmittelbar demjenigen als zivilrechtliche Körperverletzung zur Last gelegt werden, der sie gegen den Willen der Mutter durch pflichtwidrige Unterlassung verursacht hat. Diese braucht das bei solcher Gestaltung haftpflichtrechtlich nicht ebenso hinzunehmen, wie wenn es sich um die Auswirkung ihres eigenen Willensentschlusses oder doch eines schicksalsmäßigen Verlaufs gehandelt hätte (unrichtig daher auch Barnikel, Geburtshilfe und Frauenheilkunde, 1977, 881). Angesichts dessen kommt es nicht darauf an, dass das BerGer. sich insoweit wohl ohne Rechtsfehler nicht von besonderen Beschwernissen hat überzeugen können, die die Kl. im Zusammenhang mit der Geburt empfunden haben will. Es kann auch offen bleiben, ob nicht überdies die Belastung einer in mittlerem Alter stehenden Frau, die schon sechs Geburten hinter sich hat, mit einer weiteren Schwangerschaft zu einem verstärkten physiologischen Abbau und einer Minderung ihrer physischen Lebensqualität zu führen pflegt, die ihr nach heutiger Anschauung jedenfalls gegen ihren ausdrücklichen Willen nicht zugemutet werden darf.

3. Die vorstehend aufgeführten Gesichtspunkte rechtfertigen nach Auffassung des erkennenden Senats unbedenklich den nur noch geforderten Schmerzensgeldbetrag von 1000 DM. Dies vermag das RevGer., da weitere Feststellungen nicht in Frage kommen, selbst zu entscheiden.

2. Die Revision der Bekl.

1. Insoweit geht es ausschließlich um die Abwehr des klägerischen Anspruchs auf Ersatz für Unterhaltsaufwand. Ob sich als Anspruchsgrundlage auch die vorstehend festgestellte Körperverletzung der Frau anbieten könnte, mag fraglich sein (Ansprüche des kl. Ehemannes wären daraus ohnehin nicht herzuleiten). Denn es ist zweifelhaft, ob die Unterhaltsbelastung eine Schadensfolge ist, die sich rechtlich an die der Frau mit der ungewollten Schwangerschaft und Geburt zugefügten Beschwernisse anknüpfen lässt (vgl. dazu schon Henrich, Fälle und Lösungen nach höchstrichterlichen Entscheidungen, BGB FamR, 1969, S. 45). Dahinstehen kann ferner, ob sich hinsichtlich der Bestimmungsfreiheit bei der Familien- oder Fortpflanzungsplanung ein besonderes Schutzrecht aus der Verfassungsgarantie der Familie oder des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ableiten ließe, wie dies auch das BerGer. immerhin erwogen hat. Denn diese Ansprüche könnten sich jedenfalls, wie auch das BerGer zutreffend annimmt, schon auf die Schlechterfüllung des Behandlungsvertrags stützen (§§ 611, 276, 278, 249 BGB).

1. Die fehlerhaft vorgenommene Sterilisation als Vertragsverletzung konnte zunächst Schadensersatzansprüche der kl. Ehefrau, obschon sie Kassenpatientin war, auslösen. Die durchaus herrschende Meinung im Schrifttum, der sich der Senat anschließt, ist der Auffassung, dass ebenso wie zwischen Arzt und Privatpatient auch zwischen Kassenarzt und Kassenpatient eine vertragliche Bindung, und zwar in der Regel dienstvertraglicher Natur besteht (Staudinger-Mohnen, BGB, 10./11. Aufl., Vorb. § 611 Rdnr. 193; Soergel- Motzke- Volze, BGB, 10. Aufl., § 611 Rdnr. 102; Ermann-Küchenhoff, BGB, § 611 Rdnr. 51; Erman-Westermann, BGB, 5. Aufl., § 328 Rdnr. 19; Laufs, ArztR, 2. Aufl. [1978], Rdnr. 18; Palandt-Putzo, BGB, 38. Aufl., Vorb. § 611 Anm. 2 a bb a.E.). Es würde indessen keinen Unterschied machen, wenn man sich einer Mindermeinung (Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, 1978, § 368 d Anm. 5; SozVers 1968, 300; Dersch-Knoll-Brockhoff, RVO-Gesamtkomm. § 368 d Anm. 8; Heinemann-Leipold, KassenarztR, 5. Aufl. [1979], § 368 d Anm. C 240) anschlösse, nach der zwischen Kassenarzt und Kassenpatient ein öffentlichrechtliches Verhältnis bestehe. Denn auch diese Meinung erkennt hinsichtlich der zivilrechtlichen Haftung des Arztes an, dass dem aufgrund eines Kassenarztvertrages behandelten Patienten Schadensersatzansprüche gegen einen Arzt oder - worauf es im Streitfall ankommt - Krankenhausträger, der für einen Behandlungsfehler einzustehen hat, persönlich zustehen. Dies hat der BGH schon immer aus der Schutzwirkung des zwischen Krankenkasse und Krankenhaus geschlossenen Vertrages zugunsten des Kassenpatienten (vgl. § 328 BGB) hergeleitet (BGHZ 1, 383 [386] = NJW 1951, 798 L; BGHZ 4, 138 [149] = NJW 1952, 382, Senat, NJW 1959, 816). jetzt ist dies durch § 368 d IV RVO gesetzlich klargestellt, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Behandelte unmittelbar krankenversichert ist oder, wie hier die Kl., gem. § 205 RVO am Versicherungsschutz eines Familienangehörigen, hier des Kl., teilhat.

2. Das BerGer. geht aber auch zu Recht davon aus, dass daneben ein Vermögensschaden, der dem Ehemann durch die Schlechterfüllung entsteht, ersatzfähig sein muss. Dabei kann offenbleiben, ob sich dies aus einer entsprechenden Anwendung der Vorschriften des § 1357 I BGB ergibt, die auch auf ärztliche Behandlung Anwendung findet (vgl. BGHZ 47, 75 [83 f.] = NJW 1967, 673). Denn jedenfalls ist es einer Arztleistung, die der wirtschaftlichen Familienplanung zu dienen bestimmt ist, wesenseigen, dass der vertragliche Schutz gegen Schlechterfüllung jedem Ehegatten zukommen soll, soweit er durch seine Unterhaltslast betroffen ist (vgl. auch Sigel, Zivilrechtliche Haftung bei fehlgeschlagener Sterilisation, Tüb.Diss. 1978, S. 47 f.).

II. 1. Das angefochtene Urteil bejaht, dass sich der Aufwand für den Unterhalt eines gesunden ehelichen Kindes als Schaden darstellen kann, Die bekl. Stadt vertritt den gegenteiligen Standpunkt und macht sich dabei insbesondere die in dem Urteil des OLG Bamberg vom 6.2. 1978 (NJW 1978, 1685 = VersR 1978, 846) ziemlich vollständig zusammengetragenen Argumente für diesen zu eigen. Dieses Urteil liegt dem erkennenden Senat gleichzeitig zur Revisionsprüfung vor; es darf daher auf das in jener Sache heute ergangene Revisionsurteil (VI ZR 105/78, NJW 1980, 1450 [in diesem Heft]) Bezug genommen werden.

Der Senat hat in jenem Urteil im einzelnen begründet, dass es an sich möglich ist, Schadensersatzansprüche aus dem Unterhaltsaufwand für ein (dort wie hier gesundes und eheliches, ohne dass die Berechtigung dieser Abgrenzung zu prüfen gewesen wäre) Kind herzuleiten, dann nämlich, wenn durch das schuldhafte Versagen eines Arztes eine wirtschaftliche Familienplanung durchkreuzt worden ist. Das hängt vor allem damit zusammen, dass der Schadenscharakter was allerdings oft durch emotional gefärbte Äußerungen der Gegenmeinung verwischt wird - nicht dem Kind selbst, sondern dem mit ihm verbundenen Unterhaltsaufwand seiner Eltern beizulegen ist, den diese durch eine wirtschaftliche Familienplanung gerade hatten vermeiden wollen. Wird durch diesen Aufwand eine sinnvolle Familienplanung gestört, dann ist nicht einzusehen, dass in den daraus den Eltern entstehenden wirtschaftlichen Nachteilen ein ersatzfähiger Vermögensschaden nicht soll liegen können. Dies hat der Senat in der erwähnten Parallelsache ebenfalls für den Fall einer schadensursächlichen Vertragsverletzung eines Arztes entschieden. Er brauchte auch dort nicht zu entscheiden, ob dieselbe Haftungsfolge gegebenenfalls auch unter dem Gesichtspunkt einer Körperverletzung der fehlerhaft sterilisierten Frau nach § 823 I BGB bejaht werden kann.

Dem BerGer. ist darin gleichfalls beizutreten, dass sich an diesem Ergebnis nichts deshalb ändert, weil ein eheliches Kind seinen Eltern gelegentlich auch materielle Vorteile bringt, sei es dadurch, dass seine Unterhaltspflicht den Eltern gegenüber (§ 1601 BGB) wirksam wird oder dass es unter Umständen von den Eltern beerbt wird (§ 1925 BGB), sei es in Form einer allerdings höchst bedingten und selten eintretenden Pflicht zu Dienstleistungen (§ 1619 BGB). Alle diese Möglichkeiten sind heute - zumindest im Regelfall, der auch hier gegeben ist - so fernliegend, dass sie der Ersatzpflicht des für die fehlgeschlagene Sterilisation Verantwortlichen nicht von vorneherein im Wege stehen können. Ob dann, wenn sich solche Vorteile später ausnahmsweise einmal realisieren, dies zu einer Entlastung des Schädigers führen kann, muss derzeit nicht geprüft werden.

2. Die Revision rügt an sich zu Recht, dass das Berufungsurteil nicht auf den Tod eines der schon älteren Kinder während der streitgegenständlichen Schwangerschaft eingegangen ist. Indessen hätte sich die Bekl. auf diesen Umstand nicht mit Erfolg berufen können, wie das RevGer. selbst zu entscheiden vermag.

a) In dem soeben erwähnten Parallelurteil hat der Senat zwar unter II 5 der Entscheidungsgründe ausgeführt, dass sich vertragliche Schadensersatzansprüche aus einer fehlgeschlagenen Sterilisation, soweit sie auf den Ersatz von Unterhaltsaufwand gehen, nur ergeben können, wenn durch den Fehler des Arztes eine Familienplanung vereitelt wurde, das dennoch geborene Kind also in diesem Sinne ein unerwünschtes war. Davon kann aber im vorliegenden Fall schon deshalb ausgegangen werden, weil die naheliegende Beschränkung der Kinderzahl auf die bereits vorhandenen sechs für den Sterilisationsauftrag unstreitig mindestens mitbestimmend war. In der Parallelsache hat der Senat (unter II a der Gründe des Urteils) allerdings auf die Möglichkeit hingewiesen, dass ein zunächst unerwünscht gewesenes Kind zu einem erwünschten werden kann. Gleichzeitig hat er klargestellt, dass es haftungsrechtlich nicht schon erheblich ist, wenn die Eltern dem Kind gleich allen anderen ihre volle elterliche Liebe und Fürsorge zukommen lassen, wie dies sowohl dem natürlichen Empfinden wie auch ihrer familienrechtlichen Verpflichtung entspricht, deren Erfüllung trotz beschränkter wirtschaftlicher Verhältnisse ihnen gerade auch durch die Zahlungen des Verantwortlichen entscheidend erleichtert werden kann. Deshalb kann auch kein Schluss auf einen haftungsrechtlich relevanten nachträglichen Sinneswandel der Eltern aus der Tatsache gezogen werden, dass sie auf die Freigabe zur Adoption verzichtet haben, die bei gesunden Kindern regelmäßig möglich ist. Denn den Eltern kann nicht gegen ihren Willen die Trennung von einem trotz seiner ungewollten Geburt geliebten Kind angesonnen werden. Auch entspricht das Aufwachsen im natürlichen Familienverband im Zweifel dem Wohle des Kindes am besten. Dass dies unter Umständen erst durch die Ersatzpflicht desjenigen wirtschaftlich tragbar wird, der durch seine Fehlleistung die Familienplanung gestört hat, kann selbstverständlich nicht wiederum das Kind nachträglich in dem Sinne zu einem "erwünschten" machen, dass diese Ersatzpflicht wegfiele. Der Senat hat gleichfalls schon in der Parallelsache ausgeführt, dass der Verzicht auf eine gesetzlich vielleicht möglich gewesene Schwangerschaftsunterbrechung den Eltern nicht nur nicht als Mitverschulden i. S. des § 254 BGB angerechnet werden kann, sondern sich auch nicht als nachträgliches Einverständnis mit der Geburt eines weiteren Kindes deuten lässt. Denn auch eine erlaubte Schwangerschaftsunterbrechung kann nicht als natürliche Alternative zur vorausschauenden Familienplanung angesehen werden.

b) Damit könnte die Ersatzpflicht der bekl. Stadt nur verneint werden, wenn andere Hinweistatsachen (ein unmittelbarer Beweis für die Wandlung der inneren Einstellung der Eltern wird nur ausnahmsweise denkbar sein) keinen Zweifel daran ließen, dass die Kl. sich mit dem weiteren Kind nicht nur abgefunden haben, sondern es unter Korrektur ihrer früheren Familienplanung nachträglich als erwünscht betrachten. Inwieweit es solche Verläufe (etwa den plötzlichen Tod aller schon vorhandenen Kinder) geben kann, die sich als Indiz für einen nachträglichen Sinneswandel der Eltern aufdrängen, ist hier nicht zu prüfen. Für den vorliegenden Fall lassen sich aus der Tatsache allein, dass von den sechs bereits vorhandenen Kindern eines noch vor der Geburt des siebenten Kindes, um das es hier geht, unerwartet verstorben ist, entsprechende Schlüsse nicht ziehen. Wenn sich in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen lebende Eltern anlässlich der Geburt ihres sechsten Kindes entschließen, nunmehr der Geburt weiterer durch Sterilisation der Frau vorzubeugen, dann erlaubt dies nicht ohne weiteres den Schluss, dass sie auf jeden Fall entschlossen gewesen waren, sechs Kinder zu haben. Dies widerspräche der Erfahrung, dass die Kinderzahl in einer Familie, insbesondere einer jedenfalls kinderreichen, im Regelfall nicht einer genauen vorgängigen Planung entspricht. Mancherlei Umstände, Zufall, Achtlosigkeit oder eine (hier gegebenenfalls schließlich überwundene) Scheu vor contraceptiven Maßnahmen können für die bisher schon erreichte Kinderzahl mitbestimmend gewesen sein. Damit hätte es im Falle der Kl. für den Schluss aus dem Tode eines älteren Kindes auf eine haftungsrechtlich relevante Planungsänderung zusätzlicher Beweistatsachen bedurft, die vorzutragen Sache der Bekl. gewesen wäre. Nur mit Rücksicht auf den festgestellten Verlauf hatte das BerGer. nicht von einem Sinneswandel der Kl. ausgehen können. Nur der Vollständigkeit halber seien hier noch die nicht seltenen Fälle erwähnt, in denen ein junges Ehepaar - etwa um zunächst die wirtschaftlichen Grundlagen der Familie zu festigen oder den Ausbildungsabschluss eines Elternteils zu erleichtern - nur zunächst ein Kind nicht hatten haben wollen. In solchen Fällen kann aus der Durchkreuzung des derzeitigen Zeitplans nicht schon auf eine nachhaltige Planwidrigkeit des demnach zur Unzeit geborenen Kindes geschlossen werden. Doch geht es hier um all dieses nicht.

III. Auch was den Betrag der Schadensersatzleistungen anlangt, ist dem BerGer. wenigstens im Ergebnis zuzustimmen.

1. Das BerGer. geht offensichtlich davon aus, dass sich der Ersatzanspruch der Kl. mit dem tatsächlichen Unterhaltsaufwand für das ungewollte siebente Kind decken müsse, jedenfalls soweit er diesem gesetzlich zusteht. Das aber würde bedeuten, dass der Ersatzanspruch in wirtschaftlich besonders günstigen Verhältnissen, in denen dem minderjährigen Kind deshalb mehr Unterhalt geschuldet wird (§ 1610 I BGB), höher liegt, während er besonders gering würde, wenn, wie wohl im Streitfall, die allgemein beengten wirtschaftlichen Verhältnisse einer überdies kinderreichen Familie nur sehr begrenzte Leistungen für jedes Kind zulassen. Diese Betrachtungsweise bietet sich zwar nach den allgemeinen Grundsätzen des Schadensrechts dort an, wo es sich mit dem Ersatz von entgangenem Unterhalt zu befassen hat (§ 844 Il BGB). Hier aber geht es nicht um Ersatz für entgangenen Unterhalt; die dort entwickelten Grundsätze erlauben nach Meinung des Senats auch keine entsprechende Anwendung. Der gesetzliche Unterhaltsanspruch des Kindes gegen seine Eltern bleibt in Fällen von der Art des vorliegenden bestehen und wird durch deren teils schicksalhaften, teils auch durch wirtschaftliche und berufliche Leistungen erreichten Lebenszuschnitt, ja selbst durch deren Entschließungen bezüglich Erziehung und Ausbildung des Kindes mitbestimmt. Aus diesem familienrechtlich relevanten Komplex von Gegebenheiten und Entscheidungen, auf die der Schädiger keinen Einfluss hat und auch nicht, etwa auf dem Umweg des § 254 II BGB, haben darf, erfährt der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen die Eltern seine unmittelbare Rechtfertigung. Er beruht jedenfalls in gehobenen wirtschaftlichen Verhältnissen wesentlich auch auf dem rein familienrechtlich ausgerichteten Grundsatz einer gewissen Teilhabe des Kindes an den materiellen Möglichkeiten seiner Eltern.

2. In der Tat beruhen die "forensisch kaum lösbaren" (Laufs, S. 111 f., der allerdings wohl nur Deliktsansprüche ins Auge fasst) Schwierigkeiten dieses Haftungsbereichs darin, dass sich in ihm zwei ganz verschieden strukturierte Rechtsgebiete überlagern. Auf der einen Seite steht das auf genauen wirtschaftlichen Ausgleich ausgerichtete und dem Differenzgedanken verpflichtete Haftungsrecht; ihm gegenüber steht das vollkommen anders geartete familiäre Unterhaltsrecht, das in seinen Ansätzen auf vorrechtliche Kategorien zurückgeht. Hier rechtfertigen sich auch die wirtschaftlichen Verpflichtungen unmittelbar aus einer biologischen Verbindung und im Falle von Eltern und Kindern aus der reinen Tatsache einer wirtschaftlichen und personalen Lebensgemeinschaft. Diesem Unterhaltssystem ist die Frage nach einem Synallagma als Rechtfertigung seiner Verpflichtung fremd, vielmehr liegt hier die Rechtfertigung unmittelbar in der familiären Beziehung. Dies wird besonders deutlich an Härtefällen, die die Rechtsordnung mit Selbstverständlichkeit in Kauf nimmt, etwa der Einstandspflicht der Eltern für körperlich und geistig schwer behinderte Kinder oder der gegebenenfalls unbegrenzten Einstandspflicht von Groß- und Urgroßeltern für ehelichen wie nichtehelichen Nachwuchs ihrer Abkömmlinge, die wirtschaftlich wie menschlich zu schweren Belastungen führen kann. Diese Fälle zeigen deutlich, dass auch für den Regelfall des gesunden ehelichen Kindes die Rechtfertigung des Unterhaltsaufwandes nicht erst in dem "Haben des Kindes" als immateriellem Wert gesucht werden darf. Vielmehr tragen die familienrechtlichen Unterhaltspflichten ihre Rechtfertigung in sich selbst.

3. Die Gegensätzlichkeiten der beiden Rechtsbereiche bewirken, dass ein familienrechtlich bedingter Unterhaltsaufwand nicht schlechthin einem Schaden gleichgesetzt werden kann, der von einem für die fehlgeschlagene Empfängnisverhütung verantwortlichen Dritten zu ersetzen ist. Denn von einer gewissen Grenze ab wird es schwer verständlich, dass familienrechtlich sonst bedingungslos hinzunehmende Belastungen unter Umständen voll auf einen Dritten sollten abgewälzt werden können. Auf der anderen Seite aber erschiene es ebenso untragbar, dass aus solchen Erwägungen eine unter Umständen nur allzu berechtigte Familienplanung haftungsrechtlich schutzlos bleiben sollte; deshalb kann, wie schon eingangs dargelegt wurde, auch ein familienrechtlich geschuldeter Unterhaltsaufwand durchaus ein ersatzfähiger Schaden sein, Daher bedarf es bei dieser Sachlage nach Auffassung des Senats einer gewissen Einschränkung der grundsätzlich bejahten Ersatzfähigkeit auf den eigentlichen Planungsschaden, der sich in der wirtschaftlichen Belastung der Familiengemeinschaft durch das Kind ausdrückt, also ihrer begrenzten Bereinigung um solchen Unterhaltsaufwand, der weniger von den wirtschaftlichen Bedürfnissen des Kindes als vorrangig von seiner Teilhabe an der Familiengemeinschaft bestimmt wird. Ob diese Beschränkung ihre dogmatische Rechtfertigung aus einem verfeinerten Schadensbegriff oder aber aus hier maßgeblichen Grenzen der haftungsrechtlichen Zurechnung erhält, mag dahinstehen. Diese Abgrenzung kann allerdings nicht exakt dem jeweiligen Schadensfall angepasst werden, sondern nur schematisch erfolgen, weil sich die beiden ganz verschiedenartigen Rechtsbereiche in der Sache nicht etwa berühren, sondern überlagern. Eine volle Anpassung an die Umstände des Einzelfalls müsste schon daran scheitern, dass sich die allenfalls maßgeblichen inneren Sachverhalte einer gerichtlichen Feststellung im wesentlichen ihrer Natur nach entziehen. Auch hierin drückt sich aus, dass sich der Schadensausgleich nicht innerhalb des unterhaltsrechtlichen "Innenverhältnisses" sondern nur im haftungsrechtlichen "Außenverhältnis" vollziehen kann, das an den Vorgängen innerhalb der Familiengemeinschaft grundsätzlich keinen Anteil hat. Die verbleibenden Schwierigkeiten dieser Begrenzung zeigen indessen ebenfalls, dass eine gesetzliche Regelung dringend erforderlich wäre. Denn in ihrem Rahmen sind auf Erfahrungssätzen beruhende Schematisierungen und notwendige Vereinfachungen, wie sie gerade auch das (alte wie neue) Familienrecht kennzeichnen, für das Gerechtigkeitsgefühl eher erträglich als im Rahmen einer richterlichen Entscheidung, die dem Einzelfall verpflichtet sein sollte, ihn aber aus den erwähnten Gründen nur unvollkommen zu erfassen vermag. Dass eine solche gesetzliche Regelung derzeit fehlt, hängt nicht nur mit der wiederholt beklagten Zurückhaltung des Gesetzgebers, sondern vor allem damit zusammen, dass diese Fragen erst in jüngerer Zeit ihre heutige Bedeutung erlangt haben. Das hat sowohl einen naturwissenschaftlichen als auch einen kulturpolitischen Grund. Einmal nämlich haben die Möglichkeiten der Empfängnisverhütung durch mancherlei Maßnahmen unlängst sehr an Bedeutung, Wirksamkeit und Gefahrlosigkeit zugenommen. Zum anderen weisen Gesetzgebung und Rechtsprechung inzwischen eindeutig einen mehrheitlichen und daher verbindlichen gesellschaftlichen Konsens darüber aus, dass Maßnahmen zur Empfängnisverhütung nicht schon an sich rechtlich als unsittlich missbilligt werden dürfen (vgl. BGHZ 67, 48 = NJW 1976, 1790), ja sogar der Schwangerschaftsabbruch, der zu ähnlichen haftungsrechtlichen Auswirkungen wie im Streitfall führen kann, im Rahmen der vorn BVerfG (BVerfGE 39, 1 = NJW 1975, 573) gezogenen Grenzen anzuerkennen ist. Dass auch die früher herrschende rechtliche Diskriminierung nichtehelicher geschlechtlicher Begegnungen, in deren Rahmen eine Zeugung in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht nur für die Beteiligten, sondern auch sozial unerwünscht ist, wenigstens insoweit abgebaut wurde, als dadurch die Verfassungsgarantie für Ehe und Familie (Art. 61 GG) nicht in Frage gestellt wird, mag ergänzend bemerkt werden.

4. Jedoch berechtigt das derzeitige Fehlen einer gesetzlichen Regelung die Rechtsprechung nicht, insoweit Schadensersatz für tatbestandsmäßige unerlaubte Handlungen bzw. Vertragsverletzungen schlicht zu verweigern (so aber wohl u.a. Selb, JZ 1971, 201 ff. a. E.; Klimke, VersR 1975, 1086 u. a. mehr). Das wird besonders in den Fallgruppen deutlich, in denen etwa bei einer kinderreichen Familie angesichts geringer Einkünfte oder Behinderung der haushaltführenden Ehefrau durch Siechtum die durch Verschulden des Arztes vereitelte Familienplanung eine echte Notlage hatte verhindern sollen. Hier darf ein Rechtsschutz nicht unter Berufung auf das Fehlen der an sich erforderlichen gesetzlichen Regelung verweigert werden.

a) Der Senat hat deshalb zunächst erwogen, die Ersatzfähigkeit des Unterhaltsaufwandes auf Fälle zu beschränken, in denen die vereitelte Familienplanung durch eine sonst drohende wirtschaftliche Notlage objektiv geboten war und diese Notlage infolge des haftungsbegründenden Verhaltens des Dritten tatsächlich eingetreten ist. Dagegen ergaben sich aber überwiegende Bedenken. Einerseits lässt sich schon der Begriff der wirtschaftlichen Notlage, weil von manchen subjektiven Maßstäben abhängig, schwerlich objektiv bestimmen. Andererseits sind auch Fälle denkbar, wo jenseits der wirtschaftlichen Notlage die Vermeidung weiteren Unterhaltsaufwandes nicht nur ein - wie immer - erlaubtes sondern auch ein aus den verschiedensten Gründen achtbares Ziel sein kann.

b) Daher erscheint es angemessen, die Ersatzpflicht des für die Geburt verantwortlichen Dritten, wenn und solange diese der wirtschaftlichen Familienplanung der Eltern widerspricht, auf einen Betrag zu beschränken, der nach durchschnittlichen Anforderungen für das Auskommen des Kindes erforderlich ist. Soweit ein wirtschaftlich mehr oder weniger gehobener Lebenszuschnitt der Eltern höhere Aufwendungen bedingt, ergibt sich daraus nach Auffassung des Senats eine praktisch verwertbare Abgrenzung gegenüber einem Bereich, in dem der erwähnte Grundsatz der familienrechtlichen Teilhabe besonders stark in den Vordergrund tritt. Jenseits dieser Grenze kann es dem Schädiger billigerweise nicht mehr zugemutet werden, für Aufwendungen aufzukommen, die zwar durch seinen Fehler deshalb ausgelöst worden sind, weil wirtschaftlich günstiger gestellte Eltern zu entsprechend höherer Unterhaltsleistung an ihre Kinder verpflichtet sind, die aber in der biologisch/wirtschaftlichen Gemeinschaft der Familie ihre selbständige Grundlage haben und in anderen Fällen mit Selbstverständlichkeit hingenommen werden, daher insoweit nicht auf den Schädiger abzuwälzen sind. Der Senat ist sich bewusst, dass diese Lösung des Widerstreits zwischen zwei sich überlagernden Rechtsgebieten dogmatisch nicht zwingend sein kann. Unumgänglich ist aber, wie soeben näher begründet, eine Abgrenzung überhaupt, und zu ihr ist in Ermangelung einer wünschenswerten gesetzlichen Regelung die Rechtsprechung, wie oben ausgeführt, verpflichtet. Die hier gefundene Lösung befriedigt das Rechtsgefühl jedenfalls insoweit, als bei Störung der rechtlich gebilligten Familienplanung in keinem Fall auf einen gewissen Ausgleich der wirtschaftlichen Folgen verzichtet werden muss, und als vor allem der zuzubilligende Schadensersatz ausschließt, dass eine Familie durch die nicht gewollt gewesene weitere Geburt in echte wirtschaftliche Not gerät bzw. eine bereits bestehende Notlage verschlimmert wird.

Als Anhalt für den so um Teilhabefaktoren bereinigten geldlichen Unterhaltsaufwand für ein im elterlichen Haushalt gepflegtes Kind bieten sich zunächst die Sätze des Regelunterhalts für nichteheliche Kinder (§ 1615 f BGB) an (vgl. Regelunterhaltsverordnung v. 27. 6. 1970 - BGBl I, 1010, zuletzt i. d. F. der Regelbedarfsverordnung v. 28. 9. 1979 - BGBl I, 1601). Diese Sätze bedürfen freilich noch eines angemessenen Zuschlags, der den Wert der pflegerischen Dienstleistungen ausgleicht, welche sowohl in der Regel beim nichtehelichen Kind als auch im vorliegenden Fall von der nicht-erwerbstätigen Mutter erbracht werden. Dieser Zuschlag ist vom Tatrichter zu beimessen. Er kann, muss aber nicht, die Höhe des Regelunterhaltes erreichen, wie dies u. a. der Berechnung von Vergütungssätzen für Pflegekinder zugrunde gelegt zu werden pflegt. Jedenfalls ergibt sich die Gleichsetzung nicht, wie das allerdings von anderen Rechnungsgrundlagen ausgehende BerGer. zu meinen scheint, einem haftpflichtigen Dritten gegenüber aus der Vorschrift des § 1606 III 2 BGB, die nur die internen Verhältnisse der Eltern und des Kindes regelt. Dass sich die Schadensersatzpflicht dann auch auf höhere Leistungen erstrecken kann, wenn - anders als im vorliegenden Falle - besondere Umstände, etwa nachhaltiges Siechtum des Kindes, besondere Aufwendungen erfordern (Sonderbedarf), ist selbstverständlich.

c) Im vorliegenden Falle hat das BerGer. seinem Urteilsspruch einen Anspruch jedes Ehegatten von 75 DM monatlich, insgesamt also 150 DM zugrunde gelegt. Dass es diesen Betrag unter Anwendung der sogenannten Düsseldorfer Tabelle ermittelt und das gewonnene Ergebnis hierbei zum Ausgleich der Leistungen der kl. Ehefrau verdoppelt, entspricht zwar nicht den vorstehend dargelegten Grundsätzen, ändert aber nichts daran, dass die zugesprochenen Beträge im Ergebnis gerechtfertigt sind.

aa) Allerdings kann das Ausgehen vom Regelunterhalt dazu führen, dass der Schädiger mitunter einen höheren Baraufwand zu ersetzen hat, als ihn eine kinderreiche Familie für ein einzelnes Kind hätte aufbringen können. So hat hier das BerGer. den finanziellen "Bedarf" des Kindes anhand des väterlichen Einkommens nach der auf Zwei-Kinder-Haushalte zugeschnittenen "Düsseldorfer Tabelle" ermittelt, den gefundenen Betrag aber wegen des Vorhandenseins mehrerer Kinder verringert. Die Verringerung um nur 10 DM pro Monat begründet es bezeichnenderweise mit einem Hinweis auf "§ 1602 II BGB", wobei aber offensichtlich § 1603 gemeint ist. Gerade die letztere Vorschrift, die Eltern zugunsten ihrer Kinder u. U. schwere Opfer auferlegt, macht aber deutlich, dass in den hier interessierenden Fällen, in denen nicht ein entgangener Unterhalt zu ersetzen ist, sondern Eltern für eine ihnen rechtswidrig auferlegte Belastung zu entschädigen sind, vom wirklichen "Bedarf" ausgegangen werden muss, und nicht von dem, was in dem jeweiligen wirtschaftlichen Rahmen der Familie allenfalls noch möglich wäre. Vielmehr kann nur ein Betrag, der wenigstens nach einfachen Maßstäben den objektiven Bedarf des ungewollten weiteren Kindes voll abdeckt, gewährleisten, dass den Eltern eine weitere wirtschaftliche Einengung sicher erspart bleibt. Dass in der Praxis auch der Schadensersatzbetrag mitunter auf die Unterhaltung der Gesamtfamilie verteilt werden wird, und dieser damit noch ein Vorteil erwachsen mag, muss im Rahmen der gewählten schematischen Lösung hingenommen werden und findet seinen Ausgleich rechtspolitisch in der bereits dargelegten Begrenzung der Ersatzpflicht nach oben.

bb) Der so an dem Regelunterhalt orientierte Entschädigungsbetrag für den finanziellen Unterhaltsaufwand, der - im Verhältnis zu beiden Elternteilen zusammengenommen - noch um den Wert der Mühewaltung des den Haushalt und die Kinder betreuenden Elternteils aufzustocken ist, muss allerdings um denjenigen Kindergeldbetrag vermindert werden, der gerade durch die Geburt des ungewollten Kindes ausgelöst worden ist. Das entspricht allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen. Dem BerGer. kann daher nicht gefolgt werden, wenn es insoweit nur den durch die Kinderzahl geteilten Betrag des den Eltern insgesamt zufließenden Kindergeldes in Ansatz bringen will. Zwar ist es richtig, dass das Kindergeld trotz seiner progredienten Bemessung insgesamt für alle Kinder bestimmt ist. Darauf kommt es aber in dem hier gegebenen haftungsrechtlichen Zusammenhang nicht an. Es gilt vielmehr, dem finanziellen Schaden für die Eltern, der durch die Geburt des Kindes ausgelöst worden ist, gerade denjenigen finanziellen Vorteil gegenüberzustellen, den dieser sonst schadensträchtige Vorgang ebenfalls ausgelöst hat.

cc) Nach den bisher dargestellten Grundsätzen kann dem BerGer. zwar nicht in der schematischen Gleichbewertung der Geldleistung des Vaters und der Arbeitsleistung der Mutter gefolgt werden, weil es hier um Schadensersatzansprüche gegen einen Dritten geht. Das ist aber unschädlich. Nach Auffassung des Senats legt es nämlich der Rechtsgedanke der Vorschriften des § 1360 S. 2 und des § 1606 III 2 BGB nahe, ohne Rücksicht auf eine etwaige Verschiedenwertigkeit der beiderseitigen Beiträge den vorn Verantwortlichen insgesamt geschuldeten Betrag den Eltern zu gleichen Teilen zuzusprechen. Das muss jedenfalls für den hier gegebenen Fall nicht getrennt lebender ehelicher Eltern gelten.

dd) Unschädlich ist es auch, wenn das BerGer. auf den insgesamt zu erstattenden Betrag nur den sechsten Teil des für alle Kinder gewährten Kindergeldes anrechnet, während richtig der durch das (wiederum) sechste Kind ausgelöste Betrag von zunächst 120 DM (§ 10 BKGG) und späterhin von 150 DM anzusetzen ist. Denn auch bei richtiger Berechnung ergibt sich, gemessen an den Sätzen der Regelunterhaltsverordnung (i.d. F. der Regelbedarfsverordnung 1979 v. 28. 9. 1979) neben der Entschädigung des finanziellen Aufwandes keine Überbewertung der von der Mutter geleisteten Arbeit. Auf sie entfallen nach dem insoweit von den Kl. nicht angegriffenen Spruch des BerGer. für die ersten Monate 126 DM, späterhin 105 DM und nach Erhöhung des Kindergeldes auf 150 DM monatlich 135 DM.

Zieht man in Betracht, dass gerade in einfachen Verhältnissen die Arbeit des haushaltsführenden Ehegatten deshalb besonders intensiv ist, Weil viele technische und andere Erleichterungen nicht erschwinglich sind, dann hält sich der vom BerGer. zugesprochene Betrag bisher in jedem Zeitraum im Bereich des Angemessenen. Dies vermag das RevGer., da weitere tatsächliche Feststellungen ersichtlich nicht notwendig sind, selbst zu entscheiden.

5. Nicht zu billigen vermag jedoch der Senat, dass das BerGer. die Zahlungen an die Kl. ohne zeitliche Begrenzung zuspricht. Dies widerspricht bewährter allgemeiner Übung, die auch in den Bestimmungen der Regelunterhaltsverordnung ihren Niederschlag findet. Daher waren die Zahlungen derzeit nur für die Zeit zuzusprechen, bis das Kind das 18. Lebensjahr vollendet hat. Für Fälle der vorliegenden Art liegt dies deshalb besonders nahe, weil eine gehobene und daher länger währende Berufsausbildung entweder Ausdruck einer gehobenen Lebenshaltung der Familie ist, deren Auswirkungen nach dem oben zu 4 b Ausgeführten außer Betracht zu bleiben haben, oder aber unter heutigen Verhältnissen ganz oder doch zu einem erheblichen Teil durch öffentliche Förderleistungen gedeckt wird. Auch die Tatsache, dass von dieser Altersstufe ab eine haushaltliche Betreuung durch die Eltern nur noch ausnahmsweise geschuldet wird, spricht entscheidend dafür, den Rentenanspruch zunächst in dieser Weise zu begrenzen. Den Kl. muss es überlassen bleiben, sich hinsichtlich weiterer Ansprüche, die insbesondere für den Fall der Arbeitsunfähigkeit des Kindes eintreten könnten, um ein Anerkenntnis der Bekl., notfalls um einen Feststellungsausspruch zu bemühen.

3. Zusammenfassendes Ergebnis

1. Nach alledem war das Urteil des LG insoweit wiederherzustellen, als es der Erstkl. ein Schmerzensgeld zugesprochen hatte. Hinsichtlich der monatlichen Zahlungen war das Berufungsurteil - abgesehen von deren zeitlicher Begrenzung - zu bestätigen.

2. Bei der Kostenentscheidung hat der Senat erwogen, dass die Kl. zwar hinsichtlich des im Verhältnis zum Gesamtstreitwert untergeordneten Schmerzensgeldanspruchs im Gegensatz zur Vorinstanz obliegen, andererseits aber hinsichtlich der derzeitigen Dauer des Rentenausspruchs teilweise unterliegen. Da sich indessen diese zeitliche Zuvielforderung streitwertmäßig nicht ausgewirkt hat und angesichts der sonst bestehenden Möglichkeiten der Abänderungsklage einerseits, der Feststellungsklage andererseits auch nur geringe praktische Bedeutung hatte, erschien es angemessen, die Kosten des Revisionsverfahrens der Bekl. ganz aufzuerlegen und es im übrigen bei der Kostenentscheidung des BerGer. zu belassen.

Rechtsgebiete

Unterhaltsrecht; Arzthaftungsrecht